Rudi Kölmel im Oktober 2005 i.d.F. vom 10.07.2012

 

 

 

Demokratie, Versuch einer Demokratiekritik

 

 

 

1. Einleitende Gedanken

 

 

 

An dieser Stelle sei erinnert, wie sich Aristoteles die Staatslenker vorstellte. Er beschreibt in der Nikomachischen Ethik (NE) VIII,12 -1160a-1160b) in einem wahren König jemand, der nicht mehr auf seinen eigenen Nutzen schaut, sondern auf den der Untertanen.

 

Auch der englische Freiheitsdenker John Locke rät in „The second treatise of government”, 1689, XI / 142 und XIII, 158 den Herrschenden, die Besinnung darauf zu richten, dass das Wohl des Volkes das höchste Gesetz sein soll (salus populi suprema lex esto).

 

 

 

Ausgehend vom antiken und neuzeitlichen Demokratiebegriff, wonach sich die Lenker eines Staatswesens am Wohl ihrer Bürger orientieren sollen, möchte ich eine gedankliche Linie beschreiben, weshalb ich eine Geneigtheit zur Nichtwählerschaft verspüre. Per definitionem und ethymologisch handelt es sich bei der Hinterfragung des Wortes Demokratie um die Beschreibung eines Zustandes, wo das Volk herrscht. Ich beginne mich umzuschauen, zuerst zögerlich, fast ängstlich, dann immer dreister werdend, ähnlich dem gerade aus der Blindheit erwachten kleinen Piepmatz im Spatzennest und was sehe ich?

 

 

 

Nach Artikel 20 Abs. 2 Satz 1des Grundgesetzes müsste eigentlich alle Staatsgewalt vom Volke ausgehen, die nach Satz 2 dann auch in Wahlen erfolgt. Diese verfassungsrechtliche Konstruktion hätte ein Zeitgenosse vor der französischen Revolution wohl als den Endpunkt des Erstrebenswerten angesehen. Nach dem dies in unserer Verfassung heute so unspektakulär enthalten ist, dürfte ich als kleinstes Teil des Volkssouveräns eigentlich dann doch wohl auch das Gefühl haben, an der Ausübung von Staatsgewalt beteiligt zu sein.

 

 

 

Sehe ich etwa eine Volksherrschaft, nein, natürlich nicht! Ich habe auch nicht das Gefühl, an der Ausübung von Staatsgewalt beteiligt zu sein.

 

 

 

Wo herrscht es denn, das Volk? Diese Antwort habe ich mir nicht leicht gemacht und ich muss dazu weiter ausholen.

 

 

 

2. Wo kommt die Demokratie her

 

 

 

Um Schieflagen zu erkennen, muss man zuerst eine Betrachtung der Demokratie an sich machen. Hierbei ist auch interessant, weshalb sich Menschen überhaupt in eine Gesellschaft begeben und ob und wie sich auch eine Demokratie verändern kann.

 

Wo kommt sie eigentlich her, dieses in unserem Kulturgebiet eigentlich noch recht junge Wesen, ja ich möchte dem Gebilde „Demokratie = Demos" durchaus eine Wesenheit zuschreiben. Ihr Ursprung liegt in der griechischen „polis", den damaligen Stadtstaaten.

 

 

 

2.1 Platon, Politeia, 8. Buch

 

 

 

Nun, angedacht hat sie schon Platon im 8. Buch Politeia „Der Staat", dabei hat er sie als 3. Verfallsform (=Krankheit) hinter Timokratie (Herrschaft Weniger) und Oligarchie (Herrschaft der Reichen und gerade mal einen Platz vor der Tyrannis (Tyrannei) beschrieben. In dieser Betrachtung diskutiert er ausführlich den Übergang der 4 von ihm erkannten einzelnen Staatsformen in die nächste, insbesondere auch die Charaktere der darin lebenden Individuen.

 

 

 

Er bezeichnet die Freiheit als allererste Eigenschaft, insbesondere die volle Redefreiheit.

 

 

 

Er sah in der Demokratie aber auch absolute Zügellosigkeit und Buntscheckigkeit. Die Demokratie sei dazu angetan, durch Lügen und neumodische Grundsätze die Menschen von Tugenden zu leeren und zu säubern. Über diese Gedanken kommt er schließlich zum Schluss, dass aus der Demokratie die Tyrannis entsteht.

 

 

 

Die rädelsführenden Volksführer würden die Reichen berauben, den größten Teil behalten und den Rest dem niederen Volk der dritten Klasse verteilen. Nachdem sich die Reichen zur Wehr setzen, würde das niedere Volk einen Volksanwalt benennen, der immer mächtiger würde und alle Aufrechten, die sich gegen ihn stellen, aus dem Weg räumt. Dieser wird immer unangreifbarer. Je verhasster er wird, desto mehr Leibwächter und Militär benötigt er. Schleichend wird er so zum Tyrannen.

 

 

 

Platons Sicht der Demokratie korrespondiert aber nicht mit unserem heutigen landläufigen Demokratiebegriff.. Mit Freiheit meint Platon -wie bereits erwähnt, einen Prozess, der von der Liberalität zu Zügellosigkeit führt.

 

 

 

Weder er noch Aristoteles verbinden mit dem antiken Demokratiebegriff auch die Wahrung der Menschwürde. Das Bestehen der Sklaverei wurde von beiden nie in Frage gestellt. Es war in der damaligen hellenistischen Denkwelt, auch soweit Demokratie geherrscht haben mag, immer Konsens, dass Sklaverei notwendig ist. Das war auch später in Rom, etwa bei Markus Aurelius, nicht anders. Das müssen wir uns immer vergegenwärtigen.

 

 

 

Letztlich werden noch Fragen nach der Finanzierung des Machtapparates gestellt. Das Volk werde dem einstigen Volksanwalt dann auch vorwerfen, es habe ihn nicht erzeugt und gehoben, damit es (das Volk) dann, wenn er groß geworden, sein und seiner Sklaven Sklave werde und ihn sowie seine Sklaven nebst anderem Gesindel, ernähren müsse. Die Forderung an ihn, zu gehen, werde er mit Gewalt begegnen. Dann -so führte Platon aus- würde dem Volk die Augen aufgehen, was für ein Früchtchen es geherzt und großgezogen hat.

 

 

 

2.2 Aristoteles

 

 

 

2.2.1 Aristoteles „Nikomachische Ethik“, Kapitel 1 und 10 

 

 

 

Nachfolgend entnehmen wir Aristoteles, wie er sich die Demokratie vorstellt, er hat sich hierzu in der Nikomachischen Ethik (NE) und in Politika verewigt.

 

Ich finde, er hat im Gegensatz zu Platon eine wesentliche positivere Einstellung zur Demokratie, wenngleich sie mir aber auch für damalige Verhältnisse eher einem etwas realtitätsabgewandten Wunschdenken entsprach, soweit er im ersten Buch NE Kapitel 1 (1094a-1094b) die Ziele der politischen Wissenschaft als das Gute und Edle für den Menschen bezeichnet und im zweiten Buch Kapitel 10 ( (1099b-1100a) die Hinführung des Bürgers zu Tugenden als das hohe Ziel der politischen Kunst darstellte.

 

Weder er noch irgendein anderer hat die Verwirklichung dieser Ideale wohl bis zum heutigen Tage erlebt.

 

Ich sehe bei unseren heutigen Politikern überhaupt keine Tugenden, womit auch keine Hinführung des Bürgers zu Tugenden möglich ist.

 

 

 

2.2.2  Aristoteles Politica VI, 2,1317    

 

 

 

Text:

 

 

 

„Grundlage der demokratischen Staatsform ist die Freiheit. Man pflegt nämlich zu behaupten, dass die Menschen nur in dieser Staatsform an der Freiheit teilhaben, und erklärt, dass danach jede Demokratie strebe. Zur Freiheit gehört aber erstens, dass man abwechselnd regiert und regiert wird. Denn die demokratische Gerechtigkeit besteht darin, dass man nicht der Würde, sondern der Zahl nach die Gleichheit walten lässt, wo diese Gerechtigkeit herrscht, da muss die Menge Herr sein, und was die Mehrzahl billigt, das muss das Gültige und das Gerechte sein. Man sagt nämlich, es sei gerecht, dass jeder Bürger das Gleiche habe. So sind denn in den Demokratien die Armen mächtiger als die Reichen. Denn sie sind zahlreicher, und maßgebend ist die Meinung der Mehrzahl. Dies also ist das eine Zeichen der Demokratie, das alle Demokraten als Wesenszug dieser Verfassung angeben. Ein anderes ist, dass man leben kann, wie man will. Sie sagen, eben dies sei die Leistung der Demokratie; denn nicht zu leben, wie man wolle, sei charakteristisch für Sklaven. Dies also ist die zweite Eigenschaft der Demokratie. Von da her kommt denn, dass man sich nicht regieren läßt, am besten von überhaupt niemandem, oder dann doch nur abwechslungsweise. Auch dies trägt also zur Freiheit im Sinne der Gleichheit bei.

 


Da nun dies vorausgesetzt wird und dies die Regierungsform ist, so ergibt sich das Folgende als demokratisch: Alle Ämter werden aus allen besetzt, alle herrschen über jeden und jeder abwechslungsweise über alle. Ferner werden die Ämter durchs Los besetzt, entweder alle oder doch jene, die nicht der Erfahrung und Kenntnisse bedürfen. Von der Vermögenseinschätzung hängen die Ämter entweder überhaupt nicht oder nur zu einem minimalen Grade ab. Keiner darf ein Amt zweimal bekleiden, oder nur wenige Male oder in wenigen Fällen, abgesehen von den Kriegsämtern. Die Ämter sind alle kurzfristig, oder doch alle, bei denen es möglich ist. Richter sind alle und können aus allen entnommen werden und richten über alles oder doch über das Meiste, Größte und Bedeutendste, wie über Rechenschaftsablagen, Verfassungsfragen und Privatverträge.

 

Die Volksversammlung entscheidet über alles oder doch das Wichtigste, die Behörden dagegen über nichts oder nur ganz weniges. Von den Behörden ist der Rat das demokratischste, dort jedenfalls, wo nicht reichliches Taggeld für jeden zur Verfügung steht. Wo aber dies der Fall ist, da werden auch dieser Behörde die Kompetenzen entzogen. Denn wo eine Volksversammlung in der Lage ist, reichliche Taggelder zu geben, da zieht sie alle Entscheidungen an sich, wie wir schon in der vorangehenden Untersuchung gesagt haben. Ferner werden Taggelder gewährt für alles, wenn möglich (für Volksversammlung, Gerichte, Behörden), oder doch wenigstens für Behörden, Gerichte, Rat und die wichtigen Volksversammlungen oder doch diejenigen Behörden, die zusammen zu speisen haben.

 


Wenn ferner die Oligarchie durch Adel, Reichtum, und Bildung charakterisiert wird, so scheint die Demokratie von alledem das Gegenteil zu sein, Unadligkeit, Armut, Unbildung. Bei den Ämtern gilt, dass keines lebenslänglich sein darf. Bleibt aber ein solches aus einem früheren Zustand übrig, so wird seine Kompetenz beschränkt und aus der Wahl eine Auslosung gemacht.
Dies sind also die gemeinsamen Eigenschaften aller Demokratien. Aus der Gerechtigkeit, die anerkanntermaßen als demokratisch gilt (nämlich dass alle der Zahl nach dasselbe haben), entspringt eben jene Verfassung, die am meisten demokratisch und volkstümlich zu sein scheint. Denn die Gleichheit besteht darin, dass Arme und Reiche in gleicher Weise regieren, dass nicht Einzelne allein entscheiden, sondern alle gleichmäßig ihrer Zahl nach. So - meint man wohl - sei für die Verfassung die Gleichheit und Freiheit garantiert."

 

 

 

In der Einordnung der Demokratie in die verschiedenen Staatsformen ist Aristoteles in NE VIII, 12 -1160a-1160b) jedoch nur wenig gnädiger als Platon. Er sieht 6 Staatsformen, drei positive Formen (Monarchie, Aristokratie und Timokratie) und diesen jeweils entgegenstehende negative Ausartungen oder Zerstörungen (Tyrannis, Oligarchie und Demokratie). Immerhin beschreibt er die Demokratie als die beste der schlechten Formen:

 

 

 

„Aus der Timokratie geht es über in die Demokratie; denn diese sind einander benachbart. Auch die Timokratie will eine Herrschaft der Menge sein, und alle, die derselben Vermögensklasse angehören sind gleich. Am wenigsten schlecht ist die Demokratie, weil da die Entartung der Staatsform die geringste ist."

 

 

 

2.3 Machiavelli, Diskorsi

 

 

 

Machiavelli beschäftigte sich im I. Buch 2. Kapitel von „Diskorsi" ebenfalls ausführlich mit dem Übergang der Staatsformen in eine andere Staatsform.

 

 

 

 

 

2.4 John Locke, „The second treatise of government”, 1689

 

 

 

Lockes Werk „The second treatise of government”, wird hinlänglich etwas überschätzt, da die darin aufgestellten Forderungen zum Erscheinungsdatum im Jahre 1689 die Zugeständnisse gegenüber der englischen Revolution von 1688 (Bill of Rights) bereits enthielten.

 

Seine Gedanken wirken aber in dem Geschehen nach, wie gewählte Vertreter in der Bundesrepublik Deutschland ihre Bürger ab der Einführung des Euro einer supranationalen Institution (EU) ausliefern, ohne sich dies demokratisch legitimieren zu lassen.

 

Einschränkend möchte ich aber erwähnen, dass man Lockes „Gewaltenteilungsideen“ nicht an heutigen Maßstäben messen darf. Er sah zwar schon ein Wahlrecht, jedoch eines, welches sich an den Leistungen des Einzelnen orientiert. Also, wer am meisten bezahlt, hat auch am meisten zu sagen. Im Hinblick auf die von Locke angestrebten übergeordneten Ziele wird man dies aber im Kontext der damaligen Zeit etwas gnädiger beurteilen dürfen.

 

 

 

2.4.1 Die vollkommene Demokratie

 

 

 

Locke beschreibt in Abschnitt X. von „The second treatise of government“ den Zustand der vollkommenen Demokratie, in dem die Mehrheit bestimmt.

 

Eine nicht mehr ganz so vollkommene Form sah er darin, wenn das Volk die Gewalt, Gesetze zu geben, in die Hände „einiger ausgewählter Männer“ legt (Nr. 132 Satz 3). Unter der heutigen Begriffsauslegung würde man von dabei von einer repräsentativen oder parlamentarischen Demokratie sprechen, soweit man etwa den deutschen Bundestag mit mehreren Hundert Abgeordneten zur vergleichenden Betrachtung heranzieht. Hier verblüfft Locke durch die Aktualität in Bezug auf die heutige Demokratiekritik. Er sieht nämlich ein politisches System, in dem das Volk die gesetzgebende Gewalt in die Hände „einiger Personen“ gelegt hat, als Oligarchie an, mithin also eine Herrschaft Weniger (Nr. 132 Satz 4).

 

Aus der Sicht Lockes wäre also die parlamentarische Demokratie der Bundesrepublik Deutschland in der Ausformung der Herrschaft „weniger Männer“ mithin keine vollkommene Demokratie, sondern eine Oligarchie. Die heutige Schweiz würde dem von ihm bezeichneten Modell einer vollkommenen Demokratie wohl am ehesten entsprechen, meinem übrigens auch.

 

 

 

„The second treatise of government“ Reclam „Über die Regierung“ 1974, 99; Abschnitt X. Die Staatsformen Nr. 132:

 

 

 

„Wie schon gezeigt worden ist, liegt bei der ersten Vereinigung der Menschen zu einer Gesellschaft naturgemäß die gesamte Gewalt der Gemeinschaft in der Mehrheit. Sie kann diese ganze Gewalt anwenden, um der Gemeinschaft die von Zeit zu Zeit erforderlichen Gesetze zu geben, und diese Gesetze durch Beamte vollstrecken zu lassen, die von ihr selbst ernannt werden. In diesem Fall ist die Regierungsform eine vollkommene Demokratie.

 

Sie kann aber auch die Gewalt, Gesetze zu geben, in die Hände einiger ausgewählter Männer und deren Erben oder Nachfolger legen, und dann ist sie eine Oligarchie, oder aber in die Hände eines einzigen Mannes, und dann handelt es sich um eine Monarchie.“

 

    

 

2.4.2 Die Grenzen der Legislative nach Locke und das heutige Deutschland

 

 

 

Ich schwanke zwischen tiefer Nachdenklichkeit und Bestürzung, wenn ich mir anschaue, wie in der Zeit des Absolutismus ein britischer Freiheitsdenker die Grenzen der Legislative und Regierung sah und wie die Politik in der Bundesrepublik Deutschland Hunderte Jahre später angesichts des hypertrophen Europawahns den lock`schen Grundgedanken in den Dreck gezogen hat.

 

Die Einzelstaaten der Europäischen Union werden heutzutage von einer außer Rand und Band geratenen europäischen Politik, europäischen Gesetzgebung und europäischen Rechtsprechung regiert, ohne dass dies durch eine nennenswerte Identifikation durch die Bürger hinterlegt wäre.

 

Wie konnte es aber dazu kommen? Wurde ich als Souverän gefragt, ob ich mit meinen Steuerleistungen Exzesse bei Wahlgeschenken in anderen europäischen Staaten mitfinanzieren will?

 

Unsere „Volksvertreter“ hätten sich Locke als Vorbild nehmen können. Er sah es als völlig unmöglich an, dass Gesetze plötzlich von anderen als den durch das Volk bestimmten Institutionen geschaffen werden.

 

 

 

In der Bundesrepublik Deutschland ist dies aber leider so. Die legislative Authentizität wurde ohne jegliche Legitimation des Volkes einfach in Richtung Europainstitutionen weitergereicht.

 

John Lockes damals als Mahnung ausgesprochene Gedanken warfen ihre Schatten voraus, haben jedoch die im Vierjahresrythmus abgenickten „Volksvertreter“ in der heutigen Bundesrepublik Deutschland nie erreicht.

 

 

 

Locke hat von diesen Figuren wahrscheinlich fast keiner gelesen. Es kommt aber noch schlimmer, denn die Zerstörung der Grundsätze der Gewaltenteilung wird dadurch noch mehr pervertiert, soweit die EU-Kommission als Exekutivorgan Vorschriften erlässt, die eigentlich einer Konstituierung durch die Legislative bedürften.

 

 

 

Nach Lockes Ansicht ist eine der Grenzen der legislativen Gewalt die, dass Gesetze auf kein anderes Ziel als das Wohl des Volkes gerichtet sein dürfen (Nr. 142). Es ist klar und bedarf an für sich keiner weiteren Erörterung, dass ein paar Hundert Figuren Entscheidungen von derart evidenter Bedeutung erst dann treffen sollten, wenn das Volk hierzu befragt wurde. Dies geschah in anderen europäischen Ländern etwa in Irland oder Norwegen. Die norwegischen Bürger haben zweimal abgelehnt und dabei blieb es dann auch.

 

Die nahestehende Frage ist damit die, weshalb dies gerade in einem Staat möglich war und noch ist, dessen Repräsentanten angeblich ach so viel Wert auf die Rechte des Bürgers legen.

 

 

 

Locke beschreibt in Nr. 141 Abschnitt XI. „The second treatise of government“ Reclam „Über die Regierung“ 1974, das Ausmaß der gesetzgebenden Gewalt:

 

 

 

„141 Zum vierten kann die Legislative die Gewalt, Gesetze zu geben, nicht in andere Hände legen. Da diese Gewalt ihnen vom Volk übertragen wurde, können sie diejenigen, die sie innehaben, auch nicht an andere weitergeben. Einzig das Volk kann die Staatsform bestimmen. Es geschieht dies aber durch die Konstituierung der Legislative, indem man bestimmt, in wessen Händen sie liegen soll. Wenn das Volk gesagt hat: <Wir wollen uns Regeln unterwerfen und von Gesetzen regiert werden, die von den und den Männern und in der und der Form geschaffen wurden>, so kann niemand sonst erklären, andere Männer sollten ihnen Gesetze geben. Da die Gewalt der Legislative in der positiven freiwilligen Machtverleihung und Einsetzung des Volkes gründet, kann sie auch keine andere sein, als durch diese positive Machtverleihung vermittelt wurde. Und das war lediglich, Gesetze zu geben, nicht aber Gesetzgeber zu schaffen - die Legislative kann also keinerlei Macht haben, ihre Gesetzgebungsgewalt zu übertragen und in andere Hände zulegen.“

 

 

 

Locke wiederholt dies bei der Aufzählung der Grenzen der Legislative in Nr. 142

 

 

 

„Zum Vierten darf und kann die Legislative die Gewalt, Gesetze zu geben, nicht auf irgend jemand anders übertragen, und sie kann sie nirgendwo anders hinlegen als dort, wohin sie das Volk gelegt hat“.

 

 

 

 

 

3. Wer sind denn die Politiker

 

 

 

 

 

Wir dürfen wählen gehen. Im Vordergrund steht also das „Dürfen, Können". Meine nächste Frage ist aber, wen oder was und weshalb wählen die Bürger da eigentlich?

 

 

 

Bei näherem Hinsehen stelle ich nämlich fest, dass eigentlich die Parteien entscheiden, wer ins Parlament einzieht. Das sind möglicherweise Personen, die nicht die Besten sind oder sein müssen, sondern die dem Parteiziel am Nützlichsten. Die Parteien haben nämlich ihre eigenen Regeln zur Nominierung, damit wird also fern der Wahlen parteiintern entschieden.

 

 

 

Die erste Krankheit des Wahlmodells sind die Nominierungen in den „Wahlhochburgen", in denen die Parteien Direktkandidaten (sogenannte Direktmandate) bestellen können.

 

 

 

Die zweite Krankheit besteht darin, dass sogar spätere Verlierer der angestrebten Direktmandate über Parteilistenplätze in das Parlament kommen können.

 

 

 

Keine dritte Krankheit, sondern einfach nur eine Karikatur ist die Tatsache, dass die meisten Mitglieder der Wahlherde hiervon gar nichts wissen. Nichts davon wissen, dass so ein nicht unbeträchtlicher Teil der Abgeordnetenplätze vergeben wird. Geradezu aberwitzig erweist sich die dem Bürger vorgegaukelte Wahlmündigkeit bei der Vergabe der Plätze für die Institutionen der Europäischen Union, dem sogenannten Europaparlament. Da stehen sogar alle Abgeordneten auf den starren Listen der Parteien, der Bürger hat auf deren Zusammensetzung nicht den geringsten Einfluss.

 

 

 

Zusammenfassend stelle ich mal vorläufig fest, dass ich nicht unter den Besten wählen kann, sondern das an laues Spülwasser erinnernde Gefühl haben muss, nur noch unter denen wählen zu können, die im Rüttelsieb des Parteisoldatentums hängen geblieben sind. Die echten und somit die wahren Wahlen, sind die parteiinternen, dem Bürger verborgenen Vorwahlen. Selbst auf diese Vorwahlen haben die eigenen normalen Parteimitglieder nur begrenzten Einfluss, weil dies der Parteiennomenklatura, etwa ab Delegiertenebene, vorbehalten ist.

 

 

 

 

 

4. Politiker vertreten in der Regel keine Bürgerinteressen, sondern in erster Linie Parteiinteressen und eigene Interessen. Mit der Wahlstimme wird nichts Wesentliches mitbestimmt

 

 

 

Dem Bürger wird die Illusion vermittelt, mit seiner freien Wahlentscheidung könne er etwas bewirken und die Regierung würde

 

sich dann für die Interessen der Bürger einsetzen.

 

 

 

Dies ist jedoch eine Illusion, genauso wie der freie Wille. Spätestens seit Schopenhauer, Freud und der modernen Neurologie wissen wir, dass der Wille eben nicht frei ist.

 

 

 

Die Abgeordneten sind jedenfalls noch viel weniger frei als die sie wählenden Bürger.

 

 

 

Stehen Sie in Amt und Würden, sollten sie eigentlich nur, wie es der Artikel 38 des Grundgesetzes vorschreibt, ihrem Gewissen unterworfen sein, tatsächlich unterliegen sie aber in der Regel dem sogenannten „Fraktionszwang".

 

 

 

Der Fraktionszwang ist im Gegensatz zum verfassungsrechtlich verankerten freien Mandat nirgends festgeschrieben, dennoch ist er das eigentliche Instrument im Machtspiel. Der Fraktionszwang schwebt über unseren Abgeordneten wie ein Damoklesschwert. Abgeordnete, die vielleicht mal wirklich von der Parteimeinung abweichen würden, müssen immer befürchten, bei der nächsten Wahl mit keinen Listenplätzen mehr bedacht zu werden. Zur Stärkung der Unabhängigkeit denken die Parteien jedoch nicht daran, am Wahlverfahren etwas zu ändern, würden sie dann ja Macht an die eigenen Parteimitglieder abgeben müssen. Dies ist wiederum der gelebte Wille zur Macht (Nietzsche, Schopenhauer), die Äußerungsform einer Repressionsmaschinerie.

 

 

 

Der Abgeordnete unterwirft sich diesem Spiel aus Gründen, die ich noch beschreiben werde. Ich sehe dies so, dass die Parteien den Spielplatz für die Abgeordneten abstecken.

 

 

 

Der Abgeordnete weiß genau, wann er gegenüber der Partei den Kopf zu beugen hat, dafür darf er sich dann auf seiner Spielwiese tummeln und sich seinen Privatgeschäftchen zuwenden.

 

 

 

Soweit er sich darüber hinaus eine Zeitschneise freibrechen kann, wird er versuchen, mit seinem Tun eine angenehme Außenwirkung zu erzeugen, sich für die Bürger mit dem Schein zu versehen, er sei nur für sie da. Hierzu bedient er sich der Medien. Die Medien zeichnen sich ebenfalls durch politische Einfärbungen aus, so dass die Glorifizierung der einzelnen Parteien je nach gerade aktueller Bettgenossenschaft erfolgt.

 

 

 

Die Hingabe der großen Herde an den Irrglauben, Politiker seien einzig und allein darauf bedacht, Herdeninteressen zu vertreten, korrespondiert auch mit der Tendenz zum Leichtmachen und zur Bequemlichkeit. Das „Leichtmachen" ist ebenfalls ganz eindeutig eine anthropologische Wesensart des Menschen, die ihren Ursprung in der Erfindung des Speers als Verlängerung des Arms hat.

 

 

 

Der Bürger macht es zunächst einmal leicht, einen Vertreter benennen zu können, der ja ihn, den Bürger „da oben" vertritt. Hierzu gibt es Parteien, eine für die Bequemlichkeit praktische Erfindung. Es muss ab der Erfindung der Parteien nicht mehr jeder alles selbst machen. Man wählt Leute, die etwas erledigen. Unter Begutachtung ihrer mehr oder weniger erbrachten Leistung „darf" das Herdentier nach Ablauf einer Amtszeit zur Selbstbestätigung seiner Wichtigkeit diese Leute dann wiederwählen oder abwählen.

 

 

 

Ich habe aber nicht den Eindruck, dass das Volk Parteien wählt, sondern dass eine omnipotente Parteienlandschaft am vierjährig stattfindenden Backtag lediglich den Kuchen neu verteilt.

 

 

 

Man erkennt dies ganz einfach am Grad der Entfremdung. Während in kleineren Soziteten der Bezug zum örtlichen Gemeinderat noch gegeben sein mag, reißt dies bereits bei der Landtagsebene abrupt ab.

 

 

 

Welcher Bürger hat sich schon in einer persönlichen Sache an die für ihn zuständigen Parlamentarier auf Landesebene herangetraut oder hat es für notwendig gefunden, etwas klären zu lassen. Noch weiter entfernt sind die Bundestagsabgeordneten. Mit den Strukturen des Europa will der Bürger überhaupt nichts zu tun haben, fast niemand kennt die für ihn zuständigen Abgeordneten oder etwa die tragenden europäischen Institutionen. Es ist auch nicht eine Frage der besseren Aufklärungsarbeit, die Menschen wollen einfach nichts damit zu tun haben.

 

 

 

Die Bürger in der Bundesrepublik Deutschland bringen den Begriff Europa nur mit Geldverschwendung in Zusammenhang.

 

 

 

5. Lügen, Betrügen und Selbstbereicherung in der Geschichte,

 

die Steilvorlage für unsere heutigen Politiker

 

 

 

5.1. Platon

 

 

 

5.1.1. Platon, Politeia, „Der Staat, 3. Buch“ - Nur der Staat darf lügen

 

 

 

Platon hat in seiner Schrift „politeia" -Der Staat- im 3. Buch neben der

 

Zensur nämlich auch die Lüge legalisiert, aber nur von Seiten des Staates:

 

 

 

„Wenn also irgend jemandem, so kommt es der Regierung des Gemeinwesens zu, der Feinde oder der Bürger wegen zu lügen zum Vorteil des Gemeinwesens, die andern alle aber dürfen sich damit nicht befassen"

 

 

 

5.1. 2 Platon, Politeia, „Der Staat, 5. Buch“ - Der Staat darf fälschen

 

 

 

Da Platon schon mal dabei war, hat er neben seiner ersten Verfehlung noch nebenbei im 5. Buch den staatlichen Betrug legitimiert, er hat nämlich staatlicherseits die Fälschung von Losen befürwortet.

 

 

 

5.1.3 Platon, „Gorgias“

 

 

 

Dem Grunde nach handelt es sich beim Dialog Gorgias um ein Gespräch zwischen Sokrates und den Sophisten (Rednern, Lehrern) Kallikles, Chairephon, Gorgias und Polos. Dabei findet sich eine verblüffende Gleichartigkeit zwischen den damaligen Redekünstlern und unseren heutigen Politikern. Daraus ist ein faszinierender Zeitschlag zu erkennen von Platon bis Machiavelli. Der besseren Verständlichkeit wegen, versehe ich die einzelnen Betrachtungen mit eigenen Überschriften. Platon meint im Dialog Gorgias mit der Erwähnung von den Rednern gleichbedeutend auch Politiker.

 

 

 

5.1.3.1 Redner vor dem großen Haufen brauchen nur einen Glauben auslösen

 

 

 

„Sokrates: Der Redner versteht es also nicht etwa, die Gerichte und andere Versammlungen zu belehren über Recht und Unrecht, sondern nur ihnen Glauben beizubringen. Denn eine so große Masse könnte er wohl auch schwerlich in so kurzer Zeit über so wichtige Dinge belehren.“

 

Gorgias: Gewiß nicht.

 

 

 

5.1.3.2 Von der Sache braucht man nichts zu verstehen, nur gut reden muss man können

 

 

 

Genauso ist es heute auch, sie selbst spielen mal Finansminister, mal Familienministerin, mal Kriegsminister. Sie haben von ihrem Job soviel Ahnung, die der Chance entspricht, am 11.11.2015 in der Kaiserstraße 11 ..... um 11.11 Uhr von einem Meteor getroffen zu werden, der aus dem Andromedanebel kommt. Vom Bürger verlangen sie aber für jeden Mist eine Sachkundeprüfung.

 

 

 

Sokrates: Der Unkundige wird also vor Unkundigen überzeugender sein als der Sachverständige, wenn es der Redner mehr als der Arzt sein soll. Das ist doch die Folge; oder nicht?

 

Gorgias: Ja, das folgt daraus.

 

Sokrates: Auch im Verhältnis zu allen übrigen Künsten steht es mit dem Redner und der Rhetorik geradeso: Die Dinge selbst braucht sie nicht zu kennen nach ihrem Wesen, aber ein Mittel der Überredung muß sie gefunden haben, um den Unkundigen gegenüber den Schein zu erwecken, als verstehe man mehr davon als die Sachverständigen.

 

Gorgias: Ist das nicht eine große Erleichterung, lieber Sokrates, daß man die übrigen Künste nicht zu erlernen braucht, sondern nur diese eine, um hinter den Sachverständigen nicht zurückzustehen?

 

 

 

5.1.3.3 Redner / Politiker richten sich nur wegen eigener Vorteile an das Volk

 

 

 

Platon hat im Vorwurf an die Sophisten die sogenannte „Volksverdummung“. angesprochen und meint, die Redner / Politiker würden mit dem Volk wie mit Kindern umgehen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

 

Sie wenden sich an das Volk, reden ihm schön zu und erhöhen im Gegenzug ihre Macht, um in der nächsten Stufe der Selbstbereichung die eigenen Taschen zu füllen. Dies jedenfalls trägt Sokrates an Kallikles heran. Kallikles stimmt zu, meint aber, dass es auch bei den Rednern solche geben kann, die sich auch um das Wohl der Bürger kümmern. Auf eine weitere Frage von Sokrates, wie viele redliche Redner er denn kenne, konnte er keinen einzigen Namen benennen.

 

 

 

„Sokrates: Gut. Wie steht es uns nun mit der Redekunst, die vor dem Volke der Athener und in den anderen Staaten freier Männer geübt wird? Richten sich die Redner immer nach dem Besten in ihrem Vortrag und streben sie nur danach, dass die Bürger so gut wie möglich werden durch ihre Reden, oder gehen auch diese nur auf Erregung des Wohlgefallens bei ihren Mitbürgern aus, vernachlässigen um des eigenen Vorteils willen das Interesse des Staates, gehen mit dem Volke um wie mit Kindern und suchen nur ihr Gefallen zu erregen, ohne sich darum zu kümmern, ob sie dadurch besser oder schlechter werden müssen?

 

Kallikles: Die Frage ist nicht mehr so einfach: denn es gibt Redner, die alles nur in wirklicher Sorge für das Wohl der Bürger reden, aber auch andere, wie du sie bezeichnest.

 

Sokrates: Das genügt schon. Denn wenn dies zwiefacher Art ist, so würde doch wohl das eine Schmeichelei und häßliche Volksrednerei sein, und das andere etwas Schönes, das Streben nämlich, die Seelen der Bürger so gut wie möglich zu machen, und die Entschiedenheit im Vortrag des Besten, mag es nun den Zuhörern angenehm oder unangenehm sein. Doch diese Art der Rede hast du noch nicht erlebt. Oder wenn du einen solchen Redner zu nennen weißt, warum hast du mir seinen Namen nicht angegeben?

 

Kallikles: Ja, beim Zeus, unter den jetzigen Rednern weiß ich dir keinen zu nennen.“

 

 

 

5.2 Machiavelli, (1469-1527), „Il principe, Kapitel 18“, Der Fürst

 

 

 

 

 

Noch wesentlich intensiver hat sich in der Renaissance der italienische Schriftsteller und Staatsphilosoph Machiavelli mit den Strukturen des staatlichen Machterhalts beschäftigt. Er untersuchte in zwei Werken die Fürstenherrschaften (Il Principe) und die Republiken (Discorsi).

 

Kritiker warfen ihm vor, Handbücher für Tyrannen und Despoten geschrieben zu haben, hieraus entstand dann der Begriff des Machiavellismus. Reduktionisten verflachten seine Lehre als Empfehlung zur Täuschung des Volkes. Seine staatstheoretischen Überlegungen der Macht waren wohl auch Grundlage für Nietzsches Werk „Wille zur Macht", der sich von Machiavelli stark inspiriert fühlte.

 

 

 

Machiavelli beschreibt in Kapitel 18 des 1532 erschienenen Werkes "Il principe -Der Fürst-" unter der Überschrift „Inwieweit Herrscher ihr Wort halten sollen“, den politisch Herrschenden die obersten zum Erfolg führenden Maximen.

 

 

 

Oberste Maxime der politisch Handelnden sei, alles zu unternehmen, was dem Erfolg dient. Insbesondere solle der Fürst zu Zwecken des Machterhalts bei Bedarf lügen, seine Versprechen brechen und listig sein. Ferner rät er dem Fürsten, er solle gegenüber dem Volk in seinen Reden immer den Anschein erwecken, gütig, treu, menschlich, redlich und insbesondere religiös zu sein. Nur wenige würden erkennen, wie er wirklich ist, würden aber der Minderzahl wegen nichts unternehmen. Grundsätzlich solle er gut handeln, müsse aber sofort übel handeln, sollte Gefahr auf ihn zukommen. Dies werde dann hingenommen, da am Ende nur der Erfolg zählen würde, das war der machiavellische Rationalismus.

 

 

 

Machiavelli, hier auch ein Vorläufer von Hobbes, geht von einem pessimistischen Menschenbild aus. Er legt seiner Auffassung zugrunde, dass alle Menschen böse und schlecht seien und ihre Versprechen auch nicht halten würden, deshalb dürfe auch der Fürst wortbrüchig werden und über seine wahren Absichten täuschen.

 

Damit hat Machiavelli aber gleichzeitig die Grundlage für seine Diffamierung gelegt, die sich - auch lange nach seinem Tode - gegen ihn richten sollte. Dabei hat er doch nur diejenigen Handlungsweisen beschrieben, die von den damaligen Herrschern und auch von den heutigen Politikern als Grundlage ihres Tuns herangezogen werden. Diese Ehrlichkeit schätze ich an Machiavelli, man kann ihm keine Heuchelei vorwerfen.

 

 

 

Auszug aus Kapitel 18 „Il principe", Kröner, 6. Auflg, 1978

 

 

 

„Ihr müsst euch nämlich darüber im klaren sein, dass es zweierlei Arten der Auseinandersetzung gibt:

 

die mit Hilfe des Rechts und die mit Gewalt. Die erstere entspricht dem Menschen, die letztere den Tieren. Da die erstere oft nicht zum Ziele führt, ist es nötig, zur zweiten zu greifen. Deshalb muss ein Herrscher gut verstehen, die Natur des Tieres und des Menschen anzunehmen. Dies haben die Schriftsteller des Altertums den Herrschern mit versteckten Worten empfohlen, in dem sie berichten, dass Achill und viele andere Herrscher der Vorzeit dem Chiron zur Erziehung übergeben worden seien, der sie unter seiner Zucht halten sollte.

 

Dass ein Herrscher ein Wesen halb Tier, halb Mensch zum Lehrer erhält, soll nichts anderes bedeuten, als dass es ein Herrscher verstehen muss, beide Naturen in sich zu vereinigen; denn die eine ohne die andere ist nicht von Bestand. Wenn sich also ein Herrscher gut darauf verstehen muss, die Natur des Tieres anzunehmen, soll er sich den Fuchs und den Löwen wählen; denn der Löwe ist wehrlos gegen Schlingen, der Fuchs ist wehrlos gegen Wölfe. Man muss also Fuchs sein, um die Schlingen zu wittern, und Löwe, um die Wölfe zu schrecken. Wer nur Löwe sein will, versteht seine Sache schlecht.

 

Ein kluger Machthaber kann und darf daher sein Wort nicht halten, wenn ihm dies zum Schaden gereichen würde und wenn die Gründe weggefallen sind, die ihn zu seinem Versprechen veranlasst haben. Wären die Menschen alle gut, so wäre dieser Vorschlag nicht gut; da sie aber schlecht sind und das gegebene Wort auch nicht halten würden, hast auch du keinen Anlass, es ihnen gegenüber zu halten. auch hat es einem Herrscher noch nie an rechtmäßigen Gründen gefehlt, seinen Wortbruch zu bemänteln. Man könnte hier zahllose Beispiele aus unserer Zeit anführen, wie viele Friedensschlüsse, wie viele Versprechungen infolge der Treulosigkeit der Herrscher nichtig und vergeblich geworden sind.. Wer am besten Fuchs zu sein verstanden hat, ist am besten gefahren! Doch muss man sich darauf verstehen, die Fuchsnatur gut zu verbergen und Meister in der Heuchelei und Vorstellung zu sein. Die Menschen sind ja so einfältig und gehorchen so leicht den Bedürfnissen des Augenblicks, dass der, der betrügen will, immer einen findet, der sich betrügen lässt......

 

 

 

Ein Herrscher braucht also alle die vorgenannten guten Eigenschaften nicht in Wirklichkeit zu besitzen; doch muss er sich den Anschein geben, als ob er sie besäße. Ja ich wage zu behaupten, dass sie schädlich sind, wenn man sie besitzt und stets von ihnen Gebrauch macht, und dass sie nützlich sind, wenn man sich nur den Anschein gibt, sie zu besitzen. So muss ein Herrscher milde, treu, menschlich, aufrichtig und fromm scheinen und er soll es gleichzeitig auch sein; aber er muss auch die Seelenstärke besitzen, alles ins Gegenteil wenden zu können. Man muss Verständnis dafür haben, dass ein Herrscher, und vor allem ein solcher in einer neu gegründeten Herrschaft, nicht alles beachten kann, wodurch die Menschen in einen guten Ruf kommen, sondern oft gezwungen sind, gegen Treue, Barmherzigkeit, Menschlichkeit und Religion zu verstoßen, eben um die Herrschaft zu behaupten. Darum muss er die Seelenstärke haben, sich nach den Winden des Glücks und dem Wechsel der Verhältnisse zu richten und, wie ich oben sagte, vom Guten so lange nicht abzugehen, als es möglich ist, aber im Notfall zu verstehen, Böses zu tun. Ein Herrscher muss also sehr darauf bedacht sein, dass kein Wort über seine Lippen kommt, das nicht von den oben genannten fünf Eigenschaft zeugt, damit jeder der ihn sieht oder hört, den Eindruck hat, als sei er die Milde, Treue, Redlichkeit, Menschlichkeit und Gottesfurcht in Person. Besonders notwendig ist es, den Eindruck zu erwecken, dass er gerade die letztere Tugend besäße. Die Menschen urteilen im allgemeinen mehr nach dem, was sie mit den Augen sehen, als nach dem, was sie mit den Händen greifen; denn jedem wird es einmal zuteil, etwas in Augenschein zu nehmen; aber nur wenige haben Gelegenheit, etwas zu berühren. Jeder sieht, was du scheinst, und nur wenige fühlen, was du bist. Und diese wenigen wagen nicht, sich der Meinung der großen Masse entgegenzustellen, die die Majestät des Staates, der sie schützt, auf ihrer Seite hat. Die Handlungen aller Menschen und besonders die eines Herrschers, der keinen Richter über sich hat, beurteilt man nach dem Enderfolg.

 

Ein Herrscher braucht also nur zu siegen und seine Herrschaft zu behaupten. Also werden die Mittel dazu stets für ehrenvoll angesehen und von jedem gelobt. Denn der Pöbel hält sich immer an den Schein und den Erfolg; und in der Welt gibt es nur Pöbel. Die wenigen zählen nicht gegen die Masse, wenn diese am Staat einen Rückhalt hat..."

 

 

 

 

 

6. Lügen, Täuschen, Betrügen und Selbstbereicherung ist überwiegend

 

die Kernkompetenz der heutigen Politiker, politische Handlungen dienen nur dem Machterhalt.

 

 

 

Die erste Folge der abgegebenen Wahlstimme ist für die entsprechende Partei bereits mit einem Geldsegen verbunden, nämlich mit einer saftigen, völlig überdimensionierten Wahlkampfkostenerstattung. Der Wähler in seiner durch die Stimmabgabe geschmeichelten Selbstachtung glaubt sich dem Nichtwähler natürlich haushoch überlegen. Versucht er diesen doch damit zu beeindrucken, der Nichtwähler könne sich dann ja auch nicht beklagen und habe deswegen auch nichts zu kritisieren. Ich kann nichts dafür, sobald mir dies entgegen gehalten wird, verspüre ich Schwefelgeruch in der Nase.

 

 

 

Ich bin so frei, den Begriff des qualitativen Nichtwählers zu schöpfen, eine Spezies, die sich durchaus des Prinzips von Ursache und Wirkung bewusst ist, jedoch erkannt hat, dass es keine messbare Größe zwischen der Abgabe des Wahlzettels und dem politischen Output gibt.

 

 

 

Ich möchte dies anhand eines Beispieles erläutern, welches sich mit der

 

Regelmäßigkeit einer tibetanischen Gebetsmühle wiederholt:

 

 

 

Maier und Schulz sehen im Fernsehen hocherfreut die Wahlrede von Frau Uckermark (spätere Bundeskanzlerin Merkel), die hoch und heilig verspricht, dass im Falle der Wahl die Mehrwertsteuer nicht erhöht werde. Da Maier und Schulz ein Eigenheim bauen wollen und die diskutierte Erhöhung einen Betrag von vielen Tausend Euros ausmachen würde, wählen sie natürlich die Abgeordneten von Frau Uckermarks Partei. Nach der gewonnenen Wahl verkündet Frau Uckermark flugs die Mehrwertsteuererhöhung und begründet dies mit dem Gemeinwohl ( siehe unten). Maier und Schulz sind erbost, weil sie wegen der Finanzierungslücke nun nicht mehr ihr Häuschen bauen können und schwören, dass sie nie wieder Frau Uckermark Brut wählen werden. Die Herde verhält sich jedoch überwiegend sklavisch, das Gedächtnis ist nur kurz. Mit ein wenig Schmeichelei und ein paar bunten Wahlplakaten, die dem Betrachter gestylte Smileys entgegengrinsen lassen, werden Maier und Schulz bei der nächsten Wahl vielleicht doch wieder Frau Uckermarks Klüngel wählen. Ach ja, Frau Uckermark wurde tatsächlich wieder Bundeskanzlerin.

 

 

 

Nanu, was ist denn da passiert, Frau Uckermark hat gelogen. Darf ein Politiker lügen?

 

 

 

Na und würde Frau Uckermark mir antworten, „ Ich mache doch nur das, was in der Geschichte immer gemacht wurde“

 

 

 

Sie hat tatsächlich recht, denn Frau Uckermark hat nur aus der Geschichte gelernt.

 

 

 

Nachdem ich nun erkannt habe, dass ich nicht unter den Besten wählen kann und mich mit der Teilnahme an der Wahl nur der Beihilfe zur ungerechtfertigten Bereicherung und des Abnickens der Parteienoligarchie schuldig machen würde, nehme ich bei dieser Gelegenheit auch gleich Abschied von der Hoffnung, ich könne in einer nicht-plebiszitären, hier parlamentarischen, Demokratie etwas Entscheidendes durch meine Wahlstimme bewirken.

 

 

 

Eine immer wieder gehörte Meinung ist die, dass sich die Politiker immer weiter vom Volk entfernen. Dies ist tatsächlich so. Das hängt zum einen wohl damit zusammen, dass sich der einzelne Politiker, der sich zur Wahl stellt, in seiner persönlichen Sozialisation bereits soweit vom Durchschnittsbürger entfernt hat, dass ihm dessen Sorgen und Nöte wie irgendein seltenes Exponat eines Museums erscheinen, zum anderen hat er zugunsten der Erhaltung und Steigerung seiner sozialen Position für Bürgerinteressen nur beschränkte Zeit haben.

 

 

 

Sie scheinen der horazischen Weisheit, dem carpe diem nämlich, eine besondere Interpretation zu geben, indem sie mit dem „carpe = pflücken" und der Erkenntnis der neidisch fliehenden Zeit (fugerit aetas) das Ausleben der Veranlagung verstehen, die kostbare Zeit einer Amtsperiode intensiv zu nutzen, um Aufsichtsratspöstchen und/oder Beraterverträge und ähnliches zu ergattern.

 

 

 

Viele haben aufgrund ihrer exponierten Stellung bereits locker ein halbes Dutzend gut bezahlte Nebentätigkeiten und deshalb eigentlich gar keine Zeit mehr, etwa in den namentlichen Abstimmungen ihrer Haupttätigkeit als Abgeordnete anwesend zu sein.

 

Diese bei näherem Hinsehen eigentlich gar nicht mehr kühne Behauptung ist schon visuell belegbar. Der Plenarsaal, der eigentliche Arbeitsplatz der Abgeordneten ist nur noch Staffage, um gegenüber der Wahlherde, wenn es vor laufenden Kameras gilt, publikumswirksam zu präsentieren, für die reichlichen Diäten tue man ja schließlich auch was.

 

In der übrigen Zeit übt sich ein großer Teil der Spezies der Gewählten darin, sich in möglichst kurzer Zeit die eigenen Taschen vollzustopfen.

 

 

 

Dies alles natürlich neben der Bezahlung, deren Höhe sie paradoxerweise sich selbst festlegen können. Diese Veranlagung zieht sich durch alle coleuhr unserer heutigen Parteienlandschaft.

 

 

 

Den größten Treppenwitz des Opportunismus und der politischen Lüge habe ich bei der einstigen New Wave- und Protestpartei, der Partei mit des Farbe des Rasens angetroffen.

 

 

 

In den Anfängen sind deren Repräsentanten noch mit Latzhosen und Turnschuhen angetreten. Längst sind sie zu 600 Dollar Maßanzügen und Luxustretern mit Flüsterprofil übergetreten.

 

Da trat einst ein bei Demonstrationen im Pflasterweitwurf geübter Herr an, ließ sich mit Turnschuhen an den Füßen zum hessischen Landesminister -ohne je eine Ausbildung genossen zu haben- küren, um dann sogar zum Außenminister aufzusteigen.

 

Dabei immer im Sinne des Mantras der Partei mit der Farbe des Rasens, nach außen hin ein erklärter Gegner der klassischen Energiewirtschaft und ideologisierter Atomkraftgegner zu sein.

 

Er hatte sich seinem Wahlklientel auch immer so präsentiert, als würde er für Chancengleichheit im Schulsystem eintreten. Just nach seinem Ausscheiden ging er in die USA und wurde dort -ohne je eine Ausbildung genossen zu haben, smile- Professor an der amerikanischen Eliteuniversität Princeton. Aber von wegen Chancengleichheit. Die Zeit wo er auf Wählerstimmen und Zulauf achten musste, war ja schließlich vorbei, alte für die Dummherde getünchte Überzeugungen wurden wie Spülwasser beseitigt.  Die besagte Universtiät konnten sich wegen der besonderen Höhe des Studiengeldes nur Reiche und Superreiche leisten. Zurückgekehrt ins gelobte Land, verdingte er sich dann bei der Energiewirtschaft im sogenannten Nabucco-Projekt, deren Mitglieder nebenbei auch Atomkraftwerke betrieben und betreiben.

 

 

 

Ein anderer Ex-Bundesvorsitzender dieser Partei, Rezzo Schlauch, hatte offenbar wohl auch ein quasi Damaskuserlebnis.

 

Ich erinnere mich noch gut an seine im breiten Schwäbisch vorgetragenen geifernden Antiatomkraftreden. Nanu, geht`s noch, was ist denn da passiert, stimmt das eigentlich. Ja es stimmt, Rezzo Schlauch saß jahrelang im Beirat der Karlsruher ENBW. Nein, das war kein Gartenbaubetrieb, sondern bis zur Energiewende 2011 ein auch Atomkraftwerke betreibender Energiekonzern.

 

 

 

 

 

Die Hauptaufgabe sehen die Politiker darin, wieder gewählt zu werden. Die Erfüllung des Amtseides verkommt nicht nur zum bedeutungslosen Beiwerk, sondern wird in der bundesrepublikanischen Politikwirklichkeit sogar mit Füßen getreten.

 

Das ist aber keine Erfindung von mir, dies wurde nämlich schon vor 2400 Jahren in Platons Dialog „Gorgias“ von Sokrates behauptet.

 

Welche Politiker ich mir vorstelle ist schnell und einfach gesagt, nämlich die die gleichen, die Aritoteles in der Nikomachischen Ethik beschrieben hat, also solche, die nicht mehr auf den eigenen, sondern auf den Nutzen des Volkes schauen. Ich Politiker mit Vernunft und Verantwortungsbewusstsein.

 

Was ich nicht will, sind Blender, Schwatzbudenmitglieder, Lügner, sich die Taschen-Vollstopfer, Absahner und Pfründewucherer.

 

Das Spektrum der Fehltaten unserer Herrschenden ist flächendeckend und besteht aus Vorteilsannahme, direkte oder indirekte Bestechung, Einwirkung auf Rechtsgeschäfte zugunsten Dritter (vorzugsweise Freunde, Partei- und Familienmitglieder), unzulässige Inanspruchnahme von Leistungen des Dienstherrn, Verschwendung von Steuermittel bis zu Betrug bei Abrechnungen von Reisekosten, Sitzungsgelder und Roadmiles bei Flügen. Daneben sind beliebt das Plündern der Staatskasse hin von zu schnellen, zu frühen und zu hohen Politikerpensionen und das Plündern der Staatskasse im Rahmen der Ämterpatronage durch den vergoldeten einstweiligen Ruhestand sogenannter politischer Beamter im hohen Range. Ferner sind auch die Beschäftigung von völlig inkompetenten Familienmitgliedern auf Kosten der Steuerzahler beliebt. Für viele Betrachter bietet die „real existierende„ Bundesrepublik das Bild eines verwobenen Netzes von Pfründewucher und Seilschaften, in dem ein Kaste von häufig inkompetenten und gefallsüchtigen Politikern regiert.

 

 

 

Zynisch argumentiert könnte ich sagen, die genannte Neigung zur Bereicherung ist ja an für sich nichts Schlimmes, entspricht sie doch dem anthropologischen Prozess der Menschwerdung, es ist nachgerade ein Wesenszug des Menschen, Eigentum anzuschaffen und zu vermehren. 

 

Die Rhetorik würde das grobe Auseinanderfallen zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei Politikern als Antinomie, also als nicht auflösbaren Widerspruch ansehen.

 

 

 

Die Auflösung des Rätsels, weshalb dies so ist, erscheint mir sehr einfach.

 

So wie beim Schach die Dame die mächtigste Figur ist, ist die Gier mächtiger als billiges politisches Geschwätz von gestern. Die Gier ist das anthropologische Erbe seit hunderttausenden von Jahren, das billige politische Geschwätz hat jeweils nur die Halbwertzeit bis zur nächsten Wahl.

 

 

 

Weshalb sollten die von der Herde gewählten Politiker anders sein, könnte man sich fragen, es sind doch auch bloß Menschen. Die Antwort hierauf liegt mir schon auf der Zunge, bevor ich den Satz vollends durchdacht habe.

 

 

 

Deshalb nämlich, weil etwa Bundesabgeordnete im Gegensatz zum Normalbürger einen Amtseid nach Art 56 und 64 des Grundgesetzes leisten, der da lautet:

 

 

 

"Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde"

 

 

 

Die meisten sprechen diesen Amtseid jedoch nur für die Ohren, die es hören wollen oder die von den Eidleistenden für so dumm gehalten werden, diesen Eid als ehrliches Versprechen anzusehen. Zu sich selbst sprechen sie den alternativen Amtseid, der da lautet:

 

 

 

Ich schwöre, meine ganze Kraft dem Versuch zu widmen, den eigenen Nutzen zu mehren, mir die Taschen in möglichst kurzer Zeit voll zustopfen , die Gesetz zu missachten, soweit sie meinem oder dem Nutzen meines Klientel zuwiderlaufen und etwaigen Schaden vom deutschen Volke bezahlen zu lassen"

 

 

 

Dennoch möchte ich entsprechend des platonischen Dialogs Gorgias es nicht unversucht lassen, zugunsten von Politikern zu unterstellen, dass es wohl auch ein paar Überzeugungstäter unter ihnen gibt, die vielleicht wirklich das wollen, was sie schwören, es aber in den meisten Fällen nicht können.

 

 

 

Kritik an den politisch Tätigen ist jedoch keine Erfindung der Neuzeit, wusste doch schon Marcus Aurelius über Politiker in seinem Buch Selbstbetrachtungen (9.Buch Anmerkung 29) zu berichten:

 


"Wie unbedeutend sind doch diese politisch tätigen und -wie sie jedenfalls glauben- philosophisch handelnden Menschen. Völlig verrotzte Gestalten".

 

 

 

 

 

7. Was können die Regierenden von der Geschichte lernen

 

 

 

7.1 Zynische Aussage, die der Realität am nähesten kommt

 

 

 

Ab und an fragt sich der kleine Mensch, weshalb die heutigen Politiker eigentlich nichts von der Geschichte lernen. Bei der Nachforschung bin ich so weit zurückgegangen, dass ich in der Antike angekommen bin. Danach lautet die Antwort, sie haben doch etwas gelernt, die Hauptausbeute bietet aber leider nur eine sehr negative Grundaussage.

 

 

 

Im Wesentlichen haben die heutigen Politiker aus der Geschichte nur das gelernt, was ihnen zu allen Zeiten zu ihrem Nutzen gereicht hat, nämlich die Ratschläge von Platon in „Politeia, 3. und 5. Buch", und „Gorgias“ sowie Machiavelli „Der Fürst / il principe, Kapitel 18“ zu befolgen, insbesondere bei Bedarf zu lügen, zu täuschen, zu fälschen und Versprechen zu brechen.

 

 

 

Bravo, hat sich nicht viel geändert in den letzten zweieinhalbtausend Jahren.

 

Die Politiker haben auch aus Sebastian Brants „Narrenschiff", einer mittelalterlichen Moralsatire von 1494, gelernt. Brant kam zur Aussage „die Welt will betrogen werden" Diese Spruchweisheit wurde meistens lateinisch „mundus vult decipi" zitiert. Später wurde der Spruch dann erweitert um „ergo decipiator", also „deshalb soll sie betrogen werden".

 

 

 

Nietzsche hat die Veranlagung des „Staates“ zu Lüge und Betrug in zwei konzisen Sätzen ausgesagt. Im „Zarathustra" lässt er im Kapitel „Vom neuen Götzen" Zarathustra eine Aussage machen, die selbstinterpretierend ist.

 

 

 

„Staat heißt das kälteste aller Ungeheuer. Kalt lügt es auch; und diese Lüge kriecht aus seinem Munde: "Ich, der Staat, bin das Volk."

 

 

 

Der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer war wenigstens bei dem Eingeständnis der Lüge ehrlich. Als er auf einen politischen Richtungswechsel angesprochen wurde, meinte er: 

 

Was geht mich mein dummes Geschwätz von gestern an"

 

 

 

Ich möchte jetzt das unfeine Resümee ziehen, dass über die Jahrtausende hinweg das Lügen und Betrügen offensichtlich zur Kernkompetenz der Politiker gehört.

 

 

 

Die Hoffnung, ich könnte mit meiner Wahlstimme etwas bewirken, erscheint mir bereits aus diesem Grunde so weit weg wie ein Alkoholiker von der Buttermilch.

 

 

 

7.2 Historizismus, die Wiederholung der Geschichte

 

 

 

Es gibt und gab Persönlichkeiten, die die Auffassung vertreten, dass aus der Geschichte keine Wiederholungsmuster hergeleitet werden können.

 

So auch der Philosophe und Soziologe Karl Popper (1902-1994),soweit er in seinem Werk „Das Elend des Historizismus" darzulegen versucht, dass sich der Lauf der Geschichte nicht voraussagen lässt und dass es keine wissenschaftliche Lehre über Gesetze der Geschichte gibt. Sicherlich mag dies für den nächsten Schritt zutreffen, bei den großen vatikanischen Zeitabständen sind jedoch durchaus Gesetzmäßigkeiten festzustellen. Dass sich Popper zu dieser Erkenntnis nicht befähigt sah, verwundert mich.

 

 

 

Grundsätzlich sollten Erfahrungen aus der Geschichte Grundlage für aktuelles politisches Handeln bilden, denn die Wiederholungs- und Veranlagungsmuster erweisen sich bei einer empirischen Betrachtung sehr deutlich.

 

Denn das Wort Geschichte impliziert die Fähigkeit, zu verstehen, wie es zu diesem und jenem gekommen ist. Es ist wahrlich schon lange her, aber unsere heutigen Regierenden könnten wesentliche Erkenntnisse aus den ersten Demokratieversuchen der hellenistischen Polis beziehen.

 

 

 

Den Politikern von heute müsste sich aus der Geschichte des Staatsmodells Platons aufdrängen, dass nichts perfekt und ewig ist, auch nicht die bundesrepublikanische Demokratie. Diese Erkenntnis zu negieren ist die größte Anklage, der Ausgangspunkt für mögliches künftiges Unheil.

 

 

 

Platon entwickelte mit seiner Schrift „politeia - der Staat" aus seiner Sicht das Modell eines sogenannten idealen Staatswesens.

 

Die heutigen Politiker glauben auch, dass das jetzige Staatsgebilde die beste aller Möglichkeiten darstellt. Sie sollten sich deshalb befähigen, zu erkennen, dass Platons Modell bei heutiger Betrachtung unter fast keinem Blickwinkel mehr unserem heutigen Denken standhält.

 

Weshalb sollte sich aber dann in der Folge dieser Erkenntnis nicht die Frage aufdrängen, ob das jetzige in der Bundesrepublik Deutschland bestehende politische System etwa auch nicht die beste aller Möglichkeiten darstellt und die künftige Geschichte aus deren retrospektivischer Sicht möglichweise sehr ungnädig darüber urteilen wird.

 

Würde man Niccolo Machiavelli darüber befragen, was die Herrschenden von der Geschichte lernen können, würde er sagen: „Alles". Seine politische Theorie gründet sich vollkommen auf die Geschichte.

 

Machiavelli erkannte, dass die wesensmäßige Natur des Menschen unveränderlich ist, da er stets und zu allen Zeiten den gleichen Leidenschaften, Zielen und Affekten unterworfen war und ist. Da die Ursachen sich gleichen, würden sich aber auch die Wirkungen gleichen. Aus dieser Schlussfolgerung heraus meinte er deshalb, dass sich auch die Geschichte wiederholen würde. In fast schon buddhistischer Sicht sieht er die Politik als Kreislauf an, in dem ein ständiger Wechsel stattfindet, von Ordnung zum Chaos, vom Guten zum Schlechten und Bösen hin und umgekehrt.

 

 

 

Wie wichtig ihm die Notwendigkeit ist, aus der Geschichte zu lernen, hat er dadurch dokumentiert, dass er die Erkenntnis bereits im Vorwort des Werkes „Diskorsi" erwähnt:

 

 

 

„Daher kommt es, dass Unzählige, die sich mit der Geschichte befassen, nur Vergnügen daran finden, etwas von der Mannigfaltigkeit der geschichtlichen Ereignisse zu erfahren, ohne dass sie daran denken, diese nachzuahmen; denn sie halten die Nachahmung nicht für schwierig, sondern für unmöglich, als ob sich Himmel, die Sonne, die Elemente, die Menschen in Bewegung, in Gestalt und Wirksamkeit von dem, was sie seit altersher waren, unterscheiden würden. Von diesem Irrtum möchte ich die Menschen befreien........Ich tue dies, damit die Leser dieser Betrachtung ohne Schwierigkeiten den Nutzen daraus ziehen können, um dessentwegen man Geschichtsforschung betreiben soll."

 

 

 

8. Wer herrscht in Wirklichkeit, wenn es nicht das Volk ist

 

 

 

In einer Demokratie im klassischen Sinne würde die Gesamtheit des Volkes über die Gesamtheit des Volkes bestimmen können (Aristoteles Politica VI, 2,1317), was aber nur schwer umsetzbar wäre. Jedenfalls ist interessant, dass das aristotelische Modell keine Regierenden kennt.

 

 

 

Annäherungswerte an meinen Idealzustand würde ich der schweizerischen direkten Demokratie zubilligen wollen, wo das Volk zu wirklich essentiellen Fragen mitbestimmen kann. In der Bundesrepublik hat der ehemalige Bundespräsident Heinemann das Wort vom mündigen Bürger erwähnt.

 

Weshalb soll ich gerade, weil ich im Geltungsbereich der deutschen parlamentarischen Demokratie lebe, nicht über wesentliche, mein Leben betreffende Aspekte, befragt werden können.

 

 

 

Die heutigen Politiker haben jedoch genau vor der Mündigkeit derer Angst, von denen sie auf den Sessel gehievt werden. Um es nochmals zu wiederholen, haben die Parteien jedoch auch Angst vor der Mündigkeit der eigenen Abgeordneten. Die Parteien wollen keine Macht an die Abgeordneten und diese nicht an die Bürger abgeben. Da die Parteien die Abgeordneten beherrschen und nur diese eine Änderung des Systems bewirken können, wird sich gar nichts ändern. Eine Kontrolle der Abgeordneten und der Machtzentrale durch normale Parteimitglieder ist schon gar nicht möglich. Es entspricht eben bereits soziologischem Wissen, dass jede Organisation unvermeidlich eine Führungsschicht gebärt, die sich immer mehr verselbstständigt und bestrebt ist, sich einer effektiven und nachhaltigen Kontrolle zu entziehen.

 

 

 

Damit bewegen wir uns in einem weiteren Wissensgebiet, der Soziologie. Der Soziologe Robert Michels hat sich bereits 1911 mit dieser Frage in seinem Buch „Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie" geäußert. Im Widerspruch zwischen der demokratischen Werteordnung und der Realität der politischen Parteien kommt Michels zu dem Ergebnis, dass nach naturgesetzlichen Gegebenheiten (Egoismus, Überlebenswille) alle menschlichen Organisationsformen zur Oligarchie hinstreben. Da davon die Parteien als Organisationen nicht ausgenommen sind, streben sie letztlich auch zur Oligarchie. Er stellt apodiktisch fest:

 

 

 

„Die Demokratie führt zur Oligarchie, wird zur Oligarchie"

 

 

 

Später, die bundesrepublikanische Demokratie war gerade den Kinderschuhen entwachsen, beschäftigte dies den deutschen Philosophen Karl Jaspers (1883-1969). Er stellte in seinem 1966 erschienenen Essay die Frage „Wohin treibt die Bundesrepublik"?

 

 

 

Es war die erste Kritik, die schonungslos die Grundkoordinaten des Systems erschütterte. Er stellte etwa fest:

 

 

 

„.....(5) Aufgabe, Situation und Wirklichkeit der Parlamentarier. Das Volk kann nicht selber mitregieren. Es regieren die von ihm beauftragten Vertreter, die Parlamentarier, die ihrerseits den Kanzler wählen. Die Frage ist erstens, welche Wirkung überhaupt vom Volke ausgeht. Sie ist ungemein gering. Selbst die Wahlen sind keine eigentlichen Wahlen, sondern Akklamation zur Parteienoligarchie......"

 

 

 

„...(6) Die Parteien wandeln ihren Sinn. Die Richtung der Wandlung ist diese: Sie waren gemeint als Organe des Volkes, das durch sie seinen Willen kundtut und umgekehrt wieder von ihnen politisch erzogen wird. Aber sie werden zu Organen des Staates, der nunmehr wieder als Obrigkeitsstaat die Untertanen beherrscht. Die Parteien, die keineswegs der Staat sein sollten, machen sich, entzogen dem Volksleben, selber zum Staat. Ursprünglich vielfach autonome Bildungen aus der unbegrenzten Freiheit des Volkes, werden sie in ihrem Bewußtsein zu den Machtträgern selber. Der Staat, das sind die Parteien. Die Staatsführung liegt in den Händen der Parteienoligarchie. Sie usurpiert den Staat....."

 

 

 

„....(7) Eine Mitwirkung des Volkes durch das Referendum wurde nicht zugelassen. Das Volk ist dem Namen nach der Souverän. Aber es hat keinerlei Einwirkung auf die Entscheidungen außer durch die Wahlen, in denen nichts entschieden, sondern nur die Existenz der Parteienoligarchie anerkannt wird. Die großen Schicksalsfragen gehen nicht an das Volk. Ihre Beantwortung muß das Volk über sich ergehen lassen und merkt oft gar nicht, daß etwas und wie es entschieden wird..."

 

 

 

Im Absatz 11 teilt Jaspers zusammenfassend mit geballter Ladung und schonungslos aus:

 

 

 

....(11). Demokratie heißt Selbsterziehung und Information des Volkes. Es lernt nachdenken. Es weiß, was geschieht. Es urteilt. Die Demokratie befördert ständig den Prozess der Aufklärung.

Parteienoligarchie dagegen heißt: Verachtung des Volkes. Sie neigt dazu, dem Volke Informationen vorzuenthalten. Man will es lieber dumm sein lassen. Das Volk braucht auch die Ziele, die die Oligarchie jeweils sich setzt, wenn sie überhaupt welche hat, nicht zu kennen. Man kann ihm statt dessen erregende Phrasen, allgemeine Redensarten, pompöse Moralforderungen und dergleichen vorsetzen. Es befindet sich ständig in der Passivität seiner Gewohnheiten, seiner Emotionen, seiner ungeprüften Zufallsmeinungen.

Die gemeinsame Schamlosigkeit der Parteienoligarchie spürt sich selber nicht. Die Parteienoligarchie fordert vielmehr Respekt, zumal die jeweils führenden Amtspersonen, die Kanzler, Minister, Präsidenten. Wir alle, denken sie, sind doch Vertreter des Volkes, wir können doch nicht schamlos sein. Wir sind durch die Wahl des Volks geheiligt. Wer uns beleidigt, beleidigt das Volk. Kraft unserer Ämter haben wir die Macht und den Glanz, der uns zukommt....)

 

 

 

 

 

Ein weiterer Kritiker auf hohem Niveau ist etwa der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Hans Herbert von Arnim, der sich die Parteien- und Demokratiekritik seit der Mitte der siebziger Jahre sogar zur Lebensaufgabe gemacht hat. Besonders hat er sich auch der Reform des Wahlrechts und der Forderung nach dem Ausbau direktdemokratischer Elemente verschrieben.

Nach alledem bleibt aus meiner Sicht zuzustimmen, soweit es argumentativ in den Raum gestellt wird, dass sich die bundesrepublikanische Parteienwirklichkeit zu einer parlamentarischen Oligarchie entwickelt, somit eine Herrschaft Weniger über Viele darstellt.

 

 

 

Da wir natürlich alle zu den Guten zählen, fassen uns die Folgen unserer eigenen Handlungen am Schopfe, die Anpassung und Behäbigkeit und Selbstgerechtigkeit, natürlich kann man nicht mit dem strafenden Finger nach oben "zu den Politikern" zeigen und im überzeugten Brustton der Selbstgerechtigkeit sich der kleinen Freude des Betrugs bei der Steuererklärung hingeben.

 

 

 

Soweit aber der Herdenmensch im Bewusstsein seiner Sklavenmoral die Gesetze beachtet, gilt dies dann nicht auch für die Politiker als den "Höheren Menschen"?

 

 

 

Sollen diejenigen, die während des verfassungsmäßigen Gesetzgebungsverfahrens die Hand heben, diese Gesetze dann je nach gusto missachten dürfen.

 

 

 

Ich darf an Artikel 20 Abs. 4 des Grundgesetzes erinnern, der dem Herdenmenschen ganz neue Perspektiven aufzeitigt:

 


" Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist"

 

 

 

So, also wenn ich das richtig verstehe, dürfen wir den Politikern, sollten diese sich nicht an die Gesetze -insbesondere an den eigenen Amtseid- halten, unterstellen, dass sie die Ordnung beseitigen wollen. Damit haben wir das Recht zum Widerstand. Wie könnte ein Szenario des Widerstandes aussehen? Steht das nur auf dem Papier, ist so ein Widerstand denkbar.

 

 

 

Seit dem Wissen um Aristoteles in „politikos", Platons „politeia „ dem „Leviathan„ von Hobbes, Machiavellis „Fürst" und „Diskorsi, Rousseaus „Gesellschaftsvertrag" und seines „2. Discours" sowie John Lockes „the second treatise of government" fürchte ich, dass die zu Wirtschaftsunternehmen mutierten Parteienlandschaften niemals freiwillig zur Machtabgabe bereit sein werden.

 

Deshalb die kleine Hausaufgabe, nachzuforschen, wie es eigentlich in der Schweiz zur direkten Demokratie kommen konnte.

 

Der Unterschied ist klar, die Schweizer Bürger haben sich die direkte Demokratie erkämpft, die repräsentative Demokratie der Bundesrepublik Deutschland wurde jedoch 1949 gebacken.

 

 

 

9. Wie sich Gesellschaften verändern

 

 

 

9.1 Evolutionäre Reproduktion, eine kosmisch-empirische Gegebenheit

 

 

 

Oh, gerade hat sich mein Schluckmuskel bewegt, kein gutes Zeichen. Mir sind nämlich gerade die den ewigen Dualismus ausdrückenden Begriffe der Bewegung und der Gegenbewegung eingefallen. Es resultiert aus der Betrachtung der Geschichte und ist damit letztlich eine Schlussfolgerung des machiavellischen Theorems des Historizismus.

 

 

 

Hieraus schöpfen sich meine Gedanken, die Theorie nenne ich das Gesetz der evolutinären Reproduktion, alles unterliegt dem Zyklus der Bewegung und der Gegenbewegung, dem Chaos und der Ordnung

 

 

 

Ich sehe es so, dass jede Bewegung eine Gegenbewegung auslöst. Dies ist zwischenzeitlich unwidersprochenes Erfahrungswissen.

 

 

 

Ich möchte dies mit einer Betrachtung der deutschen politischen Geschichte verdeutlichen.

 

Das klerikale, rückwärtsgewandte, mittelalterliche scholastische Denken des 15. Jahrhunderts hatte als Gegenbewegung den Keim der Renaissance in sich. Kaum war Sie entstanden, führten ihre Schwäche zur Geburt des Keims ihrer Gegenbewegung, nämlich des Absolutismus. Auch der Absolutismus hatte als Gegenbewegung dann den Keim der Aufklärung in sich, dies war letztlich eine Folge der neuen Wissenschaften. Der Gründerzeit mit der ersten deutschen Weimarer Demokratie folgte dann mit der nationalsozialistischen Diktatur die Gegenbewegung. Jedoch auch dieses vermeintlich 1000-jährige Reich hatte bereits den Keim der Gegenbewegung in sich, die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland.

 

 

 

Dies war schon immer so, auch jenseits des Abendlandes, etwa in der indischen Kultur. Auf die vedische Kultur folgte als Gegenbewegung der Buddhismus. Die gewaltige Gegenbewegung der die vedische Kultur bejahenden orthodoxen Systeme (Astikas = Jasager) führte dann wiederum nahezu zum Verschwinden des Buddhismus in Indien.

 

 

 

Im ganz großen Betrachtungswinkel gebiert eine bestimmte Konstellation von Gaswolken die Planeten, einer davon ist die Erde, bis in einer Supernova einst wieder alles enden wird. Es ist ein Prinzip der ewigen Wiederkehr, dass aus dem Kleinen das Große hervorgeht und aus dem Großen das Kleine. Aus dem Samenkorn wird der Eichenbaum, der wiederum der Ausgangspunkt für den nächsten Zyklus bildet, das Menschenwerk ist nichts anderes.

 

 

 

Daran ändern auch Meinungen nichts, die meinen, die Vernetzung im großen europäischen Haus würde dies verhindern. Gerade weil alles so vernetzt und auf Größe ausgerichtet ist, wird die Gegenbewegung kommen. Das ist nicht eine Frage des ob, sondern nur des wann.

 

Es mag lediglich darüber gestritten werden können, wie stark der Ausschlag auf der nach oben hin offenen Richterskala der Erschütterung sein wird.

 

 

 

Diesen Weg von der Größe zum Kleinen sind bereits geschichtsträchtigere Begebenheiten wie die bundesrepublikanische Demokratie als Teil der Europäischen Gemeinschaft gegangen, so etwa das römische Reich, das Reich Alexanders des Großen, das Hunnenreich, das Osmanische Reich, die Goten, die Staufer, die Franken, das Tausendjährige Reich, die Sowjetunion. Die europäische Tendenz zur Gigantomanie scheint keine Grenzen zu kennen.

 

 

 

Irgendwann, so denke ich, wird die Europäische Union dem Kulminationspunkt entgegengehen, der Unregierbarkeit, Undurchschaubarkeit, Verschwendung und Korruption, Zusammenbruch des Währungssystems. Die Füße des Riesen beginnen einzuknicken, er kippt und zersplittert.

 

 

 

Insofern wird sich für die Bewohner des Staatsgebietes der Bundesrepublik Deutschland dann der Kreislauf mal wieder geschlossen haben. Aus dem Chaos des zweiten Weltkrieges entstand die aus dem Existenzialismus geborene Bundesrepublik, also die Ordnung. Der Drang nach Gigantomanie wird wieder zum Chaos führen.

 

 

 

Die in der Bundesrepublik Deutschland bestehende Pluralität und wirtschaftlichen Prosperität - mit Abstrichen - wird auf den Prüfstein gestellt werden.

 

Ich habe leider keine Hoffnung, dass die Politiker daraus etwas lernen, weiß jedoch, dass unweigerlich eine Gegenbewegung kommen wird. Die Tatsache ist einfach eine empirisch-kosmische Gegebenheit.

 

 

 

 

 

9.2 Thomas Hobbes (1588-1679)

 

 

 

Ich meine, dass Chaosszenarien auch durchaus den staatsphilosophischen Darlegungen des englischen Staatsphilosophen Thomas Hobbes entlehnt werden können.

 

Sein Leitspruch ist bekanntlich „homo homini lupus" oder „Der Mensch ist dem Menschen Wolf" , das Böse ist immer und überall und der Mensch sei von der Veranlagung her böse und destruktiv. Danach sei ein Krieg aller gegen alle möglich, so dass letztlich nur ein autoritärer und absoluter Staat die Ruhe wiederherstellen könne. Als Synonym für die Furchtlosigkeit dieses Staates, der alleinig das Chaos im Sinne des Urzustandes beenden kann, wählte er das biblische Geschöpf „Leviathan", den das Alte Testament (Psalm 74,14, Jesaia 27,1 und Hiob 40,25) als furchtloses Seeungeheuer beschreibt, das den Landbewohnern Furcht einflößt. Dies war dann auch der Titel seines 1651 erschienenen Hauptwerkes "Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines bürgerlichen und kirchlichen Staats".

 

 

 

Vor der Beschäftigung mit dem Thema, wie es zu einer Veränderung einer Gesellschaft bekommt, sollte erst einmal kurz beleuchtet werden, aus welchen Gründen sich der Mensch überhaupt in eine Gesellschaft begeben hat.

 

 

 

Der Staat = Leviathan verspricht dem Bürger die Überwindung dieses Urzustandes und Sicherheit, dafür nimmt er sich als Gegenleistung einen beliebigen Teil seines Einkommens, devotes Wohlverhalten und immer mehr Freiheitsrechte.

 

Der staatlichen Schutzpflicht steht nach der Staatsphilosphie von Hobbes damit der bürgerliche Rechtsgehorsam gegenüber.

 

Hobbes Auffassung erscheint mir jedoch seltsam naiv, als würde die Versuchung des absoluten Leviathan zum nächsten kleinen Schritt hin, der Schritt zur Tyrannis überhaupt nicht bestehen.

 

 

 

9.3  Niccoló Machiavelli (1469 - 1527)

 

 

 

Der florenzinische Staatstheoretiker hat bereits im Vorwort seines zweiten Hauptwerkes „Diskorsi - 1522 - " „Diskorsi sopra la prima deca di Tito livio = Betrachtungen über die erste Dekade des Titus Livius" den Unwillen der Menschen seiner Zeit angemahnt, aus der Geschichte zu lernen.

 

 

 

Die Menschen seien zwar in der Lage, die Gesetzmäßigkeit am Himmel zu erkennen, einem Historizismus, also Gesetzmäßigkeiten aus der Geschichte seien sie jedoch nicht zugänglich. Er äußert sich wie folgt:

 

 

 

„Dies hat nach meiner Überzeugung nicht so sehr seine Ursache in der Kraftlosigkeit, die unsere gegenwärtige Religion der Welt anerzogen hat, oder in den Schäden, die der Ehrgeiz und der Müßiggang vielen Ländern und Städten der Christenheit zugefügt hat, als vielmehr in dem Mangel echter Geschichtskenntnis, da man beim Studium der Geschichte weder deren Sinn begreift, noch die von ihr ausgehende Wirkung spürt.

 

 

 

Daher kommt es, dass Unzählige, die sich mit der Geschichte befassen, nur Vergnügen daran finden, etwas von der Mannigfaltigkeit der geschichtlichen Ereignisse zu erfahren, ohne dass sie daran denken, diese nachzuahmen; denn sie halten die Nachahmung nicht für schwierig, sondern für unmöglich, als ob sich der Himmel, die Sonne, die Elemente, die Menschen in Bewegung, in Gestalt und Wirksamkeit, von dem, was sie seit alters her waren, unterscheiden würden. Von diesem Irrtum möchte ich die Menschen befreien............"

 

 

 

Im I. Buch Kapitel 2 trifft er die Aussage, dass auch die Demokratie, wie jede andere Staatsform, ihrer künftigen Ablösung entgegendriftet:

 

 

 

„....die Alleinherrschaft wird leicht zur Tyrannis, die Herrschaft einer bevorrechtigten Schicht mit Leichtigkeit zur Oligarchie und die Demokratie artet unschwer zur Anarchie aus. Führt also der Gründer eines Staatswesens eine dieser drei Regierungsformen ein, so ist dies nur für kurze Zeit. Es lässt sich durch kein irdisches Mittel verhindern, dass sie in ihr Gegenteil ausartet; denn gut und schlecht sind einander in diesem Fall sehr ähnlich".

 

 

 

9.4  Jean-Jaques Rousseau (1712 - 1778)

 

 

 

Der französische Moralist hat seiner Zeit die Bibel für die französische Revolution beschert, den „contrat social", den Gesellschaftsvertrag. Darin vergleicht er das Staatsgebilde mit dem Körper des Menschen. Der Staat würde deshalb genauso sterben, wie der Mensch; dies ist für Rousseau nicht eine Frage des ob, sondern nur des wann.

 

Durch den Vergleich des Staates mit dem menschlichen Körper bejaht er den uralten philosophische Gedanken der Bewegung und der Gegenbewegung.

 

 

 

Kapitel 11, 3. des Werkes“Gesellschaftsvertrag“ oder „contrat social"

 

 

 

„Dieserart ist die natürliche und unvermeidliche Neigung auch der am besten verfassten Regierungen. Wenn Sparta und Rom untergegangen sind, welcher Staat kann da hoffen, ewig zu dauern? Wenn wir eine dauerhafte Einrichtung schaffen wollen, sollten wir nicht davon träumen, sie ewig zu machen! Um Erfolg zu haben, darf man weder das Unmögliche versuchen, noch sich vormachen, menschlichem Werk eine Festigkeit verleihen zu können, die menschlichen Dingen nicht eignet. Die politische Körperschaft beginnt so gut wie der menschliche Körper von Geburt an zu sterben und trägt die Keime ihrer Zerstörung in sich. Aber die eine wie der andere mehr oder wenige widerstandsfähige Verfassung haben, die geeignet ist, sie kürzer oder länger zu erhalten. Die Verfassung des Menschen ist ein Werk der Natur, die des Staates ein Werk der Kunst. Es hängt nicht von den Menschen ab, ihr Leben zu verlängern, es hängt aber von ihnen ab, das des Staates so weit zu verlängern wie möglich, indem sie ihm die denkbar beste Verfassung geben. Auch der am besten verfasste wird enden, aber später als andere, wenn nicht ein unvorhergesehenes Unglück seinen Untergang vor der Zeit herbeiführt."

 

 

 

 

 

10. Mein Ausblick für die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland

 

 

 

10.1 Die Schuldenfrage, der Prüfstein für die Demokratie

 

 

 

Die Art und Weise wie der Staat die Schuldenfrage löst oder nicht löst, wird entscheidend dafür sein, wie lange die Demokratie fortbestehen wird.

 

 

 

Nachdem ich weiß, dass Rom hauptsächlich untergegangen ist, weil es sein ausuferndes Staatsgebilde nicht mehr finanzieren konnte, versuche ich Parallelen zu ziehen. Marcus Aurelius hat zur Finanzierung des Staates Gegenstände des Hofes verkauft, selbst dies half nichts und in Rom war die Währung immerhin gedeckt durch Edelmetall. Jede Staatsführung hat panische Angst davor, dass ein Zusammenbruch des Geldsystems eine systemische Krise auslöst, die sich sehr schnell zu gewaltigen sozialen Spannungen aufschäumen kann.

 

 

 

Exakt zum Zeitpunkt der Erstschrift dieser Betrachtung (Oktober 2005) befand sich die Bundesrepublik Deutschland in der absurden Situation, dass sich der Staat fast genau in dem Ausmaß neu verschuldete (44 Milliarden Euro), wie er Zinsen (39 Milliarden Euro) zu zahlen hatte.

 

Hätte man nach einer Berechnung des Bundes der Steuerzahler zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Schulden mehr aufgenommen und wäre die öffentliche Hand gesetzlich verpflichtet worden, jeden Monat eine Milliarde Euro an Schulden zu tilgen, wären 122 Jahre nötig gewesen, um den Schuldenberg von ca. 1,4 Billionen Euro vollständig abzutragen.

 

 

 

Ein weiteres Berechnungsmodell ging zum Zeitpunkt Oktober 2005 davon aus, dass normal getilgt wird, ohne dass neue Schulden hinzukommen. Unter der Annahme einer realistischen Tilgungsrate von etwa nur einem halben Prozent, hätte es 630 Jahre gedauert, um die Schulden abzutragen.

 

 

 

Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, dass die Bundesrepublik eigentlich ein bankrotter Staat ist, der nur noch deshalb in der Gunst der Finanzwelt steht, weil er seine Zinsen bezahlt. Bereits schon mein Zwerchfell mit einem Lachanfall strapazierend ist nun die Tatsache, dass die Hoffnungen eines sich ständig weiter aufblähenden Europas, dessen Einzelstaaten zum Teil wesentlich weniger verschuldet sind, sich gerade auf die bankrotte Bundesrepublik Deutschland richten.

 

 

 

Immer dann, wenn das finanzpolitische Leck zu groß wird und das Schiff zu versinken droht, greift man in die Bürgerschatulle, da ist sich die Politikerspezies dann einig darin.

 

 

 

Als Beispiel seien etwa Diskussionen über die Erhöhung der Mehrwertsteuer genannt. Der Zugriff fällt umso schwerer aus, je geringer die Gefahr besteht, durch Maßnahmen bereits die Gefahr von Wählerverlusten für die nächste Wahl heraufzubeschwören. Diese Gefahr ist am geringsten bei großen Koalitionen. Partei A und umgekehrt Partei B kann dann immer argumentieren, die andere Partei habe ja mitgemacht.

 

 

 

Die Gunst der Stunde nutzt man dann zu einem besonders tiefen Griff.

 

Schlagartig erinnert mich das „demokratische" Tun und Treiben an die deutschen absolutistischen Territorialherren des 16. und 17. Jahrhunderts. Diese orientierten sich am spätantiken imperialen Herrscherbild und nutzten die Formeln des römischen Rechts (quod principi placuit, legis habet vigorem, Kaiser Justinian), also was der Herrscher befiehlt, hat Gesetzeskraft.

 

 

 

Die Abgeordneten treten in ihrer Gesamtheit dem Bürger gegenüber genauso auf, wie die altvorderen Herrscher, bezeichnenderweise etwa wie damals der französische Sonnenkönig mit seinem Ausspruch „L'Etat c'est moi - Der Staat bin ich".

 

 

 

Indes ist es unter Experten längst unstrittig, dass dies in einem finanziellen Armageddon enden wird. Etwas weniger blumig ausgedrückt behaupte ich, dass die derzeitige Entwicklung bereits den Keim der nächsten Währungsreform in sich trägt.

 

 

 

Diese Aussage erfolgte von mir Jahre vor der Finanzkrise des Jahres 2009 und der Schuldenkrise des Jahres 2010. Es ist schön, dass ich gerade diese Betrachtung fortführen kann. Im Jahre 2011 hat die oben benannte Bundeskanzlerin nun die reife Leistung auf die Füße gestellt, die noch im Jahre 2005 bestehenden 1,4 Billionen Schulden auf 2 Billionen zu erhöhen. Maßgebend dafür ist in erster Linie der sogenannte Rettungsschirm, der über Europa aufgespannt wurde, um die Finanzierung bankrotter Staaten, speziell Griechenland, sicherzustellen. Die Bundesrepublik trägt die Hauptlast mit 27 Prozent des Gesamttopfes.

 

Griechenland kam durch Papandreu durch nachgewiesene betrügerische Manipulationen bei den Beitrittsverhandlungen in die Europäische Union.

 

Es stellte sich im Jahre 2010 etwa heraus, dass in Griechenland eine geradezu aberwitzige öffentliche Beschäftigungsquote bestand. Die Gehälter waren dreimal höher als der Durchschnitt vergleichbarer Beschäftigter in manchen anderen EU-Ländern. Fast alle Griechen gingen in Frührente. Unverheiratete Töchter von Beamten konnten die Rente der Eltern erben. Eines bleibt unauslöschlich in meinem Gedächtnis. So wurde 2010 noch eine üppig ausgestattete Seeverwaltung finanziert, deren See aber bereits 1930 ausgetrocknet war. Darüber habe ich wirklich Tränen gelacht.

 

 

 

Die Bundeskanzlerin hat den Rettungsschirm für Betrügerstaaten groteskerweise als „alternativlos“ bezeichnet. Den eigenen Bürgern, die eigenen Kinder sozusagen, werden aber weiterhin die Zahlung des Solidaritätszuschlages anlässlich der Wiedervereinigung zugemutet. Den kommenden Steuergenerationen, unseren Kindern, wird die Rückzahlung des Rettungsschirms aufgebürdet, dessen Geld bei Betrügern versandet.

 

Das Lustigste besteht nun darin, dass der bundesrepublikanische Beitrag von nahezu 30 % zum sogenannten Rettungsschirm nicht aus einem tatsächlichen Einnahmeüberschuss geleistet wird, sondern nur in den Köpfen der Politiker generiert wird.

 

Explizit muss nämlich die Bundesrepublik selbst Schulden aufnehmen, die dann als Finanzcarepaket an die Betrügerstaaten und eine unverantwortlich handelnde Europäische Union weitergereicht werden.

 

 

 

Die Aberwitzigkeit zeigt sich dann, wenn wir die Situation dem Gesinnungswert des geleisteten Amtseides gegenüberstellen. Ist es das, was die Politiker darunter verstehen, Schaden von dem deutschen Volke abzuwenden und seinen Nutzen zu vermehren?

 

 

 

Den Nutzen zu vermehren steht dort, nicht den Schaden zu erhöhen. Genau das aber machen die Politiker.

 

 

 

Was sie wirklich machen, ist einfach ausgesagt. Sie handeln nach dem Prinzip Hoffnung, nämlich dass hoffentlich so lange nichts passiert, solange sie selbst am abkassieren sind.

 

 

 

Nun zurück zur Kernaussage. Der Prozess des Schuldenmachens hat sich durch alle Parteien und Koalitionen durchgefressen, wie eine Fleischmade, die auch 24 Stunden am Tag frisst.

 

Es war völlig egal, wie Maier oder Schulz gewählt haben. Keine Partei hat bisher etwas daran geändert und es verdichten sich keinerlei Anhaltspunkte zu der Annahme, dass dies in Zukunft möglich wäre.

 

Eine Schuldenverringerung hätte gravierende Einschnitte zur Folge, die sich keine Partei vorhalten lassen möchte, um bei der nächsten Wahl keine Wählerstimmen zu verlieren. Somit wird klar, dass es Politikern nicht um eine langfristige gesunde Entwicklung geht, sondern nur darum, sich und dem eigenen Klüngel die Macht zu erhalten.

 

Platon ließ Sokrates im Dialog „Gorgias“ zu Recht vom Politiker schreiben, der nur auf die eigenen Vorteile bedacht ist.

 

Hier spricht auch der Wille zur Macht, welchen Friedrich Wilhelm Nietzsche so treffend beschrieben hat.

 

Viel Zeit für eine Richtungsänderung haben wir nicht mehr. Wie bekannt wurde Rom im Jahre 410 von den Goten geplündert, vergleichsweise befinden wir uns etwa im Jahre 405

 

Die Uhr tickt.

 

 

 

10.2 Staatspolitische Betrachtung, ohne Plebiszit keine Zukunft

 

 

 

Die sich immer mehr verselbstständigende Demokratie mit ihrer unverkennbaren Tendenz zur Parteien- und Interesssensoligarchie arbeitet mit den schon seit Jahrtausenden bewährten Propagandawerkzeugen.

 

 

 

Dem Bürger wird Furcht und Angst - etwa vor Terroristen, Geldverfall - eingeflößt, er wird durch pausenloses mediales Trommelfeuer und schauspielerische Großtaten der politischen Führer weichgekocht. Danach ist er bereit, auf gewisse Freiheitsrechte zu verzichten, die der Leviathan dann einkassiert.

 

 

 

Der Leviathan ist jedoch schlau, nach der angeblichen Beseitigung der Gefahr, führt er die angewandte Gewalt in der Form der Beschneidung der Bürgerrechte jedoch nicht mehr zurück.

 

Dieses Verhalten ist dann der Ausgangspunkt für eine sich verändernde Gesellschaft, ich meine eine sich anbahnende schleichende Veränderung der Staatsform. Ich neige hier der Auffassung von Machiavelli zu, dass auch Demokratien dazu neigen, zu Ende zu gehen, leider.

 

 

 

Versinnbildlicht möchte ich die sich zur negativen Seite hin verändernde Demokratie dramaturgisch wie folgt darstellen:

 

 

 

Wir dürfen darüber besorgt sein, dass das uns bekannte bundesrepublikanische Staatsgebilde , das auf der Richterskala einer optimalen „polis“ ohnehin noch nie Höchstwerte erreicht hat hat, sich im Rückwärtsgang befindend, langsam zerbröselt.

 

 

 

Dieser Vorgang geschieht in so kleinen Schritten, dass es die Hornviehelemente des Volkes (Nietzsche in Jenseits von Gut und Böse) fast gar nicht wahrnehmen. Tyrannis ist geduldig, fast so wie die Zeit, sie kennt die Mechanismen der großen Zyklen, sie weiß, dass ihre Zeit kommt. Tyrannis ist noch behäbig, sie liegt in der Ecke und schläft, ein oder zweimal hat sie schon geblinzelt. Eines Tages wird sie gähnen, aufstehen und sich in einen Stuhl setzen und dort weiterwarten. Sie wird aber nicht nur warten, denn sie ist ein Beutejäger, den irgendwann der große Hunger überkommt. Dann will sie fressen und ihren Hunger wird sie mit der uns bisher bekannten Art der Demokratie stillen.

 

 

 

Dies wird geschehen, wenn wir dies zulassen, wenn wir nicht erkennen, dass im Wege einer natürlichen Gegenbewegung fundamentale Gefahren drohen. Es wird geschehen, wenn wir nichts dafür tun, dass der Patient möglichst alt wird. Es wird geschehen, wenn wir uns nicht immer vergegenwärtigen, dass die Demokratie das Ding ist, dessen Verteidigung und Weiterentwicklung lohnend ist.

 

Die Demokratie ist die freieste und verteidigungswerteste je gelebte Gesellschaftsform. Je weiter sich die Menschen in unserem abendländischen Kulturgebiet jedoch von den Zeiten des Absolutismus und der Diktatur entfernen, desto fahrlässiger gehen sie mit den wertvollen Errungenschaften der Demokratie um. Die lange Zeitdauer der „relativen" Demokratie hat die Instinkte eingeschläfert, bequem und gesättigt gemacht.

 

 

 

Mir scheint sie unbedingt erhaltenswert, sie ist aber renovierungsbedürftig.  Viel schlechtes Wetter und Stürme bekommen ihr nicht, dann fault sie. Gerade dies geschieht durch Folgelasten, die die Herrschenden vorsätzlich und nur im gnädigsten Falle fahrlässig den Folgegenerationen überbürden.

 

 

 

Für den Ausblick, wie es in unserem Kulturgebiet mit der Demokratie weitergeht, möchte ich deshalb die Geschichte bemühen. Eine Frage wäre etwa, ob in 150 Jahren die Menschen hier auch noch oder vielleicht schon wieder in einer Demokratie - in welcher Ausgestaltung auch immer- leben werden.

 

 

 

Im Kleinen habe ich zunächst keine Hoffnung, dass sich an der Moral der Regierenden etwas entscheidendes ändern wird. Die aristotelische Ansicht in der Nikomachischen Ethik, dass Ethik und Politik zusammengehören, scheint allenfalls noch tauglich als Stoff für eine Komödie.

 

 

 

Anfangs stellte ich fest, dass man nicht unter den Besten wählen kann. Damit meinte ich im Wesentlichen, dass die einzelnen Abgeordneten eben dem Machterhaltungsstreben hinterhertaumeln. Um loslassen zu können, müssten sie über eine Ausbildung verfügen.

 

 

 

Es kann nicht sein, dass vom Bürger in vielen Lebensbereichen Prüfungen und Sachkundenachweise verlangt werden, Politiker jedoch mit dem mächtigsten Spielzeug „Macht" spielen dürfen, ganz ohne Nachweise.

 

Sie sollten zumindest darüber informiert sein, wo die Demokratie herkommt und wie man mit Macht umgeht.

 

 

 

Unsere heutigen Politiker müssten auch erkennen, dass die Staatsform am nachhaltigsten und stabilsten ist, in der das Volk seine Interessen am besten vertreten sieht. Dies ist dann der Fall, wenn es möglichst viel selbst bestimmen kann.

 

Da es im Moment eben fast gar nichts selbst bestimmen kann, wird die Instabilität nur von der noch bestehenden Bequemlichkeit überdeckt.

 

 

 

Dies wird jäh enden, wenn das bereits wankende finanzielle Verteilsystem sein müdes Haupt zur Seite neigen wird, es dann nichts mehr zu verteilen gibt.

 

Um die Politik vom kurzfristigen egoistischen Denken wegzuführen, bleibt nur die Einführung großer plebiszitärer Anteile in die Verfassung, um wirkliche Volksabstimmungen zu ermöglichen und eine direkte Einbindung des Bürgerwillens in das gesellschaftliche Tun zu gewährleisten. Ohne eine solche Änderung ist keine Gesundung des politischen Bereitschaftspotentials des Bürgers möglich, die Entfremdung bleibt sonst Tagesordnung und wird zum tradierten Wert.

 

 

 

Ohne die Hinzufügung einer umfassenden plebiszitären Ingredienz ist die jetzige Form nicht überlebensfähig. Ich sage auch weshalb. Nämlich weil durch das schlechte Vorbild der Politik niemand mehr freiwillig bereit ist, dafür zu kämpfen!

 

 

 

Ich hoffe nicht, dass sich in meinem eigenen Lebenskreis die machiavellische oder platonisch-apokalyptische Prophetie, nämlich die Ablösung der Demokratie durch eine Anarchie bzw. Tyrannei, als Wahrheit erweisen wird.

 

 

 

Platon, Machiavelli und Rousseau werden möglicherweise langfristig Recht behalten. Um in der grammatikalischen Form Futur II zu schreiben, die Geschichte wird sich „eines Tages" wiederholt haben. Die empirischen Fakten der letzten zweieinhalbtausend Jahre sind für diese Annahme geradezu erdrückend.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

ers hat er sich auch der Reform des Wahlrechts und der Forderung nach dem Ausbau direktdemokratischer Elemente verschrieben.


Nach alledem bleibt aus meiner Sicht zuzustimmen, soweit es argumentativ in den Raum gestellt wird, dass sich die bundesrepublikanische Parteienwirklichkeit zu einer parlamentarischen Oligarchie entwickelt, somit eine Herrschaft Weniger über Viele darstellt.

 

Da wir natürlich alle zu den Guten zählen, fassen uns die Folgen unserer eigenen Handlungen am Schopfe, die Anpassung und Behäbigkeit und Selbstgerechtigkeit, natürlich kann man nicht mit dem strafenden Finger nach oben "zu den Politikern" zeigen und im überzeugten Brustton der Selbstgerechtigkeit sich der kleinen Freude des Betrugs bei der Steuererklärung hingeben.

 

Soweit aber der Herdenmensch im Bewusstsein seiner Sklavenmoral die Gesetze beachtet, gilt dies dann nicht auch für die Politiker als den "Höheren Menschen"?

 

Sollen diejenigen, die während des verfassungsmäßigen Gesetzgebungsverfahrens die Hand heben, diese Gesetze dann je nach gusto missachten dürfen.

 

Ich darf an Artikel 20 Abs. 4 des Grundgesetzes erinnern, der dem Herdenmenschen ganz neue Perspektiven aufzeitigt:


" Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist"

 

So, also wenn ich das richtig verstehe, dürfen wir den Politikern, sollten diese sich nicht an die Gesetze -insbesondere an den eigenen Amtseid- halten, unterstellen, dass sie die Ordnung beseitigen wollen. Damit haben wir das Recht zum Widerstand. Wie könnte ein Szenario des Widerstandes aussehen? Steht das nur auf dem Papier, ist so ein Widerstand denkbar.

 

Seit dem Wissen um Aristoteles in „politikos", Platons „politeia „ dem „Leviathan„ von Hobbes, Machiavellis „Fürst" und „Diskorsi, Rousseaus „Gesellschaftsvertrag" und seines „2. Discours" sowie John Lockes „the second treatise of government" fürchte ich, dass die zu Wirtschaftsunternehmen mutierten Parteienlandschaften niemals freiwillig zur Machtabgabe bereit sein werden.

Deshalb die kleine Hausaufgabe, nachzuforschen, wie es eigentlich in der Schweiz zur direkten Demokratie kommen konnte.

Der Unterschied ist klar, die Schweizer Bürger haben sich die direkte Demokratie erkämpft, die repräsentative Demokratie der Bundesrepublik Deutschland wurde jedoch 1949 gebacken.

 

9. Wie sich Gesellschaften verändern

 

9.1 Evolutionäre Reproduktion, eine kosmisch-empirische Gegebenheit

 

Oh, gerade hat sich mein Schluckmuskel bewegt, kein gutes Zeichen. Mir sind nämlich gerade die den ewigen Dualismus ausdrückenden Begriffe der Bewegung und der Gegenbewegung eingefallen. Es resultiert aus der Betrachtung der Geschichte und ist damit letztlich eine Schlussfolgerung des machiavellischen Theorems des Historizismus.

 

Hieraus schöpfen sich meine Gedanken, die Theorie nenne ich das Gesetz der evolutinären Reproduktion, alles unterliegt dem Zyklus der Bewegung und der Gegenbewegung, dem Chaos und der Ordnung

 

Ich sehe es so, dass jede Bewegung eine Gegenbewegung auslöst. Dies ist zwischenzeitlich unwidersprochenes Erfahrungswissen.

 

Ich möchte dies mit einer Betrachtung der deutschen politischen Geschichte verdeutlichen.

Das klerikale, rückwärtsgewandte, mittelalterliche scholastische Denken des 15. Jahrhunderts hatte als Gegenbewegung den Keim der Renaissance in sich. Kaum war Sie entstanden, führten ihre Schwäche zur Geburt des Keims ihrer Gegenbewegung, nämlich des Absolutismus. Auch der Absolutismus hatte als Gegenbewegung dann den Keim der Aufklärung in sich, dies war letztlich eine Folge der neuen Wissenschaften. Der Gründerzeit mit der ersten deutschen Weimarer Demokratie folgte dann mit der nationalsozialistischen Diktatur die Gegenbewegung. Jedoch auch dieses vermeintlich 1000-jährige Reich hatte bereits den Keim der Gegenbewegung in sich, die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland.

 

Dies war schon immer so, auch jenseits des Abendlandes, etwa in der indischen Kultur. Auf die vedische Kultur folgte als Gegenbewegung der Buddhismus. Die gewaltige Gegenbewegung der die vedische Kultur bejahenden orthodoxen Systeme (Astikas = Jasager) führte dann wiederum nahezu zum Verschwinden des Buddhismus in Indien.

 

Im ganz großen Betrachtungswinkel gebiert eine bestimmte Konstellation von Gaswolken die Planeten, einer davon ist die Erde, bis in einer Supernova einst wieder alles enden wird. Es ist ein Prinzip der ewigen Wiederkehr, dass aus dem Kleinen das Große hervorgeht und aus dem Großen das Kleine. Aus dem Samenkorn wird der Eichenbaum, der wiederum der Ausgangspunkt für den nächsten Zyklus bildet, das Menschenwerk ist nichts anderes.

 

Daran ändern auch Meinungen nichts, die meinen, die Vernetzung im großen europäischen Haus würde dies verhindern. Gerade weil alles so vernetzt und auf Größe ausgerichtet ist, wird die Gegenbewegung kommen. Das ist nicht eine Frage des ob, sondern nur des wann.

Es mag lediglich darüber gestritten werden können, wie stark der Ausschlag auf der nach oben hin offenen Richterskala der Erschütterung sein wird.

 

Diesen Weg von der Größe zum Kleinen sind bereits geschichtsträchtigere Begebenheiten wie die bundesrepublikanische Demokratie als Teil der Europäischen Gemeinschaft gegangen, so etwa das römische Reich, das Reich Alexanders des Großen, das Hunnenreich, das Osmanische Reich, die Goten, die Staufer, die Franken, das Tausendjährige Reich, die Sowjetunion. Die europäische Tendenz zur Gigantomanie scheint keine Grenzen zu kennen.

 

Irgendwann, so denke ich, wird die Europäische Union dem Kulminationspunkt entgegengehen, der Unregierbarkeit, Undurchschaubarkeit, Verschwendung und Korruption, Zusammenbruch des Währungssystems. Die Füße des Riesen beginnen einzuknicken, er kippt und zersplittert.

 

Insofern wird sich für die Bewohner des Staatsgebietes der Bundesrepublik Deutschland dann der Kreislauf mal wieder geschlossen haben. Aus dem Chaos des zweiten Weltkrieges entstand die aus dem Existenzialismus geborene Bundesrepublik, also die Ordnung. Der Drang nach Gigantomanie wird wieder zum Chaos führen.

 

Die in der Bundesrepublik Deutschland bestehende Pluralität und wirtschaftlichen Prosperität - mit Abstrichen - wird auf den Prüfstein gestellt werden.

Ich habe leider keine Hoffnung, dass die Politiker daraus etwas lernen, weiß jedoch, dass unweigerlich eine Gegenbewegung kommen wird. Die Tatsache ist einfach eine empirisch-kosmische Gegebenheit.

 

 

9.2 Thomas Hobbes (1588-1679)

 

Ich meine, dass Chaosszenarien auch durchaus den staatsphilosophischen Darlegungen des englischen Staatsphilosophen Thomas Hobbes entlehnt werden können.

Sein Leitspruch ist bekanntlich „homo homini lupus" oder „Der Mensch ist dem Menschen Wolf" , das Böse ist immer und überall und der Mensch sei von der Veranlagung her böse und destruktiv. Danach sei ein Krieg aller gegen alle möglich, so dass letztlich nur ein autoritärer und absoluter Staat die Ruhe wiederherstellen könne. Als Synonym für die Furchtlosigkeit dieses Staates, der alleinig das Chaos im Sinne des Urzustandes beenden kann, wählte er das biblische Geschöpf „Leviathan", den das Alte Testament (Psalm 74,14, Jesaia 27,1 und Hiob 40,25) als furchtloses Seeungeheuer beschreibt, das den Landbewohnern Furcht einflößt. Dies war dann auch der Titel seines 1651 erschienenen Hauptwerkes "Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines bürgerlichen und kirchlichen Staats".

 

Vor der Beschäftigung mit dem Thema, wie es zu einer Veränderung einer Gesellschaft bekommt, sollte erst einmal kurz beleuchtet werden, aus welchen Gründen sich der Mensch überhaupt in eine Gesellschaft begeben hat.

 

Der Staat = Leviathan verspricht dem Bürger die Überwindung dieses Urzustandes und Sicherheit, dafür nimmt er sich als Gegenleistung einen beliebigen Teil seines Einkommens, devotes Wohlverhalten und immer mehr Freiheitsrechte.

Der staatlichen Schutzpflicht steht nach der Staatsphilosphie von Hobbes damit der bürgerliche Rechtsgehorsam gegenüber.

Hobbes Auffassung erscheint mir jedoch seltsam naiv, als würde die Versuchung des absoluten Leviathan zum nächsten kleinen Schritt hin, der Schritt zur Tyrannis überhaupt nicht bestehen.

 

9.3  Niccoló Machiavelli (1469 - 1527)

 

Der florenzinische Staatstheoretiker hat bereits im Vorwort seines zweiten Hauptwerkes „Diskorsi - 1522 - " „Diskorsi sopra la prima deca di Tito livio = Betrachtungen über die erste Dekade des Titus Livius" den Unwillen der Menschen seiner Zeit angemahnt, aus der Geschichte zu lernen.

 

Die Menschen seien zwar in der Lage, die Gesetzmäßigkeit am Himmel zu erkennen, einem Historizismus, also Gesetzmäßigkeiten aus der Geschichte seien sie jedoch nicht zugänglich. Er äußert sich wie folgt:

 

„Dies hat nach meiner Überzeugung nicht so sehr seine Ursache in der Kraftlosigkeit, die unsere gegenwärtige Religion der Welt anerzogen hat, oder in den Schäden, die der Ehrgeiz und der Müßiggang vielen Ländern und Städten der Christenheit zugefügt hat, als vielmehr in dem Mangel echter Geschichtskenntnis, da man beim Studium der Geschichte weder deren Sinn begreift, noch die von ihr ausgehende Wirkung spürt.

 

Daher kommt es, dass Unzählige, die sich mit der Geschichte befassen, nur Vergnügen daran finden, etwas von der Mannigfaltigkeit der geschichtlichen Ereignisse zu erfahren, ohne dass sie daran denken, diese nachzuahmen; denn sie halten die Nachahmung nicht für schwierig, sondern für unmöglich, als ob sich der Himmel, die Sonne, die Elemente, die Menschen in Bewegung, in Gestalt und Wirksamkeit, von dem, was sie seit alters her waren, unterscheiden würden. Von diesem Irrtum möchte ich die Menschen befreien............"

 

Im I. Buch Kapitel 2 trifft er die Aussage, dass auch die Demokratie, wie jede andere Staatsform, ihrer künftigen Ablösung entgegendriftet:

 

„....die Alleinherrschaft wird leicht zur Tyrannis, die Herrschaft einer bevorrechtigten Schicht mit Leichtigkeit zur Oligarchie und die Demokratie artet unschwer zur Anarchie aus. Führt also der Gründer eines Staatswesens eine dieser drei Regierungsformen ein, so ist dies nur für kurze Zeit. Es lässt sich durch kein irdisches Mittel verhindern, dass sie in ihr Gegenteil ausartet; denn gut und schlecht sind einander in diesem Fall sehr ähnlich".

 

9.4  Jean-Jaques Rousseau (1712 - 1778)

 

Der französische Moralist hat seiner Zeit die Bibel für die französische Revolution beschert, den „contrat social", den Gesellschaftsvertrag. Darin vergleicht er das Staatsgebilde mit dem Körper des Menschen. Der Staat würde deshalb genauso sterben, wie der Mensch; dies ist für Rousseau nicht eine Frage des ob, sondern nur des wann.

Durch den Vergleich des Staates mit dem menschlichen Körper bejaht er den uralten philosophische Gedanken der Bewegung und der Gegenbewegung.

 

Kapitel 11, 3. des Werkes“Gesellschaftsvertrag“ oder „contrat social"

 

„Dieserart ist die natürliche und unvermeidliche Neigung auch der am besten verfassten Regierungen. Wenn Sparta und Rom untergegangen sind, welcher Staat kann da hoffen, ewig zu dauern? Wenn wir eine dauerhafte Einrichtung schaffen wollen, sollten wir nicht davon träumen, sie ewig zu machen! Um Erfolg zu haben, darf man weder das Unmögliche versuchen, noch sich vormachen, menschlichem Werk eine Festigkeit verleihen zu können, die menschlichen Dingen nicht eignet. Die politische Körperschaft beginnt so gut wie der menschliche Körper von Geburt an zu sterben und trägt die Keime ihrer Zerstörung in sich. Aber die eine wie der andere mehr oder wenige widerstandsfähige Verfassung haben, die geeignet ist, sie kürzer oder länger zu erhalten. Die Verfassung des Menschen ist ein Werk der Natur, die des Staates ein Werk der Kunst. Es hängt nicht von den Menschen ab, ihr Leben zu verlängern, es hängt aber von ihnen ab, das des Staates so weit zu verlängern wie möglich, indem sie ihm die denkbar beste Verfassung geben. Auch der am besten verfasste wird enden, aber später als andere, wenn nicht ein unvorhergesehenes Unglück seinen Untergang vor der Zeit herbeiführt."

 

 

10. Mein Ausblick für die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland

 

10.1 Die Schuldenfrage, der Prüfstein für die Demokratie

 

Die Art und Weise wie der Staat die Schuldenfrage löst oder nicht löst, wird entscheidend dafür sein, wie lange die Demokratie fortbestehen wird.

 

Nachdem ich weiß, dass Rom hauptsächlich untergegangen ist, weil es sein ausuferndes Staatsgebilde nicht mehr finanzieren konnte, versuche ich Parallelen zu ziehen. Marcus Aurelius hat zur Finanzierung des Staates Gegenstände des Hofes verkauft, selbst dies half nichts und in Rom war die Währung immerhin gedeckt durch Edelmetall. Jede Staatsführung hat panische Angst davor, dass ein Zusammenbruch des Geldsystems eine systemische Krise auslöst, die sich sehr schnell zu gewaltigen sozialen Spannungen aufschäumen kann.

 

Exakt zum Zeitpunkt der Erstschrift dieser Betrachtung (Oktober 2005) befand sich die Bundesrepublik Deutschland in der absurden Situation, dass sich der Staat fast genau in dem Ausmaß neu verschuldete (44 Milliarden Euro), wie er Zinsen (39 Milliarden Euro) zu zahlen hatte.

Hätte man nach einer Berechnung des Bundes der Steuerzahler zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Schulden mehr aufgenommen und wäre die öffentliche Hand gesetzlich verpflichtet worden, jeden Monat eine Milliarde Euro an Schulden zu tilgen, wären 122 Jahre nötig gewesen, um den Schuldenberg von ca. 1,4 Billionen Euro vollständig abzutragen.

 

Ein weiteres Berechnungsmodell ging zum Zeitpunkt Oktober 2005 davon aus, dass normal getilgt wird, ohne dass neue Schulden hinzukommen. Unter der Annahme einer realistischen Tilgungsrate von etwa nur einem halben Prozent, hätte es 630 Jahre gedauert, um die Schulden abzutragen.

 

Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, dass die Bundesrepublik eigentlich ein bankrotter Staat ist, der nur noch deshalb in der Gunst der Finanzwelt steht, weil er seine Zinsen bezahlt. Bereits schon mein Zwerchfell mit einem Lachanfall strapazierend ist nun die Tatsache, dass die Hoffnungen eines sich ständig weiter aufblähenden Europas, dessen Einzelstaaten zum Teil wesentlich weniger verschuldet sind, sich gerade auf die bankrotte Bundesrepublik Deutschland richten.

 

Immer dann, wenn das finanzpolitische Leck zu groß wird und das Schiff zu versinken droht, greift man in die Bürgerschatulle, da ist sich die Politikerspezies dann einig darin.

 

Als Beispiel seien etwa Diskussionen über die Erhöhung der Mehrwertsteuer genannt. Der Zugriff fällt umso schwerer aus, je geringer die Gefahr besteht, durch Maßnahmen bereits die Gefahr von Wählerverlusten für die nächste Wahl heraufzubeschwören. Diese Gefahr ist am geringsten bei großen Koalitionen. Partei A und umgekehrt Partei B kann dann immer argumentieren, die andere Partei habe ja mitgemacht.

 

Die Gunst der Stunde nutzt man dann zu einem besonders tiefen Griff.

Schlagartig erinnert mich das „demokratische" Tun und Treiben an die deutschen absolutistischen Territorialherren des 16. und 17. Jahrhunderts. Diese orientierten sich am spätantiken imperialen Herrscherbild und nutzten die Formeln des römischen Rechts (quod principi placuit, legis habet vigorem, Kaiser Justinian), also was der Herrscher befiehlt, hat Gesetzeskraft.

 

Die Abgeordneten treten in ihrer Gesamtheit dem Bürger gegenüber genauso auf, wie die altvorderen Herrscher, bezeichnenderweise etwa wie damals der französische Sonnenkönig mit seinem Ausspruch „L'Etat c'est moi - Der Staat bin ich".

 

Indes ist es unter Experten längst unstrittig, dass dies in einem finanziellen Armageddon enden wird. Etwas weniger blumig ausgedrückt behaupte ich, dass die derzeitige Entwicklung bereits den Keim der nächsten Währungsreform in sich trägt.

 

Diese Aussage erfolgte von mir Jahre vor der Finanzkrise des Jahres 2009 und der Schuldenkrise des Jahres 2010. Es ist schön, dass ich gerade diese Betrachtung fortführen kann. Im Jahre 2011 hat die oben benannte Bundeskanzlerin nun die reife Leistung auf die Füße gestellt, die noch im Jahre 2005 bestehenden 1,4 Billionen Schulden auf 2 Billionen zu erhöhen. Maßgebend dafür ist in erster Linie der sogenannte Rettungsschirm, der über Europa aufgespannt wurde, um die Finanzierung bankrotter Staaten, speziell Griechenland, sicherzustellen. Die Bundesrepublik trägt die Hauptlast mit 27 Prozent des Gesamttopfes.

Griechenland kam durch Papandreu durch nachgewiesene betrügerische Manipulationen bei den Beitrittsverhandlungen in die Europäische Union.

Es stellte sich im Jahre 2010 etwa heraus, dass in Griechenland eine geradezu aberwitzige öffentliche Beschäftigungsquote bestand. Die Gehälter waren dreimal höher als der Durchschnitt vergleichbarer Beschäftigter in manchen anderen EU-Ländern. Fast alle Griechen gingen in Frührente. Unverheiratete Töchter von Beamten konnten die Rente der Eltern erben. Eines bleibt unauslöschlich in meinem Gedächtnis. So wurde 2010 noch eine üppig ausgestattete Seeverwaltung finanziert, deren See aber bereits 1930 ausgetrocknet war. Darüber habe ich wirklich Tränen gelacht.

 

Die Bundeskanzlerin hat den Rettungsschirm für Betrügerstaaten groteskerweise als „alternativlos“ bezeichnet. Den eigenen Bürgern, die eigenen Kinder sozusagen, werden aber weiterhin die Zahlung des Solidaritätszuschlages anlässlich der Wiedervereinigung zugemutet. Den kommenden Steuergenerationen, unseren Kindern, wird die Rückzahlung des Rettungsschirms aufgebürdet, dessen Geld bei Betrügern versandet.

Das Lustigste besteht nun darin, dass der bundesrepublikanische Beitrag von nahezu 30 % zum sogenannten Rettungsschirm nicht aus einem tatsächlichen Einnahmeüberschuss geleistet wird, sondern nur in den Köpfen der Politiker generiert wird.

Explizit muss nämlich die Bundesrepublik selbst Schulden aufnehmen, die dann als Finanzcarepaket an die Betrügerstaaten und eine unverantwortlich handelnde Europäische Union weitergereicht werden.

 

Die Aberwitzigkeit zeigt sich dann, wenn wir die Situation dem Gesinnungswert des geleisteten Amtseides gegenüberstellen. Ist es das, was die Politiker darunter verstehen, Schaden von dem deutschen Volke abzuwenden und seinen Nutzen zu vermehren?

 

Den Nutzen zu vermehren steht dort, nicht den Schaden zu erhöhen. Genau das aber machen die Politiker.

 

Was sie wirklich machen, ist einfach ausgesagt. Sie handeln nach dem Prinzip Hoffnung, nämlich dass hoffentlich so lange nichts passiert, solange sie selbst am abkassieren sind.

 

Nun zurück zur Kernaussage. Der Prozess des Schuldenmachens hat sich durch alle Parteien und Koalitionen durchgefressen, wie eine Fleischmade, die auch 24 Stunden am Tag frisst.

Es war völlig egal, wie Maier oder Schulz gewählt haben. Keine Partei hat bisher etwas daran geändert und es verdichten sich keinerlei Anhaltspunkte zu der Annahme, dass dies in Zukunft möglich wäre.

Eine Schuldenverringerung hätte gravierende Einschnitte zur Folge, die sich keine Partei vorhalten lassen möchte, um bei der nächsten Wahl keine Wählerstimmen zu verlieren. Somit wird klar, dass es Politikern nicht um eine langfristige gesunde Entwicklung geht, sondern nur darum, sich und dem eigenen Klüngel die Macht zu erhalten.

Platon ließ Sokrates im Dialog „Gorgias“ zu Recht vom Politiker schreiben, der nur auf die eigenen Vorteile bedacht ist.

Hier spricht auch der Wille zur Macht, welchen Friedrich Wilhelm Nietzsche so treffend beschrieben hat.

Viel Zeit für eine Richtungsänderung haben wir nicht mehr. Wie bekannt wurde Rom im Jahre 410 von den Goten geplündert, vergleichsweise befinden wir uns etwa im Jahre 405

Die Uhr tickt.

 

10.2 Staatspolitische Betrachtung, ohne Plebiszit keine Zukunft

 

Die sich immer mehr verselbstständigende Demokratie mit ihrer unverkennbaren Tendenz zur Parteien- und Interesssensoligarchie arbeitet mit den schon seit Jahrtausenden bewährten Propagandawerkzeugen.

 

Dem Bürger wird Furcht und Angst - etwa vor Terroristen, Geldverfall - eingeflößt, er wird durch pausenloses mediales Trommelfeuer und schauspielerische Großtaten der politischen Führer weichgekocht. Danach ist er bereit, auf gewisse Freiheitsrechte zu verzichten, die der Leviathan dann einkassiert.

 

Der Leviathan ist jedoch schlau, nach der angeblichen Beseitigung der Gefahr, führt er die angewandte Gewalt in der Form der Beschneidung der Bürgerrechte jedoch nicht mehr zurück.

Dieses Verhalten ist dann der Ausgangspunkt für eine sich verändernde Gesellschaft, ich meine eine sich anbahnende schleichende Veränderung der Staatsform. Ich neige hier der Auffassung von Machiavelli zu, dass auch Demokratien dazu neigen, zu Ende zu gehen, leider.

 

Versinnbildlicht möchte ich die sich zur negativen Seite hin verändernde Demokratie dramaturgisch wie folgt darstellen:

 

Wir dürfen darüber besorgt sein, dass das uns bekannte bundesrepublikanische Staatsgebilde , das auf der Richterskala einer optimalen „polis“ ohnehin noch nie Höchstwerte erreicht hat hat, sich im Rückwärtsgang befindend, langsam zerbröselt.

 

Dieser Vorgang geschieht in so kleinen Schritten, dass es die Hornviehelemente des Volkes (Nietzsche in Jenseits von Gut und Böse) fast gar nicht wahrnehmen. Tyrannis ist geduldig, fast so wie die Zeit, sie kennt die Mechanismen der großen Zyklen, sie weiß, dass ihre Zeit kommt. Tyrannis ist noch behäbig, sie liegt in der Ecke und schläft, ein oder zweimal hat sie schon geblinzelt. Eines Tages wird sie gähnen, aufstehen und sich in einen Stuhl setzen und dort weiterwarten. Sie wird aber nicht nur warten, denn sie ist ein Beutejäger, den irgendwann der große Hunger überkommt. Dann will sie fressen und ihren Hunger wird sie mit der uns bisher bekannten Art der Demokratie stillen.

 

Dies wird geschehen, wenn wir dies zulassen, wenn wir nicht erkennen, dass im Wege einer natürlichen Gegenbewegung fundamentale Gefahren drohen. Es wird geschehen, wenn wir nichts dafür tun, dass der Patient möglichst alt wird. Es wird geschehen, wenn wir uns nicht immer vergegenwärtigen, dass die Demokratie das Ding ist, dessen Verteidigung und Weiterentwicklung lohnend ist.

Die Demokratie ist die freieste und verteidigungswerteste je gelebte Gesellschaftsform. Je weiter sich die Menschen in unserem abendländischen Kulturgebiet jedoch von den Zeiten des Absolutismus und der Diktatur entfernen, desto fahrlässiger gehen sie mit den wertvollen Errungenschaften der Demokratie um. Die lange Zeitdauer der „relativen" Demokratie hat die Instinkte eingeschläfert, bequem und gesättigt gemacht.

 

Mir scheint sie unbedingt erhaltenswert, sie ist aber renovierungsbedürftig.  Viel schlechtes Wetter und Stürme bekommen ihr nicht, dann fault sie. Gerade dies geschieht durch Folgelasten, die die Herrschenden vorsätzlich und nur im gnädigsten Falle fahrlässig den Folgegenerationen überbürden.

 

Für den Ausblick, wie es in unserem Kulturgebiet mit der Demokratie weitergeht, möchte ich deshalb die Geschichte bemühen. Eine Frage wäre etwa, ob in 150 Jahren die Menschen hier auch noch oder vielleicht schon wieder in einer Demokratie - in welcher Ausgestaltung auch immer- leben werden.

 

Im Kleinen habe ich zunächst keine Hoffnung, dass sich an der Moral der Regierenden etwas entscheidendes ändern wird. Die aristotelische Ansicht in der Nikomachischen Ethik, dass Ethik und Politik zusammengehören, scheint allenfalls noch tauglich als Stoff für eine Komödie.

 

Anfangs stellte ich fest, dass man nicht unter den Besten wählen kann. Damit meinte ich im Wesentlichen, dass die einzelnen Abgeordneten eben dem Machterhaltungsstreben hinterhertaumeln. Um loslassen zu können, müssten sie über eine Ausbildung verfügen.

 

Es kann nicht sein, dass vom Bürger in vielen Lebensbereichen Prüfungen und Sachkundenachweise verlangt werden, Politiker jedoch mit dem mächtigsten Spielzeug „Macht" spielen dürfen, ganz ohne Nachweise.

Sie sollten zumindest darüber informiert sein, wo die Demokratie herkommt und wie man mit Macht umgeht.

 

Unsere heutigen Politiker müssten auch erkennen, dass die Staatsform am nachhaltigsten und stabilsten ist, in der das Volk seine Interessen am besten vertreten sieht. Dies ist dann der Fall, wenn es möglichst viel selbst bestimmen kann.

Da es im Moment eben fast gar nichts selbst bestimmen kann, wird die Instabilität nur von der noch bestehenden Bequemlichkeit überdeckt.

 

Dies wird jäh enden, wenn das bereits wankende finanzielle Verteilsystem sein müdes Haupt zur Seite neigen wird, es dann nichts mehr zu verteilen gibt.

Um die Politik vom kurzfristigen egoistischen Denken wegzuführen, bleibt nur die Einführung großer plebiszitärer Anteile in die Verfassung, um wirkliche Volksabstimmungen zu ermöglichen und eine direkte Einbindung des Bürgerwillens in das gesellschaftliche Tun zu gewährleisten. Ohne eine solche Änderung ist keine Gesundung des politischen Bereitschaftspotentials des Bürgers möglich, die Entfremdung bleibt sonst Tagesordnung und wird zum tradierten Wert.

 

Ohne die Hinzufügung einer umfassenden plebiszitären Ingredienz ist die jetzige Form nicht überlebensfähig. Ich sage auch weshalb. Nämlich weil durch das schlechte Vorbild der Politik niemand mehr freiwillig bereit ist, dafür zu kämpfen!

 

Ich hoffe nicht, dass sich in meinem eigenen Lebenskreis die machiavellische oder platonisch-apokalyptische Prophetie, nämlich die Ablösung der Demokratie durch eine Anarchie bzw. Tyrannei, als Wahrheit erweisen wird.

 

Platon, Machiavelli und Rousseau werden möglicherweise langfristig Recht behalten. Um in der grammatikalischen Form Futur II zu schreiben, die Geschichte wird sich „eines Tages" wiederholt haben. Die empirischen Fakten der letzten zweieinhalbtausend Jahre sind für diese Annahme geradezu erdrückend.

 

 

 

 

Rudi Kölmel im Oktober 2005 i.d.F. vom 10.07.2012

 

Demokratie, Versuch einer Demokratiekritik

 

1. Einleitende Gedanken

 

An dieser Stelle sei erinnert, wie sich Aristoteles die Staatslenker vorstellte. Er beschreibt in der Nikomachischen Ethik (NE) VIII,12 -1160a-1160b) in einem wahren König jemand, der nicht mehr auf seinen eigenen Nutzen schaut, sondern auf den der Untertanen.

Auch der englische Freiheitsdenker John Locke rät in „The second treatise of government”, 1689, XI / 142 und XIII, 158 den Herrschenden, die Besinnung darauf zu richten, dass das Wohl des Volkes das höchste Gesetz sein soll (salus populi suprema lex).

 

Ausgehend vom antiken und neuzeitlichen Demokratiebegriff, wonach sich die Lenker eines Staatswesens am Wohl ihrer Bürger orientieren sollen, möchte ich eine gedankliche Linie beschreiben, weshalb ich eine Geneigtheit zur Nichtwählerschaft verspüre. Per definitionem und ethymologisch handelt es sich bei der Hinterfragung des Wortes Demokratie um die Beschreibung eines Zustandes, wo das Volk herrscht. Ich beginne mich umzuschauen, zuerst zögerlich, fast ängstlich, dann immer dreister werdend, ähnlich dem gerade aus der Blindheit erwachten kleinen Piepmatz im Spatzennest und was sehe ich?

 

Nach Artikel 20 Abs. 2 Satz 1des Grundgesetzes müsste eigentlich alle Staatsgewalt vom Volke ausgehen, die nach Satz 2 dann auch in Wahlen erfolgt. Diese verfassungsrechtliche Konstruktion hätte ein Zeitgenosse vor der französischen Revolution wohl als den Endpunkt des Erstrebenswerten angesehen. Nach dem dies in unserer Verfassung heute so unspektakulär enthalten ist, dürfte ich als kleinstes Teil des Volkssouveräns eigentlich dann doch wohl auch das Gefühl haben, an der Ausübung von Staatsgewalt beteiligt zu sein.

 

Sehe ich etwa eine Volksherrschaft, nein, natürlich nicht! Ich habe auch nicht das Gefühl, an der Ausübung von Staatsgewalt beteiligt zu sein.

 

Wo herrscht es denn, das Volk? Diese Antwort habe ich mir nicht leicht gemacht und ich muss dazu weiter ausholen.

 

2. Wo kommt die Demokratie her

 

Um Schieflagen zu erkennen, muss man zuerst eine Betrachtung der Demokratie an sich machen. Hierbei ist auch interessant, weshalb sich Menschen überhaupt in eine Gesellschaft begeben und ob und wie sich auch eine Demokratie verändern kann.

Wo kommt sie eigentlich her, dieses in unserem Kulturgebiet eigentlich noch recht junge Wesen, ja ich möchte dem Gebilde „Demokratie = Demos" durchaus eine Wesenheit zuschreiben. Ihr Ursprung liegt in der griechischen „polis", den damaligen Stadtstaaten.

 

2.1 Platon, Politeia, 8. Buch

 

Nun, angedacht hat sie schon Platon im 8. Buch Politeia „Der Staat", dabei hat er sie als 3. Verfallsform (=Krankheit) hinter Timokratie (Herrschaft Weniger) und Oligarchie (Herrschaft der Reichen und gerade mal einen Platz vor der Tyrannis (Tyrannei) beschrieben. In dieser Betrachtung diskutiert er ausführlich den Übergang der 4 von ihm erkannten einzelnen Staatsformen in die nächste, insbesondere auch die Charaktere der darin lebenden Individuen.

 

Er bezeichnet die Freiheit als allererste Eigenschaft, insbesondere die volle Redefreiheit.

 

Er sah in der Demokratie aber auch absolute Zügellosigkeit und Buntscheckigkeit. Die Demokratie sei dazu angetan, durch Lügen und neumodische Grundsätze die Menschen von Tugenden zu leeren und zu säubern. Über diese Gedanken kommt er schließlich zum Schluss, dass aus der Demokratie die Tyrannis entsteht.

 

Die rädelsführenden Volksführer würden die Reichen berauben, den größten Teil behalten und den Rest dem niederen Volk der dritten Klasse verteilen. Nachdem sich die Reichen zur Wehr setzen, würde das niedere Volk einen Volksanwalt benennen, der immer mächtiger würde und alle Aufrechten, die sich gegen ihn stellen, aus dem Weg räumt. Dieser wird immer unangreifbarer. Je verhasster er wird, desto mehr Leibwächter und Militär benötigt er. Schleichend wird er so zum Tyrannen.

 

Platons Sicht der Demokratie korrespondiert aber nicht mit unserem heutigen landläufigen Demokratiebegriff.. Mit Freiheit meint Platon -wie bereits erwähnt, einen Prozess, der von der Liberalität zu Zügellosigkeit führt.

 

Weder er noch Aristoteles verbinden mit dem antiken Demokratiebegriff auch die Wahrung der Menschwürde. Das Bestehen der Sklaverei wurde von beiden nie in Frage gestellt. Es war in der damaligen hellenistischen Denkwelt, auch soweit Demokratie geherrscht haben mag, immer Konsens, dass Sklaverei notwendig ist. Das war auch später in Rom, etwa bei Markus Aurelius, nicht anders. Das müssen wir uns immer vergegenwärtigen.

 

Letztlich werden noch Fragen nach der Finanzierung des Machtapparates gestellt. Das Volk werde dem einstigen Volksanwalt dann auch vorwerfen, es habe ihn nicht erzeugt und gehoben, damit es (das Volk) dann, wenn er groß geworden, sein und seiner Sklaven Sklave werde und ihn sowie seine Sklaven nebst anderem Gesindel, ernähren müsse. Die Forderung an ihn, zu gehen, werde er mit Gewalt begegnen. Dann -so führte Platon aus- würde dem Volk die Augen aufgehen, was für ein Früchtchen es geherzt und großgezogen hat.

 

2.2 Aristoteles

 

2.2.1 Aristoteles „Nikomachische Ethik“, Kapitel 1 und 10 

 

Nachfolgend entnehmen wir Aristoteles, wie er sich die Demokratie vorstellt, er hat sich hierzu in der Nikomachischen Ethik (NE) und in Politika verewigt.

Ich finde, er hat im Gegensatz zu Platon eine wesentliche positivere Einstellung zur Demokratie, wenngleich sie mir aber auch für damalige Verhältnisse eher einem etwas realtitätsabgewandten Wunschdenken entsprach, soweit er im ersten Buch NE Kapitel 1 (1094a-1094b) die Ziele der politischen Wissenschaft als das Gute und Edle für den Menschen bezeichnet und im zweiten Buch Kapitel 10 ( (1099b-1100a) die Hinführung des Bürgers zu Tugenden als das hohe Ziel der politischen Kunst darstellte.

Weder er noch irgendein anderer hat die Verwirklichung dieser Ideale wohl bis zum heutigen Tage erlebt.

Ich sehe bei unseren heutigen Politikern überhaupt keine Tugenden, womit auch keine Hinführung des Bürgers zu Tugenden möglich ist.

 

2.2.2  Aristoteles Politica VI, 2,1317    

 

Text:

 

„Grundlage der demokratischen Staatsform ist die Freiheit. Man pflegt nämlich zu behaupten, dass die Menschen nur in dieser Staatsform an der Freiheit teilhaben, und erklärt, dass danach jede Demokratie strebe. Zur Freiheit gehört aber erstens, dass man abwechselnd regiert und regiert wird. Denn die demokratische Gerechtigkeit besteht darin, dass man nicht der Würde, sondern der Zahl nach die Gleichheit walten lässt, wo diese Gerechtigkeit herrscht, da muss die Menge Herr sein, und was die Mehrzahl billigt, das muss das Gültige und das Gerechte sein. Man sagt nämlich, es sei gerecht, dass jeder Bürger das Gleiche habe. So sind denn in den Demokratien die Armen mächtiger als die Reichen. Denn sie sind zahlreicher, und maßgebend ist die Meinung der Mehrzahl. Dies also ist das eine Zeichen der Demokratie, das alle Demokraten als Wesenszug dieser Verfassung angeben. Ein anderes ist, dass man leben kann, wie man will. Sie sagen, eben dies sei die Leistung der Demokratie; denn nicht zu leben, wie man wolle, sei charakteristisch für Sklaven. Dies also ist die zweite Eigenschaft der Demokratie. Von da her kommt denn, dass man sich nicht regieren läßt, am besten von überhaupt niemandem, oder dann doch nur abwechslungsweise. Auch dies trägt also zur Freiheit im Sinne der Gleichheit bei.


Da nun dies vorausgesetzt wird und dies die Regierungsform ist, so ergibt sich das Folgende als demokratisch: Alle Ämter werden aus allen besetzt, alle herrschen über jeden und jeder abwechslungsweise über alle. Ferner werden die Ämter durchs Los besetzt, entweder alle oder doch jene, die nicht der Erfahrung und Kenntnisse bedürfen. Von der Vermögenseinschätzung hängen die Ämter entweder überhaupt nicht oder nur zu einem minimalen Grade ab. Keiner darf ein Amt zweimal bekleiden, oder nur wenige Male oder in wenigen Fällen, abgesehen von den Kriegsämtern. Die Ämter sind alle kurzfristig, oder doch alle, bei denen es möglich ist. Richter sind alle und können aus allen entnommen werden und richten über alles oder doch über das Meiste, Größte und Bedeutendste, wie über Rechenschaftsablagen, Verfassungsfragen und Privatverträge.

Die Volksversammlung entscheidet über alles oder doch das Wichtigste, die Behörden dagegen über nichts oder nur ganz weniges. Von den Behörden ist der Rat das demokratischste, dort jedenfalls, wo nicht reichliches Taggeld für jeden zur Verfügung steht. Wo aber dies der Fall ist, da werden auch dieser Behörde die Kompetenzen entzogen. Denn wo eine Volksversammlung in der Lage ist, reichliche Taggelder zu geben, da zieht sie alle Entscheidungen an sich, wie wir schon in der vorangehenden Untersuchung gesagt haben. Ferner werden Taggelder gewährt für alles, wenn möglich (für Volksversammlung, Gerichte, Behörden), oder doch wenigstens für Behörden, Gerichte, Rat und die wichtigen Volksversammlungen oder doch diejenigen Behörden, die zusammen zu speisen haben.


Wenn ferner die Oligarchie durch Adel, Reichtum, und Bildung charakterisiert wird, so scheint die Demokratie von alledem das Gegenteil zu sein, Unadligkeit, Armut, Unbildung. Bei den Ämtern gilt, dass keines lebenslänglich sein darf. Bleibt aber ein solches aus einem früheren Zustand übrig, so wird seine Kompetenz beschränkt und aus der Wahl eine Auslosung gemacht.
Dies sind also die gemeinsamen Eigenschaften aller Demokratien. Aus der Gerechtigkeit, die anerkanntermaßen als demokratisch gilt (nämlich dass alle der Zahl nach dasselbe haben), entspringt eben jene Verfassung, die am meisten demokratisch und volkstümlich zu sein scheint. Denn die Gleichheit besteht darin, dass Arme und Reiche in gleicher Weise regieren, dass nicht Einzelne allein entscheiden, sondern alle gleichmäßig ihrer Zahl nach. So - meint man wohl - sei für die Verfassung die Gleichheit und Freiheit garantiert."

 

In der Einordnung der Demokratie in die verschiedenen Staatsformen ist Aristoteles in NE VIII, 12 -1160a-1160b) jedoch nur wenig gnädiger als Platon. Er sieht 6 Staatsformen, drei positive Formen (Monarchie, Aristokratie und Timokratie) und diesen jeweils entgegenstehende negative Ausartungen oder Zerstörungen (Tyrannis, Oligarchie und Demokratie). Immerhin beschreibt er die Demokratie als die beste der schlechten Formen:

 

„Aus der Timokratie geht es über in die Demokratie; denn diese sind einander benachbart. Auch die Timokratie will eine Herrschaft der Menge sein, und alle, die derselben Vermögensklasse angehören sind gleich. Am wenigsten schlecht ist die Demokratie, weil da die Entartung der Staatsform die geringste ist."

 

2.3 Machiavelli, Diskorsi

 

Machiavelli beschäftigte sich im I. Buch 2. Kapitel von „Diskorsi" ebenfalls ausführlich mit dem Übergang der Staatsformen in eine andere Staatsform.

 

 

2.4 John Locke, „The second treatise of government”, 1689

 

Lockes Werk „The second treatise of government”, wird hinlänglich etwas überschätzt, da die darin aufgestellten Forderungen zum Erscheinungsdatum im Jahre 1689 die Zugeständnisse gegenüber der englischen Revolution von 1688 (Bill of Rights) bereits enthielten.

Seine Gedanken wirken aber in dem Geschehen nach, wie gewählte Vertreter in der Bundesrepublik Deutschland ihre Bürger ab der Einführung des Euro einer supranationalen Institution (EU) ausliefern, ohne sich dies demokratisch legitimieren zu lassen.

Einschränkend möchte ich aber erwähnen, dass man Lockes „Gewaltenteilungsideen“ nicht an heutigen Maßstäben messen darf. Er sah zwar schon ein Wahlrecht, jedoch eines, welches sich an den Leistungen des Einzelnen orientiert. Also, wer am meisten bezahlt, hat auch am meisten zu sagen. Im Hinblick auf die von Locke angestrebten übergeordneten Ziele wird man dies aber im Kontext der damaligen Zeit etwas gnädiger beurteilen dürfen.

 

2.4.1 Die vollkommene Demokratie

 

Locke beschreibt in Abschnitt X. von „The second treatise of government“ den Zustand der vollkommenen Demokratie, in dem die Mehrheit bestimmt.

Eine nicht mehr ganz so vollkommene Form sah er darin, wenn das Volk die Gewalt, Gesetze zu geben, in die Hände „einiger ausgewählter Männer“ legt (Nr. 132 Satz 3). Unter der heutigen Begriffsauslegung würde man von dabei von einer repräsentativen oder parlamentarischen Demokratie sprechen, soweit man etwa den deutschen Bundestag mit mehreren Hundert Abgeordneten zur vergleichenden Betrachtung heranzieht. Hier verblüfft Locke durch die Aktualität in Bezug auf die heutige Demokratiekritik. Er sieht nämlich ein politisches System, in dem das Volk die gesetzgebende Gewalt in die Hände „einiger Personen“ gelegt hat, als Oligarchie an, mithin also eine Herrschaft Weniger (Nr. 132 Satz 4).

Aus der Sicht Lockes wäre also die parlamentarische Demokratie der Bundesrepublik Deutschland in der Ausformung der Herrschaft „weniger Männer“ mithin keine vollkommene Demokratie, sondern eine Oligarchie. Die heutige Schweiz würde dem von ihm bezeichneten Modell einer vollkommenen Demokratie wohl am ehesten entsprechen, meinem übrigens auch.

 

„The second treatise of government“ Reclam „Über die Regierung“ 1974, 99; Abschnitt X. Die Staatsformen Nr. 132:

 

„Wie schon gezeigt worden ist, liegt bei der ersten Vereinigung der Menschen zu einer Gesellschaft naturgemäß die gesamte Gewalt der Gemeinschaft in der Mehrheit. Sie kann diese ganze Gewalt anwenden, um der Gemeinschaft die von Zeit zu Zeit erforderlichen Gesetze zu geben, und diese Gesetze durch Beamte vollstrecken zu lassen, die von ihr selbst ernannt werden. In diesem Fall ist die Regierungsform eine vollkommene Demokratie.

Sie kann aber auch die Gewalt, Gesetze zu geben, in die Hände einiger ausgewählter Männer und deren Erben oder Nachfolger legen, und dann ist sie eine Oligarchie, oder aber in die Hände eines einzigen Mannes, und dann handelt es sich um eine Monarchie.“

    

2.4.2 Die Grenzen der Legislative nach Locke und das heutige Deutschland

 

Ich schwanke zwischen tiefer Nachdenklichkeit und Bestürzung, wenn ich mir anschaue, wie in der Zeit des Absolutismus ein britischer Freiheitsdenker die Grenzen der Legislative und Regierung sah und wie die Politik in der Bundesrepublik Deutschland Hunderte Jahre später angesichts des hypertrophen Europawahns den lock`schen Grundgedanken in den Dreck gezogen hat.

Die Einzelstaaten der Europäischen Union werden heutzutage von einer außer Rand und Band geratenen europäischen Politik, europäischen Gesetzgebung und europäischen Rechtsprechung regiert, ohne dass dies durch eine nennenswerte Identifikation durch die Bürger hinterlegt wäre.

Wie konnte es aber dazu kommen? Wurde ich als Souverän gefragt, ob ich mit meinen Steuerleistungen Exzesse bei Wahlgeschenken in anderen europäischen Staaten mitfinanzieren will?

Unsere „Volksvertreter“ hätten sich Locke als Vorbild nehmen können. Er sah es als völlig unmöglich an, dass Gesetze plötzlich von anderen als den durch das Volk bestimmten Institutionen geschaffen werden.

 

In der Bundesrepublik Deutschland ist dies aber leider so. Die legislative Authentizität wurde ohne jegliche Legitimation des Volkes einfach in Richtung Europainstitutionen weitergereicht.

John Lockes damals als Mahnung ausgesprochene Gedanken warfen ihre Schatten voraus, haben jedoch die im Vierjahresrythmus abgenickten „Volksvertreter“ in der heutigen Bundesrepublik Deutschland nie erreicht.

 

Locke hat von diesen Figuren wahrscheinlich fast keiner gelesen. Es kommt aber noch schlimmer, denn die Zerstörung der Grundsätze der Gewaltenteilung wird dadurch noch mehr pervertiert, soweit die EU-Kommission als Exekutivorgan Vorschriften erlässt, die eigentlich einer Konstituierung durch die Legislative bedürften.

 

Nach Lockes Ansicht ist eine der Grenzen der legislativen Gewalt die, dass Gesetze auf kein anderes Ziel als das Wohl des Volkes gerichtet sein dürfen (Nr. 142). Es ist klar und bedarf an für sich keiner weiteren Erörterung, dass ein paar Hundert Figuren Entscheidungen von derart evidenter Bedeutung erst dann treffen sollten, wenn das Volk hierzu befragt wurde. Dies geschah in anderen europäischen Ländern etwa in Irland oder Norwegen. Die norwegischen Bürger haben zweimal abgelehnt und dabei blieb es dann auch.

Die nahestehende Frage ist damit die, weshalb dies gerade in einem Staat möglich war und noch ist, dessen Repräsentanten angeblich ach so viel Wert auf die Rechte des Bürgers legen.

 

Locke beschreibt in Nr. 141 Abschnitt XI. „The second treatise of government“ Reclam „Über die Regierung“ 1974, das Ausmaß der gesetzgebenden Gewalt:

 

„141 Zum vierten kann die Legislative die Gewalt, Gesetze zu geben, nicht in andere Hände legen. Da diese Gewalt ihnen vom Volk übertragen wurde, können sie diejenigen, die sie innehaben, auch nicht an andere weitergeben. Einzig das Volk kann die Staatsform bestimmen. Es geschieht dies aber durch die Konstituierung der Legislative, indem man bestimmt, in wessen Händen sie liegen soll. Wenn das Volk gesagt hat: <Wir wollen uns Regeln unterwerfen und von Gesetzen regiert werden, die von den und den Männern und in der und der Form geschaffen wurden>, so kann niemand sonst erklären, andere Männer sollten ihnen Gesetze geben. Da die Gewalt der Legislative in der positiven freiwilligen Machtverleihung und Einsetzung des Volkes gründet, kann sie auch keine andere sein, als durch diese positive Machtverleihung vermittelt wurde. Und das war lediglich, Gesetze zu geben, nicht aber Gesetzgeber zu schaffen - die Legislative kann also keinerlei Macht haben, ihre Gesetzgebungsgewalt zu übertragen und in andere Hände zulegen.“

 

Locke wiederholt dies bei der Aufzählung der Grenzen der Legislative in Nr. 142

 

„Zum Vierten darf und kann die Legislative die Gewalt, Gesetze zu geben, nicht auf irgend jemand anders übertragen, und sie kann sie nirgendwo anders hinlegen als dort, wohin sie das Volk gelegt hat“.

 

 

3. Wer sind denn die Politiker

 

 

Wir dürfen wählen gehen. Im Vordergrund steht also das „Dürfen, Können". Meine nächste Frage ist aber, wen oder was und weshalb wählen die Bürger da eigentlich?

 

Bei näherem Hinsehen stelle ich nämlich fest, dass eigentlich die Parteien entscheiden, wer ins Parlament einzieht. Das sind möglicherweise Personen, die nicht die Besten sind oder sein müssen, sondern die dem Parteiziel am Nützlichsten. Die Parteien haben nämlich ihre eigenen Regeln zur Nominierung, damit wird also fern der Wahlen parteiintern entschieden.

 

Die erste Krankheit des Wahlmodells sind die Nominierungen in den „Wahlhochburgen", in denen die Parteien Direktkandidaten (sogenannte Direktmandate) bestellen können.

 

Die zweite Krankheit besteht darin, dass sogar spätere Verlierer der angestrebten Direktmandate über Parteilistenplätze in das Parlament kommen können.

 

Keine dritte Krankheit, sondern einfach nur eine Karikatur ist die Tatsache, dass die meisten Mitglieder der Wahlherde hiervon gar nichts wissen. Nichts davon wissen, dass so ein nicht unbeträchtlicher Teil der Abgeordnetenplätze vergeben wird. Geradezu aberwitzig erweist sich die dem Bürger vorgegaukelte Wahlmündigkeit bei der Vergabe der Plätze für die Institutionen der Europäischen Union, dem sogenannten Europaparlament. Da stehen sogar alle Abgeordneten auf den starren Listen der Parteien, der Bürger hat auf deren Zusammensetzung nicht den geringsten Einfluss.

 

Zusammenfassend stelle ich mal vorläufig fest, dass ich nicht unter den Besten wählen kann, sondern das an laues Spülwasser erinnernde Gefühl haben muss, nur noch unter denen wählen zu können, die im Rüttelsieb des Parteisoldatentums hängen geblieben sind. Die echten und somit die wahren Wahlen, sind die parteiinternen, dem Bürger verborgenen Vorwahlen. Selbst auf diese Vorwahlen haben die eigenen normalen Parteimitglieder nur begrenzten Einfluss, weil dies der Parteiennomenklatura, etwa ab Delegiertenebene, vorbehalten ist.

 

 

4. Politiker vertreten in der Regel keine Bürgerinteressen, sondern in erster Linie Parteiinteressen und eigene Interessen. Mit der Wahlstimme wird nichts Wesentliches mitbestimmt

 

Dem Bürger wird die Illusion vermittelt, mit seiner freien Wahlentscheidung könne er etwas bewirken und die Regierung würde

sich dann für die Interessen der Bürger einsetzen.

 

Dies ist jedoch eine Illusion, genauso wie der freie Wille. Spätestens seit Schopenhauer, Freud und der modernen Neurologie wissen wir, dass der Wille eben nicht frei ist.

 

Die Abgeordneten sind jedenfalls noch viel weniger frei als die sie wählenden Bürger.

 

Stehen Sie in Amt und Würden, sollten sie eigentlich nur, wie es der Artikel 38 des Grundgesetzes vorschreibt, ihrem Gewissen unterworfen sein, tatsächlich unterliegen sie aber in der Regel dem sogenannten „Fraktionszwang".

 

Der Fraktionszwang ist im Gegensatz zum verfassungsrechtlich verankerten freien Mandat nirgends festgeschrieben, dennoch ist er das eigentliche Instrument im Machtspiel. Der Fraktionszwang schwebt über unseren Abgeordneten wie ein Damoklesschwert. Abgeordnete, die vielleicht mal wirklich von der Parteimeinung abweichen würden, müssen immer befürchten, bei der nächsten Wahl mit keinen Listenplätzen mehr bedacht zu werden. Zur Stärkung der Unabhängigkeit denken die Parteien jedoch nicht daran, am Wahlverfahren etwas zu ändern, würden sie dann ja Macht an die eigenen Parteimitglieder abgeben müssen. Dies ist wiederum der gelebte Wille zur Macht (Nietzsche, Schopenhauer), die Äußerungsform einer Repressionsmaschinerie.

 

Der Abgeordnete unterwirft sich diesem Spiel aus Gründen, die ich noch beschreiben werde. Ich sehe dies so, dass die Parteien den Spielplatz für die Abgeordneten abstecken.

 

Der Abgeordnete weiß genau, wann er gegenüber der Partei den Kopf zu beugen hat, dafür darf er sich dann auf seiner Spielwiese tummeln und sich seinen Privatgeschäftchen zuwenden.

 

Soweit er sich darüber hinaus eine Zeitschneise freibrechen kann, wird er versuchen, mit seinem Tun eine angenehme Außenwirkung zu erzeugen, sich für die Bürger mit dem Schein zu versehen, er sei nur für sie da. Hierzu bedient er sich der Medien. Die Medien zeichnen sich ebenfalls durch politische Einfärbungen aus, so dass die Glorifizierung der einzelnen Parteien je nach gerade aktueller Bettgenossenschaft erfolgt.

 

Die Hingabe der großen Herde an den Irrglauben, Politiker seien einzig und allein darauf bedacht, Herdeninteressen zu vertreten, korrespondiert auch mit der Tendenz zum Leichtmachen und zur Bequemlichkeit. Das „Leichtmachen" ist ebenfalls ganz eindeutig eine anthropologische Wesensart des Menschen, die ihren Ursprung in der Erfindung des Speers als Verlängerung des Arms hat.

 

Der Bürger macht es zunächst einmal leicht, einen Vertreter benennen zu können, der ja ihn, den Bürger „da oben" vertritt. Hierzu gibt es Parteien, eine für die Bequemlichkeit praktische Erfindung. Es muss ab der Erfindung der Parteien nicht mehr jeder alles selbst machen. Man wählt Leute, die etwas erledigen. Unter Begutachtung ihrer mehr oder weniger erbrachten Leistung „darf" das Herdentier nach Ablauf einer Amtszeit zur Selbstbestätigung seiner Wichtigkeit diese Leute dann wiederwählen oder abwählen.

 

Ich habe aber nicht den Eindruck, dass das Volk Parteien wählt, sondern dass eine omnipotente Parteienlandschaft am vierjährig stattfindenden Backtag lediglich den Kuchen neu verteilt.

 

Man erkennt dies ganz einfach am Grad der Entfremdung. Während in kleineren Soziteten der Bezug zum örtlichen Gemeinderat noch gegeben sein mag, reißt dies bereits bei der Landtagsebene abrupt ab.

 

Welcher Bürger hat sich schon in einer persönlichen Sache an die für ihn zuständigen Parlamentarier auf Landesebene herangetraut oder hat es für notwendig gefunden, etwas klären zu lassen. Noch weiter entfernt sind die Bundestagsabgeordneten. Mit den Strukturen des Europa will der Bürger überhaupt nichts zu tun haben, fast niemand kennt die für ihn zuständigen Abgeordneten oder etwa die tragenden europäischen Institutionen. Es ist auch nicht eine Frage der besseren Aufklärungsarbeit, die Menschen wollen einfach nichts damit zu tun haben.

 

Die Bürger in der Bundesrepublik Deutschland bringen den Begriff Europa nur mit Geldverschwendung in Zusammenhang.

 

5. Lügen, Betrügen und Selbstbereicherung in der Geschichte,

die Steilvorlage für unsere heutigen Politiker

 

5.1. Platon

 

5.1.1. Platon, Politeia, „Der Staat, 3. Buch“ - Nur der Staat darf lügen

 

Platon hat in seiner Schrift „politeia" -Der Staat- im 3. Buch neben der

Zensur nämlich auch die Lüge legalisiert, aber nur von Seiten des Staates:

 

„Wenn also irgend jemandem, so kommt es der Regierung des Gemeinwesens zu, der Feinde oder der Bürger wegen zu lügen zum Vorteil des Gemeinwesens, die andern alle aber dürfen sich damit nicht befassen"

 

5.1. 2 Platon, Politeia, „Der Staat, 5. Buch“ - Der Staat darf fälschen

 

Da Platon schon mal dabei war, hat er neben seiner ersten Verfehlung noch nebenbei im 5. Buch den staatlichen Betrug legitimiert, er hat nämlich staatlicherseits die Fälschung von Losen befürwortet.

 

5.1.3 Platon, „Gorgias“

 

Dem Grunde nach handelt es sich beim Dialog Gorgias um ein Gespräch zwischen Sokrates und den Sophisten (Rednern, Lehrern) Kallikles, Chairephon, Gorgias und Polos. Dabei findet sich eine verblüffende Gleichartigkeit zwischen den damaligen Redekünstlern und unseren heutigen Politikern. Daraus ist ein faszinierender Zeitschlag zu erkennen von Platon bis Machiavelli. Der besseren Verständlichkeit wegen, versehe ich die einzelnen Betrachtungen mit eigenen Überschriften. Platon meint im Dialog Gorgias mit der Erwähnung von den Rednern gleichbedeutend auch Politiker.

 

5.1.3.1 Redner vor dem großen Haufen brauchen nur einen Glauben auslösen

 

„Sokrates: Der Redner versteht es also nicht etwa, die Gerichte und andere Versammlungen zu belehren über Recht und Unrecht, sondern nur ihnen Glauben beizubringen. Denn eine so große Masse könnte er wohl auch schwerlich in so kurzer Zeit über so wichtige Dinge belehren.“

Gorgias: Gewiß nicht.

 

5.1.3.2 Von der Sache braucht man nichts zu verstehen, nur gut reden muss man können

 

Sokrates: Der Unkundige wird also vor Unkundigen überzeugender sein als der Sachverständige, wenn es der Redner mehr als der Arzt sein soll. Das ist doch die Folge; oder nicht?

Gorgias: Ja, das folgt daraus.

Sokrates: Auch im Verhältnis zu allen übrigen Künsten steht es mit dem Redner und der Rhetorik geradeso: Die Dinge selbst braucht sie nicht zu kennen nach ihrem Wesen, aber ein Mittel der Überredung muß sie gefunden haben, um den Unkundigen gegenüber den Schein zu erwecken, als verstehe man mehr davon als die Sachverständigen.

Gorgias: Ist das nicht eine große Erleichterung, lieber Sokrates, daß man die übrigen Künste nicht zu erlernen braucht, sondern nur diese eine, um hinter den Sachverständigen nicht zurückzustehen?

 

5.1.3.3 Redner / Politiker richten sich nur wegen eigener Vorteile an das Volk

 

Platon hat im Vorwurf an die Sophisten die sogenannte „Volksverdummung“. angesprochen und meint, die Redner / Politiker würden mit dem Volk wie mit Kindern umgehen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Sie wenden sich an das Volk, reden ihm schön zu und erhöhen im Gegenzug ihre Macht, um in der nächsten Stufe der Selbstbereichung die eigenen Taschen zu füllen. Dies jedenfalls trägt Sokrates an Kallikles heran. Kallikles stimmt zu, meint aber, dass es auch bei den Rednern solche geben kann, die sich auch um das Wohl der Bürger kümmern. Auf eine weitere Frage von Sokrates, wie viele redliche Redner er denn kenne, konnte er keinen einzigen Namen benennen.

 

„Sokrates: Gut. Wie steht es uns nun mit der Redekunst, die vor dem Volke der Athener und in den anderen Staaten freier Männer geübt wird? Richten sich die Redner immer nach dem Besten in ihrem Vortrag und streben sie nur danach, dass die Bürger so gut wie möglich werden durch ihre Reden, oder gehen auch diese nur auf Erregung des Wohlgefallens bei ihren Mitbürgern aus, vernachlässigen um des eigenen Vorteils willen das Interesse des Staates, gehen mit dem Volke um wie mit Kindern und suchen nur ihr Gefallen zu erregen, ohne sich darum zu kümmern, ob sie dadurch besser oder schlechter werden müssen?

Kallikles: Die Frage ist nicht mehr so einfach: denn es gibt Redner, die alles nur in wirklicher Sorge für das Wohl der Bürger reden, aber auch andere, wie du sie bezeichnest.

Sokrates: Das genügt schon. Denn wenn dies zwiefacher Art ist, so würde doch wohl das eine Schmeichelei und häßliche Volksrednerei sein, und das andere etwas Schönes, das Streben nämlich, die Seelen der Bürger so gut wie möglich zu machen, und die Entschiedenheit im Vortrag des Besten, mag es nun den Zuhörern angenehm oder unangenehm sein. Doch diese Art der Rede hast du noch nicht erlebt. Oder wenn du einen solchen Redner zu nennen weißt, warum hast du mir seinen Namen nicht angegeben?

Kallikles: Ja, beim Zeus, unter den jetzigen Rednern weiß ich dir keinen zu nennen.“

 

5.2 Machiavelli, (1469-1527), „Il principe, Kapitel 18“, Der Fürst

 

 

Noch wesentlich intensiver hat sich in der Renaissance der italienische Schriftsteller und Staatsphilosoph Machiavelli mit den Strukturen des staatlichen Machterhalts beschäftigt. Er untersuchte in zwei Werken die Fürstenherrschaften (Il Principe) und die Republiken (Discorsi).

Kritiker warfen ihm vor, Handbücher für Tyrannen und Despoten geschrieben zu haben, hieraus entstand dann der Begriff des Machiavellismus. Reduktionisten verflachten seine Lehre als Empfehlung zur Täuschung des Volkes. Seine staatstheoretischen Überlegungen der Macht waren wohl auch Grundlage für Nietzsches Werk „Wille zur Macht", der sich von Machiavelli stark inspiriert fühlte.

 

Machiavelli beschreibt in Kapitel 18 des 1532 erschienenen Werkes "Il principe -Der Fürst-" unter der Überschrift „Inwieweit Herrscher ihr Wort halten sollen“, den politisch Herrschenden die obersten zum Erfolg führenden Maximen.

 

Oberste Maxime der politisch Handelnden sei, alles zu unternehmen, was dem Erfolg dient. Insbesondere solle der Fürst zu Zwecken des Machterhalts bei Bedarf lügen, seine Versprechen brechen und listig sein. Ferner rät er dem Fürsten, er solle gegenüber dem Volk in seinen Reden immer den Anschein erwecken, gütig, treu, menschlich, redlich und insbesondere religiös zu sein. Nur wenige würden erkennen, wie er wirklich ist, würden aber der Minderzahl wegen nichts unternehmen. Grundsätzlich solle er gut handeln, müsse aber sofort übel handeln, sollte Gefahr auf ihn zukommen. Dies werde dann hingenommen, da am Ende nur der Erfolg zählen würde, das war der machiavellische Rationalismus.

 

Machiavelli, hier auch ein Vorläufer von Hobbes, geht von einem pessimistischen Menschenbild aus. Er legt seiner Auffassung zugrunde, dass alle Menschen böse und schlecht seien und ihre Versprechen auch nicht halten würden, deshalb dürfe auch der Fürst wortbrüchig werden und über seine wahren Absichten täuschen.

Damit hat Machiavelli aber gleichzeitig die Grundlage für seine Diffamierung gelegt, die sich - auch lange nach seinem Tode - gegen ihn richten sollte. Dabei hat er doch nur diejenigen Handlungsweisen beschrieben, die von den damaligen Herrschern und auch von den heutigen Politikern als Grundlage ihres Tuns herangezogen werden. Diese Ehrlichkeit schätze ich an Machiavelli, man kann ihm keine Heuchelei vorwerfen.

 

Auszug aus Kapitel 18 „Il principe", Kröner, 6. Auflg, 1978

 

„Ihr müsst euch nämlich darüber im klaren sein, dass es zweierlei Arten der Auseinandersetzung gibt:

die mit Hilfe des Rechts und die mit Gewalt. Die erstere entspricht dem Menschen, die letztere den Tieren. Da die erstere oft nicht zum Ziele führt, ist es nötig, zur zweiten zu greifen. Deshalb muss ein Herrscher gut verstehen, die Natur des Tieres und des Menschen anzunehmen. Dies haben die Schriftsteller des Altertums den Herrschern mit versteckten Worten empfohlen, in dem sie berichten, dass Achill und viele andere Herrscher der Vorzeit dem Chiron zur Erziehung übergeben worden seien, der sie unter seiner Zucht halten sollte.

Dass ein Herrscher ein Wesen halb Tier, halb Mensch zum Lehrer erhält, soll nichts anderes bedeuten, als dass es ein Herrscher verstehen muss, beide Naturen in sich zu vereinigen; denn die eine ohne die andere ist nicht von Bestand. Wenn sich also ein Herrscher gut darauf verstehen muss, die Natur des Tieres anzunehmen, soll er sich den Fuchs und den Löwen wählen; denn der Löwe ist wehrlos gegen Schlingen, der Fuchs ist wehrlos gegen Wölfe. Man muss also Fuchs sein, um die Schlingen zu wittern, und Löwe, um die Wölfe zu schrecken. Wer nur Löwe sein will, versteht seine Sache schlecht.

Ein kluger Machthaber kann und darf daher sein Wort nicht halten, wenn ihm dies zum Schaden gereichen würde und wenn die Gründe weggefallen sind, die ihn zu seinem Versprechen veranlasst haben. Wären die Menschen alle gut, so wäre dieser Vorschlag nicht gut; da sie aber schlecht sind und das gegebene Wort auch nicht halten würden, hast auch du keinen Anlass, es ihnen gegenüber zu halten. auch hat es einem Herrscher noch nie an rechtmäßigen Gründen gefehlt, seinen Wortbruch zu bemänteln. Man könnte hier zahllose Beispiele aus unserer Zeit anführen, wie viele Friedensschlüsse, wie viele Versprechungen infolge der Treulosigkeit der Herrscher nichtig und vergeblich geworden sind.. Wer am besten Fuchs zu sein verstanden hat, ist am besten gefahren! Doch muss man sich darauf verstehen, die Fuchsnatur gut zu verbergen und Meister in der Heuchelei und Vorstellung zu sein. Die Menschen sind ja so einfältig und gehorchen so leicht den Bedürfnissen des Augenblicks, dass der, der betrügen will, immer einen findet, der sich betrügen lässt......

 

Ein Herrscher braucht also alle die vorgenannten guten Eigenschaften nicht in Wirklichkeit zu besitzen; doch muss er sich den Anschein geben, als ob er sie besäße. Ja ich wage zu behaupten, dass sie schädlich sind, wenn man sie besitzt und stets von ihnen Gebrauch macht, und dass sie nützlich sind, wenn man sich nur den Anschein gibt, sie zu besitzen. So muss ein Herrscher milde, treu, menschlich, aufrichtig und fromm scheinen und er soll es gleichzeitig auch sein; aber er muss auch die Seelenstärke besitzen, alles ins Gegenteil wenden zu können. Man muss Verständnis dafür haben, dass ein Herrscher, und vor allem ein solcher in einer neu gegründeten Herrschaft, nicht alles beachten kann, wodurch die Menschen in einen guten Ruf kommen, sondern oft gezwungen sind, gegen Treue, Barmherzigkeit, Menschlichkeit und Religion zu verstoßen, eben um die Herrschaft zu behaupten. Darum muss er die Seelenstärke haben, sich nach den Winden des Glücks und dem Wechsel der Verhältnisse zu richten und, wie ich oben sagte, vom Guten so lange nicht abzugehen, als es möglich ist, aber im Notfall zu verstehen, Böses zu tun. Ein Herrscher muss also sehr darauf bedacht sein, dass kein Wort über seine Lippen kommt, das nicht von den oben genannten fünf Eigenschaft zeugt, damit jeder der ihn sieht oder hört, den Eindruck hat, als sei er die Milde, Treue, Redlichkeit, Menschlichkeit und Gottesfurcht in Person. Besonders notwendig ist es, den Eindruck zu erwecken, dass er gerade die letztere Tugend besäße. Die Menschen urteilen im allgemeinen mehr nach dem, was sie mit den Augen sehen, als nach dem, was sie mit den Händen greifen; denn jedem wird es einmal zuteil, etwas in Augenschein zu nehmen; aber nur wenige haben Gelegenheit, etwas zu berühren. Jeder sieht, was du scheinst, und nur wenige fühlen, was du bist. Und diese wenigen wagen nicht, sich der Meinung der großen Masse entgegenzustellen, die die Majestät des Staates, der sie schützt, auf ihrer Seite hat. Die Handlungen aller Menschen und besonders die eines Herrschers, der keinen Richter über sich hat, beurteilt man nach dem Enderfolg.

Ein Herrscher braucht also nur zu siegen und seine Herrschaft zu behaupten. Also werden die Mittel dazu stets für ehrenvoll angesehen und von jedem gelobt. Denn der Pöbel hält sich immer an den Schein und den Erfolg; und in der Welt gibt es nur Pöbel. Die wenigen zählen nicht gegen die Masse, wenn diese am Staat einen Rückhalt hat..."

 

 

6. Lügen, Täuschen, Betrügen und Selbstbereicherung in der Jetztzeit,

die Kernkompetenz auch der heutigen Politiker, politische Handlungen dienen nur dem Machterhalt.

 

Die erste Folge der abgegebenen Wahlstimme ist für die entsprechende Partei bereits mit einem Geldsegen verbunden, nämlich mit einer saftigen, völlig überdimensionierten Wahlkampfkostenerstattung. Der Wähler in seiner durch die Stimmabgabe geschmeichelten Selbstachtung glaubt sich dem Nichtwähler natürlich haushoch überlegen. Versucht er diesen doch damit zu beeindrucken, der Nichtwähler könne sich dann ja auch nicht beklagen und habe deswegen auch nichts zu kritisieren. Ich kann nichts dafür, sobald mir dies entgegen gehalten wird, verspüre ich Schwefelgeruch in der Nase.

 

Ich bin so frei, den Begriff des qualitativen Nichtwählers zu schöpfen, eine Spezies, die sich durchaus des Prinzips von Ursache und Wirkung bewusst ist, jedoch erkannt hat, dass es keine messbare Größe zwischen der Abgabe des Wahlzettels und dem politischen Output gibt.

 

Ich möchte dies anhand eines Beispieles erläutern, welches sich mit der

Regelmäßigkeit einer tibetanischen Gebetsmühle wiederholt:

 

Maier und Schulz sehen im Fernsehen hocherfreut die Wahlrede von Frau Uckermark (spätere Bundeskanzlerin Merkel), die hoch und heilig verspricht, dass im Falle der Wahl die Mehrwertsteuer nicht erhöht werde. Da Maier und Schulz ein Eigenheim bauen wollen und die diskutierte Erhöhung einen Betrag von vielen Tausend Euros ausmachen würde, wählen sie natürlich die Abgeordneten von Frau Uckermarks Partei. Nach der gewonnenen Wahl verkündet Frau Uckermark flugs die Mehrwertsteuererhöhung und begründet dies mit dem Gemeinwohl ( siehe unten). Maier und Schulz sind erbost, weil sie wegen der Finanzierungslücke nun nicht mehr ihr Häuschen bauen können und schwören, dass sie nie wieder Frau Uckermark Brut wählen werden. Die Herde verhält sich jedoch überwiegend sklavisch, das Gedächtnis ist nur kurz. Mit ein wenig Schmeichelei und ein paar bunten Wahlplakaten, die dem Betrachter gestylte Smileys entgegengrinsen lassen, werden Maier und Schulz bei der nächsten Wahl vielleicht doch wieder Frau Uckermarks Klüngel wählen. Ach ja, Frau Uckermark wurde tatsächlich wieder Bundeskanzlerin.

 

Nanu, was ist denn da passiert, Frau Uckermark hat gelogen. Darf ein Politiker lügen?

 

Na und würde Frau Uckermark mir antworten, „ Ich mache doch nur das, was in der Geschichte immer gemacht wurde“

 

Sie hat tatsächlich recht, denn Frau Uckermark hat nur aus der Geschichte gelernt.

 

Nachdem ich nun erkannt habe, dass ich nicht unter den Besten wählen kann und mich mit der Teilnahme an der Wahl nur der Beihilfe zur ungerechtfertigten Bereicherung und des Abnickens der Parteienoligarchie schuldig machen würde, nehme ich bei dieser Gelegenheit auch gleich Abschied von der Hoffnung, ich könne in einer nicht-plebiszitären, hier parlamentarischen, Demokratie etwas Entscheidendes durch meine Wahlstimme bewirken.

 

Eine immer wieder gehörte Meinung ist die, dass sich die Politiker immer weiter vom Volk entfernen. Dies ist tatsächlich so. Das hängt zum einen wohl damit zusammen, dass sich der einzelne Politiker, der sich zur Wahl stellt, in seiner persönlichen Sozialisation bereits soweit vom Durchschnittsbürger entfernt hat, dass ihm dessen Sorgen und Nöte wie irgendein seltenes Exponat eines Museums erscheinen, zum anderen hat er zugunsten der Erhaltung und Steigerung seiner sozialen Position für Bürgerinteressen nur beschränkte Zeit haben.

 

Sie scheinen der horazischen Weisheit, dem carpe diem nämlich, eine besondere Interpretation zu geben, indem sie mit dem „carpe = pflücken" und der Erkenntnis der neidisch fliehenden Zeit (fugerit aetas) das Ausleben der Veranlagung verstehen, die kostbare Zeit einer Amtsperiode intensiv zu nutzen, um Aufsichtsratspöstchen und/oder Beraterverträge und ähnliches zu ergattern.

 

Viele haben aufgrund ihrer exponierten Stellung bereits locker ein halbes Dutzend gut bezahlte Nebentätigkeiten und deshalb eigentlich gar keine Zeit mehr, etwa in den namentlichen Abstimmungen ihrer Haupttätigkeit als Abgeordnete anwesend zu sein.

Diese bei näherem Hinsehen eigentlich gar nicht mehr kühne Behauptung ist schon visuell belegbar. Der Plenarsaal, der eigentliche Arbeitsplatz der Abgeordneten ist nur noch Staffage, um gegenüber der Wahlherde, wenn es vor laufenden Kameras gilt, publikumswirksam zu präsentieren, für die reichlichen Diäten tue man ja schließlich auch was.

In der übrigen Zeit übt sich ein großer Teil der Spezies der Gewählten darin, sich in möglichst kurzer Zeit die eigenen Taschen vollzustopfen.

 

Dies alles natürlich neben der Bezahlung, deren Höhe sie paradoxerweise sich selbst festlegen können. Diese Veranlagung zieht sich durch alle coleuhr unserer heutigen Parteienlandschaft.

 

Den größten Treppenwitz des Opportunismus und der politischen Lüge habe ich bei der einstigen New Wave- und Protestpartei, der Partei mit des Farbe des Rasens angetroffen.

 

In den Anfängen sind deren Repräsentanten noch mit Latzhosen und Turnschuhen angetreten. Längst sind sie zu 600 Dollar Maßanzügen und Luxustretern mit Flüsterprofil übergetreten.

Da trat einst ein bei Demonstrationen im Pflasterweitwurf geübter Herr an, ließ sich mit Turnschuhen an den Füßen zum hessischen Landesminister -ohne je eine Ausbildung genossen zu haben- küren, um dann sogar zum Außenminister aufzusteigen.

Dabei immer im Sinne des Mantras der Partei mit der Farbe des Rasens, nach außen hin ein erklärter Gegner der klassischen Energiewirtschaft und ideologisierter Atomkraftgegner zu sein.

Er hatte sich seinem Wahlklientel auch immer so präsentiert, als würde er für Chancengleichheit im Schulsystem eintreten. Just nach seinem Ausscheiden ging er in die USA und wurde dort -ohne je eine Ausbildung genossen zu haben, smile- Professor an der amerikanischen Eliteuniversität Princeton. Aber von wegen Chancengleichheit. Die Zeit wo er auf Wählerstimmen und Zulauf achten musste, war ja schließlich vorbei, alte für die Dummherde getünchte Überzeugungen wurden wie Spülwasser beseitigt.  Die besagte Universtiät konnten sich wegen der besonderen Höhe des Studiengeldes nur Reiche und Superreiche leisten. Zurückgekehrt ins gelobte Land, verdingte er sich dann bei der Energiewirtschaft im sogenannten Nabucco-Projekt, deren Mitglieder nebenbei auch Atomkraftwerke betrieben und betreiben.

 

Ein anderer Ex-Bundesvorsitzender dieser Partei, Rezzo Schlauch, hatte offenbar wohl auch ein quasi Damaskuserlebnis.

Ich erinnere mich noch gut an seine im breiten Schwäbisch vorgetragenen geifernden Antiatomkraftreden. Nanu, geht`s noch, was ist denn da passiert, stimmt das eigentlich. Ja es stimmt, Rezzo Schlauch saß jahrelang im Beirat der Karlsruher ENBW. Nein, das war kein Gartenbaubetrieb, sondern bis zur Energiewende 2011 ein auch Atomkraftwerke betreibender Energiekonzern.

 

 

Die Hauptaufgabe sehen die Politiker darin, wieder gewählt zu werden. Die Erfüllung des Amtseides verkommt nicht nur zum bedeutungslosen Beiwerk, sondern wird in der bundesrepublikanischen Politikwirklichkeit sogar mit Füßen getreten.

Das ist aber keine Erfindung von mir, dies wurde nämlich schon vor 2400 Jahren in Platons Dialog „Gorgias“ von Sokrates behauptet.

 

Wir wollen nun die Empirie bemühen und stellen plötzlich fest, dass es eine unglaubliche, in den schillerndsten Facetten erscheinende Aneinanderreihung von Skandalen gibt, die in ihrer Länge nur noch mit der chinesischen Mauer vergleichbar ist.

 

Das Spektrum der Fehltaten unserer Herrschenden ist flächendeckend und besteht aus Vorteilsannahme, direkte oder indirekte Bestechung, Einwirkung auf Rechtsgeschäfte zugunsten Dritter (vorzugsweise Freunde, Partei- und Familienmitglieder), unzulässige Inanspruchnahme von Leistungen des Dienstherrn, Verschwendung von Steuermittel bis zu Betrug bei Abrechnungen von Reisekosten, Sitzungsgelder und Roadmiles bei Flügen. Daneben sind beliebt das Plündern der Staatskasse hin von zu schnellen, zu frühen und zu hohen Politikerpensionen und das Plündern der Staatskasse im Rahmen der Ämterpatronage durch den vergoldeten einstweiligen Ruhestand sogenannter politischer Beamter im hohen Range. Für viele Betrachter bietet die „real existierende„ Bundesrepublik das Bild eines verwobenen Netzes von Pfründewucher und Seilschaften, in dem ein Kaste von häufig inkompetenten und gefallsüchtigen Politikern regiert.

 

Zynisch argumentiert könnte ich sagen, die genannte Neigung zur Bereicherung ist ja an für sich nichts Schlimmes, entspricht sie doch dem anthropologischen Prozess der Menschwerdung, es ist nachgerade ein Wesenszug des Menschen, Eigentum anzuschaffen und zu vermehren. 

Die Rhetorik würde das grobe Auseinanderfallen zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei Politikern als Antinomie, also als nicht auflösbaren Widerspruch ansehen.

 

Die Auflösung des Rätsels, weshalb dies so ist, erscheint mir sehr einfach.

So wie beim Schach die Dame die mächtigste Figur ist, ist die Gier mächtiger als billiges politisches Geschwätz von gestern. Die Gier ist das anthropologische Erbe seit hunderttausenden von Jahren, das billige politische Geschwätz hat jeweils nur die Halbwertzeit bis zur nächsten Wahl.

 

Weshalb sollten die von der Herde gewählten Politiker anders sein, könnte man sich fragen, es sind doch auch bloß Menschen. Die Antwort hierauf liegt mir schon auf der Zunge, bevor ich den Satz vollends durchdacht habe.

 

Deshalb nämlich, weil etwa Bundesabgeordnete im Gegensatz zum Normalbürger einen Amtseid nach Art 56 und 64 des Grundgesetzes leisten, der da lautet:

 

"Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde"

 

Die meisten sprechen diesen Amtseid jedoch nur für die Ohren, die es hören wollen oder die von den Eidleistenden für so dumm gehalten werden, diesen Eid als ehrliches Versprechen anzusehen. Zu sich selbst sprechen sie den alternativen Amtseid, der da lautet:

 

Ich schwöre, meine ganze Kraft dem Versuch zu widmen, den eigenen Nutzen zu mehren, mir die Taschen in möglichst kurzer Zeit voll zustopfen , die Gesetz zu missachten, soweit sie meinem oder dem Nutzen meines Klientel zuwiderlaufen und etwaigen Schaden vom deutschen Volke bezahlen zu lassen"

 

Dennoch möchte ich entsprechend des platonischen Dialogs Gorgias es nicht unversucht lassen, zugunsten von Politikern zu unterstellen, dass es wohl auch ein paar Überzeugungstäter unter ihnen gibt, die vielleicht wirklich das wollen, was sie schwören, es aber in den meisten Fällen nicht können.

 

Kritik an den politisch Tätigen ist jedoch keine Erfindung der Neuzeit, wusste doch schon Marcus Aurelius über Politiker in seinem Buch Selbstbetrachtungen (9.Buch Anmerkung 29) zu berichten:


"Wie unbedeutend sind doch diese politisch tätigen und -wie sie jedenfalls glauben- philosophisch handelnden Menschen. Völlig verrotzte Gestalten".

 

 

7. Was können die Regierenden von der Geschichte lernen

 

7.1 Zynische Aussage, die der Realität am nähesten kommt

 

Ab und an fragt sich der kleine Mensch, weshalb die heutigen Politiker eigentlich nichts von der Geschichte lernen. Bei der Nachforschung bin ich so weit zurückgegangen, dass ich in der Antike angekommen bin. Danach lautet die Antwort, sie haben doch etwas gelernt, die Hauptausbeute bietet aber leider nur eine sehr negative Grundaussage.

 

Im Wesentlichen haben die heutigen Politiker aus der Geschichte nur das gelernt, was ihnen zu allen Zeiten zu ihrem Nutzen gereicht hat, nämlich die Ratschläge von Platon in „Politeia, 3. und 5. Buch", und „Gorgias“ sowie Machiavelli „Der Fürst / il principe, Kapitel 18“ zu befolgen, insbesondere bei Bedarf zu lügen, zu täuschen, zu fälschen und Versprechen zu brechen.

 

Bravo, hat sich nicht viel geändert in den letzten zweieinhalbtausend Jahren.

Die Politiker haben auch aus Sebastian Brants „Narrenschiff", einer mittelalterlichen Moralsatire von 1494, gelernt. Brant kam zur Aussage „die Welt will betrogen werden" Diese Spruchweisheit wurde meistens lateinisch „mundus vult decipi" zitiert. Später wurde der Spruch dann erweitert um „ergo decipiator", also „deshalb soll sie betrogen werden".

 

Nietzsche hat die Veranlagung des „Staates“ zu Lüge und Betrug in zwei konzisen Sätzen ausgesagt. Im „Zarathustra" lässt er im Kapitel „Vom neuen Götzen" Zarathustra eine Aussage machen, die selbstinterpretierend ist.

 

„Staat heißt das kälteste aller Ungeheuer. Kalt lügt es auch; und diese Lüge kriecht aus seinem Munde: "Ich, der Staat, bin das Volk."

 

Der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer war wenigstens bei dem Eingeständnis der Lüge ehrlich. Als er auf einen politischen Richtungswechsel angesprochen wurde, meinte er: 

Was geht mich mein dummes Geschwätz von gestern an"

 

Ich möchte jetzt das unfeine Resümee ziehen, dass über die Jahrtausende hinweg das Lügen und Betrügen offensichtlich zur Kernkompetenz der Politiker gehört.

 

Die Hoffnung, ich könnte mit meiner Wahlstimme etwas bewirken, erscheint mir bereits aus diesem Grunde so weit weg wie ein Alkoholiker von der Buttermilch.

 

7.2 Historizismus, die Wiederholung der Geschichte

 

Es gibt und gab Persönlichkeiten, die die Auffassung vertreten, dass aus der Geschichte keine Wiederholungsmuster hergeleitet werden können.

So auch der Philosophe und Soziologe Karl Popper (1902-1994),soweit er in seinem Werk „Das Elend des Historizismus" darzulegen versucht, dass sich der Lauf der Geschichte nicht voraussagen lässt und dass es keine wissenschaftliche Lehre über Gesetze der Geschichte gibt. Sicherlich mag dies für den nächsten Schritt zutreffen, bei den großen vatikanischen Zeitabständen sind jedoch durchaus Gesetzmäßigkeiten festzustellen. Dass sich Popper zu dieser Erkenntnis nicht befähigt sah, verwundert mich.

 

Grundsätzlich sollten Erfahrungen aus der Geschichte Grundlage für aktuelles politisches Handeln bilden, denn die Wiederholungs- und Veranlagungsmuster erweisen sich bei einer empirischen Betrachtung sehr deutlich.

Denn das Wort Geschichte impliziert die Fähigkeit, zu verstehen, wie es zu diesem und jenem gekommen ist. Es ist wahrlich schon lange her, aber unsere heutigen Regierenden könnten wesentliche Erkenntnisse aus den ersten Demokratieversuchen der hellenistischen Polis beziehen.

 

Den Politikern von heute müsste sich aus der Geschichte des Staatsmodells Platons aufdrängen, dass nichts perfekt und ewig ist, auch nicht die bundesrepublikanische Demokratie. Diese Erkenntnis zu negieren ist die größte Anklage, der Ausgangspunkt für mögliches künftiges Unheil.

 

Platon entwickelte mit seiner Schrift „politeia - der Staat" aus seiner Sicht das Modell eines sogenannten idealen Staatswesens.

Die heutigen Politiker glauben auch, dass das jetzige Staatsgebilde die beste aller Möglichkeiten darstellt. Sie sollten sich deshalb befähigen, zu erkennen, dass Platons Modell bei heutiger Betrachtung unter fast keinem Blickwinkel mehr unserem heutigen Denken standhält.

Weshalb sollte sich aber dann in der Folge dieser Erkenntnis nicht die Frage aufdrängen, ob das jetzige in der Bundesrepublik Deutschland bestehende politische System etwa auch nicht die beste aller Möglichkeiten darstellt und die künftige Geschichte aus deren retrospektivischer Sicht möglichweise sehr ungnädig darüber urteilen wird.

Würde man Niccolo Machiavelli darüber befragen, was die Herrschenden von der Geschichte lernen können, würde er sagen: „Alles". Seine politische Theorie gründet sich vollkommen auf die Geschichte.

Machiavelli erkannte, dass die wesensmäßige Natur des Menschen unveränderlich ist, da er stets und zu allen Zeiten den gleichen Leidenschaften, Zielen und Affekten unterworfen war und ist. Da die Ursachen sich gleichen, würden sich aber auch die Wirkungen gleichen. Aus dieser Schlussfolgerung heraus meinte er deshalb, dass sich auch die Geschichte wiederholen würde. In fast schon buddhistischer Sicht sieht er die Politik als Kreislauf an, in dem ein ständiger Wechsel stattfindet, von Ordnung zum Chaos, vom Guten zum Schlechten und Bösen hin und umgekehrt.

 

Wie wichtig ihm die Notwendigkeit ist, aus der Geschichte zu lernen, hat er dadurch dokumentiert, dass er die Erkenntnis bereits im Vorwort des Werkes „Diskorsi" erwähnt:

 

„Daher kommt es, dass Unzählige, die sich mit der Geschichte befassen, nur Vergnügen daran finden, etwas von der Mannigfaltigkeit der geschichtlichen Ereignisse zu erfahren, ohne dass sie daran denken, diese nachzuahmen; denn sie halten die Nachahmung nicht für schwierig, sondern für unmöglich, als ob sich Himmel, die Sonne, die Elemente, die Menschen in Bewegung, in Gestalt und Wirksamkeit von dem, was sie seit altersher waren, unterscheiden würden. Von diesem Irrtum möchte ich die Menschen befreien........Ich tue dies, damit die Leser dieser Betrachtung ohne Schwierigkeiten den Nutzen daraus ziehen können, um dessentwegen man Geschichtsforschung betreiben soll."

 

8. Wer herrscht in Wirklichkeit, wenn es nicht das Volk ist

 

In einer Demokratie im klassischen Sinne würde die Gesamtheit des Volkes über die Gesamtheit des Volkes bestimmen können (Aristoteles Politica VI, 2,1317), was aber nur schwer umsetzbar wäre. Jedenfalls ist interessant, dass das aristotelische Modell keine Regierenden kennt.

 

Annäherungswerte an meinen Idealzustand würde ich der schweizerischen direkten Demokratie zubilligen wollen, wo das Volk zu wirklich essentiellen Fragen mitbestimmen kann. In der Bundesrepublik hat der ehemalige Bundespräsident Heinemann das Wort vom mündigen Bürger erwähnt.

Weshalb soll ich gerade, weil ich im Geltungsbereich der deutschen parlamentarischen Demokratie lebe, nicht über wesentliche, mein Leben betreffende Aspekte, befragt werden können.

 

Die heutigen Politiker haben jedoch genau vor der Mündigkeit derer Angst, von denen sie auf den Sessel gehievt werden. Um es nochmals zu wiederholen, haben die Parteien jedoch auch Angst vor der Mündigkeit der eigenen Abgeordneten. Die Parteien wollen keine Macht an die Abgeordneten und diese nicht an die Bürger abgeben. Da die Parteien die Abgeordneten beherrschen und nur diese eine Änderung des Systems bewirken können, wird sich gar nichts ändern. Eine Kontrolle der Abgeordneten und der Machtzentrale durch normale Parteimitglieder ist schon gar nicht möglich. Es entspricht eben bereits soziologischem Wissen, dass jede Organisation unvermeidlich eine Führungsschicht gebärt, die sich immer mehr verselbstständigt und bestrebt ist, sich einer effektiven und nachhaltigen Kontrolle zu entziehen.

 

Damit bewegen wir uns in einem weiteren Wissensgebiet, der Soziologie. Der Soziologe Robert Michels hat sich bereits 1911 mit dieser Frage in seinem Buch „Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie" geäußert. Im Widerspruch zwischen der demokratischen Werteordnung und der Realität der politischen Parteien kommt Michels zu dem Ergebnis, dass nach naturgesetzlichen Gegebenheiten (Egoismus, Überlebenswille) alle menschlichen Organisationsformen zur Oligarchie hinstreben. Da davon die Parteien als Organisationen nicht ausgenommen sind, streben sie letztlich auch zur Oligarchie. Er stellt apodiktisch fest:

 

„Die Demokratie führt zur Oligarchie, wird zur Oligarchie"

 

Später, die bundesrepublikanische Demokratie war gerade den Kinderschuhen entwachsen, beschäftigte dies den deutschen Philosophen Karl Jaspers (1883-1969). Er stellte in seinem 1966 erschienenen Essay die Frage „Wohin treibt die Bundesrepublik"?

 

Es war die erste Kritik, die schonungslos die Grundkoordinaten des Systems erschütterte. Er stellte etwa fest:

 

„.....(5) Aufgabe, Situation und Wirklichkeit der Parlamentarier. Das Volk kann nicht selber mitregieren. Es regieren die von ihm beauftragten Vertreter, die Parlamentarier, die ihrerseits den Kanzler wählen. Die Frage ist erstens, welche Wirkung überhaupt vom Volke ausgeht. Sie ist ungemein gering. Selbst die Wahlen sind keine eigentlichen Wahlen, sondern Akklamation zur Parteienoligarchie......"

 

„...(6) Die Parteien wandeln ihren Sinn. Die Richtung der Wandlung ist diese: Sie waren gemeint als Organe des Volkes, das durch sie seinen Willen kundtut und umgekehrt wieder von ihnen politisch erzogen wird. Aber sie werden zu Organen des Staates, der nunmehr wieder als Obrigkeitsstaat die Untertanen beherrscht. Die Parteien, die keineswegs der Staat sein sollten, machen sich, entzogen dem Volksleben, selber zum Staat. Ursprünglich vielfach autonome Bildungen aus der unbegrenzten Freiheit des Volkes, werden sie in ihrem Bewußtsein zu den Machtträgern selber. Der Staat, das sind die Parteien. Die Staatsführung liegt in den Händen der Parteienoligarchie. Sie usurpiert den Staat....."

 

„....(7) Eine Mitwirkung des Volkes durch das Referendum wurde nicht zugelassen. Das Volk ist dem Namen nach der Souverän. Aber es hat keinerlei Einwirkung auf die Entscheidungen außer durch die Wahlen, in denen nichts entschieden, sondern nur die Existenz der Parteienoligarchie anerkannt wird. Die großen Schicksalsfragen gehen nicht an das Volk. Ihre Beantwortung muß das Volk über sich ergehen lassen und merkt oft gar nicht, daß etwas und wie es entschieden wird..."

 

Im Absatz 11 teilt Jaspers zusammenfassend mit geballter Ladung und schonungslos aus:

 

....(11). Demokratie heißt Selbsterziehung und Information des Volkes. Es lernt nachdenken. Es weiß, was geschieht. Es urteilt. Die Demokratie befördert ständig den Prozess der Aufklärung.

Parteienoligarchie dagegen heißt: Verachtung des Volkes. Sie neigt dazu, dem Volke Informationen vorzuenthalten. Man will es lieber dumm sein lassen. Das Volk braucht auch die Ziele, die die Oligarchie jeweils sich setzt, wenn sie überhaupt welche hat, nicht zu kennen. Man kann ihm statt dessen erregende Phrasen, allgemeine Redensarten, pompöse Moralforderungen und dergleichen vorsetzen. Es befindet sich ständig in der Passivität seiner Gewohnheiten, seiner Emotionen, seiner ungeprüften Zufallsmeinungen.

Die gemeinsame Schamlosigkeit der Parteienoligarchie spürt sich selber nicht. Die Parteienoligarchie fordert vielmehr Respekt, zumal die jeweils führenden Amtspersonen, die Kanzler, Minister, Präsidenten. Wir alle, denken sie, sind doch Vertreter des Volkes, wir können doch nicht schamlos sein. Wir sind durch die Wahl des Volks geheiligt. Wer uns beleidigt, beleidigt das Volk. Kraft unserer Ämter haben wir die Macht und den Glanz, der uns zukommt....)

 

 

Ein weiterer Kritiker auf hohem Niveau ist etwa der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Hans Herbert von Arnim, der sich die Parteien- und Demokratiekritik seit der Mitte der siebziger Jahre sogar zur Lebensaufgabe gemacht hat. Besonders hat er sich auch der Reform des Wahlrechts und der Forderung nach dem Ausbau direktdemokratischer Elemente verschrieben.

Nach alledem bleibt aus meiner Sicht zuzustimmen, soweit es argumentativ in den Raum gestellt wird, dass sich die bundesrepublikanische Parteienwirklichkeit zu einer parlamentarischen Oligarchie entwickelt, somit eine Herrschaft Weniger über Viele darstellt.

 

Da wir natürlich alle zu den Guten zählen, fassen uns die Folgen unserer eigenen Handlungen am Schopfe, die Anpassung und Behäbigkeit und Selbstgerechtigkeit, natürlich kann man nicht mit dem strafenden Finger nach oben "zu den Politikern" zeigen und im überzeugten Brustton der Selbstgerechtigkeit sich der kleinen Freude des Betrugs bei der Steuererklärung hingeben.

 

Soweit aber der Herdenmensch im Bewusstsein seiner Sklavenmoral die Gesetze beachtet, gilt dies dann nicht auch für die Politiker als den "Höheren Menschen"?

 

Sollen diejenigen, die während des verfassungsmäßigen Gesetzgebungsverfahrens die Hand heben, diese Gesetze dann je nach gusto missachten dürfen.

 

Ich darf an Artikel 20 Abs. 4 des Grundgesetzes erinnern, der dem Herdenmenschen ganz neue Perspektiven aufzeitigt:


" Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist"

 

So, also wenn ich das richtig verstehe, dürfen wir den Politikern, sollten diese sich nicht an die Gesetze -insbesondere an den eigenen Amtseid- halten, unterstellen, dass sie die Ordnung beseitigen wollen. Damit haben wir das Recht zum Widerstand. Wie könnte ein Szenario des Widerstandes aussehen? Steht das nur auf dem Papier, ist so ein Widerstand denkbar.

 

Seit dem Wissen um Aristoteles in „politikos", Platons „politeia „ dem „Leviathan„ von Hobbes, Machiavellis „Fürst" und „Diskorsi, Rousseaus „Gesellschaftsvertrag" und seines „2. Discours" sowie John Lockes „the second treatise of government" fürchte ich, dass die zu Wirtschaftsunternehmen mutierten Parteienlandschaften niemals freiwillig zur Machtabgabe bereit sein werden.

Deshalb die kleine Hausaufgabe, nachzuforschen, wie es eigentlich in der Schweiz zur direkten Demokratie kommen konnte.

Der Unterschied ist klar, die Schweizer Bürger haben sich die direkte Demokratie erkämpft, die repräsentative Demokratie der Bundesrepublik Deutschland wurde jedoch 1949 gebacken.

 

9. Wie sich Gesellschaften verändern

 

9.1 Evolutionäre Reproduktion, eine kosmisch-empirische Gegebenheit

 

Oh, gerade hat sich mein Schluckmuskel bewegt, kein gutes Zeichen. Mir sind nämlich gerade die den ewigen Dualismus ausdrückenden Begriffe der Bewegung und der Gegenbewegung eingefallen. Es resultiert aus der Betrachtung der Geschichte und ist damit letztlich eine Schlussfolgerung des machiavellischen Theorems des Historizismus.

 

Hieraus schöpfen sich meine Gedanken, die Theorie nenne ich das Gesetz der evolutinären Reproduktion, alles unterliegt dem Zyklus der Bewegung und der Gegenbewegung, dem Chaos und der Ordnung

 

Ich sehe es so, dass jede Bewegung eine Gegenbewegung auslöst. Dies ist zwischenzeitlich unwidersprochenes Erfahrungswissen.

 

Ich möchte dies mit einer Betrachtung der deutschen politischen Geschichte verdeutlichen.

Das klerikale, rückwärtsgewandte, mittelalterliche scholastische Denken des 15. Jahrhunderts hatte als Gegenbewegung den Keim der Renaissance in sich. Kaum war Sie entstanden, führten ihre Schwäche zur Geburt des Keims ihrer Gegenbewegung, nämlich des Absolutismus. Auch der Absolutismus hatte als Gegenbewegung dann den Keim der Aufklärung in sich, dies war letztlich eine Folge der neuen Wissenschaften. Der Gründerzeit mit der ersten deutschen Weimarer Demokratie folgte dann mit der nationalsozialistischen Diktatur die Gegenbewegung. Jedoch auch dieses vermeintlich 1000-jährige Reich hatte bereits den Keim der Gegenbewegung in sich, die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland.

 

Dies war schon immer so, auch jenseits des Abendlandes, etwa in der indischen Kultur. Auf die vedische Kultur folgte als Gegenbewegung der Buddhismus. Die gewaltige Gegenbewegung der die vedische Kultur bejahenden orthodoxen Systeme (Astikas = Jasager) führte dann wiederum nahezu zum Verschwinden des Buddhismus in Indien.

 

Im ganz großen Betrachtungswinkel gebiert eine bestimmte Konstellation von Gaswolken die Planeten, einer davon ist die Erde, bis in einer Supernova einst wieder alles enden wird. Es ist ein Prinzip der ewigen Wiederkehr, dass aus dem Kleinen das Große hervorgeht und aus dem Großen das Kleine. Aus dem Samenkorn wird der Eichenbaum, der wiederum der Ausgangspunkt für den nächsten Zyklus bildet, das Menschenwerk ist nichts anderes.

 

Daran ändern auch Meinungen nichts, die meinen, die Vernetzung im großen europäischen Haus würde dies verhindern. Gerade weil alles so vernetzt und auf Größe ausgerichtet ist, wird die Gegenbewegung kommen. Das ist nicht eine Frage des ob, sondern nur des wann.

Es mag lediglich darüber gestritten werden können, wie stark der Ausschlag auf der nach oben hin offenen Richterskala der Erschütterung sein wird.

 

Diesen Weg von der Größe zum Kleinen sind bereits geschichtsträchtigere Begebenheiten wie die bundesrepublikanische Demokratie als Teil der Europäischen Gemeinschaft gegangen, so etwa das römische Reich, das Reich Alexanders des Großen, das Hunnenreich, das Osmanische Reich, die Goten, die Staufer, die Franken, das Tausendjährige Reich, die Sowjetunion. Die europäische Tendenz zur Gigantomanie scheint keine Grenzen zu kennen.

 

Irgendwann, so denke ich, wird die Europäische Union dem Kulminationspunkt entgegengehen, der Unregierbarkeit, Undurchschaubarkeit, Verschwendung und Korruption, Zusammenbruch des Währungssystems. Die Füße des Riesen beginnen einzuknicken, er kippt und zersplittert.

 

Insofern wird sich für die Bewohner des Staatsgebietes der Bundesrepublik Deutschland dann der Kreislauf mal wieder geschlossen haben. Aus dem Chaos des zweiten Weltkrieges entstand die aus dem Existenzialismus geborene Bundesrepublik, also die Ordnung. Der Drang nach Gigantomanie wird wieder zum Chaos führen.

 

Die in der Bundesrepublik Deutschland bestehende Pluralität und wirtschaftlichen Prosperität - mit Abstrichen - wird auf den Prüfstein gestellt werden.

Ich habe leider keine Hoffnung, dass die Politiker daraus etwas lernen, weiß jedoch, dass unweigerlich eine Gegenbewegung kommen wird. Die Tatsache ist einfach eine empirisch-kosmische Gegebenheit.

 

 

9.2 Thomas Hobbes (1588-1679)

 

Ich meine, dass Chaosszenarien auch durchaus den staatsphilosophischen Darlegungen des englischen Staatsphilosophen Thomas Hobbes entlehnt werden können.

Sein Leitspruch ist bekanntlich „homo homini lupus" oder „Der Mensch ist dem Menschen Wolf" , das Böse ist immer und überall und der Mensch sei von der Veranlagung her böse und destruktiv. Danach sei ein Krieg aller gegen alle möglich, so dass letztlich nur ein autoritärer und absoluter Staat die Ruhe wiederherstellen könne. Als Synonym für die Furchtlosigkeit dieses Staates, der alleinig das Chaos im Sinne des Urzustandes beenden kann, wählte er das biblische Geschöpf „Leviathan", den das Alte Testament (Psalm 74,14, Jesaia 27,1 und Hiob 40,25) als furchtloses Seeungeheuer beschreibt, das den Landbewohnern Furcht einflößt. Dies war dann auch der Titel seines 1651 erschienenen Hauptwerkes "Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines bürgerlichen und kirchlichen Staats".

 

Vor der Beschäftigung mit dem Thema, wie es zu einer Veränderung einer Gesellschaft bekommt, sollte erst einmal kurz beleuchtet werden, aus welchen Gründen sich der Mensch überhaupt in eine Gesellschaft begeben hat.

 

Der Staat = Leviathan verspricht dem Bürger die Überwindung dieses Urzustandes und Sicherheit, dafür nimmt er sich als Gegenleistung einen beliebigen Teil seines Einkommens, devotes Wohlverhalten und immer mehr Freiheitsrechte.

Der staatlichen Schutzpflicht steht nach der Staatsphilosphie von Hobbes damit der bürgerliche Rechtsgehorsam gegenüber.

Hobbes Auffassung erscheint mir jedoch seltsam naiv, als würde die Versuchung des absoluten Leviathan zum nächsten kleinen Schritt hin, der Schritt zur Tyrannis überhaupt nicht bestehen.

 

9.3  Niccoló Machiavelli (1469 - 1527)

 

Der florenzinische Staatstheoretiker hat bereits im Vorwort seines zweiten Hauptwerkes „Diskorsi - 1522 - " „Diskorsi sopra la prima deca di Tito livio = Betrachtungen über die erste Dekade des Titus Livius" den Unwillen der Menschen seiner Zeit angemahnt, aus der Geschichte zu lernen.

 

Die Menschen seien zwar in der Lage, die Gesetzmäßigkeit am Himmel zu erkennen, einem Historizismus, also Gesetzmäßigkeiten aus der Geschichte seien sie jedoch nicht zugänglich. Er äußert sich wie folgt:

 

„Dies hat nach meiner Überzeugung nicht so sehr seine Ursache in der Kraftlosigkeit, die unsere gegenwärtige Religion der Welt anerzogen hat, oder in den Schäden, die der Ehrgeiz und der Müßiggang vielen Ländern und Städten der Christenheit zugefügt hat, als vielmehr in dem Mangel echter Geschichtskenntnis, da man beim Studium der Geschichte weder deren Sinn begreift, noch die von ihr ausgehende Wirkung spürt.

 

Daher kommt es, dass Unzählige, die sich mit der Geschichte befassen, nur Vergnügen daran finden, etwas von der Mannigfaltigkeit der geschichtlichen Ereignisse zu erfahren, ohne dass sie daran denken, diese nachzuahmen; denn sie halten die Nachahmung nicht für schwierig, sondern für unmöglich, als ob sich der Himmel, die Sonne, die Elemente, die Menschen in Bewegung, in Gestalt und Wirksamkeit, von dem, was sie seit alters her waren, unterscheiden würden. Von diesem Irrtum möchte ich die Menschen befreien............"

 

Im I. Buch Kapitel 2 trifft er die Aussage, dass auch die Demokratie, wie jede andere Staatsform, ihrer künftigen Ablösung entgegendriftet:

 

„....die Alleinherrschaft wird leicht zur Tyrannis, die Herrschaft einer bevorrechtigten Schicht mit Leichtigkeit zur Oligarchie und die Demokratie artet unschwer zur Anarchie aus. Führt also der Gründer eines Staatswesens eine dieser drei Regierungsformen ein, so ist dies nur für kurze Zeit. Es lässt sich durch kein irdisches Mittel verhindern, dass sie in ihr Gegenteil ausartet; denn gut und schlecht sind einander in diesem Fall sehr ähnlich".

 

9.4  Jean-Jaques Rousseau (1712 - 1778)

 

Der französische Moralist hat seiner Zeit die Bibel für die französische Revolution beschert, den „contrat social", den Gesellschaftsvertrag. Darin vergleicht er das Staatsgebilde mit dem Körper des Menschen. Der Staat würde deshalb genauso sterben, wie der Mensch; dies ist für Rousseau nicht eine Frage des ob, sondern nur des wann.

Durch den Vergleich des Staates mit dem menschlichen Körper bejaht er den uralten philosophische Gedanken der Bewegung und der Gegenbewegung.

 

Kapitel 11, 3. des Werkes“Gesellschaftsvertrag“ oder „contrat social"

 

„Dieserart ist die natürliche und unvermeidliche Neigung auch der am besten verfassten Regierungen. Wenn Sparta und Rom untergegangen sind, welcher Staat kann da hoffen, ewig zu dauern? Wenn wir eine dauerhafte Einrichtung schaffen wollen, sollten wir nicht davon träumen, sie ewig zu machen! Um Erfolg zu haben, darf man weder das Unmögliche versuchen, noch sich vormachen, menschlichem Werk eine Festigkeit verleihen zu können, die menschlichen Dingen nicht eignet. Die politische Körperschaft beginnt so gut wie der menschliche Körper von Geburt an zu sterben und trägt die Keime ihrer Zerstörung in sich. Aber die eine wie der andere mehr oder wenige widerstandsfähige Verfassung haben, die geeignet ist, sie kürzer oder länger zu erhalten. Die Verfassung des Menschen ist ein Werk der Natur, die des Staates ein Werk der Kunst. Es hängt nicht von den Menschen ab, ihr Leben zu verlängern, es hängt aber von ihnen ab, das des Staates so weit zu verlängern wie möglich, indem sie ihm die denkbar beste Verfassung geben. Auch der am besten verfasste wird enden, aber später als andere, wenn nicht ein unvorhergesehenes Unglück seinen Untergang vor der Zeit herbeiführt."

 

 

10. Mein Ausblick für die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland

 

10.1 Die Schuldenfrage, der Prüfstein für die Demokratie

 

Die Art und Weise wie der Staat die Schuldenfrage löst oder nicht löst, wird entscheidend dafür sein, wie lange die Demokratie fortbestehen wird.

 

Nachdem ich weiß, dass Rom hauptsächlich untergegangen ist, weil es sein ausuferndes Staatsgebilde nicht mehr finanzieren konnte, versuche ich Parallelen zu ziehen. Marcus Aurelius hat zur Finanzierung des Staates Gegenstände des Hofes verkauft, selbst dies half nichts und in Rom war die Währung immerhin gedeckt durch Edelmetall. Jede Staatsführung hat panische Angst davor, dass ein Zusammenbruch des Geldsystems eine systemische Krise auslöst, die sich sehr schnell zu gewaltigen sozialen Spannungen aufschäumen kann.

 

Exakt zum Zeitpunkt der Erstschrift dieser Betrachtung (Oktober 2005) befand sich die Bundesrepublik Deutschland in der absurden Situation, dass sich der Staat fast genau in dem Ausmaß neu verschuldete (44 Milliarden Euro), wie er Zinsen (39 Milliarden Euro) zu zahlen hatte.

Hätte man nach einer Berechnung des Bundes der Steuerzahler zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Schulden mehr aufgenommen und wäre die öffentliche Hand gesetzlich verpflichtet worden, jeden Monat eine Milliarde Euro an Schulden zu tilgen, wären 122 Jahre nötig gewesen, um den Schuldenberg von ca. 1,4 Billionen Euro vollständig abzutragen.

 

Ein weiteres Berechnungsmodell ging zum Zeitpunkt Oktober 2005 davon aus, dass normal getilgt wird, ohne dass neue Schulden hinzukommen. Unter der Annahme einer realistischen Tilgungsrate von etwa nur einem halben Prozent, hätte es 630 Jahre gedauert, um die Schulden abzutragen.

 

Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, dass die Bundesrepublik eigentlich ein bankrotter Staat ist, der nur noch deshalb in der Gunst der Finanzwelt steht, weil er seine Zinsen bezahlt. Bereits schon mein Zwerchfell mit einem Lachanfall strapazierend ist nun die Tatsache, dass die Hoffnungen eines sich ständig weiter aufblähenden Europas, dessen Einzelstaaten zum Teil wesentlich weniger verschuldet sind, sich gerade auf die bankrotte Bundesrepublik Deutschland richten.

 

Immer dann, wenn das finanzpolitische Leck zu groß wird und das Schiff zu versinken droht, greift man in die Bürgerschatulle, da ist sich die Politikerspezies dann einig darin.

 

Als Beispiel seien etwa Diskussionen über die Erhöhung der Mehrwertsteuer genannt. Der Zugriff fällt umso schwerer aus, je geringer die Gefahr besteht, durch Maßnahmen bereits die Gefahr von Wählerverlusten für die nächste Wahl heraufzubeschwören. Diese Gefahr ist am geringsten bei großen Koalitionen. Partei A und umgekehrt Partei B kann dann immer argumentieren, die andere Partei habe ja mitgemacht.

 

Die Gunst der Stunde nutzt man dann zu einem besonders tiefen Griff.

Schlagartig erinnert mich das „demokratische" Tun und Treiben an die deutschen absolutistischen Territorialherren des 16. und 17. Jahrhunderts. Diese orientierten sich am spätantiken imperialen Herrscherbild und nutzten die Formeln des römischen Rechts (quod principi placuit, legis habet vigorem, Kaiser Justinian), also was der Herrscher befiehlt, hat Gesetzeskraft.

 

Die Abgeordneten treten in ihrer Gesamtheit dem Bürger gegenüber genauso auf, wie die altvorderen Herrscher, bezeichnenderweise etwa wie damals der französische Sonnenkönig mit seinem Ausspruch „L'Etat c'est moi - Der Staat bin ich".

 

Indes ist es unter Experten längst unstrittig, dass dies in einem finanziellen Armageddon enden wird. Etwas weniger blumig ausgedrückt behaupte ich, dass die derzeitige Entwicklung bereits den Keim der nächsten Währungsreform in sich trägt.

 

Diese Aussage erfolgte von mir Jahre vor der Finanzkrise des Jahres 2009 und der Schuldenkrise des Jahres 2010. Es ist schön, dass ich gerade diese Betrachtung fortführen kann. Im Jahre 2011 hat die oben benannte Bundeskanzlerin nun die reife Leistung auf die Füße gestellt, die noch im Jahre 2005 bestehenden 1,4 Billionen Schulden auf 2 Billionen zu erhöhen. Maßgebend dafür ist in erster Linie der sogenannte Rettungsschirm, der über Europa aufgespannt wurde, um die Finanzierung bankrotter Staaten, speziell Griechenland, sicherzustellen. Die Bundesrepublik trägt die Hauptlast mit 27 Prozent des Gesamttopfes.

Griechenland kam durch Papandreu durch nachgewiesene betrügerische Manipulationen bei den Beitrittsverhandlungen in die Europäische Union.

Es stellte sich im Jahre 2010 etwa heraus, dass in Griechenland eine geradezu aberwitzige öffentliche Beschäftigungsquote bestand. Die Gehälter waren dreimal höher als der Durchschnitt vergleichbarer Beschäftigter in manchen anderen EU-Ländern. Fast alle Griechen gingen in Frührente. Unverheiratete Töchter von Beamten konnten die Rente der Eltern erben. Eines bleibt unauslöschlich in meinem Gedächtnis. So wurde 2010 noch eine üppig ausgestattete Seeverwaltung finanziert, deren See aber bereits 1930 ausgetrocknet war. Darüber habe ich wirklich Tränen gelacht.

 

Die Bundeskanzlerin hat den Rettungsschirm für Betrügerstaaten groteskerweise als „alternativlos“ bezeichnet. Den eigenen Bürgern, die eigenen Kinder sozusagen, werden aber weiterhin die Zahlung des Solidaritätszuschlages anlässlich der Wiedervereinigung zugemutet. Den kommenden Steuergenerationen, unseren Kindern, wird die Rückzahlung des Rettungsschirms aufgebürdet, dessen Geld bei Betrügern versandet.

Das Lustigste besteht nun darin, dass der bundesrepublikanische Beitrag von nahezu 30 % zum sogenannten Rettungsschirm nicht aus einem tatsächlichen Einnahmeüberschuss geleistet wird, sondern nur in den Köpfen der Politiker generiert wird.

Explizit muss nämlich die Bundesrepublik selbst Schulden aufnehmen, die dann als Finanzcarepaket an die Betrügerstaaten und eine unverantwortlich handelnde Europäische Union weitergereicht werden.

 

Die Aberwitzigkeit zeigt sich dann, wenn wir die Situation dem Gesinnungswert des geleisteten Amtseides gegenüberstellen. Ist es das, was die Politiker darunter verstehen, Schaden von dem deutschen Volke abzuwenden und seinen Nutzen zu vermehren?

 

Den Nutzen zu vermehren steht dort, nicht den Schaden zu erhöhen. Genau das aber machen die Politiker.

 

Was sie wirklich machen, ist einfach ausgesagt. Sie handeln nach dem Prinzip Hoffnung, nämlich dass hoffentlich so lange nichts passiert, solange sie selbst am abkassieren sind.

 

Nun zurück zur Kernaussage. Der Prozess des Schuldenmachens hat sich durch alle Parteien und Koalitionen durchgefressen, wie eine Fleischmade, die auch 24 Stunden am Tag frisst.

Es war völlig egal, wie Maier oder Schulz gewählt haben. Keine Partei hat bisher etwas daran geändert und es verdichten sich keinerlei Anhaltspunkte zu der Annahme, dass dies in Zukunft möglich wäre.

Eine Schuldenverringerung hätte gravierende Einschnitte zur Folge, die sich keine Partei vorhalten lassen möchte, um bei der nächsten Wahl keine Wählerstimmen zu verlieren. Somit wird klar, dass es Politikern nicht um eine langfristige gesunde Entwicklung geht, sondern nur darum, sich und dem eigenen Klüngel die Macht zu erhalten.

Platon ließ Sokrates im Dialog „Gorgias“ zu Recht vom Politiker schreiben, der nur auf die eigenen Vorteile bedacht ist.

Hier spricht auch der Wille zur Macht, welchen Friedrich Wilhelm Nietzsche so treffend beschrieben hat.

Viel Zeit für eine Richtungsänderung haben wir nicht mehr. Wie bekannt wurde Rom im Jahre 410 von den Goten geplündert, vergleichsweise befinden wir uns etwa im Jahre 405

Die Uhr tickt.

 

10.2 Staatspolitische Betrachtung, ohne Plebiszit keine Zukunft

 

Die sich immer mehr verselbstständigende Demokratie mit ihrer unverkennbaren Tendenz zur Parteien- und Interesssensoligarchie arbeitet mit den schon seit Jahrtausenden bewährten Propagandawerkzeugen.

 

Dem Bürger wird Furcht und Angst - etwa vor Terroristen, Geldverfall - eingeflößt, er wird durch pausenloses mediales Trommelfeuer und schauspielerische Großtaten der politischen Führer weichgekocht. Danach ist er bereit, auf gewisse Freiheitsrechte zu verzichten, die der Leviathan dann einkassiert.

 

Der Leviathan ist jedoch schlau, nach der angeblichen Beseitigung der Gefahr, führt er die angewandte Gewalt in der Form der Beschneidung der Bürgerrechte jedoch nicht mehr zurück.

Dieses Verhalten ist dann der Ausgangspunkt für eine sich verändernde Gesellschaft, ich meine eine sich anbahnende schleichende Veränderung der Staatsform. Ich neige hier der Auffassung von Machiavelli zu, dass auch Demokratien dazu neigen, zu Ende zu gehen, leider.

 

Versinnbildlicht möchte ich die sich zur negativen Seite hin verändernde Demokratie dramaturgisch wie folgt darstellen:

 

Wir dürfen darüber besorgt sein, dass das uns bekannte bundesrepublikanische Staatsgebilde , das auf der Richterskala einer optimalen „polis“ ohnehin noch nie Höchstwerte erreicht hat hat, sich im Rückwärtsgang befindend, langsam zerbröselt.

 

Dieser Vorgang geschieht in so kleinen Schritten, dass es die Hornviehelemente des Volkes (Nietzsche in Jenseits von Gut und Böse) fast gar nicht wahrnehmen. Tyrannis ist geduldig, fast so wie die Zeit, sie kennt die Mechanismen der großen Zyklen, sie weiß, dass ihre Zeit kommt. Tyrannis ist noch behäbig, sie liegt in der Ecke und schläft, ein oder zweimal hat sie schon geblinzelt. Eines Tages wird sie gähnen, aufstehen und sich in einen Stuhl setzen und dort weiterwarten. Sie wird aber nicht nur warten, denn sie ist ein Beutejäger, den irgendwann der große Hunger überkommt. Dann will sie fressen und ihren Hunger wird sie mit der uns bisher bekannten Art der Demokratie stillen.

 

Dies wird geschehen, wenn wir dies zulassen, wenn wir nicht erkennen, dass im Wege einer natürlichen Gegenbewegung fundamentale Gefahren drohen. Es wird geschehen, wenn wir nichts dafür tun, dass der Patient möglichst alt wird. Es wird geschehen, wenn wir uns nicht immer vergegenwärtigen, dass die Demokratie das Ding ist, dessen Verteidigung und Weiterentwicklung lohnend ist.

Die Demokratie ist die freieste und verteidigungswerteste je gelebte Gesellschaftsform. Je weiter sich die Menschen in unserem abendländischen Kulturgebiet jedoch von den Zeiten des Absolutismus und der Diktatur entfernen, desto fahrlässiger gehen sie mit den wertvollen Errungenschaften der Demokratie um. Die lange Zeitdauer der „relativen" Demokratie hat die Instinkte eingeschläfert, bequem und gesättigt gemacht.

 

Mir scheint sie unbedingt erhaltenswert, sie ist aber renovierungsbedürftig.  Viel schlechtes Wetter und Stürme bekommen ihr nicht, dann fault sie. Gerade dies geschieht durch Folgelasten, die die Herrschenden vorsätzlich und nur im gnädigsten Falle fahrlässig den Folgegenerationen überbürden.

 

Für den Ausblick, wie es in unserem Kulturgebiet mit der Demokratie weitergeht, möchte ich deshalb die Geschichte bemühen. Eine Frage wäre etwa, ob in 150 Jahren die Menschen hier auch noch oder vielleicht schon wieder in einer Demokratie - in welcher Ausgestaltung auch immer- leben werden.

 

Im Kleinen habe ich zunächst keine Hoffnung, dass sich an der Moral der Regierenden etwas entscheidendes ändern wird. Die aristotelische Ansicht in der Nikomachischen Ethik, dass Ethik und Politik zusammengehören, scheint allenfalls noch tauglich als Stoff für eine Komödie.

 

Anfangs stellte ich fest, dass man nicht unter den Besten wählen kann. Damit meinte ich im Wesentlichen, dass die einzelnen Abgeordneten eben dem Machterhaltungsstreben hinterhertaumeln. Um loslassen zu können, müssten sie über eine Ausbildung verfügen.

 

Es kann nicht sein, dass vom Bürger in vielen Lebensbereichen Prüfungen und Sachkundenachweise verlangt werden, Politiker jedoch mit dem mächtigsten Spielzeug „Macht" spielen dürfen, ganz ohne Nachweise.

Sie sollten zumindest darüber informiert sein, wo die Demokratie herkommt und wie man mit Macht umgeht.

 

Unsere heutigen Politiker müssten auch erkennen, dass die Staatsform am nachhaltigsten und stabilsten ist, in der das Volk seine Interessen am besten vertreten sieht. Dies ist dann der Fall, wenn es möglichst viel selbst bestimmen kann.

Da es im Moment eben fast gar nichts selbst bestimmen kann, wird die Instabilität nur von der noch bestehenden Bequemlichkeit überdeckt.

 

Dies wird jäh enden, wenn das bereits wankende finanzielle Verteilsystem sein müdes Haupt zur Seite neigen wird, es dann nichts mehr zu verteilen gibt.

Um die Politik vom kurzfristigen egoistischen Denken wegzuführen, bleibt nur die Einführung großer plebiszitärer Anteile in die Verfassung, um wirkliche Volksabstimmungen zu ermöglichen und eine direkte Einbindung des Bürgerwillens in das gesellschaftliche Tun zu gewährleisten. Ohne eine solche Änderung ist keine Gesundung des politischen Bereitschaftspotentials des Bürgers möglich, die Entfremdung bleibt sonst Tagesordnung und wird zum tradierten Wert.

 

Ohne die Hinzufügung einer umfassenden plebiszitären Ingredienz ist die jetzige Form nicht überlebensfähig. Ich sage auch weshalb. Nämlich weil durch das schlechte Vorbild der Politik niemand mehr freiwillig bereit ist, dafür zu kämpfen!

 

Ich hoffe nicht, dass sich in meinem eigenen Lebenskreis die machiavellische oder platonisch-apokalyptische Prophetie, nämlich die Ablösung der Demokratie durch eine Anarchie bzw. Tyrannei, als Wahrheit erweisen wird.

 

Platon, Machiavelli und Rousseau werden möglicherweise langfristig Recht behalten. Um in der grammatikalischen Form Futur II zu schreiben, die Geschichte wird sich „eines Tages" wiederholt haben. Die empirischen Fakten der letzten zweieinhalbtausend Jahre sind für diese Annahme geradezu erdrückend.

 

 

 

 

 

Rudi Kölmel im Oktober 2005 i.d.F. vom 05.03.2017

 

 

 

Demokratie, Versuch einer Demokratiekritik

 

 

 

1. Einleitende Gedanken

 

 

 

An dieser Stelle sei erinnert, wie sich Aristoteles die Staatslenker vorstellte. Er beschreibt in der Nikomachischen Ethik (NE) VIII,12 -1160a-1160b) in einem wahren König jemand, der nicht mehr auf seinen eigenen Nutzen schaut, sondern auf den der Untertanen.

 

Auch der englische Freiheitsdenker John Locke rät in „The second treatise of government”, 1689, XI / 142 und XIII, 158 den Herrschenden, die Besinnung darauf zu richten, dass das Wohl des Volkes das höchste Gesetz sein soll (salus populi suprema lex).

 

 

 

Ausgehend vom antiken und neuzeitlichen Demokratiebegriff, wonach sich die Lenker eines Staatswesens am Wohl ihrer Bürger orientieren sollen, möchte ich eine gedankliche Linie beschreiben, weshalb ich eine Geneigtheit zur Nichtwählerschaft verspüre. Per definitionem und ethymologisch handelt es sich bei der Hinterfragung des Wortes Demokratie um die Beschreibung eines Zustandes, wo das Volk herrscht. Ich beginne mich umzuschauen, zuerst zögerlich, fast ängstlich, dann immer dreister werdend, ähnlich dem gerade aus der Blindheit erwachten kleinen Piepmatz im Spatzennest und was sehe ich?

 

 

 

Nach Artikel 20 Abs. 2 Satz 1des Grundgesetzes müsste eigentlich alle Staatsgewalt vom Volke ausgehen, die nach Satz 2 dann auch in Wahlen erfolgt. Diese verfassungsrechtliche Konstruktion hätte ein Zeitgenosse vor der französischen Revolution wohl als den Endpunkt des Erstrebenswerten angesehen. Nach dem dies in unserer Verfassung heute so unspektakulär enthalten ist, dürfte ich als kleinstes Teil des Volkssouveräns eigentlich dann doch wohl auch das Gefühl haben, an der Ausübung von Staatsgewalt beteiligt zu sein.

 

 

 

Sehe ich etwa eine Volksherrschaft, nein, natürlich nicht! Ich habe auch nicht das Gefühl, an der Ausübung von Staatsgewalt beteiligt zu sein.

 

 

 

Wo herrscht es denn, das Volk? Diese Antwort habe ich mir nicht leicht gemacht und ich muss dazu weiter ausholen.

 

 

 

2. Wo kommt die Demokratie her

 

 

 

Um Schieflagen zu erkennen, muss man zuerst eine Betrachtung der Demokratie an sich machen. Hierbei ist auch interessant, weshalb sich Menschen überhaupt in eine Gesellschaft begeben und ob und wie sich auch eine Demokratie verändern kann.

 

Wo kommt sie eigentlich her, dieses in unserem Kulturgebiet eigentlich noch recht junge Wesen, ja ich möchte dem Gebilde „Demokratie = Demos" durchaus eine Wesenheit zuschreiben. Ihr Ursprung liegt in der griechischen „polis", den damaligen Stadtstaaten.

 

 

 

2.1 Platon, Politeia, 8. Buch

 

 

 

Nun, angedacht hat sie schon Platon im 8. Buch Politeia „Der Staat", dabei hat er sie als 3. Verfallsform (=Krankheit) hinter Timokratie (Herrschaft Weniger) und Oligarchie (Herrschaft der Reichen und gerade mal einen Platz vor der Tyrannis (Tyrannei) beschrieben. In dieser Betrachtung diskutiert er ausführlich den Übergang der 4 von ihm erkannten einzelnen Staatsformen in die nächste, insbesondere auch die Charaktere der darin lebenden Individuen.

 

 

 

Er bezeichnet die Freiheit als allererste Eigenschaft, insbesondere die volle Redefreiheit.

 

 

 

Er sah in der Demokratie aber auch absolute Zügellosigkeit und Buntscheckigkeit. Die Demokratie sei dazu angetan, durch Lügen und neumodische Grundsätze die Menschen von Tugenden zu leeren und zu säubern. Über diese Gedanken kommt er schließlich zum Schluss, dass aus der Demokratie die Tyrannis entsteht.

 

 

 

Die rädelsführenden Volksführer würden die Reichen berauben, den größten Teil behalten und den Rest dem niederen Volk der dritten Klasse verteilen. Nachdem sich die Reichen zur Wehr setzen, würde das niedere Volk einen Volksanwalt benennen, der immer mächtiger würde und alle Aufrechten, die sich gegen ihn stellen, aus dem Weg räumt. Dieser wird immer unangreifbarer. Je verhasster er wird, desto mehr Leibwächter und Militär benötigt er. Schleichend wird er so zum Tyrannen.

 

 

 

Platons Sicht der Demokratie korrespondiert aber nicht mit unserem heutigen landläufigen Demokratiebegriff.. Mit Freiheit meint Platon -wie bereits erwähnt, einen Prozess, der von der Liberalität zu Zügellosigkeit führt.

 

 

 

Weder er noch Aristoteles verbinden mit dem antiken Demokratiebegriff auch die Wahrung der Menschwürde. Das Bestehen der Sklaverei wurde von beiden nie in Frage gestellt. Es war in der damaligen hellenistischen Denkwelt, auch soweit Demokratie geherrscht haben mag, immer Konsens, dass Sklaverei notwendig ist. Das war auch später in Rom, etwa bei Markus Aurelius, nicht anders. Das müssen wir uns immer vergegenwärtigen.

 

 

 

Letztlich werden noch Fragen nach der Finanzierung des Machtapparates gestellt. Das Volk werde dem einstigen Volksanwalt dann auch vorwerfen, es habe ihn nicht erzeugt und gehoben, damit es (das Volk) dann, wenn er groß geworden, sein und seiner Sklaven Sklave werde und ihn sowie seine Sklaven nebst anderem Gesindel, ernähren müsse. Die Forderung an ihn, zu gehen, werde er mit Gewalt begegnen. Dann -so führte Platon aus- würde dem Volk die Augen aufgehen, was für ein Früchtchen es geherzt und großgezogen hat.

 

 

 

2.2 Aristoteles

 

 

 

2.2.1 Aristoteles „Nikomachische Ethik“, Kapitel 1 und 10 

 

 

 

Nachfolgend entnehmen wir Aristoteles, wie er sich die Demokratie vorstellt, er hat sich hierzu in der Nikomachischen Ethik (NE) und in Politika verewigt.

 

Ich finde, er hat im Gegensatz zu Platon eine wesentliche positivere Einstellung zur Demokratie, wenngleich sie mir aber auch für damalige Verhältnisse eher einem etwas realtitätsabgewandten Wunschdenken entsprach, soweit er im ersten Buch NE Kapitel 1 (1094a-1094b) die Ziele der politischen Wissenschaft als das Gute und Edle für den Menschen bezeichnet und im zweiten Buch Kapitel 10 ( (1099b-1100a) die Hinführung des Bürgers zu Tugenden als das hohe Ziel der politischen Kunst darstellte.

 

Weder er noch irgendein anderer hat die Verwirklichung dieser Ideale wohl bis zum heutigen Tage erlebt.

 

Ich sehe bei unseren heutigen Politikern überhaupt keine Tugenden, womit auch keine Hinführung des Bürgers zu Tugenden möglich ist.

 

 

 

2.2.2  Aristoteles Politica VI, 2,1317    

 

 

 

Text:

 

 

 

„Grundlage der demokratischen Staatsform ist die Freiheit. Man pflegt nämlich zu behaupten, dass die Menschen nur in dieser Staatsform an der Freiheit teilhaben, und erklärt, dass danach jede Demokratie strebe. Zur Freiheit gehört aber erstens, dass man abwechselnd regiert und regiert wird. Denn die demokratische Gerechtigkeit besteht darin, dass man nicht der Würde, sondern der Zahl nach die Gleichheit walten lässt, wo diese Gerechtigkeit herrscht, da muss die Menge Herr sein, und was die Mehrzahl billigt, das muss das Gültige und das Gerechte sein. Man sagt nämlich, es sei gerecht, dass jeder Bürger das Gleiche habe. So sind denn in den Demokratien die Armen mächtiger als die Reichen. Denn sie sind zahlreicher, und maßgebend ist die Meinung der Mehrzahl. Dies also ist das eine Zeichen der Demokratie, das alle Demokraten als Wesenszug dieser Verfassung angeben. Ein anderes ist, dass man leben kann, wie man will. Sie sagen, eben dies sei die Leistung der Demokratie; denn nicht zu leben, wie man wolle, sei charakteristisch für Sklaven. Dies also ist die zweite Eigenschaft der Demokratie. Von da her kommt denn, dass man sich nicht regieren läßt, am besten von überhaupt niemandem, oder dann doch nur abwechslungsweise. Auch dies trägt also zur Freiheit im Sinne der Gleichheit bei.

 


Da nun dies vorausgesetzt wird und dies die Regierungsform ist, so ergibt sich das Folgende als demokratisch: Alle Ämter werden aus allen besetzt, alle herrschen über jeden und jeder abwechslungsweise über alle. Ferner werden die Ämter durchs Los besetzt, entweder alle oder doch jene, die nicht der Erfahrung und Kenntnisse bedürfen. Von der Vermögenseinschätzung hängen die Ämter entweder überhaupt nicht oder nur zu einem minimalen Grade ab. Keiner darf ein Amt zweimal bekleiden, oder nur wenige Male oder in wenigen Fällen, abgesehen von den Kriegsämtern. Die Ämter sind alle kurzfristig, oder doch alle, bei denen es möglich ist. Richter sind alle und können aus allen entnommen werden und richten über alles oder doch über das Meiste, Größte und Bedeutendste, wie über Rechenschaftsablagen, Verfassungsfragen und Privatverträge.

 

Die Volksversammlung entscheidet über alles oder doch das Wichtigste, die Behörden dagegen über nichts oder nur ganz weniges. Von den Behörden ist der Rat das demokratischste, dort jedenfalls, wo nicht reichliches Taggeld für jeden zur Verfügung steht. Wo aber dies der Fall ist, da werden auch dieser Behörde die Kompetenzen entzogen. Denn wo eine Volksversammlung in der Lage ist, reichliche Taggelder zu geben, da zieht sie alle Entscheidungen an sich, wie wir schon in der vorangehenden Untersuchung gesagt haben. Ferner werden Taggelder gewährt für alles, wenn möglich (für Volksversammlung, Gerichte, Behörden), oder doch wenigstens für Behörden, Gerichte, Rat und die wichtigen Volksversammlungen oder doch diejenigen Behörden, die zusammen zu speisen haben.

 


Wenn ferner die Oligarchie durch Adel, Reichtum, und Bildung charakterisiert wird, so scheint die Demokratie von alledem das Gegenteil zu sein, Unadligkeit, Armut, Unbildung. Bei den Ämtern gilt, dass keines lebenslänglich sein darf. Bleibt aber ein solches aus einem früheren Zustand übrig, so wird seine Kompetenz beschränkt und aus der Wahl eine Auslosung gemacht.
Dies sind also die gemeinsamen Eigenschaften aller Demokratien. Aus der Gerechtigkeit, die anerkanntermaßen als demokratisch gilt (nämlich dass alle der Zahl nach dasselbe haben), entspringt eben jene Verfassung, die am meisten demokratisch und volkstümlich zu sein scheint. Denn die Gleichheit besteht darin, dass Arme und Reiche in gleicher Weise regieren, dass nicht Einzelne allein entscheiden, sondern alle gleichmäßig ihrer Zahl nach. So - meint man wohl - sei für die Verfassung die Gleichheit und Freiheit garantiert."

 

 

 

In der Einordnung der Demokratie in die verschiedenen Staatsformen ist Aristoteles in NE VIII, 12 -1160a-1160b) jedoch nur wenig gnädiger als Platon. Er sieht 6 Staatsformen, drei positive Formen (Monarchie, Aristokratie und Timokratie) und diesen jeweils entgegenstehende negative Ausartungen oder Zerstörungen (Tyrannis, Oligarchie und Demokratie). Immerhin beschreibt er die Demokratie als die beste der schlechten Formen:

 

 

 

„Aus der Timokratie geht es über in die Demokratie; denn diese sind einander benachbart. Auch die Timokratie will eine Herrschaft der Menge sein, und alle, die derselben Vermögensklasse angehören sind gleich. Am wenigsten schlecht ist die Demokratie, weil da die Entartung der Staatsform die geringste ist."

 

 

 

2.3 Machiavelli, Diskorsi

 

 

 

Machiavelli beschäftigte sich im I. Buch 2. Kapitel von „Diskorsi" ebenfalls ausführlich mit dem Übergang der Staatsformen in eine andere Staatsform.

 

 

 

 

 

2.4 John Locke, „The second treatise of government”, 1689

 

 

 

Lockes Werk „The second treatise of government”, wird hinlänglich etwas überschätzt, da die darin aufgestellten Forderungen zum Erscheinungsdatum im Jahre 1689 die Zugeständnisse gegenüber der englischen Revolution von 1688 (Bill of Rights) bereits enthielten.

 

Seine Gedanken wirken aber in dem Geschehen nach, wie gewählte Vertreter in der Bundesrepublik Deutschland ihre Bürger ab der Einführung des Euro einer supranationalen Institution (EU) ausliefern, ohne sich dies demokratisch legitimieren zu lassen.

 

Einschränkend möchte ich aber erwähnen, dass man Lockes „Gewaltenteilungsideen“ nicht an heutigen Maßstäben messen darf. Er sah zwar schon ein Wahlrecht, jedoch eines, welches sich an den Leistungen des Einzelnen orientiert. Also, wer am meisten bezahlt, hat auch am meisten zu sagen. Im Hinblick auf die von Locke angestrebten übergeordneten Ziele wird man dies aber im Kontext der damaligen Zeit etwas gnädiger beurteilen dürfen.

 

 

 

2.4.1 Die vollkommene Demokratie

 

 

 

Locke beschreibt in Abschnitt X. von „The second treatise of government“ den Zustand der vollkommenen Demokratie, in dem die Mehrheit bestimmt.

 

Eine nicht mehr ganz so vollkommene Form sah er darin, wenn das Volk die Gewalt, Gesetze zu geben, in die Hände „einiger ausgewählter Männer“ legt (Nr. 132 Satz 3). Unter der heutigen Begriffsauslegung würde man von dabei von einer repräsentativen oder parlamentarischen Demokratie sprechen, soweit man etwa den deutschen Bundestag mit mehreren Hundert Abgeordneten zur vergleichenden Betrachtung heranzieht. Hier verblüfft Locke durch die Aktualität in Bezug auf die heutige Demokratiekritik. Er sieht nämlich ein politisches System, in dem das Volk die gesetzgebende Gewalt in die Hände „einiger Personen“ gelegt hat, als Oligarchie an, mithin also eine Herrschaft Weniger (Nr. 132 Satz 4).

 

Aus der Sicht Lockes wäre also die parlamentarische Demokratie der Bundesrepublik Deutschland in der Ausformung der Herrschaft „weniger Männer“ mithin keine vollkommene Demokratie, sondern eine Oligarchie. Die heutige Schweiz würde dem von ihm bezeichneten Modell einer vollkommenen Demokratie wohl am ehesten entsprechen, meinem übrigens auch.

 

 

 

„The second treatise of government“ Reclam „Über die Regierung“ 1974, 99; Abschnitt X. Die Staatsformen Nr. 132:

 

 

 

„Wie schon gezeigt worden ist, liegt bei der ersten Vereinigung der Menschen zu einer Gesellschaft naturgemäß die gesamte Gewalt der Gemeinschaft in der Mehrheit. Sie kann diese ganze Gewalt anwenden, um der Gemeinschaft die von Zeit zu Zeit erforderlichen Gesetze zu geben, und diese Gesetze durch Beamte vollstrecken zu lassen, die von ihr selbst ernannt werden. In diesem Fall ist die Regierungsform eine vollkommene Demokratie.

 

Sie kann aber auch die Gewalt, Gesetze zu geben, in die Hände einiger ausgewählter Männer und deren Erben oder Nachfolger legen, und dann ist sie eine Oligarchie, oder aber in die Hände eines einzigen Mannes, und dann handelt es sich um eine Monarchie.“

 

    

 

2.4.2 Die Grenzen der Legislative nach Locke und das heutige Deutschland

 

 

 

Ich schwanke zwischen tiefer Nachdenklichkeit und Bestürzung, wenn ich mir anschaue, wie in der Zeit des Absolutismus ein britischer Freiheitsdenker die Grenzen der Legislative und Regierung sah und wie die Politik in der Bundesrepublik Deutschland Hunderte Jahre später angesichts des hypertrophen Europawahns den lock`schen Grundgedanken in den Dreck gezogen hat.

 

Die Einzelstaaten der Europäischen Union werden heutzutage von einer außer Rand und Band geratenen europäischen Politik, europäischen Gesetzgebung und europäischen Rechtsprechung regiert, ohne dass dies durch eine nennenswerte Identifikation durch die Bürger hinterlegt wäre.

 

Wie konnte es aber dazu kommen? Wurde ich als Souverän gefragt, ob ich mit meinen Steuerleistungen Exzesse bei Wahlgeschenken in anderen europäischen Staaten mitfinanzieren will?

 

Unsere „Volksvertreter“ hätten sich Locke als Vorbild nehmen können. Er sah es als völlig unmöglich an, dass Gesetze plötzlich von anderen als den durch das Volk bestimmten Institutionen geschaffen werden.

 

 

 

In der Bundesrepublik Deutschland ist dies aber leider so. Die legislative Authentizität wurde ohne jegliche Legitimation des Volkes einfach in Richtung Europainstitutionen weitergereicht.

 

John Lockes damals als Mahnung ausgesprochene Gedanken warfen ihre Schatten voraus, haben jedoch die im Vierjahresrythmus abgenickten „Volksvertreter“ in der heutigen Bundesrepublik Deutschland nie erreicht.

 

 

 

Locke hat von diesen Figuren wahrscheinlich fast keiner gelesen. Es kommt aber noch schlimmer, denn die Zerstörung der Grundsätze der Gewaltenteilung wird dadurch noch mehr pervertiert, soweit die EU-Kommission als Exekutivorgan Vorschriften erlässt, die eigentlich einer Konstituierung durch die Legislative bedürften.

 

 

 

Nach Lockes Ansicht ist eine der Grenzen der legislativen Gewalt die, dass Gesetze auf kein anderes Ziel als das Wohl des Volkes gerichtet sein dürfen (Nr. 142). Es ist klar und bedarf an für sich keiner weiteren Erörterung, dass ein paar Hundert Figuren Entscheidungen von derart evidenter Bedeutung erst dann treffen sollten, wenn das Volk hierzu befragt wurde. Dies geschah in anderen europäischen Ländern etwa in Irland oder Norwegen. Die norwegischen Bürger haben zweimal abgelehnt und dabei blieb es dann auch.

 

Die nahestehende Frage ist damit die, weshalb dies gerade in einem Staat möglich war und noch ist, dessen Repräsentanten angeblich ach so viel Wert auf die Rechte des Bürgers legen.

 

 

 

Locke beschreibt in Nr. 141 Abschnitt XI. „The second treatise of government“ Reclam „Über die Regierung“ 1974, das Ausmaß der gesetzgebenden Gewalt:

 

 

 

„141 Zum vierten kann die Legislative die Gewalt, Gesetze zu geben, nicht in andere Hände legen. Da diese Gewalt ihnen vom Volk übertragen wurde, können sie diejenigen, die sie innehaben, auch nicht an andere weitergeben. Einzig das Volk kann die Staatsform bestimmen. Es geschieht dies aber durch die Konstituierung der Legislative, indem man bestimmt, in wessen Händen sie liegen soll. Wenn das Volk gesagt hat: <Wir wollen uns Regeln unterwerfen und von Gesetzen regiert werden, die von den und den Männern und in der und der Form geschaffen wurden>, so kann niemand sonst erklären, andere Männer sollten ihnen Gesetze geben. Da die Gewalt der Legislative in der positiven freiwilligen Machtverleihung und Einsetzung des Volkes gründet, kann sie auch keine andere sein, als durch diese positive Machtverleihung vermittelt wurde. Und das war lediglich, Gesetze zu geben, nicht aber Gesetzgeber zu schaffen - die Legislative kann also keinerlei Macht haben, ihre Gesetzgebungsgewalt zu übertragen und in andere Hände zulegen.“

 

 

 

Locke wiederholt dies bei der Aufzählung der Grenzen der Legislative in Nr. 142

 

 

 

„Zum Vierten darf und kann die Legislative die Gewalt, Gesetze zu geben, nicht auf irgend jemand anders übertragen, und sie kann sie nirgendwo anders hinlegen als dort, wohin sie das Volk gelegt hat“.

 

 

 

 

 

3. Wer sind denn die Politiker

 

 

 

 

 

Wir dürfen wählen gehen. Im Vordergrund steht also das „Dürfen, Können". Meine nächste Frage ist aber, wen oder was und weshalb wählen die Bürger da eigentlich?

 

 

 

Bei näherem Hinsehen stelle ich nämlich fest, dass eigentlich die Parteien entscheiden, wer ins Parlament einzieht. Das sind möglicherweise Personen, die nicht die Besten sind oder sein müssen, sondern die dem Parteiziel am Nützlichsten. Die Parteien haben nämlich ihre eigenen Regeln zur Nominierung, damit wird also fern der Wahlen parteiintern entschieden.

 

 

 

Die erste Krankheit des Wahlmodells sind die Nominierungen in den „Wahlhochburgen", in denen die Parteien Direktkandidaten (sogenannte Direktmandate) bestellen können.

 

 

 

Die zweite Krankheit besteht darin, dass sogar spätere Verlierer der angestrebten Direktmandate über Parteilistenplätze in das Parlament kommen können.

 

 

 

Keine dritte Krankheit, sondern einfach nur eine Karikatur ist die Tatsache, dass die meisten Mitglieder der Wahlherde hiervon gar nichts wissen. Nichts davon wissen, dass so ein nicht unbeträchtlicher Teil der Abgeordnetenplätze vergeben wird. Geradezu aberwitzig erweist sich die dem Bürger vorgegaukelte Wahlmündigkeit bei der Vergabe der Plätze für die Institutionen der Europäischen Union, dem sogenannten Europaparlament. Da stehen sogar alle Abgeordneten auf den starren Listen der Parteien, der Bürger hat auf deren Zusammensetzung nicht den geringsten Einfluss.

 

 

 

Zusammenfassend stelle ich mal vorläufig fest, dass ich nicht unter den Besten wählen kann, sondern das an laues Spülwasser erinnernde Gefühl haben muss, nur noch unter denen wählen zu können, die im Rüttelsieb des Parteisoldatentums hängen geblieben sind. Die echten und somit die wahren Wahlen, sind die parteiinternen, dem Bürger verborgenen Vorwahlen. Selbst auf diese Vorwahlen haben die eigenen normalen Parteimitglieder nur begrenzten Einfluss, weil dies der Parteiennomenklatura, etwa ab Delegiertenebene, vorbehalten ist.

 

 

 

 

 

4. Politiker vertreten in der Regel keine Bürgerinteressen, sondern in erster Linie Parteiinteressen und eigene Interessen. Mit der Wahlstimme wird nichts Wesentliches mitbestimmt

 

 

 

Dem Bürger wird die Illusion vermittelt, mit seiner freien Wahlentscheidung könne er etwas bewirken und die Regierung würde

 

sich dann für die Interessen der Bürger einsetzen.

 

 

 

Dies ist jedoch eine Illusion, genauso wie der freie Wille. Spätestens seit Schopenhauer, Freud und der modernen Neurologie wissen wir, dass der Wille eben nicht frei ist.

 

 

 

Die Abgeordneten sind jedenfalls noch viel weniger frei als die sie wählenden Bürger.

 

 

 

Stehen Sie in Amt und Würden, sollten sie eigentlich nur, wie es der Artikel 38 des Grundgesetzes vorschreibt, ihrem Gewissen unterworfen sein, tatsächlich unterliegen sie aber in der Regel dem sogenannten „Fraktionszwang".

 

 

 

Der Fraktionszwang ist im Gegensatz zum verfassungsrechtlich verankerten freien Mandat nirgends festgeschrieben, dennoch ist er das eigentliche Instrument im Machtspiel. Der Fraktionszwang schwebt über unseren Abgeordneten wie ein Damoklesschwert. Abgeordnete, die vielleicht mal wirklich von der Parteimeinung abweichen würden, müssen immer befürchten, bei der nächsten Wahl mit keinen Listenplätzen mehr bedacht zu werden. Zur Stärkung der Unabhängigkeit denken die Parteien jedoch nicht daran, am Wahlverfahren etwas zu ändern, würden sie dann ja Macht an die eigenen Parteimitglieder abgeben müssen. Dies ist wiederum der gelebte Wille zur Macht (Nietzsche, Schopenhauer), die Äußerungsform einer Repressionsmaschinerie.

 

 

 

Der Abgeordnete unterwirft sich diesem Spiel aus Gründen, die ich noch beschreiben werde. Ich sehe dies so, dass die Parteien den Spielplatz für die Abgeordneten abstecken.

 

 

 

Der Abgeordnete weiß genau, wann er gegenüber der Partei den Kopf zu beugen hat, dafür darf er sich dann auf seiner Spielwiese tummeln und sich seinen Privatgeschäftchen zuwenden.

 

 

 

Soweit er sich darüber hinaus eine Zeitschneise freibrechen kann, wird er versuchen, mit seinem Tun eine angenehme Außenwirkung zu erzeugen, sich für die Bürger mit dem Schein zu versehen, er sei nur für sie da. Hierzu bedient er sich der Medien. Die Medien zeichnen sich ebenfalls durch politische Einfärbungen aus, so dass die Glorifizierung der einzelnen Parteien je nach gerade aktueller Bettgenossenschaft erfolgt.

 

 

 

Die Hingabe der großen Herde an den Irrglauben, Politiker seien einzig und allein darauf bedacht, Herdeninteressen zu vertreten, korrespondiert auch mit der Tendenz zum Leichtmachen und zur Bequemlichkeit. Das „Leichtmachen" ist ebenfalls ganz eindeutig eine anthropologische Wesensart des Menschen, die ihren Ursprung in der Erfindung des Speers als Verlängerung des Arms hat.

 

 

 

Der Bürger macht es zunächst einmal leicht, einen Vertreter benennen zu können, der ja ihn, den Bürger „da oben" vertritt. Hierzu gibt es Parteien, eine für die Bequemlichkeit praktische Erfindung. Es muss ab der Erfindung der Parteien nicht mehr jeder alles selbst machen. Man wählt Leute, die etwas erledigen. Unter Begutachtung ihrer mehr oder weniger erbrachten Leistung „darf" das Herdentier nach Ablauf einer Amtszeit zur Selbstbestätigung seiner Wichtigkeit diese Leute dann wiederwählen oder abwählen.

 

 

 

Ich habe aber nicht den Eindruck, dass das Volk Parteien wählt, sondern dass eine omnipotente Parteienlandschaft am vierjährig stattfindenden Backtag lediglich den Kuchen neu verteilt.

 

 

 

Man erkennt dies ganz einfach am Grad der Entfremdung. Während in kleineren Soziteten der Bezug zum örtlichen Gemeinderat noch gegeben sein mag, reißt dies bereits bei der Landtagsebene abrupt ab.

 

 

 

Welcher Bürger hat sich schon in einer persönlichen Sache an die für ihn zuständigen Parlamentarier auf Landesebene herangetraut oder hat es für notwendig gefunden, etwas klären zu lassen. Noch weiter entfernt sind die Bundestagsabgeordneten. Mit den Strukturen des Europa will der Bürger überhaupt nichts zu tun haben, fast niemand kennt die für ihn zuständigen Abgeordneten oder etwa die tragenden europäischen Institutionen. Es ist auch nicht eine Frage der besseren Aufklärungsarbeit, die Menschen wollen einfach nichts damit zu tun haben.

 

 

 

Die Bürger in der Bundesrepublik Deutschland bringen den Begriff Europa nur mit Geldverschwendung in Zusammenhang.

 

 

 

5. Lügen, Betrügen und Selbstbereicherung in der Geschichte,

 

die Steilvorlage für unsere heutigen Politiker

 

 

 

5.1. Platon

 

 

 

5.1.1. Platon, Politeia, „Der Staat, 3. Buch“ - Nur der Staat darf lügen

 

 

 

Platon hat in seiner Schrift „politeia" -Der Staat- im 3. Buch neben der

 

Zensur nämlich auch die Lüge legalisiert, aber nur von Seiten des Staates:

 

 

 

„Wenn also irgend jemandem, so kommt es der Regierung des Gemeinwesens zu, der Feinde oder der Bürger wegen zu lügen zum Vorteil des Gemeinwesens, die andern alle aber dürfen sich damit nicht befassen"

 

 

 

5.1. 2 Platon, Politeia, „Der Staat, 5. Buch“ - Der Staat darf fälschen

 

 

 

Da Platon schon mal dabei war, hat er neben seiner ersten Verfehlung noch nebenbei im 5. Buch den staatlichen Betrug legitimiert, er hat nämlich staatlicherseits die Fälschung von Losen befürwortet.

 

 

 

5.1.3 Platon, „Gorgias“

 

 

 

Dem Grunde nach handelt es sich beim Dialog Gorgias um ein Gespräch zwischen Sokrates und den Sophisten (Rednern, Lehrern) Kallikles, Chairephon, Gorgias und Polos. Dabei findet sich eine verblüffende Gleichartigkeit zwischen den damaligen Redekünstlern und unseren heutigen Politikern. Daraus ist ein faszinierender Zeitschlag zu erkennen von Platon bis Machiavelli. Der besseren Verständlichkeit wegen, versehe ich die einzelnen Betrachtungen mit eigenen Überschriften. Platon meint im Dialog Gorgias mit der Erwähnung von den Rednern gleichbedeutend auch Politiker.

 

 

 

5.1.3.1 Redner vor dem großen Haufen brauchen nur einen Glauben auslösen

 

 

 

„Sokrates: Der Redner versteht es also nicht etwa, die Gerichte und andere Versammlungen zu belehren über Recht und Unrecht, sondern nur ihnen Glauben beizubringen. Denn eine so große Masse könnte er wohl auch schwerlich in so kurzer Zeit über so wichtige Dinge belehren.“

 

Gorgias: Gewiß nicht.

 

 

 

5.1.3.2 Von der Sache braucht man nichts zu verstehen, nur gut reden muss man können

 

 

 

Genauso ist es heute auch, sie selbst spielen mal Finansminister, mal Familienministerin, mal Kriegsminister. Sie haben von ihrem Job soviel Ahnung, die der Chance entspricht, am 11.11.2015 in der Kaiserstraße 11 ..... um 11.11 Uhr von einem Meteor getroffen zu werden, der aus dem Andromedanebel kommt. Vom Bürger verlangen sie aber für jeden Mist eine Sachkundeprüfung.

 

 

 

Sokrates: Der Unkundige wird also vor Unkundigen überzeugender sein als der Sachverständige, wenn es der Redner mehr als der Arzt sein soll. Das ist doch die Folge; oder nicht?

 

Gorgias: Ja, das folgt daraus.

 

Sokrates: Auch im Verhältnis zu allen übrigen Künsten steht es mit dem Redner und der Rhetorik geradeso: Die Dinge selbst braucht sie nicht zu kennen nach ihrem Wesen, aber ein Mittel der Überredung muß sie gefunden haben, um den Unkundigen gegenüber den Schein zu erwecken, als verstehe man mehr davon als die Sachverständigen.

 

Gorgias: Ist das nicht eine große Erleichterung, lieber Sokrates, daß man die übrigen Künste nicht zu erlernen braucht, sondern nur diese eine, um hinter den Sachverständigen nicht zurückzustehen?

 

 

 

5.1.3.3 Redner / Politiker richten sich nur wegen eigener Vorteile an das Volk

 

 

 

Platon hat im Vorwurf an die Sophisten die sogenannte „Volksverdummung“. angesprochen und meint, die Redner / Politiker würden mit dem Volk wie mit Kindern umgehen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

 

Sie wenden sich an das Volk, reden ihm schön zu und erhöhen im Gegenzug ihre Macht, um in der nächsten Stufe der Selbstbereichung die eigenen Taschen zu füllen. Dies jedenfalls trägt Sokrates an Kallikles heran. Kallikles stimmt zu, meint aber, dass es auch bei den Rednern solche geben kann, die sich auch um das Wohl der Bürger kümmern. Auf eine weitere Frage von Sokrates, wie viele redliche Redner er denn kenne, konnte er keinen einzigen Namen benennen.

 

 

 

„Sokrates: Gut. Wie steht es uns nun mit der Redekunst, die vor dem Volke der Athener und in den anderen Staaten freier Männer geübt wird? Richten sich die Redner immer nach dem Besten in ihrem Vortrag und streben sie nur danach, dass die Bürger so gut wie möglich werden durch ihre Reden, oder gehen auch diese nur auf Erregung des Wohlgefallens bei ihren Mitbürgern aus, vernachlässigen um des eigenen Vorteils willen das Interesse des Staates, gehen mit dem Volke um wie mit Kindern und suchen nur ihr Gefallen zu erregen, ohne sich darum zu kümmern, ob sie dadurch besser oder schlechter werden müssen?

 

Kallikles: Die Frage ist nicht mehr so einfach: denn es gibt Redner, die alles nur in wirklicher Sorge für das Wohl der Bürger reden, aber auch andere, wie du sie bezeichnest.

 

Sokrates: Das genügt schon. Denn wenn dies zwiefacher Art ist, so würde doch wohl das eine Schmeichelei und häßliche Volksrednerei sein, und das andere etwas Schönes, das Streben nämlich, die Seelen der Bürger so gut wie möglich zu machen, und die Entschiedenheit im Vortrag des Besten, mag es nun den Zuhörern angenehm oder unangenehm sein. Doch diese Art der Rede hast du noch nicht erlebt. Oder wenn du einen solchen Redner zu nennen weißt, warum hast du mir seinen Namen nicht angegeben?

 

Kallikles: Ja, beim Zeus, unter den jetzigen Rednern weiß ich dir keinen zu nennen.“

 

 

 

5.2 Machiavelli, (1469-1527), „Il principe, Kapitel 18“, Der Fürst

 

 

 

 

 

Noch wesentlich intensiver hat sich in der Renaissance der italienische Schriftsteller und Staatsphilosoph Machiavelli mit den Strukturen des staatlichen Machterhalts beschäftigt. Er untersuchte in zwei Werken die Fürstenherrschaften (Il Principe) und die Republiken (Discorsi).

 

Kritiker warfen ihm vor, Handbücher für Tyrannen und Despoten geschrieben zu haben, hieraus entstand dann der Begriff des Machiavellismus. Reduktionisten verflachten seine Lehre als Empfehlung zur Täuschung des Volkes. Seine staatstheoretischen Überlegungen der Macht waren wohl auch Grundlage für Nietzsches Werk „Wille zur Macht", der sich von Machiavelli stark inspiriert fühlte.

 

 

 

Machiavelli beschreibt in Kapitel 18 des 1532 erschienenen Werkes "Il principe -Der Fürst-" unter der Überschrift „Inwieweit Herrscher ihr Wort halten sollen“, den politisch Herrschenden die obersten zum Erfolg führenden Maximen.

 

 

 

Oberste Maxime der politisch Handelnden sei, alles zu unternehmen, was dem Erfolg dient. Insbesondere solle der Fürst zu Zwecken des Machterhalts bei Bedarf lügen, seine Versprechen brechen und listig sein. Ferner rät er dem Fürsten, er solle gegenüber dem Volk in seinen Reden immer den Anschein erwecken, gütig, treu, menschlich, redlich und insbesondere religiös zu sein. Nur wenige würden erkennen, wie er wirklich ist, würden aber der Minderzahl wegen nichts unternehmen. Grundsätzlich solle er gut handeln, müsse aber sofort übel handeln, sollte Gefahr auf ihn zukommen. Dies werde dann hingenommen, da am Ende nur der Erfolg zählen würde, das war der machiavellische Rationalismus.

 

 

 

Machiavelli, hier auch ein Vorläufer von Hobbes, geht von einem pessimistischen Menschenbild aus. Er legt seiner Auffassung zugrunde, dass alle Menschen böse und schlecht seien und ihre Versprechen auch nicht halten würden, deshalb dürfe auch der Fürst wortbrüchig werden und über seine wahren Absichten täuschen.

 

Damit hat Machiavelli aber gleichzeitig die Grundlage für seine Diffamierung gelegt, die sich - auch lange nach seinem Tode - gegen ihn richten sollte. Dabei hat er doch nur diejenigen Handlungsweisen beschrieben, die von den damaligen Herrschern und auch von den heutigen Politikern als Grundlage ihres Tuns herangezogen werden. Diese Ehrlichkeit schätze ich an Machiavelli, man kann ihm keine Heuchelei vorwerfen.

 

 

 

Auszug aus Kapitel 18 „Il principe", Kröner, 6. Auflg, 1978

 

 

 

„Ihr müsst euch nämlich darüber im klaren sein, dass es zweierlei Arten der Auseinandersetzung gibt:

 

die mit Hilfe des Rechts und die mit Gewalt. Die erstere entspricht dem Menschen, die letztere den Tieren. Da die erstere oft nicht zum Ziele führt, ist es nötig, zur zweiten zu greifen. Deshalb muss ein Herrscher gut verstehen, die Natur des Tieres und des Menschen anzunehmen. Dies haben die Schriftsteller des Altertums den Herrschern mit versteckten Worten empfohlen, in dem sie berichten, dass Achill und viele andere Herrscher der Vorzeit dem Chiron zur Erziehung übergeben worden seien, der sie unter seiner Zucht halten sollte.

 

Dass ein Herrscher ein Wesen halb Tier, halb Mensch zum Lehrer erhält, soll nichts anderes bedeuten, als dass es ein Herrscher verstehen muss, beide Naturen in sich zu vereinigen; denn die eine ohne die andere ist nicht von Bestand. Wenn sich also ein Herrscher gut darauf verstehen muss, die Natur des Tieres anzunehmen, soll er sich den Fuchs und den Löwen wählen; denn der Löwe ist wehrlos gegen Schlingen, der Fuchs ist wehrlos gegen Wölfe. Man muss also Fuchs sein, um die Schlingen zu wittern, und Löwe, um die Wölfe zu schrecken. Wer nur Löwe sein will, versteht seine Sache schlecht.

 

Ein kluger Machthaber kann und darf daher sein Wort nicht halten, wenn ihm dies zum Schaden gereichen würde und wenn die Gründe weggefallen sind, die ihn zu seinem Versprechen veranlasst haben. Wären die Menschen alle gut, so wäre dieser Vorschlag nicht gut; da sie aber schlecht sind und das gegebene Wort auch nicht halten würden, hast auch du keinen Anlass, es ihnen gegenüber zu halten. auch hat es einem Herrscher noch nie an rechtmäßigen Gründen gefehlt, seinen Wortbruch zu bemänteln. Man könnte hier zahllose Beispiele aus unserer Zeit anführen, wie viele Friedensschlüsse, wie viele Versprechungen infolge der Treulosigkeit der Herrscher nichtig und vergeblich geworden sind.. Wer am besten Fuchs zu sein verstanden hat, ist am besten gefahren! Doch muss man sich darauf verstehen, die Fuchsnatur gut zu verbergen und Meister in der Heuchelei und Vorstellung zu sein. Die Menschen sind ja so einfältig und gehorchen so leicht den Bedürfnissen des Augenblicks, dass der, der betrügen will, immer einen findet, der sich betrügen lässt......

 

 

 

Ein Herrscher braucht also alle die vorgenannten guten Eigenschaften nicht in Wirklichkeit zu besitzen; doch muss er sich den Anschein geben, als ob er sie besäße. Ja ich wage zu behaupten, dass sie schädlich sind, wenn man sie besitzt und stets von ihnen Gebrauch macht, und dass sie nützlich sind, wenn man sich nur den Anschein gibt, sie zu besitzen. So muss ein Herrscher milde, treu, menschlich, aufrichtig und fromm scheinen und er soll es gleichzeitig auch sein; aber er muss auch die Seelenstärke besitzen, alles ins Gegenteil wenden zu können. Man muss Verständnis dafür haben, dass ein Herrscher, und vor allem ein solcher in einer neu gegründeten Herrschaft, nicht alles beachten kann, wodurch die Menschen in einen guten Ruf kommen, sondern oft gezwungen sind, gegen Treue, Barmherzigkeit, Menschlichkeit und Religion zu verstoßen, eben um die Herrschaft zu behaupten. Darum muss er die Seelenstärke haben, sich nach den Winden des Glücks und dem Wechsel der Verhältnisse zu richten und, wie ich oben sagte, vom Guten so lange nicht abzugehen, als es möglich ist, aber im Notfall zu verstehen, Böses zu tun. Ein Herrscher muss also sehr darauf bedacht sein, dass kein Wort über seine Lippen kommt, das nicht von den oben genannten fünf Eigenschaft zeugt, damit jeder der ihn sieht oder hört, den Eindruck hat, als sei er die Milde, Treue, Redlichkeit, Menschlichkeit und Gottesfurcht in Person. Besonders notwendig ist es, den Eindruck zu erwecken, dass er gerade die letztere Tugend besäße. Die Menschen urteilen im allgemeinen mehr nach dem, was sie mit den Augen sehen, als nach dem, was sie mit den Händen greifen; denn jedem wird es einmal zuteil, etwas in Augenschein zu nehmen; aber nur wenige haben Gelegenheit, etwas zu berühren. Jeder sieht, was du scheinst, und nur wenige fühlen, was du bist. Und diese wenigen wagen nicht, sich der Meinung der großen Masse entgegenzustellen, die die Majestät des Staates, der sie schützt, auf ihrer Seite hat. Die Handlungen aller Menschen und besonders die eines Herrschers, der keinen Richter über sich hat, beurteilt man nach dem Enderfolg.

 

Ein Herrscher braucht also nur zu siegen und seine Herrschaft zu behaupten. Also werden die Mittel dazu stets für ehrenvoll angesehen und von jedem gelobt. Denn der Pöbel hält sich immer an den Schein und den Erfolg; und in der Welt gibt es nur Pöbel. Die wenigen zählen nicht gegen die Masse, wenn diese am Staat einen Rückhalt hat..."

 

 

 

 

 

6. Lügen, Täuschen, Betrügen und Selbstbereicherung ist überwiegend

 

die Kernkompetenz der heutigen Politiker, politische Handlungen dienen nur dem Machterhalt.

 

 

 

Die erste Folge der abgegebenen Wahlstimme ist für die entsprechende Partei bereits mit einem Geldsegen verbunden, nämlich mit einer saftigen, völlig überdimensionierten Wahlkampfkostenerstattung. Der Wähler in seiner durch die Stimmabgabe geschmeichelten Selbstachtung glaubt sich dem Nichtwähler natürlich haushoch überlegen. Versucht er diesen doch damit zu beeindrucken, der Nichtwähler könne sich dann ja auch nicht beklagen und habe deswegen auch nichts zu kritisieren. Ich kann nichts dafür, sobald mir dies entgegen gehalten wird, verspüre ich Schwefelgeruch in der Nase.

 

 

 

Ich bin so frei, den Begriff des qualitativen Nichtwählers zu schöpfen, eine Spezies, die sich durchaus des Prinzips von Ursache und Wirkung bewusst ist, jedoch erkannt hat, dass es keine messbare Größe zwischen der Abgabe des Wahlzettels und dem politischen Output gibt.

 

 

 

Ich möchte dies anhand eines Beispieles erläutern, welches sich mit der

 

Regelmäßigkeit einer tibetanischen Gebetsmühle wiederholt:

 

 

 

Maier und Schulz sehen im Fernsehen hocherfreut die Wahlrede von Frau Uckermark (spätere Bundeskanzlerin Merkel), die hoch und heilig verspricht, dass im Falle der Wahl die Mehrwertsteuer nicht erhöht werde. Da Maier und Schulz ein Eigenheim bauen wollen und die diskutierte Erhöhung einen Betrag von vielen Tausend Euros ausmachen würde, wählen sie natürlich die Abgeordneten von Frau Uckermarks Partei. Nach der gewonnenen Wahl verkündet Frau Uckermark flugs die Mehrwertsteuererhöhung und begründet dies mit dem Gemeinwohl ( siehe unten). Maier und Schulz sind erbost, weil sie wegen der Finanzierungslücke nun nicht mehr ihr Häuschen bauen können und schwören, dass sie nie wieder Frau Uckermark Brut wählen werden. Die Herde verhält sich jedoch überwiegend sklavisch, das Gedächtnis ist nur kurz. Mit ein wenig Schmeichelei und ein paar bunten Wahlplakaten, die dem Betrachter gestylte Smileys entgegengrinsen lassen, werden Maier und Schulz bei der nächsten Wahl vielleicht doch wieder Frau Uckermarks Klüngel wählen. Ach ja, Frau Uckermark wurde tatsächlich wieder Bundeskanzlerin.

 

 

 

Nanu, was ist denn da passiert, Frau Uckermark hat gelogen. Darf ein Politiker lügen?

 

 

 

Na und würde Frau Uckermark mir antworten, „ Ich mache doch nur das, was in der Geschichte immer gemacht wurde“

 

 

 

Sie hat tatsächlich recht, denn Frau Uckermark hat nur aus der Geschichte gelernt.

 

 

 

Nachdem ich nun erkannt habe, dass ich nicht unter den Besten wählen kann und mich mit der Teilnahme an der Wahl nur der Beihilfe zur ungerechtfertigten Bereicherung und des Abnickens der Parteienoligarchie schuldig machen würde, nehme ich bei dieser Gelegenheit auch gleich Abschied von der Hoffnung, ich könne in einer nicht-plebiszitären, hier parlamentarischen, Demokratie etwas Entscheidendes durch meine Wahlstimme bewirken.

 

 

 

Eine immer wieder gehörte Meinung ist die, dass sich die Politiker immer weiter vom Volk entfernen. Dies ist tatsächlich so. Das hängt zum einen wohl damit zusammen, dass sich der einzelne Politiker, der sich zur Wahl stellt, in seiner persönlichen Sozialisation bereits soweit vom Durchschnittsbürger entfernt hat, dass ihm dessen Sorgen und Nöte wie irgendein seltenes Exponat eines Museums erscheinen, zum anderen hat er zugunsten der Erhaltung und Steigerung seiner sozialen Position für Bürgerinteressen nur beschränkte Zeit haben.

 

 

 

Sie scheinen der horazischen Weisheit, dem carpe diem nämlich, eine besondere Interpretation zu geben, indem sie mit dem „carpe = pflücken" und der Erkenntnis der neidisch fliehenden Zeit (fugerit aetas) das Ausleben der Veranlagung verstehen, die kostbare Zeit einer Amtsperiode intensiv zu nutzen, um Aufsichtsratspöstchen und/oder Beraterverträge und ähnliches zu ergattern.

 

 

 

Viele haben aufgrund ihrer exponierten Stellung bereits locker ein halbes Dutzend gut bezahlte Nebentätigkeiten und deshalb eigentlich gar keine Zeit mehr, etwa in den namentlichen Abstimmungen ihrer Haupttätigkeit als Abgeordnete anwesend zu sein.

 

Diese bei näherem Hinsehen eigentlich gar nicht mehr kühne Behauptung ist schon visuell belegbar. Der Plenarsaal, der eigentliche Arbeitsplatz der Abgeordneten ist nur noch Staffage, um gegenüber der Wahlherde, wenn es vor laufenden Kameras gilt, publikumswirksam zu präsentieren, für die reichlichen Diäten tue man ja schließlich auch was.

 

In der übrigen Zeit übt sich ein großer Teil der Spezies der Gewählten darin, sich in möglichst kurzer Zeit die eigenen Taschen vollzustopfen.

 

 

 

Dies alles natürlich neben der Bezahlung, deren Höhe sie paradoxerweise sich selbst festlegen können. Diese Veranlagung zieht sich durch alle coleuhr unserer heutigen Parteienlandschaft.

 

 

 

Den größten Treppenwitz des Opportunismus und der politischen Lüge habe ich bei der einstigen New Wave- und Protestpartei, der Partei mit des Farbe des Rasens angetroffen.

 

 

 

In den Anfängen sind deren Repräsentanten noch mit Latzhosen und Turnschuhen angetreten. Längst sind sie zu 600 Dollar Maßanzügen und Luxustretern mit Flüsterprofil übergetreten.

 

Da trat einst ein bei Demonstrationen im Pflasterweitwurf geübter Herr an, ließ sich mit Turnschuhen an den Füßen zum hessischen Landesminister -ohne je eine Ausbildung genossen zu haben- küren, um dann sogar zum Außenminister aufzusteigen.

 

Dabei immer im Sinne des Mantras der Partei mit der Farbe des Rasens, nach außen hin ein erklärter Gegner der klassischen Energiewirtschaft und ideologisierter Atomkraftgegner zu sein.

 

Er hatte sich seinem Wahlklientel auch immer so präsentiert, als würde er für Chancengleichheit im Schulsystem eintreten. Just nach seinem Ausscheiden ging er in die USA und wurde dort -ohne je eine Ausbildung genossen zu haben, smile- Professor an der amerikanischen Eliteuniversität Princeton. Aber von wegen Chancengleichheit. Die Zeit wo er auf Wählerstimmen und Zulauf achten musste, war ja schließlich vorbei, alte für die Dummherde getünchte Überzeugungen wurden wie Spülwasser beseitigt.  Die besagte Universtiät konnten sich wegen der besonderen Höhe des Studiengeldes nur Reiche und Superreiche leisten. Zurückgekehrt ins gelobte Land, verdingte er sich dann bei der Energiewirtschaft im sogenannten Nabucco-Projekt, deren Mitglieder nebenbei auch Atomkraftwerke betrieben und betreiben.

 

 

 

Ein anderer Ex-Bundesvorsitzender dieser Partei, Rezzo Schlauch, hatte offenbar wohl auch ein quasi Damaskuserlebnis.

 

Ich erinnere mich noch gut an seine im breiten Schwäbisch vorgetragenen geifernden Antiatomkraftreden. Nanu, geht`s noch, was ist denn da passiert, stimmt das eigentlich. Ja es stimmt, Rezzo Schlauch saß jahrelang im Beirat der Karlsruher ENBW. Nein, das war kein Gartenbaubetrieb, sondern bis zur Energiewende 2011 ein auch Atomkraftwerke betreibender Energiekonzern.

 

 

 

Die Hauptaufgabe sehen die Politiker darin, wieder gewählt zu werden. Die Erfüllung des Amtseides verkommt nicht nur zum bedeutungslosen Beiwerk, sondern wird in der bundesrepublikanischen Politikwirklichkeit sogar mit Füßen getreten.

 

Das ist aber keine Erfindung von mir, dies wurde nämlich schon vor 2400 Jahren in Platons Dialog „Gorgias“ von Sokrates behauptet.

 

Welche Politiker ich mir vorstelle ist schnell und einfach gesagt, nämlich die die gleichen, die Aritoteles in der Nikomachischen Ethik beschrieben hat, also solche, die nicht mehr auf den eigenen, sondern auf den Nutzen des Volkes schauen. Ich Politiker mit Vernunft und Verantwortungsbewusstsein.

 

Was ich nicht will, sind Blender, Schwatzbudenmitglieder, Lügner, sich die Taschen-Vollstopfer, Absahner und Pfründewucherer.

 

Das Spektrum der Fehltaten unserer Herrschenden ist flächendeckend und besteht aus Vorteilsannahme, direkte oder indirekte Bestechung, Einwirkung auf Rechtsgeschäfte zugunsten Dritter (vorzugsweise Freunde, Partei- und Familienmitglieder), unzulässige Inanspruchnahme von Leistungen des Dienstherrn, Verschwendung von Steuermittel bis zu Betrug bei Abrechnungen von Reisekosten, Sitzungsgelder und Roadmiles bei Flügen. Daneben sind beliebt das Plündern der Staatskasse hin von zu schnellen, zu frühen und zu hohen Politikerpensionen und das Plündern der Staatskasse im Rahmen der Ämterpatronage durch den vergoldeten einstweiligen Ruhestand sogenannter politischer Beamter im hohen Range. Ferner sind auch die Beschäftigung von völlig inkompetenten Familienmitgliedern auf Kosten der Steuerzahler beliebt. Für viele Betrachter bietet die „real existierende„ Bundesrepublik das Bild eines verwobenen Netzes von Pfründewucher und Seilschaften, in dem ein Kaste von häufig inkompetenten und gefallsüchtigen Politikern regiert.

 

 

 

Zynisch argumentiert könnte ich sagen, die genannte Neigung zur Bereicherung ist ja an für sich nichts Schlimmes, entspricht sie doch dem anthropologischen Prozess der Menschwerdung, es ist nachgerade ein Wesenszug des Menschen, Eigentum anzuschaffen und zu vermehren. 

 

Die Rhetorik würde das grobe Auseinanderfallen zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei Politikern als Antinomie, also als nicht auflösbaren Widerspruch ansehen.

 

 

 

Die Auflösung des Rätsels, weshalb dies so ist, erscheint mir sehr einfach.

 

So wie beim Schach die Dame die mächtigste Figur ist, ist die Gier mächtiger als billiges politisches Geschwätz von gestern. Die Gier ist das anthropologische Erbe seit hunderttausenden von Jahren, das billige politische Geschwätz hat jeweils nur die Halbwertzeit bis zur nächsten Wahl.

 

 

 

Weshalb sollten die von der Herde gewählten Politiker anders sein, könnte man sich fragen, es sind doch auch bloß Menschen. Die Antwort hierauf liegt mir schon auf der Zunge, bevor ich den Satz vollends durchdacht habe.

 

 

 

Deshalb nämlich, weil etwa Bundesabgeordnete im Gegensatz zum Normalbürger einen Amtseid nach Art 56 und 64 des Grundgesetzes leisten, der da lautet:

 

 

 

"Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde"

 

 

 

Die meisten sprechen diesen Amtseid jedoch nur für die Ohren, die es hören wollen oder die von den Eidleistenden für so dumm gehalten werden, diesen Eid als ehrliches Versprechen anzusehen. Zu sich selbst sprechen sie den alternativen Amtseid, der da lautet:

 

 

 

Ich schwöre, meine ganze Kraft dem Versuch zu widmen, den eigenen Nutzen zu mehren, mir die Taschen in möglichst kurzer Zeit voll zustopfen , die Gesetz zu missachten, soweit sie meinem oder dem Nutzen meines Klientel zuwiderlaufen und etwaigen Schaden vom deutschen Volke bezahlen zu lassen"

 

 

 

Dennoch möchte ich entsprechend des platonischen Dialogs Gorgias es nicht unversucht lassen, zugunsten von Politikern zu unterstellen, dass es wohl auch ein paar Überzeugungstäter unter ihnen gibt, die vielleicht wirklich das wollen, was sie schwören, es aber in den meisten Fällen nicht können.

 

 

 

Kritik an den politisch Tätigen ist jedoch keine Erfindung der Neuzeit, wusste doch schon Marcus Aurelius über Politiker in seinem Buch Selbstbetrachtungen (9.Buch Anmerkung 29) zu berichten:

 


"Wie unbedeutend sind doch diese politisch tätigen und -wie sie jedenfalls glauben- philosophisch handelnden Menschen. Völlig verrotzte Gestalten".

 

 

 

 

 

7. Was können die Regierenden von der Geschichte lernen

 

 

 

7.1 Zynische Aussage, die der Realität am nähesten kommt

 

 

 

Ab und an fragt sich der kleine Mensch, weshalb die heutigen Politiker eigentlich nichts von der Geschichte lernen. Bei der Nachforschung bin ich so weit zurückgegangen, dass ich in der Antike angekommen bin. Danach lautet die Antwort, sie haben doch etwas gelernt, die Hauptausbeute bietet aber leider nur eine sehr negative Grundaussage.

 

 

 

Im Wesentlichen haben die heutigen Politiker aus der Geschichte nur das gelernt, was ihnen zu allen Zeiten zu ihrem Nutzen gereicht hat, nämlich die Ratschläge von Platon in „Politeia, 3. und 5. Buch", und „Gorgias“ sowie Machiavelli „Der Fürst / il principe, Kapitel 18“ zu befolgen, insbesondere bei Bedarf zu lügen, zu täuschen, zu fälschen und Versprechen zu brechen.

 

 

 

Bravo, hat sich nicht viel geändert in den letzten zweieinhalbtausend Jahren.

 

Die Politiker haben auch aus Sebastian Brants „Narrenschiff", einer mittelalterlichen Moralsatire von 1494, gelernt. Brant kam zur Aussage „die Welt will betrogen werden" Diese Spruchweisheit wurde meistens lateinisch „mundus vult decipi" zitiert. Später wurde der Spruch dann erweitert um „ergo decipiator", also „deshalb soll sie betrogen werden".

 

 

 

Nietzsche hat die Veranlagung des „Staates“ zu Lüge und Betrug in zwei konzisen Sätzen ausgesagt. Im „Zarathustra" lässt er im Kapitel „Vom neuen Götzen" Zarathustra eine Aussage machen, die selbstinterpretierend ist.

 

 

 

„Staat heißt das kälteste aller Ungeheuer. Kalt lügt es auch; und diese Lüge kriecht aus seinem Munde: "Ich, der Staat, bin das Volk."

 

 

 

Der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer war wenigstens bei dem Eingeständnis der Lüge ehrlich. Als er auf einen politischen Richtungswechsel angesprochen wurde, meinte er: 

 

Was geht mich mein dummes Geschwätz von gestern an"

 

 

 

Ich möchte jetzt das unfeine Resümee ziehen, dass über die Jahrtausende hinweg das Lügen und Betrügen offensichtlich zur Kernkompetenz der Politiker gehört.

 

 

 

Die Hoffnung, ich könnte mit meiner Wahlstimme etwas bewirken, erscheint mir bereits aus diesem Grunde so weit weg wie ein Alkoholiker von der Buttermilch.

 

 

 

7.2 Historizismus, die Wiederholung der Geschichte

 

 

 

Es gibt und gab Persönlichkeiten, die die Auffassung vertreten, dass aus der Geschichte keine Wiederholungsmuster hergeleitet werden können.

 

So auch der Philosophe und Soziologe Karl Popper (1902-1994),soweit er in seinem Werk „Das Elend des Historizismus" darzulegen versucht, dass sich der Lauf der Geschichte nicht voraussagen lässt und dass es keine wissenschaftliche Lehre über Gesetze der Geschichte gibt. Sicherlich mag dies für den nächsten Schritt zutreffen, bei den großen vatikanischen Zeitabständen sind jedoch durchaus Gesetzmäßigkeiten festzustellen. Dass sich Popper zu dieser Erkenntnis nicht befähigt sah, verwundert mich.

 

 

 

Grundsätzlich sollten Erfahrungen aus der Geschichte Grundlage für aktuelles politisches Handeln bilden, denn die Wiederholungs- und Veranlagungsmuster erweisen sich bei einer empirischen Betrachtung sehr deutlich.

 

Denn das Wort Geschichte impliziert die Fähigkeit, zu verstehen, wie es zu diesem und jenem gekommen ist. Es ist wahrlich schon lange her, aber unsere heutigen Regierenden könnten wesentliche Erkenntnisse aus den ersten Demokratieversuchen der hellenistischen Polis beziehen.

 

 

 

Den Politikern von heute müsste sich aus der Geschichte des Staatsmodells Platons aufdrängen, dass nichts perfekt und ewig ist, auch nicht die bundesrepublikanische Demokratie. Diese Erkenntnis zu negieren ist die größte Anklage, der Ausgangspunkt für mögliches künftiges Unheil.

 

 

 

Platon entwickelte mit seiner Schrift „politeia - der Staat" aus seiner Sicht das Modell eines sogenannten idealen Staatswesens.

 

Die heutigen Politiker glauben auch, dass das jetzige Staatsgebilde die beste aller Möglichkeiten darstellt. Sie sollten sich deshalb befähigen, zu erkennen, dass Platons Modell bei heutiger Betrachtung unter fast keinem Blickwinkel mehr unserem heutigen Denken standhält.

 

Weshalb sollte sich aber dann in der Folge dieser Erkenntnis nicht die Frage aufdrängen, ob das jetzige in der Bundesrepublik Deutschland bestehende politische System etwa auch nicht die beste aller Möglichkeiten darstellt und die künftige Geschichte aus deren retrospektivischer Sicht möglichweise sehr ungnädig darüber urteilen wird.

 

Würde man Niccolo Machiavelli darüber befragen, was die Herrschenden von der Geschichte lernen können, würde er sagen: „Alles". Seine politische Theorie gründet sich vollkommen auf die Geschichte.

 

Machiavelli erkannte, dass die wesensmäßige Natur des Menschen unveränderlich ist, da er stets und zu allen Zeiten den gleichen Leidenschaften, Zielen und Affekten unterworfen war und ist. Da die Ursachen sich gleichen, würden sich aber auch die Wirkungen gleichen. Aus dieser Schlussfolgerung heraus meinte er deshalb, dass sich auch die Geschichte wiederholen würde. In fast schon buddhistischer Sicht sieht er die Politik als Kreislauf an, in dem ein ständiger Wechsel stattfindet, von Ordnung zum Chaos, vom Guten zum Schlechten und Bösen hin und umgekehrt.

 

 

 

Wie wichtig ihm die Notwendigkeit ist, aus der Geschichte zu lernen, hat er dadurch dokumentiert, dass er die Erkenntnis bereits im Vorwort des Werkes „Diskorsi" erwähnt:

 

 

 

„Daher kommt es, dass Unzählige, die sich mit der Geschichte befassen, nur Vergnügen daran finden, etwas von der Mannigfaltigkeit der geschichtlichen Ereignisse zu erfahren, ohne dass sie daran denken, diese nachzuahmen; denn sie halten die Nachahmung nicht für schwierig, sondern für unmöglich, als ob sich Himmel, die Sonne, die Elemente, die Menschen in Bewegung, in Gestalt und Wirksamkeit von dem, was sie seit altersher waren, unterscheiden würden. Von diesem Irrtum möchte ich die Menschen befreien........Ich tue dies, damit die Leser dieser Betrachtung ohne Schwierigkeiten den Nutzen daraus ziehen können, um dessentwegen man Geschichtsforschung betreiben soll."

 

 

 

8. Wer herrscht in Wirklichkeit, wenn es nicht das Volk ist

 

 

 

In einer Demokratie im klassischen Sinne würde die Gesamtheit des Volkes über die Gesamtheit des Volkes bestimmen können (Aristoteles Politica VI, 2,1317), was aber nur schwer umsetzbar wäre. Jedenfalls ist interessant, dass das aristotelische Modell keine Regierenden kennt.

 

 

 

Annäherungswerte an meinen Idealzustand würde ich der schweizerischen direkten Demokratie zubilligen wollen, wo das Volk zu wirklich essentiellen Fragen mitbestimmen kann. In der Bundesrepublik hat der ehemalige Bundespräsident Heinemann das Wort vom mündigen Bürger erwähnt.

 

Weshalb soll ich gerade, weil ich im Geltungsbereich der deutschen parlamentarischen Demokratie lebe, nicht über wesentliche, mein Leben betreffende Aspekte, befragt werden können.

 

 

 

Die heutigen Politiker haben jedoch genau vor der Mündigkeit derer Angst, von denen sie auf den Sessel gehievt werden. Um es nochmals zu wiederholen, haben die Parteien jedoch auch Angst vor der Mündigkeit der eigenen Abgeordneten. Die Parteien wollen keine Macht an die Abgeordneten und diese nicht an die Bürger abgeben. Da die Parteien die Abgeordneten beherrschen und nur diese eine Änderung des Systems bewirken können, wird sich gar nichts ändern. Eine Kontrolle der Abgeordneten und der Machtzentrale durch normale Parteimitglieder ist schon gar nicht möglich. Es entspricht eben bereits soziologischem Wissen, dass jede Organisation unvermeidlich eine Führungsschicht gebärt, die sich immer mehr verselbstständigt und bestrebt ist, sich einer effektiven und nachhaltigen Kontrolle zu entziehen.

 

 

 

Damit bewegen wir uns in einem weiteren Wissensgebiet, der Soziologie. Der Soziologe Robert Michels hat sich bereits 1911 mit dieser Frage in seinem Buch „Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie" geäußert. Im Widerspruch zwischen der demokratischen Werteordnung und der Realität der politischen Parteien kommt Michels zu dem Ergebnis, dass nach naturgesetzlichen Gegebenheiten (Egoismus, Überlebenswille) alle menschlichen Organisationsformen zur Oligarchie hinstreben. Da davon die Parteien als Organisationen nicht ausgenommen sind, streben sie letztlich auch zur Oligarchie. Er stellt apodiktisch fest:

 

 

 

„Die Demokratie führt zur Oligarchie, wird zur Oligarchie"

 

 

 

Später, die bundesrepublikanische Demokratie war gerade den Kinderschuhen entwachsen, beschäftigte dies den deutschen Philosophen Karl Jaspers (1883-1969). Er stellte in seinem 1966 erschienenen Essay die Frage „Wohin treibt die Bundesrepublik"?

 

 

 

Es war die erste Kritik, die schonungslos die Grundkoordinaten des Systems erschütterte. Er stellte etwa fest:

 

 

 

„.....(5) Aufgabe, Situation und Wirklichkeit der Parlamentarier. Das Volk kann nicht selber mitregieren. Es regieren die von ihm beauftragten Vertreter, die Parlamentarier, die ihrerseits den Kanzler wählen. Die Frage ist erstens, welche Wirkung überhaupt vom Volke ausgeht. Sie ist ungemein gering. Selbst die Wahlen sind keine eigentlichen Wahlen, sondern Akklamation zur Parteienoligarchie......"

 

 

 

„...(6) Die Parteien wandeln ihren Sinn. Die Richtung der Wandlung ist diese: Sie waren gemeint als Organe des Volkes, das durch sie seinen Willen kundtut und umgekehrt wieder von ihnen politisch erzogen wird. Aber sie werden zu Organen des Staates, der nunmehr wieder als Obrigkeitsstaat die Untertanen beherrscht. Die Parteien, die keineswegs der Staat sein sollten, machen sich, entzogen dem Volksleben, selber zum Staat. Ursprünglich vielfach autonome Bildungen aus der unbegrenzten Freiheit des Volkes, werden sie in ihrem Bewußtsein zu den Machtträgern selber. Der Staat, das sind die Parteien. Die Staatsführung liegt in den Händen der Parteienoligarchie. Sie usurpiert den Staat....."

 

 

 

„....(7) Eine Mitwirkung des Volkes durch das Referendum wurde nicht zugelassen. Das Volk ist dem Namen nach der Souverän. Aber es hat keinerlei Einwirkung auf die Entscheidungen außer durch die Wahlen, in denen nichts entschieden, sondern nur die Existenz der Parteienoligarchie anerkannt wird. Die großen Schicksalsfragen gehen nicht an das Volk. Ihre Beantwortung muß das Volk über sich ergehen lassen und merkt oft gar nicht, daß etwas und wie es entschieden wird..."

 

 

 

Im Absatz 11 teilt Jaspers zusammenfassend mit geballter Ladung und schonungslos aus:

 

 

 

....(11). Demokratie heißt Selbsterziehung und Information des Volkes. Es lernt nachdenken. Es weiß, was geschieht. Es urteilt. Die Demokratie befördert ständig den Prozess der Aufklärung.

Parteienoligarchie dagegen heißt: Verachtung des Volkes. Sie neigt dazu, dem Volke Informationen vorzuenthalten. Man will es lieber dumm sein lassen. Das Volk braucht auch die Ziele, die die Oligarchie jeweils sich setzt, wenn sie überhaupt welche hat, nicht zu kennen. Man kann ihm statt dessen erregende Phrasen, allgemeine Redensarten, pompöse Moralforderungen und dergleichen vorsetzen. Es befindet sich ständig in der Passivität seiner Gewohnheiten, seiner Emotionen, seiner ungeprüften Zufallsmeinungen.

Die gemeinsame Schamlosigkeit der Parteienoligarchie spürt sich selber nicht. Die Parteienoligarchie fordert vielmehr Respekt, zumal die jeweils führenden Amtspersonen, die Kanzler, Minister, Präsidenten. Wir alle, denken sie, sind doch Vertreter des Volkes, wir können doch nicht schamlos sein. Wir sind durch die Wahl des Volks geheiligt. Wer uns beleidigt, beleidigt das Volk. Kraft unserer Ämter haben wir die Macht und den Glanz, der uns zukommt....)

 

 

 

 

 

Ein weiterer Kritiker auf hohem Niveau ist etwa der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Hans Herbert von Arnim, der sich die Parteien- und Demokratiekritik seit der Mitte der siebziger Jahre sogar zur Lebensaufgabe gemacht hat. Besonders hat er sich auch der Reform des Wahlrechts und der Forderung nach dem Ausbau direktdemokratischer Elemente verschrieben.

Nach alledem bleibt aus meiner Sicht zuzustimmen, soweit es argumentativ in den Raum gestellt wird, dass sich die bundesrepublikanische Parteienwirklichkeit zu einer parlamentarischen Oligarchie entwickelt, somit eine Herrschaft Weniger über Viele darstellt.

 

 

 

Da wir natürlich alle zu den Guten zählen, fassen uns die Folgen unserer eigenen Handlungen am Schopfe, die Anpassung und Behäbigkeit und Selbstgerechtigkeit, natürlich kann man nicht mit dem strafenden Finger nach oben "zu den Politikern" zeigen und im überzeugten Brustton der Selbstgerechtigkeit sich der kleinen Freude des Betrugs bei der Steuererklärung hingeben.

 

 

 

Soweit aber der Herdenmensch im Bewusstsein seiner Sklavenmoral die Gesetze beachtet, gilt dies dann nicht auch für die Politiker als den "Höheren Menschen"?

 

 

 

Sollen diejenigen, die während des verfassungsmäßigen Gesetzgebungsverfahrens die Hand heben, diese Gesetze dann je nach gusto missachten dürfen.

 

 

 

Ich darf an Artikel 20 Abs. 4 des Grundgesetzes erinnern, der dem Herdenmenschen ganz neue Perspektiven aufzeitigt:

 


" Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist"

 

 

 

So, also wenn ich das richtig verstehe, dürfen wir den Politikern, sollten diese sich nicht an die Gesetze -insbesondere an den eigenen Amtseid- halten, unterstellen, dass sie die Ordnung beseitigen wollen. Damit haben wir das Recht zum Widerstand. Wie könnte ein Szenario des Widerstandes aussehen? Steht das nur auf dem Papier, ist so ein Widerstand denkbar.

 

 

 

Seit dem Wissen um Aristoteles in „politikos", Platons „politeia „ dem „Leviathan„ von Hobbes, Machiavellis „Fürst" und „Diskorsi, Rousseaus „Gesellschaftsvertrag" und seines „2. Discours" sowie John Lockes „the second treatise of government" fürchte ich, dass die zu Wirtschaftsunternehmen mutierten Parteienlandschaften niemals freiwillig zur Machtabgabe bereit sein werden.

 

Deshalb die kleine Hausaufgabe, nachzuforschen, wie es eigentlich in der Schweiz zur direkten Demokratie kommen konnte.

 

Der Unterschied ist klar, die Schweizer Bürger haben sich die direkte Demokratie erkämpft, die repräsentative Demokratie der Bundesrepublik Deutschland wurde jedoch 1949 gebacken.

 

 

 

9. Wie sich Gesellschaften verändern

 

 

 

9.1 Evolutionäre Reproduktion, eine kosmisch-empirische Gegebenheit

 

 

 

Oh, gerade hat sich mein Schluckmuskel bewegt, kein gutes Zeichen. Mir sind nämlich gerade die den ewigen Dualismus ausdrückenden Begriffe der Bewegung und der Gegenbewegung eingefallen. Es resultiert aus der Betrachtung der Geschichte und ist damit letztlich eine Schlussfolgerung des machiavellischen Theorems des Historizismus.

 

 

 

Hieraus schöpfen sich meine Gedanken, die Theorie nenne ich das Gesetz der evolutinären Reproduktion, alles unterliegt dem Zyklus der Bewegung und der Gegenbewegung, dem Chaos und der Ordnung

 

 

 

Ich sehe es so, dass jede Bewegung eine Gegenbewegung auslöst. Dies ist zwischenzeitlich unwidersprochenes Erfahrungswissen.

 

 

 

Ich möchte dies mit einer Betrachtung der deutschen politischen Geschichte verdeutlichen.

 

Das klerikale, rückwärtsgewandte, mittelalterliche scholastische Denken des 15. Jahrhunderts hatte als Gegenbewegung den Keim der Renaissance in sich. Kaum war Sie entstanden, führten ihre Schwäche zur Geburt des Keims ihrer Gegenbewegung, nämlich des Absolutismus. Auch der Absolutismus hatte als Gegenbewegung dann den Keim der Aufklärung in sich, dies war letztlich eine Folge der neuen Wissenschaften. Der Gründerzeit mit der ersten deutschen Weimarer Demokratie folgte dann mit der nationalsozialistischen Diktatur die Gegenbewegung. Jedoch auch dieses vermeintlich 1000-jährige Reich hatte bereits den Keim der Gegenbewegung in sich, die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland.

 

 

 

Dies war schon immer so, auch jenseits des Abendlandes, etwa in der indischen Kultur. Auf die vedische Kultur folgte als Gegenbewegung der Buddhismus. Die gewaltige Gegenbewegung der die vedische Kultur bejahenden orthodoxen Systeme (Astikas = Jasager) führte dann wiederum nahezu zum Verschwinden des Buddhismus in Indien.

 

 

 

Im ganz großen Betrachtungswinkel gebiert eine bestimmte Konstellation von Gaswolken die Planeten, einer davon ist die Erde, bis in einer Supernova einst wieder alles enden wird. Es ist ein Prinzip der ewigen Wiederkehr, dass aus dem Kleinen das Große hervorgeht und aus dem Großen das Kleine. Aus dem Samenkorn wird der Eichenbaum, der wiederum der Ausgangspunkt für den nächsten Zyklus bildet, das Menschenwerk ist nichts anderes.

 

 

 

Daran ändern auch Meinungen nichts, die meinen, die Vernetzung im großen europäischen Haus würde dies verhindern. Gerade weil alles so vernetzt und auf Größe ausgerichtet ist, wird die Gegenbewegung kommen. Das ist nicht eine Frage des ob, sondern nur des wann.

 

Es mag lediglich darüber gestritten werden können, wie stark der Ausschlag auf der nach oben hin offenen Richterskala der Erschütterung sein wird.

 

 

 

Diesen Weg von der Größe zum Kleinen sind bereits geschichtsträchtigere Begebenheiten wie die bundesrepublikanische Demokratie als Teil der Europäischen Gemeinschaft gegangen, so etwa das römische Reich, das Reich Alexanders des Großen, das Hunnenreich, das Osmanische Reich, die Goten, die Staufer, die Franken, das Tausendjährige Reich, die Sowjetunion. Die europäische Tendenz zur Gigantomanie scheint keine Grenzen zu kennen.

 

 

 

Irgendwann, so denke ich, wird die Europäische Union dem Kulminationspunkt entgegengehen, der Unregierbarkeit, Undurchschaubarkeit, Verschwendung und Korruption, Zusammenbruch des Währungssystems. Die Füße des Riesen beginnen einzuknicken, er kippt und zersplittert.

 

 

 

Insofern wird sich für die Bewohner des Staatsgebietes der Bundesrepublik Deutschland dann der Kreislauf mal wieder geschlossen haben. Aus dem Chaos des zweiten Weltkrieges entstand die aus dem Existenzialismus geborene Bundesrepublik, also die Ordnung. Der Drang nach Gigantomanie wird wieder zum Chaos führen.

 

 

 

Die in der Bundesrepublik Deutschland bestehende Pluralität und wirtschaftlichen Prosperität - mit Abstrichen - wird auf den Prüfstein gestellt werden.

 

Ich habe leider keine Hoffnung, dass die Politiker daraus etwas lernen, weiß jedoch, dass unweigerlich eine Gegenbewegung kommen wird. Die Tatsache ist einfach eine empirisch-kosmische Gegebenheit.

 

 

 

 

 

9.2 Thomas Hobbes (1588-1679)

 

 

 

Ich meine, dass Chaosszenarien auch durchaus den staatsphilosophischen Darlegungen des englischen Staatsphilosophen Thomas Hobbes entlehnt werden können.

 

Sein Leitspruch ist bekanntlich „homo homini lupus" oder „Der Mensch ist dem Menschen Wolf" , das Böse ist immer und überall und der Mensch sei von der Veranlagung her böse und destruktiv. Danach sei ein Krieg aller gegen alle möglich, so dass letztlich nur ein autoritärer und absoluter Staat die Ruhe wiederherstellen könne. Als Synonym für die Furchtlosigkeit dieses Staates, der alleinig das Chaos im Sinne des Urzustandes beenden kann, wählte er das biblische Geschöpf „Leviathan", den das Alte Testament (Psalm 74,14, Jesaia 27,1 und Hiob 40,25) als furchtloses Seeungeheuer beschreibt, das den Landbewohnern Furcht einflößt. Dies war dann auch der Titel seines 1651 erschienenen Hauptwerkes "Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines bürgerlichen und kirchlichen Staats".

 

 

 

Vor der Beschäftigung mit dem Thema, wie es zu einer Veränderung einer Gesellschaft bekommt, sollte erst einmal kurz beleuchtet werden, aus welchen Gründen sich der Mensch überhaupt in eine Gesellschaft begeben hat.

 

 

 

Der Staat = Leviathan verspricht dem Bürger die Überwindung dieses Urzustandes und Sicherheit, dafür nimmt er sich als Gegenleistung einen beliebigen Teil seines Einkommens, devotes Wohlverhalten und immer mehr Freiheitsrechte.

 

Der staatlichen Schutzpflicht steht nach der Staatsphilosphie von Hobbes damit der bürgerliche Rechtsgehorsam gegenüber.

 

Hobbes Auffassung erscheint mir jedoch seltsam naiv, als würde die Versuchung des absoluten Leviathan zum nächsten kleinen Schritt hin, der Schritt zur Tyrannis überhaupt nicht bestehen.

 

 

 

9.3  Niccoló Machiavelli (1469 - 1527)

 

 

 

Der florenzinische Staatstheoretiker hat bereits im Vorwort seines zweiten Hauptwerkes „Diskorsi - 1522 - " „Diskorsi sopra la prima deca di Tito livio = Betrachtungen über die erste Dekade des Titus Livius" den Unwillen der Menschen seiner Zeit angemahnt, aus der Geschichte zu lernen.

 

 

 

Die Menschen seien zwar in der Lage, die Gesetzmäßigkeit am Himmel zu erkennen, einem Historizismus, also Gesetzmäßigkeiten aus der Geschichte seien sie jedoch nicht zugänglich. Er äußert sich wie folgt:

 

 

 

„Dies hat nach meiner Überzeugung nicht so sehr seine Ursache in der Kraftlosigkeit, die unsere gegenwärtige Religion der Welt anerzogen hat, oder in den Schäden, die der Ehrgeiz und der Müßiggang vielen Ländern und Städten der Christenheit zugefügt hat, als vielmehr in dem Mangel echter Geschichtskenntnis, da man beim Studium der Geschichte weder deren Sinn begreift, noch die von ihr ausgehende Wirkung spürt.

 

 

 

Daher kommt es, dass Unzählige, die sich mit der Geschichte befassen, nur Vergnügen daran finden, etwas von der Mannigfaltigkeit der geschichtlichen Ereignisse zu erfahren, ohne dass sie daran denken, diese nachzuahmen; denn sie halten die Nachahmung nicht für schwierig, sondern für unmöglich, als ob sich der Himmel, die Sonne, die Elemente, die Menschen in Bewegung, in Gestalt und Wirksamkeit, von dem, was sie seit alters her waren, unterscheiden würden. Von diesem Irrtum möchte ich die Menschen befreien............"

 

 

 

Im I. Buch Kapitel 2 trifft er die Aussage, dass auch die Demokratie, wie jede andere Staatsform, ihrer künftigen Ablösung entgegendriftet:

 

 

 

„....die Alleinherrschaft wird leicht zur Tyrannis, die Herrschaft einer bevorrechtigten Schicht mit Leichtigkeit zur Oligarchie und die Demokratie artet unschwer zur Anarchie aus. Führt also der Gründer eines Staatswesens eine dieser drei Regierungsformen ein, so ist dies nur für kurze Zeit. Es lässt sich durch kein irdisches Mittel verhindern, dass sie in ihr Gegenteil ausartet; denn gut und schlecht sind einander in diesem Fall sehr ähnlich".

 

 

 

9.4  Jean-Jaques Rousseau (1712 - 1778)

 

 

 

Der französische Moralist hat seiner Zeit die Bibel für die französische Revolution beschert, den „contrat social", den Gesellschaftsvertrag. Darin vergleicht er das Staatsgebilde mit dem Körper des Menschen. Der Staat würde deshalb genauso sterben, wie der Mensch; dies ist für Rousseau nicht eine Frage des ob, sondern nur des wann.

 

Durch den Vergleich des Staates mit dem menschlichen Körper bejaht er den uralten philosophische Gedanken der Bewegung und der Gegenbewegung.

 

 

 

Kapitel 11, 3. des Werkes“Gesellschaftsvertrag“ oder „contrat social"

 

 

 

„Dieserart ist die natürliche und unvermeidliche Neigung auch der am besten verfassten Regierungen. Wenn Sparta und Rom untergegangen sind, welcher Staat kann da hoffen, ewig zu dauern? Wenn wir eine dauerhafte Einrichtung schaffen wollen, sollten wir nicht davon träumen, sie ewig zu machen! Um Erfolg zu haben, darf man weder das Unmögliche versuchen, noch sich vormachen, menschlichem Werk eine Festigkeit verleihen zu können, die menschlichen Dingen nicht eignet. Die politische Körperschaft beginnt so gut wie der menschliche Körper von Geburt an zu sterben und trägt die Keime ihrer Zerstörung in sich. Aber die eine wie der andere mehr oder wenige widerstandsfähige Verfassung haben, die geeignet ist, sie kürzer oder länger zu erhalten. Die Verfassung des Menschen ist ein Werk der Natur, die des Staates ein Werk der Kunst. Es hängt nicht von den Menschen ab, ihr Leben zu verlängern, es hängt aber von ihnen ab, das des Staates so weit zu verlängern wie möglich, indem sie ihm die denkbar beste Verfassung geben. Auch der am besten verfasste wird enden, aber später als andere, wenn nicht ein unvorhergesehenes Unglück seinen Untergang vor der Zeit herbeiführt."

 

 

 

 

 

10. Mein Ausblick für die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland

 

 

 

10.1 Die Schuldenfrage, der Prüfstein für die Demokratie

 

 

 

Die Art und Weise wie der Staat die Schuldenfrage löst oder nicht löst, wird entscheidend dafür sein, wie lange die Demokratie fortbestehen wird.

 

 

 

Nachdem ich weiß, dass Rom hauptsächlich untergegangen ist, weil es sein ausuferndes Staatsgebilde nicht mehr finanzieren konnte, versuche ich Parallelen zu ziehen. Marcus Aurelius hat zur Finanzierung des Staates Gegenstände des Hofes verkauft, selbst dies half nichts und in Rom war die Währung immerhin gedeckt durch Edelmetall. Jede Staatsführung hat panische Angst davor, dass ein Zusammenbruch des Geldsystems eine systemische Krise auslöst, die sich sehr schnell zu gewaltigen sozialen Spannungen aufschäumen kann.

 

 

 

Exakt zum Zeitpunkt der Erstschrift dieser Betrachtung (Oktober 2005) befand sich die Bundesrepublik Deutschland in der absurden Situation, dass sich der Staat fast genau in dem Ausmaß neu verschuldete (44 Milliarden Euro), wie er Zinsen (39 Milliarden Euro) zu zahlen hatte.

 

Hätte man nach einer Berechnung des Bundes der Steuerzahler zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Schulden mehr aufgenommen und wäre die öffentliche Hand gesetzlich verpflichtet worden, jeden Monat eine Milliarde Euro an Schulden zu tilgen, wären 122 Jahre nötig gewesen, um den Schuldenberg von ca. 1,4 Billionen Euro vollständig abzutragen.

 

 

 

Ein weiteres Berechnungsmodell ging zum Zeitpunkt Oktober 2005 davon aus, dass normal getilgt wird, ohne dass neue Schulden hinzukommen. Unter der Annahme einer realistischen Tilgungsrate von etwa nur einem halben Prozent, hätte es 630 Jahre gedauert, um die Schulden abzutragen.

 

 

 

Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, dass die Bundesrepublik eigentlich ein bankrotter Staat ist, der nur noch deshalb in der Gunst der Finanzwelt steht, weil er seine Zinsen bezahlt. Bereits schon mein Zwerchfell mit einem Lachanfall strapazierend ist nun die Tatsache, dass die Hoffnungen eines sich ständig weiter aufblähenden Europas, dessen Einzelstaaten zum Teil wesentlich weniger verschuldet sind, sich gerade auf die bankrotte Bundesrepublik Deutschland richten.

 

 

 

Immer dann, wenn das finanzpolitische Leck zu groß wird und das Schiff zu versinken droht, greift man in die Bürgerschatulle, da ist sich die Politikerspezies dann einig darin.

 

 

 

Als Beispiel seien etwa Diskussionen über die Erhöhung der Mehrwertsteuer genannt. Der Zugriff fällt umso schwerer aus, je geringer die Gefahr besteht, durch Maßnahmen bereits die Gefahr von Wählerverlusten für die nächste Wahl heraufzubeschwören. Diese Gefahr ist am geringsten bei großen Koalitionen. Partei A und umgekehrt Partei B kann dann immer argumentieren, die andere Partei habe ja mitgemacht.

 

 

 

Die Gunst der Stunde nutzt man dann zu einem besonders tiefen Griff.

 

Schlagartig erinnert mich das „demokratische" Tun und Treiben an die deutschen absolutistischen Territorialherren des 16. und 17. Jahrhunderts. Diese orientierten sich am spätantiken imperialen Herrscherbild und nutzten die Formeln des römischen Rechts (quod principi placuit, legis habet vigorem, Kaiser Justinian), also was der Herrscher befiehlt, hat Gesetzeskraft.

 

 

 

Die Abgeordneten treten in ihrer Gesamtheit dem Bürger gegenüber genauso auf, wie die altvorderen Herrscher, bezeichnenderweise etwa wie damals der französische Sonnenkönig mit seinem Ausspruch „L'Etat c'est moi - Der Staat bin ich".

 

 

 

Indes ist es unter Experten längst unstrittig, dass dies in einem finanziellen Armageddon enden wird. Etwas weniger blumig ausgedrückt behaupte ich, dass die derzeitige Entwicklung bereits den Keim der nächsten Währungsreform in sich trägt.

 

 

 

Diese Aussage erfolgte von mir Jahre vor der Finanzkrise des Jahres 2009 und der Schuldenkrise des Jahres 2010. Es ist schön, dass ich gerade diese Betrachtung fortführen kann. Im Jahre 2011 hat die oben benannte Bundeskanzlerin nun die reife Leistung auf die Füße gestellt, die noch im Jahre 2005 bestehenden 1,4 Billionen Schulden auf 2 Billionen zu erhöhen. Maßgebend dafür ist in erster Linie der sogenannte Rettungsschirm, der über Europa aufgespannt wurde, um die Finanzierung bankrotter Staaten, speziell Griechenland, sicherzustellen. Die Bundesrepublik trägt die Hauptlast mit 27 Prozent des Gesamttopfes.

 

Griechenland kam durch Papandreu durch nachgewiesene betrügerische Manipulationen bei den Beitrittsverhandlungen in die Europäische Union.

 

Es stellte sich im Jahre 2010 etwa heraus, dass in Griechenland eine geradezu aberwitzige öffentliche Beschäftigungsquote bestand. Die Gehälter waren dreimal höher als der Durchschnitt vergleichbarer Beschäftigter in manchen anderen EU-Ländern. Fast alle Griechen gingen in Frührente. Unverheiratete Töchter von Beamten konnten die Rente der Eltern erben. Eines bleibt unauslöschlich in meinem Gedächtnis. So wurde 2010 noch eine üppig ausgestattete Seeverwaltung finanziert, deren See aber bereits 1930 ausgetrocknet war. Darüber habe ich wirklich Tränen gelacht.

 

 

 

Die Bundeskanzlerin hat den Rettungsschirm für Betrügerstaaten groteskerweise als „alternativlos“ bezeichnet. Den eigenen Bürgern, die eigenen Kinder sozusagen, werden aber weiterhin die Zahlung des Solidaritätszuschlages anlässlich der Wiedervereinigung zugemutet. Den kommenden Steuergenerationen, unseren Kindern, wird die Rückzahlung des Rettungsschirms aufgebürdet, dessen Geld bei Betrügern versandet.

 

Das Lustigste besteht nun darin, dass der bundesrepublikanische Beitrag von nahezu 30 % zum sogenannten Rettungsschirm nicht aus einem tatsächlichen Einnahmeüberschuss geleistet wird, sondern nur in den Köpfen der Politiker generiert wird.

 

Explizit muss nämlich die Bundesrepublik selbst Schulden aufnehmen, die dann als Finanzcarepaket an die Betrügerstaaten und eine unverantwortlich handelnde Europäische Union weitergereicht werden.

 

 

 

Die Aberwitzigkeit zeigt sich dann, wenn wir die Situation dem Gesinnungswert des geleisteten Amtseides gegenüberstellen. Ist es das, was die Politiker darunter verstehen, Schaden von dem deutschen Volke abzuwenden und seinen Nutzen zu vermehren?

 

 

 

Den Nutzen zu vermehren steht dort, nicht den Schaden zu erhöhen. Genau das aber machen die Politiker.

 

 

 

Was sie wirklich machen, ist einfach ausgesagt. Sie handeln nach dem Prinzip Hoffnung, nämlich dass hoffentlich so lange nichts passiert, solange sie selbst am abkassieren sind.

 

 

 

Nun zurück zur Kernaussage. Der Prozess des Schuldenmachens hat sich durch alle Parteien und Koalitionen durchgefressen, wie eine Fleischmade, die auch 24 Stunden am Tag frisst.

 

Es war völlig egal, wie Maier oder Schulz gewählt haben. Keine Partei hat bisher etwas daran geändert und es verdichten sich keinerlei Anhaltspunkte zu der Annahme, dass dies in Zukunft möglich wäre.

 

Eine Schuldenverringerung hätte gravierende Einschnitte zur Folge, die sich keine Partei vorhalten lassen möchte, um bei der nächsten Wahl keine Wählerstimmen zu verlieren. Somit wird klar, dass es Politikern nicht um eine langfristige gesunde Entwicklung geht, sondern nur darum, sich und dem eigenen Klüngel die Macht zu erhalten.

 

Platon ließ Sokrates im Dialog „Gorgias“ zu Recht vom Politiker schreiben, der nur auf die eigenen Vorteile bedacht ist.

 

Hier spricht auch der Wille zur Macht, welchen Friedrich Wilhelm Nietzsche so treffend beschrieben hat.

 

Viel Zeit für eine Richtungsänderung haben wir nicht mehr. Wie bekannt wurde Rom im Jahre 410 von den Goten geplündert, vergleichsweise befinden wir uns etwa im Jahre 405

 

Die Uhr tickt.

 

 

 

10.2 Staatspolitische Betrachtung, ohne Plebiszit keine Zukunft

 

 

 

Die sich immer mehr verselbstständigende Demokratie mit ihrer unverkennbaren Tendenz zur Parteien- und Interesssensoligarchie arbeitet mit den schon seit Jahrtausenden bewährten Propagandawerkzeugen.

 

 

 

Dem Bürger wird Furcht und Angst - etwa vor Terroristen, Geldverfall - eingeflößt, er wird durch pausenloses mediales Trommelfeuer und schauspielerische Großtaten der politischen Führer weichgekocht. Danach ist er bereit, auf gewisse Freiheitsrechte zu verzichten, die der Leviathan dann einkassiert.

 

 

 

Der Leviathan ist jedoch schlau, nach der angeblichen Beseitigung der Gefahr, führt er die angewandte Gewalt in der Form der Beschneidung der Bürgerrechte jedoch nicht mehr zurück.

 

Dieses Verhalten ist dann der Ausgangspunkt für eine sich verändernde Gesellschaft, ich meine eine sich anbahnende schleichende Veränderung der Staatsform. Ich neige hier der Auffassung von Machiavelli zu, dass auch Demokratien dazu neigen, zu Ende zu gehen, leider.

 

 

 

Versinnbildlicht möchte ich die sich zur negativen Seite hin verändernde Demokratie dramaturgisch wie folgt darstellen:

 

 

 

Wir dürfen darüber besorgt sein, dass das uns bekannte bundesrepublikanische Staatsgebilde , das auf der Richterskala einer optimalen „polis“ ohnehin noch nie Höchstwerte erreicht hat hat, sich im Rückwärtsgang befindend, langsam zerbröselt.

 

 

 

Dieser Vorgang geschieht in so kleinen Schritten, dass es die Hornviehelemente des Volkes (Nietzsche in Jenseits von Gut und Böse) fast gar nicht wahrnehmen. Tyrannis ist geduldig, fast so wie die Zeit, sie kennt die Mechanismen der großen Zyklen, sie weiß, dass ihre Zeit kommt. Tyrannis ist noch behäbig, sie liegt in der Ecke und schläft, ein oder zweimal hat sie schon geblinzelt. Eines Tages wird sie gähnen, aufstehen und sich in einen Stuhl setzen und dort weiterwarten. Sie wird aber nicht nur warten, denn sie ist ein Beutejäger, den irgendwann der große Hunger überkommt. Dann will sie fressen und ihren Hunger wird sie mit der uns bisher bekannten Art der Demokratie stillen.

 

 

 

Dies wird geschehen, wenn wir dies zulassen, wenn wir nicht erkennen, dass im Wege einer natürlichen Gegenbewegung fundamentale Gefahren drohen. Es wird geschehen, wenn wir nichts dafür tun, dass der Patient möglichst alt wird. Es wird geschehen, wenn wir uns nicht immer vergegenwärtigen, dass die Demokratie das Ding ist, dessen Verteidigung und Weiterentwicklung lohnend ist.

 

Die Demokratie ist die freieste und verteidigungswerteste je gelebte Gesellschaftsform. Je weiter sich die Menschen in unserem abendländischen Kulturgebiet jedoch von den Zeiten des Absolutismus und der Diktatur entfernen, desto fahrlässiger gehen sie mit den wertvollen Errungenschaften der Demokratie um. Die lange Zeitdauer der „relativen" Demokratie hat die Instinkte eingeschläfert, bequem und gesättigt gemacht.

 

 

 

Mir scheint sie unbedingt erhaltenswert, sie ist aber renovierungsbedürftig.  Viel schlechtes Wetter und Stürme bekommen ihr nicht, dann fault sie. Gerade dies geschieht durch Folgelasten, die die Herrschenden vorsätzlich und nur im gnädigsten Falle fahrlässig den Folgegenerationen überbürden.

 

 

 

Für den Ausblick, wie es in unserem Kulturgebiet mit der Demokratie weitergeht, möchte ich deshalb die Geschichte bemühen. Eine Frage wäre etwa, ob in 150 Jahren die Menschen hier auch noch oder vielleicht schon wieder in einer Demokratie - in welcher Ausgestaltung auch immer- leben werden.

 

 

 

Im Kleinen habe ich zunächst keine Hoffnung, dass sich an der Moral der Regierenden etwas entscheidendes ändern wird. Die aristotelische Ansicht in der Nikomachischen Ethik, dass Ethik und Politik zusammengehören, scheint allenfalls noch tauglich als Stoff für eine Komödie.

 

 

 

Anfangs stellte ich fest, dass man nicht unter den Besten wählen kann. Damit meinte ich im Wesentlichen, dass die einzelnen Abgeordneten eben dem Machterhaltungsstreben hinterhertaumeln. Um loslassen zu können, müssten sie über eine Ausbildung verfügen.

 

 

 

Es kann nicht sein, dass vom Bürger in vielen Lebensbereichen Prüfungen und Sachkundenachweise verlangt werden, Politiker jedoch mit dem mächtigsten Spielzeug „Macht" spielen dürfen, ganz ohne Nachweise.

 

Sie sollten zumindest darüber informiert sein, wo die Demokratie herkommt und wie man mit Macht umgeht.

 

 

 

Unsere heutigen Politiker müssten auch erkennen, dass die Staatsform am nachhaltigsten und stabilsten ist, in der das Volk seine Interessen am besten vertreten sieht. Dies ist dann der Fall, wenn es möglichst viel selbst bestimmen kann.

 

Da es im Moment eben fast gar nichts selbst bestimmen kann, wird die Instabilität nur von der noch bestehenden Bequemlichkeit überdeckt.

 

 

 

Dies wird jäh enden, wenn das bereits wankende finanzielle Verteilsystem sein müdes Haupt zur Seite neigen wird, es dann nichts mehr zu verteilen gibt.

 

Um die Politik vom kurzfristigen egoistischen Denken wegzuführen, bleibt nur die Einführung großer plebiszitärer Anteile in die Verfassung, um wirkliche Volksabstimmungen zu ermöglichen und eine direkte Einbindung des Bürgerwillens in das gesellschaftliche Tun zu gewährleisten. Ohne eine solche Änderung ist keine Gesundung des politischen Bereitschaftspotentials des Bürgers möglich, die Entfremdung bleibt sonst Tagesordnung und wird zum tradierten Wert.

 

 

 

Ohne die Hinzufügung einer umfassenden plebiszitären Ingredienz ist die jetzige Form nicht überlebensfähig. Ich sage auch weshalb. Nämlich weil durch das schlechte Vorbild der Politik niemand mehr freiwillig bereit ist, dafür zu kämpfen!

 

 

 

Ich hoffe nicht, dass sich in meinem eigenen Lebenskreis die machiavellische oder platonisch-apokalyptische Prophetie, nämlich die Ablösung der Demokratie durch eine Anarchie bzw. Tyrannei, als Wahrheit erweisen wird.

 

 

 

Platon, Machiavelli und Rousseau werden möglicherweise langfristig Recht behalten. Um in der grammatikalischen Form Futur II zu schreiben, die Geschichte wird sich „eines Tages" wiederholt haben. Die empirischen Fakten der letzten zweieinhalbtausend Jahre sind für diese Annahme geradezu erdrückend.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rudi Kölmel im Oktober 2005 i.d.F. vom 10.07.2012

 

Demokratie, Versuch einer Demokratiekritik

 

1. Einleitende Gedanken

 

An dieser Stelle sei erinnert, wie sich Aristoteles die Staatslenker vorstellte. Er beschreibt in der Nikomachischen Ethik (NE) VIII,12 -1160a-1160b) in einem wahren König jemand, der nicht mehr auf seinen eigenen Nutzen schaut, sondern auf den der Untertanen.

Auch der englische Freiheitsdenker John Locke rät in „The second treatise of government”, 1689, XI / 142 und XIII, 158 den Herrschenden, die Besinnung darauf zu richten, dass das Wohl des Volkes das höchste Gesetz sein soll (salus populi suprema lex).

 

Ausgehend vom antiken und neuzeitlichen Demokratiebegriff, wonach sich die Lenker eines Staatswesens am Wohl ihrer Bürger orientieren sollen, möchte ich eine gedankliche Linie beschreiben, weshalb ich eine Geneigtheit zur Nichtwählerschaft verspüre. Per definitionem und ethymologisch handelt es sich bei der Hinterfragung des Wortes Demokratie um die Beschreibung eines Zustandes, wo das Volk herrscht. Ich beginne mich umzuschauen, zuerst zögerlich, fast ängstlich, dann immer dreister werdend, ähnlich dem gerade aus der Blindheit erwachten kleinen Piepmatz im Spatzennest und was sehe ich?

 

Nach Artikel 20 Abs. 2 Satz 1des Grundgesetzes müsste eigentlich alle Staatsgewalt vom Volke ausgehen, die nach Satz 2 dann auch in Wahlen erfolgt. Diese verfassungsrechtliche Konstruktion hätte ein Zeitgenosse vor der französischen Revolution wohl als den Endpunkt des Erstrebenswerten angesehen. Nach dem dies in unserer Verfassung heute so unspektakulär enthalten ist, dürfte ich als kleinstes Teil des Volkssouveräns eigentlich dann doch wohl auch das Gefühl haben, an der Ausübung von Staatsgewalt beteiligt zu sein.

 

Sehe ich etwa eine Volksherrschaft, nein, natürlich nicht! Ich habe auch nicht das Gefühl, an der Ausübung von Staatsgewalt beteiligt zu sein.

 

Wo herrscht es denn, das Volk? Diese Antwort habe ich mir nicht leicht gemacht und ich muss dazu weiter ausholen.

 

2. Wo kommt die Demokratie her

 

Um Schieflagen zu erkennen, muss man zuerst eine Betrachtung der Demokratie an sich machen. Hierbei ist auch interessant, weshalb sich Menschen überhaupt in eine Gesellschaft begeben und ob und wie sich auch eine Demokratie verändern kann.

Wo kommt sie eigentlich her, dieses in unserem Kulturgebiet eigentlich noch recht junge Wesen, ja ich möchte dem Gebilde „Demokratie = Demos" durchaus eine Wesenheit zuschreiben. Ihr Ursprung liegt in der griechischen „polis", den damaligen Stadtstaaten.

 

2.1 Platon, Politeia, 8. Buch

 

Nun, angedacht hat sie schon Platon im 8. Buch Politeia „Der Staat", dabei hat er sie als 3. Verfallsform (=Krankheit) hinter Timokratie (Herrschaft Weniger) und Oligarchie (Herrschaft der Reichen und gerade mal einen Platz vor der Tyrannis (Tyrannei) beschrieben. In dieser Betrachtung diskutiert er ausführlich den Übergang der 4 von ihm erkannten einzelnen Staatsformen in die nächste, insbesondere auch die Charaktere der darin lebenden Individuen.

 

Er bezeichnet die Freiheit als allererste Eigenschaft, insbesondere die volle Redefreiheit.

 

Er sah in der Demokratie aber auch absolute Zügellosigkeit und Buntscheckigkeit. Die Demokratie sei dazu angetan, durch Lügen und neumodische Grundsätze die Menschen von Tugenden zu leeren und zu säubern. Über diese Gedanken kommt er schließlich zum Schluss, dass aus der Demokratie die Tyrannis entsteht.

 

Die rädelsführenden Volksführer würden die Reichen berauben, den größten Teil behalten und den Rest dem niederen Volk der dritten Klasse verteilen. Nachdem sich die Reichen zur Wehr setzen, würde das niedere Volk einen Volksanwalt benennen, der immer mächtiger würde und alle Aufrechten, die sich gegen ihn stellen, aus dem Weg räumt. Dieser wird immer unangreifbarer. Je verhasster er wird, desto mehr Leibwächter und Militär benötigt er. Schleichend wird er so zum Tyrannen.

 

Platons Sicht der Demokratie korrespondiert aber nicht mit unserem heutigen landläufigen Demokratiebegriff.. Mit Freiheit meint Platon -wie bereits erwähnt, einen Prozess, der von der Liberalität zu Zügellosigkeit führt.

 

Weder er noch Aristoteles verbinden mit dem antiken Demokratiebegriff auch die Wahrung der Menschwürde. Das Bestehen der Sklaverei wurde von beiden nie in Frage gestellt. Es war in der damaligen hellenistischen Denkwelt, auch soweit Demokratie geherrscht haben mag, immer Konsens, dass Sklaverei notwendig ist. Das war auch später in Rom, etwa bei Markus Aurelius, nicht anders. Das müssen wir uns immer vergegenwärtigen.

 

Letztlich werden noch Fragen nach der Finanzierung des Machtapparates gestellt. Das Volk werde dem einstigen Volksanwalt dann auch vorwerfen, es habe ihn nicht erzeugt und gehoben, damit es (das Volk) dann, wenn er groß geworden, sein und seiner Sklaven Sklave werde und ihn sowie seine Sklaven nebst anderem Gesindel, ernähren müsse. Die Forderung an ihn, zu gehen, werde er mit Gewalt begegnen. Dann -so führte Platon aus- würde dem Volk die Augen aufgehen, was für ein Früchtchen es geherzt und großgezogen hat.

 

2.2 Aristoteles

 

2.2.1 Aristoteles „Nikomachische Ethik“, Kapitel 1 und 10 

 

Nachfolgend entnehmen wir Aristoteles, wie er sich die Demokratie vorstellt, er hat sich hierzu in der Nikomachischen Ethik (NE) und in Politika verewigt.

Ich finde, er hat im Gegensatz zu Platon eine wesentliche positivere Einstellung zur Demokratie, wenngleich sie mir aber auch für damalige Verhältnisse eher einem etwas realtitätsabgewandten Wunschdenken entsprach, soweit er im ersten Buch NE Kapitel 1 (1094a-1094b) die Ziele der politischen Wissenschaft als das Gute und Edle für den Menschen bezeichnet und im zweiten Buch Kapitel 10 ( (1099b-1100a) die Hinführung des Bürgers zu Tugenden als das hohe Ziel der politischen Kunst darstellte.

Weder er noch irgendein anderer hat die Verwirklichung dieser Ideale wohl bis zum heutigen Tage erlebt.

Ich sehe bei unseren heutigen Politikern überhaupt keine Tugenden, womit auch keine Hinführung des Bürgers zu Tugenden möglich ist.

 

2.2.2  Aristoteles Politica VI, 2,1317    

 

Text:

 

„Grundlage der demokratischen Staatsform ist die Freiheit. Man pflegt nämlich zu behaupten, dass die Menschen nur in dieser Staatsform an der Freiheit teilhaben, und erklärt, dass danach jede Demokratie strebe. Zur Freiheit gehört aber erstens, dass man abwechselnd regiert und regiert wird. Denn die demokratische Gerechtigkeit besteht darin, dass man nicht der Würde, sondern der Zahl nach die Gleichheit walten lässt, wo diese Gerechtigkeit herrscht, da muss die Menge Herr sein, und was die Mehrzahl billigt, das muss das Gültige und das Gerechte sein. Man sagt nämlich, es sei gerecht, dass jeder Bürger das Gleiche habe. So sind denn in den Demokratien die Armen mächtiger als die Reichen. Denn sie sind zahlreicher, und maßgebend ist die Meinung der Mehrzahl. Dies also ist das eine Zeichen der Demokratie, das alle Demokraten als Wesenszug dieser Verfassung angeben. Ein anderes ist, dass man leben kann, wie man will. Sie sagen, eben dies sei die Leistung der Demokratie; denn nicht zu leben, wie man wolle, sei charakteristisch für Sklaven. Dies also ist die zweite Eigenschaft der Demokratie. Von da her kommt denn, dass man sich nicht regieren läßt, am besten von überhaupt niemandem, oder dann doch nur abwechslungsweise. Auch dies trägt also zur Freiheit im Sinne der Gleichheit bei.


Da nun dies vorausgesetzt wird und dies die Regierungsform ist, so ergibt sich das Folgende als demokratisch: Alle Ämter werden aus allen besetzt, alle herrschen über jeden und jeder abwechslungsweise über alle. Ferner werden die Ämter durchs Los besetzt, entweder alle oder doch jene, die nicht der Erfahrung und Kenntnisse bedürfen. Von der Vermögenseinschätzung hängen die Ämter entweder überhaupt nicht oder nur zu einem minimalen Grade ab. Keiner darf ein Amt zweimal bekleiden, oder nur wenige Male oder in wenigen Fällen, abgesehen von den Kriegsämtern. Die Ämter sind alle kurzfristig, oder doch alle, bei denen es möglich ist. Richter sind alle und können aus allen entnommen werden und richten über alles oder doch über das Meiste, Größte und Bedeutendste, wie über Rechenschaftsablagen, Verfassungsfragen und Privatverträge.

Die Volksversammlung entscheidet über alles oder doch das Wichtigste, die Behörden dagegen über nichts oder nur ganz weniges. Von den Behörden ist der Rat das demokratischste, dort jedenfalls, wo nicht reichliches Taggeld für jeden zur Verfügung steht. Wo aber dies der Fall ist, da werden auch dieser Behörde die Kompetenzen entzogen. Denn wo eine Volksversammlung in der Lage ist, reichliche Taggelder zu geben, da zieht sie alle Entscheidungen an sich, wie wir schon in der vorangehenden Untersuchung gesagt haben. Ferner werden Taggelder gewährt für alles, wenn möglich (für Volksversammlung, Gerichte, Behörden), oder doch wenigstens für Behörden, Gerichte, Rat und die wichtigen Volksversammlungen oder doch diejenigen Behörden, die zusammen zu speisen haben.


Wenn ferner die Oligarchie durch Adel, Reichtum, und Bildung charakterisiert wird, so scheint die Demokratie von alledem das Gegenteil zu sein, Unadligkeit, Armut, Unbildung. Bei den Ämtern gilt, dass keines lebenslänglich sein darf. Bleibt aber ein solches aus einem früheren Zustand übrig, so wird seine Kompetenz beschränkt und aus der Wahl eine Auslosung gemacht.
Dies sind also die gemeinsamen Eigenschaften aller Demokratien. Aus der Gerechtigkeit, die anerkanntermaßen als demokratisch gilt (nämlich dass alle der Zahl nach dasselbe haben), entspringt eben jene Verfassung, die am meisten demokratisch und volkstümlich zu sein scheint. Denn die Gleichheit besteht darin, dass Arme und Reiche in gleicher Weise regieren, dass nicht Einzelne allein entscheiden, sondern alle gleichmäßig ihrer Zahl nach. So - meint man wohl - sei für die Verfassung die Gleichheit und Freiheit garantiert."

 

In der Einordnung der Demokratie in die verschiedenen Staatsformen ist Aristoteles in NE VIII, 12 -1160a-1160b) jedoch nur wenig gnädiger als Platon. Er sieht 6 Staatsformen, drei positive Formen (Monarchie, Aristokratie und Timokratie) und diesen jeweils entgegenstehende negative Ausartungen oder Zerstörungen (Tyrannis, Oligarchie und Demokratie). Immerhin beschreibt er die Demokratie als die beste der schlechten Formen:

 

„Aus der Timokratie geht es über in die Demokratie; denn diese sind einander benachbart. Auch die Timokratie will eine Herrschaft der Menge sein, und alle, die derselben Vermögensklasse angehören sind gleich. Am wenigsten schlecht ist die Demokratie, weil da die Entartung der Staatsform die geringste ist."

 

2.3 Machiavelli, Diskorsi

 

Machiavelli beschäftigte sich im I. Buch 2. Kapitel von „Diskorsi" ebenfalls ausführlich mit dem Übergang der Staatsformen in eine andere Staatsform.

 

 

2.4 John Locke, „The second treatise of government”, 1689

 

Lockes Werk „The second treatise of government”, wird hinlänglich etwas überschätzt, da die darin aufgestellten Forderungen zum Erscheinungsdatum im Jahre 1689 die Zugeständnisse gegenüber der englischen Revolution von 1688 (Bill of Rights) bereits enthielten.

Seine Gedanken wirken aber in dem Geschehen nach, wie gewählte Vertreter in der Bundesrepublik Deutschland ihre Bürger ab der Einführung des Euro einer supranationalen Institution (EU) ausliefern, ohne sich dies demokratisch legitimieren zu lassen.

Einschränkend möchte ich aber erwähnen, dass man Lockes „Gewaltenteilungsideen“ nicht an heutigen Maßstäben messen darf. Er sah zwar schon ein Wahlrecht, jedoch eines, welches sich an den Leistungen des Einzelnen orientiert. Also, wer am meisten bezahlt, hat auch am meisten zu sagen. Im Hinblick auf die von Locke angestrebten übergeordneten Ziele wird man dies aber im Kontext der damaligen Zeit etwas gnädiger beurteilen dürfen.

 

2.4.1 Die vollkommene Demokratie

 

Locke beschreibt in Abschnitt X. von „The second treatise of government“ den Zustand der vollkommenen Demokratie, in dem die Mehrheit bestimmt.

Eine nicht mehr ganz so vollkommene Form sah er darin, wenn das Volk die Gewalt, Gesetze zu geben, in die Hände „einiger ausgewählter Männer“ legt (Nr. 132 Satz 3). Unter der heutigen Begriffsauslegung würde man von dabei von einer repräsentativen oder parlamentarischen Demokratie sprechen, soweit man etwa den deutschen Bundestag mit mehreren Hundert Abgeordneten zur vergleichenden Betrachtung heranzieht. Hier verblüfft Locke durch die Aktualität in Bezug auf die heutige Demokratiekritik. Er sieht nämlich ein politisches System, in dem das Volk die gesetzgebende Gewalt in die Hände „einiger Personen“ gelegt hat, als Oligarchie an, mithin also eine Herrschaft Weniger (Nr. 132 Satz 4).

Aus der Sicht Lockes wäre also die parlamentarische Demokratie der Bundesrepublik Deutschland in der Ausformung der Herrschaft „weniger Männer“ mithin keine vollkommene Demokratie, sondern eine Oligarchie. Die heutige Schweiz würde dem von ihm bezeichneten Modell einer vollkommenen Demokratie wohl am ehesten entsprechen, meinem übrigens auch.

 

„The second treatise of government“ Reclam „Über die Regierung“ 1974, 99; Abschnitt X. Die Staatsformen Nr. 132:

 

„Wie schon gezeigt worden ist, liegt bei der ersten Vereinigung der Menschen zu einer Gesellschaft naturgemäß die gesamte Gewalt der Gemeinschaft in der Mehrheit. Sie kann diese ganze Gewalt anwenden, um der Gemeinschaft die von Zeit zu Zeit erforderlichen Gesetze zu geben, und diese Gesetze durch Beamte vollstrecken zu lassen, die von ihr selbst ernannt werden. In diesem Fall ist die Regierungsform eine vollkommene Demokratie.

Sie kann aber auch die Gewalt, Gesetze zu geben, in die Hände einiger ausgewählter Männer und deren Erben oder Nachfolger legen, und dann ist sie eine Oligarchie, oder aber in die Hände eines einzigen Mannes, und dann handelt es sich um eine Monarchie.“

    

2.4.2 Die Grenzen der Legislative nach Locke und das heutige Deutschland

 

Ich schwanke zwischen tiefer Nachdenklichkeit und Bestürzung, wenn ich mir anschaue, wie in der Zeit des Absolutismus ein britischer Freiheitsdenker die Grenzen der Legislative und Regierung sah und wie die Politik in der Bundesrepublik Deutschland Hunderte Jahre später angesichts des hypertrophen Europawahns den lock`schen Grundgedanken in den Dreck gezogen hat.

Die Einzelstaaten der Europäischen Union werden heutzutage von einer außer Rand und Band geratenen europäischen Politik, europäischen Gesetzgebung und europäischen Rechtsprechung regiert, ohne dass dies durch eine nennenswerte Identifikation durch die Bürger hinterlegt wäre.

Wie konnte es aber dazu kommen? Wurde ich als Souverän gefragt, ob ich mit meinen Steuerleistungen Exzesse bei Wahlgeschenken in anderen europäischen Staaten mitfinanzieren will?

Unsere „Volksvertreter“ hätten sich Locke als Vorbild nehmen können. Er sah es als völlig unmöglich an, dass Gesetze plötzlich von anderen als den durch das Volk bestimmten Institutionen geschaffen werden.

 

In der Bundesrepublik Deutschland ist dies aber leider so. Die legislative Authentizität wurde ohne jegliche Legitimation des Volkes einfach in Richtung Europainstitutionen weitergereicht.

John Lockes damals als Mahnung ausgesprochene Gedanken warfen ihre Schatten voraus, haben jedoch die im Vierjahresrythmus abgenickten „Volksvertreter“ in der heutigen Bundesrepublik Deutschland nie erreicht.

 

Locke hat von diesen Figuren wahrscheinlich fast keiner gelesen. Es kommt aber noch schlimmer, denn die Zerstörung der Grundsätze der Gewaltenteilung wird dadurch noch mehr pervertiert, soweit die EU-Kommission als Exekutivorgan Vorschriften erlässt, die eigentlich einer Konstituierung durch die Legislative bedürften.

 

Nach Lockes Ansicht ist eine der Grenzen der legislativen Gewalt die, dass Gesetze auf kein anderes Ziel als das Wohl des Volkes gerichtet sein dürfen (Nr. 142). Es ist klar und bedarf an für sich keiner weiteren Erörterung, dass ein paar Hundert Figuren Entscheidungen von derart evidenter Bedeutung erst dann treffen sollten, wenn das Volk hierzu befragt wurde. Dies geschah in anderen europäischen Ländern etwa in Irland oder Norwegen. Die norwegischen Bürger haben zweimal abgelehnt und dabei blieb es dann auch.

Die nahestehende Frage ist damit die, weshalb dies gerade in einem Staat möglich war und noch ist, dessen Repräsentanten angeblich ach so viel Wert auf die Rechte des Bürgers legen.

 

Locke beschreibt in Nr. 141 Abschnitt XI. „The second treatise of government“ Reclam „Über die Regierung“ 1974, das Ausmaß der gesetzgebenden Gewalt:

 

„141 Zum vierten kann die Legislative die Gewalt, Gesetze zu geben, nicht in andere Hände legen. Da diese Gewalt ihnen vom Volk übertragen wurde, können sie diejenigen, die sie innehaben, auch nicht an andere weitergeben. Einzig das Volk kann die Staatsform bestimmen. Es geschieht dies aber durch die Konstituierung der Legislative, indem man bestimmt, in wessen Händen sie liegen soll. Wenn das Volk gesagt hat: <Wir wollen uns Regeln unterwerfen und von Gesetzen regiert werden, die von den und den Männern und in der und der Form geschaffen wurden>, so kann niemand sonst erklären, andere Männer sollten ihnen Gesetze geben. Da die Gewalt der Legislative in der positiven freiwilligen Machtverleihung und Einsetzung des Volkes gründet, kann sie auch keine andere sein, als durch diese positive Machtverleihung vermittelt wurde. Und das war lediglich, Gesetze zu geben, nicht aber Gesetzgeber zu schaffen - die Legislative kann also keinerlei Macht haben, ihre Gesetzgebungsgewalt zu übertragen und in andere Hände zulegen.“

 

Locke wiederholt dies bei der Aufzählung der Grenzen der Legislative in Nr. 142

 

„Zum Vierten darf und kann die Legislative die Gewalt, Gesetze zu geben, nicht auf irgend jemand anders übertragen, und sie kann sie nirgendwo anders hinlegen als dort, wohin sie das Volk gelegt hat“.

 

 

3. Wer sind denn die Politiker

 

 

Wir dürfen wählen gehen. Im Vordergrund steht also das „Dürfen, Können". Meine nächste Frage ist aber, wen oder was und weshalb wählen die Bürger da eigentlich?

 

Bei näherem Hinsehen stelle ich nämlich fest, dass eigentlich die Parteien entscheiden, wer ins Parlament einzieht. Das sind möglicherweise Personen, die nicht die Besten sind oder sein müssen, sondern die dem Parteiziel am Nützlichsten. Die Parteien haben nämlich ihre eigenen Regeln zur Nominierung, damit wird also fern der Wahlen parteiintern entschieden.

 

Die erste Krankheit des Wahlmodells sind die Nominierungen in den „Wahlhochburgen", in denen die Parteien Direktkandidaten (sogenannte Direktmandate) bestellen können.

 

Die zweite Krankheit besteht darin, dass sogar spätere Verlierer der angestrebten Direktmandate über Parteilistenplätze in das Parlament kommen können.

 

Keine dritte Krankheit, sondern einfach nur eine Karikatur ist die Tatsache, dass die meisten Mitglieder der Wahlherde hiervon gar nichts wissen. Nichts davon wissen, dass so ein nicht unbeträchtlicher Teil der Abgeordnetenplätze vergeben wird. Geradezu aberwitzig erweist sich die dem Bürger vorgegaukelte Wahlmündigkeit bei der Vergabe der Plätze für die Institutionen der Europäischen Union, dem sogenannten Europaparlament. Da stehen sogar alle Abgeordneten auf den starren Listen der Parteien, der Bürger hat auf deren Zusammensetzung nicht den geringsten Einfluss.

 

Zusammenfassend stelle ich mal vorläufig fest, dass ich nicht unter den Besten wählen kann, sondern das an laues Spülwasser erinnernde Gefühl haben muss, nur noch unter denen wählen zu können, die im Rüttelsieb des Parteisoldatentums hängen geblieben sind. Die echten und somit die wahren Wahlen, sind die parteiinternen, dem Bürger verborgenen Vorwahlen. Selbst auf diese Vorwahlen haben die eigenen normalen Parteimitglieder nur begrenzten Einfluss, weil dies der Parteiennomenklatura, etwa ab Delegiertenebene, vorbehalten ist.

 

 

4. Politiker vertreten in der Regel keine Bürgerinteressen, sondern in erster Linie Parteiinteressen und eigene Interessen. Mit der Wahlstimme wird nichts Wesentliches mitbestimmt

 

Dem Bürger wird die Illusion vermittelt, mit seiner freien Wahlentscheidung könne er etwas bewirken und die Regierung würde

sich dann für die Interessen der Bürger einsetzen.

 

Dies ist jedoch eine Illusion, genauso wie der freie Wille. Spätestens seit Schopenhauer, Freud und der modernen Neurologie wissen wir, dass der Wille eben nicht frei ist.

 

Die Abgeordneten sind jedenfalls noch viel weniger frei als die sie wählenden Bürger.

 

Stehen Sie in Amt und Würden, sollten sie eigentlich nur, wie es der Artikel 38 des Grundgesetzes vorschreibt, ihrem Gewissen unterworfen sein, tatsächlich unterliegen sie aber in der Regel dem sogenannten „Fraktionszwang".

 

Der Fraktionszwang ist im Gegensatz zum verfassungsrechtlich verankerten freien Mandat nirgends festgeschrieben, dennoch ist er das eigentliche Instrument im Machtspiel. Der Fraktionszwang schwebt über unseren Abgeordneten wie ein Damoklesschwert. Abgeordnete, die vielleicht mal wirklich von der Parteimeinung abweichen würden, müssen immer befürchten, bei der nächsten Wahl mit keinen Listenplätzen mehr bedacht zu werden. Zur Stärkung der Unabhängigkeit denken die Parteien jedoch nicht daran, am Wahlverfahren etwas zu ändern, würden sie dann ja Macht an die eigenen Parteimitglieder abgeben müssen. Dies ist wiederum der gelebte Wille zur Macht (Nietzsche, Schopenhauer), die Äußerungsform einer Repressionsmaschinerie.

 

Der Abgeordnete unterwirft sich diesem Spiel aus Gründen, die ich noch beschreiben werde. Ich sehe dies so, dass die Parteien den Spielplatz für die Abgeordneten abstecken.

 

Der Abgeordnete weiß genau, wann er gegenüber der Partei den Kopf zu beugen hat, dafür darf er sich dann auf seiner Spielwiese tummeln und sich seinen Privatgeschäftchen zuwenden.

 

Soweit er sich darüber hinaus eine Zeitschneise freibrechen kann, wird er versuchen, mit seinem Tun eine angenehme Außenwirkung zu erzeugen, sich für die Bürger mit dem Schein zu versehen, er sei nur für sie da. Hierzu bedient er sich der Medien. Die Medien zeichnen sich ebenfalls durch politische Einfärbungen aus, so dass die Glorifizierung der einzelnen Parteien je nach gerade aktueller Bettgenossenschaft erfolgt.

 

Die Hingabe der großen Herde an den Irrglauben, Politiker seien einzig und allein darauf bedacht, Herdeninteressen zu vertreten, korrespondiert auch mit der Tendenz zum Leichtmachen und zur Bequemlichkeit. Das „Leichtmachen" ist ebenfalls ganz eindeutig eine anthropologische Wesensart des Menschen, die ihren Ursprung in der Erfindung des Speers als Verlängerung des Arms hat.

 

Der Bürger macht es zunächst einmal leicht, einen Vertreter benennen zu können, der ja ihn, den Bürger „da oben" vertritt. Hierzu gibt es Parteien, eine für die Bequemlichkeit praktische Erfindung. Es muss ab der Erfindung der Parteien nicht mehr jeder alles selbst machen. Man wählt Leute, die etwas erledigen. Unter Begutachtung ihrer mehr oder weniger erbrachten Leistung „darf" das Herdentier nach Ablauf einer Amtszeit zur Selbstbestätigung seiner Wichtigkeit diese Leute dann wiederwählen oder abwählen.

 

Ich habe aber nicht den Eindruck, dass das Volk Parteien wählt, sondern dass eine omnipotente Parteienlandschaft am vierjährig stattfindenden Backtag lediglich den Kuchen neu verteilt.

 

Man erkennt dies ganz einfach am Grad der Entfremdung. Während in kleineren Soziteten der Bezug zum örtlichen Gemeinderat noch gegeben sein mag, reißt dies bereits bei der Landtagsebene abrupt ab.

 

Welcher Bürger hat sich schon in einer persönlichen Sache an die für ihn zuständigen Parlamentarier auf Landesebene herangetraut oder hat es für notwendig gefunden, etwas klären zu lassen. Noch weiter entfernt sind die Bundestagsabgeordneten. Mit den Strukturen des Europa will der Bürger überhaupt nichts zu tun haben, fast niemand kennt die für ihn zuständigen Abgeordneten oder etwa die tragenden europäischen Institutionen. Es ist auch nicht eine Frage der besseren Aufklärungsarbeit, die Menschen wollen einfach nichts damit zu tun haben.

 

Die Bürger in der Bundesrepublik Deutschland bringen den Begriff Europa nur mit Geldverschwendung in Zusammenhang.

 

5. Lügen, Betrügen und Selbstbereicherung in der Geschichte,

die Steilvorlage für unsere heutigen Politiker

 

5.1. Platon

 

5.1.1. Platon, Politeia, „Der Staat, 3. Buch“ - Nur der Staat darf lügen

 

Platon hat in seiner Schrift „politeia" -Der Staat- im 3. Buch neben der

Zensur nämlich auch die Lüge legalisiert, aber nur von Seiten des Staates:

 

„Wenn also irgend jemandem, so kommt es der Regierung des Gemeinwesens zu, der Feinde oder der Bürger wegen zu lügen zum Vorteil des Gemeinwesens, die andern alle aber dürfen sich damit nicht befassen"

 

5.1. 2 Platon, Politeia, „Der Staat, 5. Buch“ - Der Staat darf fälschen

 

Da Platon schon mal dabei war, hat er neben seiner ersten Verfehlung noch nebenbei im 5. Buch den staatlichen Betrug legitimiert, er hat nämlich staatlicherseits die Fälschung von Losen befürwortet.

 

5.1.3 Platon, „Gorgias“

 

Dem Grunde nach handelt es sich beim Dialog Gorgias um ein Gespräch zwischen Sokrates und den Sophisten (Rednern, Lehrern) Kallikles, Chairephon, Gorgias und Polos. Dabei findet sich eine verblüffende Gleichartigkeit zwischen den damaligen Redekünstlern und unseren heutigen Politikern. Daraus ist ein faszinierender Zeitschlag zu erkennen von Platon bis Machiavelli. Der besseren Verständlichkeit wegen, versehe ich die einzelnen Betrachtungen mit eigenen Überschriften. Platon meint im Dialog Gorgias mit der Erwähnung von den Rednern gleichbedeutend auch Politiker.

 

5.1.3.1 Redner vor dem großen Haufen brauchen nur einen Glauben auslösen

 

„Sokrates: Der Redner versteht es also nicht etwa, die Gerichte und andere Versammlungen zu belehren über Recht und Unrecht, sondern nur ihnen Glauben beizubringen. Denn eine so große Masse könnte er wohl auch schwerlich in so kurzer Zeit über so wichtige Dinge belehren.“

Gorgias: Gewiß nicht.

 

5.1.3.2 Von der Sache braucht man nichts zu verstehen, nur gut reden muss man können

 

Sokrates: Der Unkundige wird also vor Unkundigen überzeugender sein als der Sachverständige, wenn es der Redner mehr als der Arzt sein soll. Das ist doch die Folge; oder nicht?

Gorgias: Ja, das folgt daraus.

Sokrates: Auch im Verhältnis zu allen übrigen Künsten steht es mit dem Redner und der Rhetorik geradeso: Die Dinge selbst braucht sie nicht zu kennen nach ihrem Wesen, aber ein Mittel der Überredung muß sie gefunden haben, um den Unkundigen gegenüber den Schein zu erwecken, als verstehe man mehr davon als die Sachverständigen.

Gorgias: Ist das nicht eine große Erleichterung, lieber Sokrates, daß man die übrigen Künste nicht zu erlernen braucht, sondern nur diese eine, um hinter den Sachverständigen nicht zurückzustehen?

 

5.1.3.3 Redner / Politiker richten sich nur wegen eigener Vorteile an das Volk

 

Platon hat im Vorwurf an die Sophisten die sogenannte „Volksverdummung“. angesprochen und meint, die Redner / Politiker würden mit dem Volk wie mit Kindern umgehen. Daran hat sich bis heute nichts geändert.

Sie wenden sich an das Volk, reden ihm schön zu und erhöhen im Gegenzug ihre Macht, um in der nächsten Stufe der Selbstbereichung die eigenen Taschen zu füllen. Dies jedenfalls trägt Sokrates an Kallikles heran. Kallikles stimmt zu, meint aber, dass es auch bei den Rednern solche geben kann, die sich auch um das Wohl der Bürger kümmern. Auf eine weitere Frage von Sokrates, wie viele redliche Redner er denn kenne, konnte er keinen einzigen Namen benennen.

 

„Sokrates: Gut. Wie steht es uns nun mit der Redekunst, die vor dem Volke der Athener und in den anderen Staaten freier Männer geübt wird? Richten sich die Redner immer nach dem Besten in ihrem Vortrag und streben sie nur danach, dass die Bürger so gut wie möglich werden durch ihre Reden, oder gehen auch diese nur auf Erregung des Wohlgefallens bei ihren Mitbürgern aus, vernachlässigen um des eigenen Vorteils willen das Interesse des Staates, gehen mit dem Volke um wie mit Kindern und suchen nur ihr Gefallen zu erregen, ohne sich darum zu kümmern, ob sie dadurch besser oder schlechter werden müssen?

Kallikles: Die Frage ist nicht mehr so einfach: denn es gibt Redner, die alles nur in wirklicher Sorge für das Wohl der Bürger reden, aber auch andere, wie du sie bezeichnest.

Sokrates: Das genügt schon. Denn wenn dies zwiefacher Art ist, so würde doch wohl das eine Schmeichelei und häßliche Volksrednerei sein, und das andere etwas Schönes, das Streben nämlich, die Seelen der Bürger so gut wie möglich zu machen, und die Entschiedenheit im Vortrag des Besten, mag es nun den Zuhörern angenehm oder unangenehm sein. Doch diese Art der Rede hast du noch nicht erlebt. Oder wenn du einen solchen Redner zu nennen weißt, warum hast du mir seinen Namen nicht angegeben?

Kallikles: Ja, beim Zeus, unter den jetzigen Rednern weiß ich dir keinen zu nennen.“

 

5.2 Machiavelli, (1469-1527), „Il principe, Kapitel 18“, Der Fürst

 

 

Noch wesentlich intensiver hat sich in der Renaissance der italienische Schriftsteller und Staatsphilosoph Machiavelli mit den Strukturen des staatlichen Machterhalts beschäftigt. Er untersuchte in zwei Werken die Fürstenherrschaften (Il Principe) und die Republiken (Discorsi).

Kritiker warfen ihm vor, Handbücher für Tyrannen und Despoten geschrieben zu haben, hieraus entstand dann der Begriff des Machiavellismus. Reduktionisten verflachten seine Lehre als Empfehlung zur Täuschung des Volkes. Seine staatstheoretischen Überlegungen der Macht waren wohl auch Grundlage für Nietzsches Werk „Wille zur Macht", der sich von Machiavelli stark inspiriert fühlte.

 

Machiavelli beschreibt in Kapitel 18 des 1532 erschienenen Werkes "Il principe -Der Fürst-" unter der Überschrift „Inwieweit Herrscher ihr Wort halten sollen“, den politisch Herrschenden die obersten zum Erfolg führenden Maximen.

 

Oberste Maxime der politisch Handelnden sei, alles zu unternehmen, was dem Erfolg dient. Insbesondere solle der Fürst zu Zwecken des Machterhalts bei Bedarf lügen, seine Versprechen brechen und listig sein. Ferner rät er dem Fürsten, er solle gegenüber dem Volk in seinen Reden immer den Anschein erwecken, gütig, treu, menschlich, redlich und insbesondere religiös zu sein. Nur wenige würden erkennen, wie er wirklich ist, würden aber der Minderzahl wegen nichts unternehmen. Grundsätzlich solle er gut handeln, müsse aber sofort übel handeln, sollte Gefahr auf ihn zukommen. Dies werde dann hingenommen, da am Ende nur der Erfolg zählen würde, das war der machiavellische Rationalismus.

 

Machiavelli, hier auch ein Vorläufer von Hobbes, geht von einem pessimistischen Menschenbild aus. Er legt seiner Auffassung zugrunde, dass alle Menschen böse und schlecht seien und ihre Versprechen auch nicht halten würden, deshalb dürfe auch der Fürst wortbrüchig werden und über seine wahren Absichten täuschen.

Damit hat Machiavelli aber gleichzeitig die Grundlage für seine Diffamierung gelegt, die sich - auch lange nach seinem Tode - gegen ihn richten sollte. Dabei hat er doch nur diejenigen Handlungsweisen beschrieben, die von den damaligen Herrschern und auch von den heutigen Politikern als Grundlage ihres Tuns herangezogen werden. Diese Ehrlichkeit schätze ich an Machiavelli, man kann ihm keine Heuchelei vorwerfen.

 

Auszug aus Kapitel 18 „Il principe", Kröner, 6. Auflg, 1978

 

„Ihr müsst euch nämlich darüber im klaren sein, dass es zweierlei Arten der Auseinandersetzung gibt:

die mit Hilfe des Rechts und die mit Gewalt. Die erstere entspricht dem Menschen, die letztere den Tieren. Da die erstere oft nicht zum Ziele führt, ist es nötig, zur zweiten zu greifen. Deshalb muss ein Herrscher gut verstehen, die Natur des Tieres und des Menschen anzunehmen. Dies haben die Schriftsteller des Altertums den Herrschern mit versteckten Worten empfohlen, in dem sie berichten, dass Achill und viele andere Herrscher der Vorzeit dem Chiron zur Erziehung übergeben worden seien, der sie unter seiner Zucht halten sollte.

Dass ein Herrscher ein Wesen halb Tier, halb Mensch zum Lehrer erhält, soll nichts anderes bedeuten, als dass es ein Herrscher verstehen muss, beide Naturen in sich zu vereinigen; denn die eine ohne die andere ist nicht von Bestand. Wenn sich also ein Herrscher gut darauf verstehen muss, die Natur des Tieres anzunehmen, soll er sich den Fuchs und den Löwen wählen; denn der Löwe ist wehrlos gegen Schlingen, der Fuchs ist wehrlos gegen Wölfe. Man muss also Fuchs sein, um die Schlingen zu wittern, und Löwe, um die Wölfe zu schrecken. Wer nur Löwe sein will, versteht seine Sache schlecht.

Ein kluger Machthaber kann und darf daher sein Wort nicht halten, wenn ihm dies zum Schaden gereichen würde und wenn die Gründe weggefallen sind, die ihn zu seinem Versprechen veranlasst haben. Wären die Menschen alle gut, so wäre dieser Vorschlag nicht gut; da sie aber schlecht sind und das gegebene Wort auch nicht halten würden, hast auch du keinen Anlass, es ihnen gegenüber zu halten. auch hat es einem Herrscher noch nie an rechtmäßigen Gründen gefehlt, seinen Wortbruch zu bemänteln. Man könnte hier zahllose Beispiele aus unserer Zeit anführen, wie viele Friedensschlüsse, wie viele Versprechungen infolge der Treulosigkeit der Herrscher nichtig und vergeblich geworden sind.. Wer am besten Fuchs zu sein verstanden hat, ist am besten gefahren! Doch muss man sich darauf verstehen, die Fuchsnatur gut zu verbergen und Meister in der Heuchelei und Vorstellung zu sein. Die Menschen sind ja so einfältig und gehorchen so leicht den Bedürfnissen des Augenblicks, dass der, der betrügen will, immer einen findet, der sich betrügen lässt......

 

Ein Herrscher braucht also alle die vorgenannten guten Eigenschaften nicht in Wirklichkeit zu besitzen; doch muss er sich den Anschein geben, als ob er sie besäße. Ja ich wage zu behaupten, dass sie schädlich sind, wenn man sie besitzt und stets von ihnen Gebrauch macht, und dass sie nützlich sind, wenn man sich nur den Anschein gibt, sie zu besitzen. So muss ein Herrscher milde, treu, menschlich, aufrichtig und fromm scheinen und er soll es gleichzeitig auch sein; aber er muss auch die Seelenstärke besitzen, alles ins Gegenteil wenden zu können. Man muss Verständnis dafür haben, dass ein Herrscher, und vor allem ein solcher in einer neu gegründeten Herrschaft, nicht alles beachten kann, wodurch die Menschen in einen guten Ruf kommen, sondern oft gezwungen sind, gegen Treue, Barmherzigkeit, Menschlichkeit und Religion zu verstoßen, eben um die Herrschaft zu behaupten. Darum muss er die Seelenstärke haben, sich nach den Winden des Glücks und dem Wechsel der Verhältnisse zu richten und, wie ich oben sagte, vom Guten so lange nicht abzugehen, als es möglich ist, aber im Notfall zu verstehen, Böses zu tun. Ein Herrscher muss also sehr darauf bedacht sein, dass kein Wort über seine Lippen kommt, das nicht von den oben genannten fünf Eigenschaft zeugt, damit jeder der ihn sieht oder hört, den Eindruck hat, als sei er die Milde, Treue, Redlichkeit, Menschlichkeit und Gottesfurcht in Person. Besonders notwendig ist es, den Eindruck zu erwecken, dass er gerade die letztere Tugend besäße. Die Menschen urteilen im allgemeinen mehr nach dem, was sie mit den Augen sehen, als nach dem, was sie mit den Händen greifen; denn jedem wird es einmal zuteil, etwas in Augenschein zu nehmen; aber nur wenige haben Gelegenheit, etwas zu berühren. Jeder sieht, was du scheinst, und nur wenige fühlen, was du bist. Und diese wenigen wagen nicht, sich der Meinung der großen Masse entgegenzustellen, die die Majestät des Staates, der sie schützt, auf ihrer Seite hat. Die Handlungen aller Menschen und besonders die eines Herrschers, der keinen Richter über sich hat, beurteilt man nach dem Enderfolg.

Ein Herrscher braucht also nur zu siegen und seine Herrschaft zu behaupten. Also werden die Mittel dazu stets für ehrenvoll angesehen und von jedem gelobt. Denn der Pöbel hält sich immer an den Schein und den Erfolg; und in der Welt gibt es nur Pöbel. Die wenigen zählen nicht gegen die Masse, wenn diese am Staat einen Rückhalt hat..."

 

 

6. Lügen, Täuschen, Betrügen und Selbstbereicherung in der Jetztzeit,

die Kernkompetenz auch der heutigen Politiker, politische Handlungen dienen nur dem Machterhalt.

 

Die erste Folge der abgegebenen Wahlstimme ist für die entsprechende Partei bereits mit einem Geldsegen verbunden, nämlich mit einer saftigen, völlig überdimensionierten Wahlkampfkostenerstattung. Der Wähler in seiner durch die Stimmabgabe geschmeichelten Selbstachtung glaubt sich dem Nichtwähler natürlich haushoch überlegen. Versucht er diesen doch damit zu beeindrucken, der Nichtwähler könne sich dann ja auch nicht beklagen und habe deswegen auch nichts zu kritisieren. Ich kann nichts dafür, sobald mir dies entgegen gehalten wird, verspüre ich Schwefelgeruch in der Nase.

 

Ich bin so frei, den Begriff des qualitativen Nichtwählers zu schöpfen, eine Spezies, die sich durchaus des Prinzips von Ursache und Wirkung bewusst ist, jedoch erkannt hat, dass es keine messbare Größe zwischen der Abgabe des Wahlzettels und dem politischen Output gibt.

 

Ich möchte dies anhand eines Beispieles erläutern, welches sich mit der

Regelmäßigkeit einer tibetanischen Gebetsmühle wiederholt:

 

Maier und Schulz sehen im Fernsehen hocherfreut die Wahlrede von Frau Uckermark (spätere Bundeskanzlerin Merkel), die hoch und heilig verspricht, dass im Falle der Wahl die Mehrwertsteuer nicht erhöht werde. Da Maier und Schulz ein Eigenheim bauen wollen und die diskutierte Erhöhung einen Betrag von vielen Tausend Euros ausmachen würde, wählen sie natürlich die Abgeordneten von Frau Uckermarks Partei. Nach der gewonnenen Wahl verkündet Frau Uckermark flugs die Mehrwertsteuererhöhung und begründet dies mit dem Gemeinwohl ( siehe unten). Maier und Schulz sind erbost, weil sie wegen der Finanzierungslücke nun nicht mehr ihr Häuschen bauen können und schwören, dass sie nie wieder Frau Uckermark Brut wählen werden. Die Herde verhält sich jedoch überwiegend sklavisch, das Gedächtnis ist nur kurz. Mit ein wenig Schmeichelei und ein paar bunten Wahlplakaten, die dem Betrachter gestylte Smileys entgegengrinsen lassen, werden Maier und Schulz bei der nächsten Wahl vielleicht doch wieder Frau Uckermarks Klüngel wählen. Ach ja, Frau Uckermark wurde tatsächlich wieder Bundeskanzlerin.

 

Nanu, was ist denn da passiert, Frau Uckermark hat gelogen. Darf ein Politiker lügen?

 

Na und würde Frau Uckermark mir antworten, „ Ich mache doch nur das, was in der Geschichte immer gemacht wurde“

 

Sie hat tatsächlich recht, denn Frau Uckermark hat nur aus der Geschichte gelernt.

 

Nachdem ich nun erkannt habe, dass ich nicht unter den Besten wählen kann und mich mit der Teilnahme an der Wahl nur der Beihilfe zur ungerechtfertigten Bereicherung und des Abnickens der Parteienoligarchie schuldig machen würde, nehme ich bei dieser Gelegenheit auch gleich Abschied von der Hoffnung, ich könne in einer nicht-plebiszitären, hier parlamentarischen, Demokratie etwas Entscheidendes durch meine Wahlstimme bewirken.

 

Eine immer wieder gehörte Meinung ist die, dass sich die Politiker immer weiter vom Volk entfernen. Dies ist tatsächlich so. Das hängt zum einen wohl damit zusammen, dass sich der einzelne Politiker, der sich zur Wahl stellt, in seiner persönlichen Sozialisation bereits soweit vom Durchschnittsbürger entfernt hat, dass ihm dessen Sorgen und Nöte wie irgendein seltenes Exponat eines Museums erscheinen, zum anderen hat er zugunsten der Erhaltung und Steigerung seiner sozialen Position für Bürgerinteressen nur beschränkte Zeit haben.

 

Sie scheinen der horazischen Weisheit, dem carpe diem nämlich, eine besondere Interpretation zu geben, indem sie mit dem „carpe = pflücken" und der Erkenntnis der neidisch fliehenden Zeit (fugerit aetas) das Ausleben der Veranlagung verstehen, die kostbare Zeit einer Amtsperiode intensiv zu nutzen, um Aufsichtsratspöstchen und/oder Beraterverträge und ähnliches zu ergattern.

 

Viele haben aufgrund ihrer exponierten Stellung bereits locker ein halbes Dutzend gut bezahlte Nebentätigkeiten und deshalb eigentlich gar keine Zeit mehr, etwa in den namentlichen Abstimmungen ihrer Haupttätigkeit als Abgeordnete anwesend zu sein.

Diese bei näherem Hinsehen eigentlich gar nicht mehr kühne Behauptung ist schon visuell belegbar. Der Plenarsaal, der eigentliche Arbeitsplatz der Abgeordneten ist nur noch Staffage, um gegenüber der Wahlherde, wenn es vor laufenden Kameras gilt, publikumswirksam zu präsentieren, für die reichlichen Diäten tue man ja schließlich auch was.

In der übrigen Zeit übt sich ein großer Teil der Spezies der Gewählten darin, sich in möglichst kurzer Zeit die eigenen Taschen vollzustopfen.

 

Dies alles natürlich neben der Bezahlung, deren Höhe sie paradoxerweise sich selbst festlegen können. Diese Veranlagung zieht sich durch alle coleuhr unserer heutigen Parteienlandschaft.

 

Den größten Treppenwitz des Opportunismus und der politischen Lüge habe ich bei der einstigen New Wave- und Protestpartei, der Partei mit des Farbe des Rasens angetroffen.

 

In den Anfängen sind deren Repräsentanten noch mit Latzhosen und Turnschuhen angetreten. Längst sind sie zu 600 Dollar Maßanzügen und Luxustretern mit Flüsterprofil übergetreten.

Da trat einst ein bei Demonstrationen im Pflasterweitwurf geübter Herr an, ließ sich mit Turnschuhen an den Füßen zum hessischen Landesminister -ohne je eine Ausbildung genossen zu haben- küren, um dann sogar zum Außenminister aufzusteigen.

Dabei immer im Sinne des Mantras der Partei mit der Farbe des Rasens, nach außen hin ein erklärter Gegner der klassischen Energiewirtschaft und ideologisierter Atomkraftgegner zu sein.

Er hatte sich seinem Wahlklientel auch immer so präsentiert, als würde er für Chancengleichheit im Schulsystem eintreten. Just nach seinem Ausscheiden ging er in die USA und wurde dort -ohne je eine Ausbildung genossen zu haben, smile- Professor an der amerikanischen Eliteuniversität Princeton. Aber von wegen Chancengleichheit. Die Zeit wo er auf Wählerstimmen und Zulauf achten musste, war ja schließlich vorbei, alte für die Dummherde getünchte Überzeugungen wurden wie Spülwasser beseitigt.  Die besagte Universtiät konnten sich wegen der besonderen Höhe des Studiengeldes nur Reiche und Superreiche leisten. Zurückgekehrt ins gelobte Land, verdingte er sich dann bei der Energiewirtschaft im sogenannten Nabucco-Projekt, deren Mitglieder nebenbei auch Atomkraftwerke betrieben und betreiben.

 

Ein anderer Ex-Bundesvorsitzender dieser Partei, Rezzo Schlauch, hatte offenbar wohl auch ein quasi Damaskuserlebnis.

Ich erinnere mich noch gut an seine im breiten Schwäbisch vorgetragenen geifernden Antiatomkraftreden. Nanu, geht`s noch, was ist denn da passiert, stimmt das eigentlich. Ja es stimmt, Rezzo Schlauch saß jahrelang im Beirat der Karlsruher ENBW. Nein, das war kein Gartenbaubetrieb, sondern bis zur Energiewende 2011 ein auch Atomkraftwerke betreibender Energiekonzern.

 

 

Die Hauptaufgabe sehen die Politiker darin, wieder gewählt zu werden. Die Erfüllung des Amtseides verkommt nicht nur zum bedeutungslosen Beiwerk, sondern wird in der bundesrepublikanischen Politikwirklichkeit sogar mit Füßen getreten.

Das ist aber keine Erfindung von mir, dies wurde nämlich schon vor 2400 Jahren in Platons Dialog „Gorgias“ von Sokrates behauptet.

 

Wir wollen nun die Empirie bemühen und stellen plötzlich fest, dass es eine unglaubliche, in den schillerndsten Facetten erscheinende Aneinanderreihung von Skandalen gibt, die in ihrer Länge nur noch mit der chinesischen Mauer vergleichbar ist.

 

Das Spektrum der Fehltaten unserer Herrschenden ist flächendeckend und besteht aus Vorteilsannahme, direkte oder indirekte Bestechung, Einwirkung auf Rechtsgeschäfte zugunsten Dritter (vorzugsweise Freunde, Partei- und Familienmitglieder), unzulässige Inanspruchnahme von Leistungen des Dienstherrn, Verschwendung von Steuermittel bis zu Betrug bei Abrechnungen von Reisekosten, Sitzungsgelder und Roadmiles bei Flügen. Daneben sind beliebt das Plündern der Staatskasse hin von zu schnellen, zu frühen und zu hohen Politikerpensionen und das Plündern der Staatskasse im Rahmen der Ämterpatronage durch den vergoldeten einstweiligen Ruhestand sogenannter politischer Beamter im hohen Range. Für viele Betrachter bietet die „real existierende„ Bundesrepublik das Bild eines verwobenen Netzes von Pfründewucher und Seilschaften, in dem ein Kaste von häufig inkompetenten und gefallsüchtigen Politikern regiert.

 

Zynisch argumentiert könnte ich sagen, die genannte Neigung zur Bereicherung ist ja an für sich nichts Schlimmes, entspricht sie doch dem anthropologischen Prozess der Menschwerdung, es ist nachgerade ein Wesenszug des Menschen, Eigentum anzuschaffen und zu vermehren. 

Die Rhetorik würde das grobe Auseinanderfallen zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei Politikern als Antinomie, also als nicht auflösbaren Widerspruch ansehen.

 

Die Auflösung des Rätsels, weshalb dies so ist, erscheint mir sehr einfach.

So wie beim Schach die Dame die mächtigste Figur ist, ist die Gier mächtiger als billiges politisches Geschwätz von gestern. Die Gier ist das anthropologische Erbe seit hunderttausenden von Jahren, das billige politische Geschwätz hat jeweils nur die Halbwertzeit bis zur nächsten Wahl.

 

Weshalb sollten die von der Herde gewählten Politiker anders sein, könnte man sich fragen, es sind doch auch bloß Menschen. Die Antwort hierauf liegt mir schon auf der Zunge, bevor ich den Satz vollends durchdacht habe.

 

Deshalb nämlich, weil etwa Bundesabgeordnete im Gegensatz zum Normalbürger einen Amtseid nach Art 56 und 64 des Grundgesetzes leisten, der da lautet:

 

"Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde"

 

Die meisten sprechen diesen Amtseid jedoch nur für die Ohren, die es hören wollen oder die von den Eidleistenden für so dumm gehalten werden, diesen Eid als ehrliches Versprechen anzusehen. Zu sich selbst sprechen sie den alternativen Amtseid, der da lautet:

 

Ich schwöre, meine ganze Kraft dem Versuch zu widmen, den eigenen Nutzen zu mehren, mir die Taschen in möglichst kurzer Zeit voll zustopfen , die Gesetz zu missachten, soweit sie meinem oder dem Nutzen meines Klientel zuwiderlaufen und etwaigen Schaden vom deutschen Volke bezahlen zu lassen"

 

Dennoch möchte ich entsprechend des platonischen Dialogs Gorgias es nicht unversucht lassen, zugunsten von Politikern zu unterstellen, dass es wohl auch ein paar Überzeugungstäter unter ihnen gibt, die vielleicht wirklich das wollen, was sie schwören, es aber in den meisten Fällen nicht können.

 

Kritik an den politisch Tätigen ist jedoch keine Erfindung der Neuzeit, wusste doch schon Marcus Aurelius über Politiker in seinem Buch Selbstbetrachtungen (9.Buch Anmerkung 29) zu berichten:


"Wie unbedeutend sind doch diese politisch tätigen und -wie sie jedenfalls glauben- philosophisch handelnden Menschen. Völlig verrotzte Gestalten".

 

 

7. Was können die Regierenden von der Geschichte lernen

 

7.1 Zynische Aussage, die der Realität am nähesten kommt

 

Ab und an fragt sich der kleine Mensch, weshalb die heutigen Politiker eigentlich nichts von der Geschichte lernen. Bei der Nachforschung bin ich so weit zurückgegangen, dass ich in der Antike angekommen bin. Danach lautet die Antwort, sie haben doch etwas gelernt, die Hauptausbeute bietet aber leider nur eine sehr negative Grundaussage.

 

Im Wesentlichen haben die heutigen Politiker aus der Geschichte nur das gelernt, was ihnen zu allen Zeiten zu ihrem Nutzen gereicht hat, nämlich die Ratschläge von Platon in „Politeia, 3. und 5. Buch", und „Gorgias“ sowie Machiavelli „Der Fürst / il principe, Kapitel 18“ zu befolgen, insbesondere bei Bedarf zu lügen, zu täuschen, zu fälschen und Versprechen zu brechen.

 

Bravo, hat sich nicht viel geändert in den letzten zweieinhalbtausend Jahren.

Die Politiker haben auch aus Sebastian Brants „Narrenschiff", einer mittelalterlichen Moralsatire von 1494, gelernt. Brant kam zur Aussage „die Welt will betrogen werden" Diese Spruchweisheit wurde meistens lateinisch „mundus vult decipi" zitiert. Später wurde der Spruch dann erweitert um „ergo decipiator", also „deshalb soll sie betrogen werden".

 

Nietzsche hat die Veranlagung des „Staates“ zu Lüge und Betrug in zwei konzisen Sätzen ausgesagt. Im „Zarathustra" lässt er im Kapitel „Vom neuen Götzen" Zarathustra eine Aussage machen, die selbstinterpretierend ist.

 

„Staat heißt das kälteste aller Ungeheuer. Kalt lügt es auch; und diese Lüge kriecht aus seinem Munde: "Ich, der Staat, bin das Volk."

 

Der erste Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer war wenigstens bei dem Eingeständnis der Lüge ehrlich. Als er auf einen politischen Richtungswechsel angesprochen wurde, meinte er: 

Was geht mich mein dummes Geschwätz von gestern an"

 

Ich möchte jetzt das unfeine Resümee ziehen, dass über die Jahrtausende hinweg das Lügen und Betrügen offensichtlich zur Kernkompetenz der Politiker gehört.

 

Die Hoffnung, ich könnte mit meiner Wahlstimme etwas bewirken, erscheint mir bereits aus diesem Grunde so weit weg wie ein Alkoholiker von der Buttermilch.

 

7.2 Historizismus, die Wiederholung der Geschichte

 

Es gibt und gab Persönlichkeiten, die die Auffassung vertreten, dass aus der Geschichte keine Wiederholungsmuster hergeleitet werden können.

So auch der Philosophe und Soziologe Karl Popper (1902-1994),soweit er in seinem Werk „Das Elend des Historizismus" darzulegen versucht, dass sich der Lauf der Geschichte nicht voraussagen lässt und dass es keine wissenschaftliche Lehre über Gesetze der Geschichte gibt. Sicherlich mag dies für den nächsten Schritt zutreffen, bei den großen vatikanischen Zeitabständen sind jedoch durchaus Gesetzmäßigkeiten festzustellen. Dass sich Popper zu dieser Erkenntnis nicht befähigt sah, verwundert mich.

 

Grundsätzlich sollten Erfahrungen aus der Geschichte Grundlage für aktuelles politisches Handeln bilden, denn die Wiederholungs- und Veranlagungsmuster erweisen sich bei einer empirischen Betrachtung sehr deutlich.

Denn das Wort Geschichte impliziert die Fähigkeit, zu verstehen, wie es zu diesem und jenem gekommen ist. Es ist wahrlich schon lange her, aber unsere heutigen Regierenden könnten wesentliche Erkenntnisse aus den ersten Demokratieversuchen der hellenistischen Polis beziehen.

 

Den Politikern von heute müsste sich aus der Geschichte des Staatsmodells Platons aufdrängen, dass nichts perfekt und ewig ist, auch nicht die bundesrepublikanische Demokratie. Diese Erkenntnis zu negieren ist die größte Anklage, der Ausgangspunkt für mögliches künftiges Unheil.

 

Platon entwickelte mit seiner Schrift „politeia - der Staat" aus seiner Sicht das Modell eines sogenannten idealen Staatswesens.

Die heutigen Politiker glauben auch, dass das jetzige Staatsgebilde die beste aller Möglichkeiten darstellt. Sie sollten sich deshalb befähigen, zu erkennen, dass Platons Modell bei heutiger Betrachtung unter fast keinem Blickwinkel mehr unserem heutigen Denken standhält.

Weshalb sollte sich aber dann in der Folge dieser Erkenntnis nicht die Frage aufdrängen, ob das jetzige in der Bundesrepublik Deutschland bestehende politische System etwa auch nicht die beste aller Möglichkeiten darstellt und die künftige Geschichte aus deren retrospektivischer Sicht möglichweise sehr ungnädig darüber urteilen wird.

Würde man Niccolo Machiavelli darüber befragen, was die Herrschenden von der Geschichte lernen können, würde er sagen: „Alles". Seine politische Theorie gründet sich vollkommen auf die Geschichte.

Machiavelli erkannte, dass die wesensmäßige Natur des Menschen unveränderlich ist, da er stets und zu allen Zeiten den gleichen Leidenschaften, Zielen und Affekten unterworfen war und ist. Da die Ursachen sich gleichen, würden sich aber auch die Wirkungen gleichen. Aus dieser Schlussfolgerung heraus meinte er deshalb, dass sich auch die Geschichte wiederholen würde. In fast schon buddhistischer Sicht sieht er die Politik als Kreislauf an, in dem ein ständiger Wechsel stattfindet, von Ordnung zum Chaos, vom Guten zum Schlechten und Bösen hin und umgekehrt.

 

Wie wichtig ihm die Notwendigkeit ist, aus der Geschichte zu lernen, hat er dadurch dokumentiert, dass er die Erkenntnis bereits im Vorwort des Werkes „Diskorsi" erwähnt:

 

„Daher kommt es, dass Unzählige, die sich mit der Geschichte befassen, nur Vergnügen daran finden, etwas von der Mannigfaltigkeit der geschichtlichen Ereignisse zu erfahren, ohne dass sie daran denken, diese nachzuahmen; denn sie halten die Nachahmung nicht für schwierig, sondern für unmöglich, als ob sich Himmel, die Sonne, die Elemente, die Menschen in Bewegung, in Gestalt und Wirksamkeit von dem, was sie seit altersher waren, unterscheiden würden. Von diesem Irrtum möchte ich die Menschen befreien........Ich tue dies, damit die Leser dieser Betrachtung ohne Schwierigkeiten den Nutzen daraus ziehen können, um dessentwegen man Geschichtsforschung betreiben soll."

 

8. Wer herrscht in Wirklichkeit, wenn es nicht das Volk ist

 

In einer Demokratie im klassischen Sinne würde die Gesamtheit des Volkes über die Gesamtheit des Volkes bestimmen können (Aristoteles Politica VI, 2,1317), was aber nur schwer umsetzbar wäre. Jedenfalls ist interessant, dass das aristotelische Modell keine Regierenden kennt.

 

Annäherungswerte an meinen Idealzustand würde ich der schweizerischen direkten Demokratie zubilligen wollen, wo das Volk zu wirklich essentiellen Fragen mitbestimmen kann. In der Bundesrepublik hat der ehemalige Bundespräsident Heinemann das Wort vom mündigen Bürger erwähnt.

Weshalb soll ich gerade, weil ich im Geltungsbereich der deutschen parlamentarischen Demokratie lebe, nicht über wesentliche, mein Leben betreffende Aspekte, befragt werden können.

 

Die heutigen Politiker haben jedoch genau vor der Mündigkeit derer Angst, von denen sie auf den Sessel gehievt werden. Um es nochmals zu wiederholen, haben die Parteien jedoch auch Angst vor der Mündigkeit der eigenen Abgeordneten. Die Parteien wollen keine Macht an die Abgeordneten und diese nicht an die Bürger abgeben. Da die Parteien die Abgeordneten beherrschen und nur diese eine Änderung des Systems bewirken können, wird sich gar nichts ändern. Eine Kontrolle der Abgeordneten und der Machtzentrale durch normale Parteimitglieder ist schon gar nicht möglich. Es entspricht eben bereits soziologischem Wissen, dass jede Organisation unvermeidlich eine Führungsschicht gebärt, die sich immer mehr verselbstständigt und bestrebt ist, sich einer effektiven und nachhaltigen Kontrolle zu entziehen.

 

Damit bewegen wir uns in einem weiteren Wissensgebiet, der Soziologie. Der Soziologe Robert Michels hat sich bereits 1911 mit dieser Frage in seinem Buch „Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie" geäußert. Im Widerspruch zwischen der demokratischen Werteordnung und der Realität der politischen Parteien kommt Michels zu dem Ergebnis, dass nach naturgesetzlichen Gegebenheiten (Egoismus, Überlebenswille) alle menschlichen Organisationsformen zur Oligarchie hinstreben. Da davon die Parteien als Organisationen nicht ausgenommen sind, streben sie letztlich auch zur Oligarchie. Er stellt apodiktisch fest:

 

„Die Demokratie führt zur Oligarchie, wird zur Oligarchie"

 

Später, die bundesrepublikanische Demokratie war gerade den Kinderschuhen entwachsen, beschäftigte dies den deutschen Philosophen Karl Jaspers (1883-1969). Er stellte in seinem 1966 erschienenen Essay die Frage „Wohin treibt die Bundesrepublik"?

 

Es war die erste Kritik, die schonungslos die Grundkoordinaten des Systems erschütterte. Er stellte etwa fest:

 

„.....(5) Aufgabe, Situation und Wirklichkeit der Parlamentarier. Das Volk kann nicht selber mitregieren. Es regieren die von ihm beauftragten Vertreter, die Parlamentarier, die ihrerseits den Kanzler wählen. Die Frage ist erstens, welche Wirkung überhaupt vom Volke ausgeht. Sie ist ungemein gering. Selbst die Wahlen sind keine eigentlichen Wahlen, sondern Akklamation zur Parteienoligarchie......"

 

„...(6) Die Parteien wandeln ihren Sinn. Die Richtung der Wandlung ist diese: Sie waren gemeint als Organe des Volkes, das durch sie seinen Willen kundtut und umgekehrt wieder von ihnen politisch erzogen wird. Aber sie werden zu Organen des Staates, der nunmehr wieder als Obrigkeitsstaat die Untertanen beherrscht. Die Parteien, die keineswegs der Staat sein sollten, machen sich, entzogen dem Volksleben, selber zum Staat. Ursprünglich vielfach autonome Bildungen aus der unbegrenzten Freiheit des Volkes, werden sie in ihrem Bewußtsein zu den Machtträgern selber. Der Staat, das sind die Parteien. Die Staatsführung liegt in den Händen der Parteienoligarchie. Sie usurpiert den Staat....."

 

„....(7) Eine Mitwirkung des Volkes durch das Referendum wurde nicht zugelassen. Das Volk ist dem Namen nach der Souverän. Aber es hat keinerlei Einwirkung auf die Entscheidungen außer durch die Wahlen, in denen nichts entschieden, sondern nur die Existenz der Parteienoligarchie anerkannt wird. Die großen Schicksalsfragen gehen nicht an das Volk. Ihre Beantwortung muß das Volk über sich ergehen lassen und merkt oft gar nicht, daß etwas und wie es entschieden wird..."

 

Im Absatz 11 teilt Jaspers zusammenfassend mit geballter Ladung und schonungslos aus:

 

....(11). Demokratie heißt Selbsterziehung und Information des Volkes. Es lernt nachdenken. Es weiß, was geschieht. Es urteilt. Die Demokratie befördert ständig den Prozess der Aufklärung.

Parteienoligarchie dagegen heißt: Verachtung des Volkes. Sie neigt dazu, dem Volke Informationen vorzuenthalten. Man will es lieber dumm sein lassen. Das Volk braucht auch die Ziele, die die Oligarchie jeweils sich setzt, wenn sie überhaupt welche hat, nicht zu kennen. Man kann ihm statt dessen erregende Phrasen, allgemeine Redensarten, pompöse Moralforderungen und dergleichen vorsetzen. Es befindet sich ständig in der Passivität seiner Gewohnheiten, seiner Emotionen, seiner ungeprüften Zufallsmeinungen.

Die gemeinsame Schamlosigkeit der Parteienoligarchie spürt sich selber nicht. Die Parteienoligarchie fordert vielmehr Respekt, zumal die jeweils führenden Amtspersonen, die Kanzler, Minister, Präsidenten. Wir alle, denken sie, sind doch Vertreter des Volkes, wir können doch nicht schamlos sein. Wir sind durch die Wahl des Volks geheiligt. Wer uns beleidigt, beleidigt das Volk. Kraft unserer Ämter haben wir die Macht und den Glanz, der uns zukommt....)

 

 

Ein weiterer Kritiker auf hohem Niveau ist etwa der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Hans Herbert von Arnim, der sich die Parteien- und Demokratiekritik seit der Mitte der siebziger Jahre sogar zur Lebensaufgabe gemacht hat. Besonders hat er sich auch der Reform des Wahlrechts und der Forderung nach dem Ausbau direktdemokratischer Elemente verschrieben.

Nach alledem bleibt aus meiner Sicht zuzustimmen, soweit es argumentativ in den Raum gestellt wird, dass sich die bundesrepublikanische Parteienwirklichkeit zu einer parlamentarischen Oligarchie entwickelt, somit eine Herrschaft Weniger über Viele darstellt.

 

Da wir natürlich alle zu den Guten zählen, fassen uns die Folgen unserer eigenen Handlungen am Schopfe, die Anpassung und Behäbigkeit und Selbstgerechtigkeit, natürlich kann man nicht mit dem strafenden Finger nach oben "zu den Politikern" zeigen und im überzeugten Brustton der Selbstgerechtigkeit sich der kleinen Freude des Betrugs bei der Steuererklärung hingeben.

 

Soweit aber der Herdenmensch im Bewusstsein seiner Sklavenmoral die Gesetze beachtet, gilt dies dann nicht auch für die Politiker als den "Höheren Menschen"?

 

Sollen diejenigen, die während des verfassungsmäßigen Gesetzgebungsverfahrens die Hand heben, diese Gesetze dann je nach gusto missachten dürfen.

 

Ich darf an Artikel 20 Abs. 4 des Grundgesetzes erinnern, der dem Herdenmenschen ganz neue Perspektiven aufzeitigt:


" Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist"

 

So, also wenn ich das richtig verstehe, dürfen wir den Politikern, sollten diese sich nicht an die Gesetze -insbesondere an den eigenen Amtseid- halten, unterstellen, dass sie die Ordnung beseitigen wollen. Damit haben wir das Recht zum Widerstand. Wie könnte ein Szenario des Widerstandes aussehen? Steht das nur auf dem Papier, ist so ein Widerstand denkbar.

 

Seit dem Wissen um Aristoteles in „politikos", Platons „politeia „ dem „Leviathan„ von Hobbes, Machiavellis „Fürst" und „Diskorsi, Rousseaus „Gesellschaftsvertrag" und seines „2. Discours" sowie John Lockes „the second treatise of government" fürchte ich, dass die zu Wirtschaftsunternehmen mutierten Parteienlandschaften niemals freiwillig zur Machtabgabe bereit sein werden.

Deshalb die kleine Hausaufgabe, nachzuforschen, wie es eigentlich in der Schweiz zur direkten Demokratie kommen konnte.

Der Unterschied ist klar, die Schweizer Bürger haben sich die direkte Demokratie erkämpft, die repräsentative Demokratie der Bundesrepublik Deutschland wurde jedoch 1949 gebacken.

 

9. Wie sich Gesellschaften verändern

 

9.1 Evolutionäre Reproduktion, eine kosmisch-empirische Gegebenheit

 

Oh, gerade hat sich mein Schluckmuskel bewegt, kein gutes Zeichen. Mir sind nämlich gerade die den ewigen Dualismus ausdrückenden Begriffe der Bewegung und der Gegenbewegung eingefallen. Es resultiert aus der Betrachtung der Geschichte und ist damit letztlich eine Schlussfolgerung des machiavellischen Theorems des Historizismus.

 

Hieraus schöpfen sich meine Gedanken, die Theorie nenne ich das Gesetz der evolutinären Reproduktion, alles unterliegt dem Zyklus der Bewegung und der Gegenbewegung, dem Chaos und der Ordnung

 

Ich sehe es so, dass jede Bewegung eine Gegenbewegung auslöst. Dies ist zwischenzeitlich unwidersprochenes Erfahrungswissen.

 

Ich möchte dies mit einer Betrachtung der deutschen politischen Geschichte verdeutlichen.

Das klerikale, rückwärtsgewandte, mittelalterliche scholastische Denken des 15. Jahrhunderts hatte als Gegenbewegung den Keim der Renaissance in sich. Kaum war Sie entstanden, führten ihre Schwäche zur Geburt des Keims ihrer Gegenbewegung, nämlich des Absolutismus. Auch der Absolutismus hatte als Gegenbewegung dann den Keim der Aufklärung in sich, dies war letztlich eine Folge der neuen Wissenschaften. Der Gründerzeit mit der ersten deutschen Weimarer Demokratie folgte dann mit der nationalsozialistischen Diktatur die Gegenbewegung. Jedoch auch dieses vermeintlich 1000-jährige Reich hatte bereits den Keim der Gegenbewegung in sich, die Demokratie der Bundesrepublik Deutschland.

 

Dies war schon immer so, auch jenseits des Abendlandes, etwa in der indischen Kultur. Auf die vedische Kultur folgte als Gegenbewegung der Buddhismus. Die gewaltige Gegenbewegung der die vedische Kultur bejahenden orthodoxen Systeme (Astikas = Jasager) führte dann wiederum nahezu zum Verschwinden des Buddhismus in Indien.

 

Im ganz großen Betrachtungswinkel gebiert eine bestimmte Konstellation von Gaswolken die Planeten, einer davon ist die Erde, bis in einer Supernova einst wieder alles enden wird. Es ist ein Prinzip der ewigen Wiederkehr, dass aus dem Kleinen das Große hervorgeht und aus dem Großen das Kleine. Aus dem Samenkorn wird der Eichenbaum, der wiederum der Ausgangspunkt für den nächsten Zyklus bildet, das Menschenwerk ist nichts anderes.

 

Daran ändern auch Meinungen nichts, die meinen, die Vernetzung im großen europäischen Haus würde dies verhindern. Gerade weil alles so vernetzt und auf Größe ausgerichtet ist, wird die Gegenbewegung kommen. Das ist nicht eine Frage des ob, sondern nur des wann.

Es mag lediglich darüber gestritten werden können, wie stark der Ausschlag auf der nach oben hin offenen Richterskala der Erschütterung sein wird.

 

Diesen Weg von der Größe zum Kleinen sind bereits geschichtsträchtigere Begebenheiten wie die bundesrepublikanische Demokratie als Teil der Europäischen Gemeinschaft gegangen, so etwa das römische Reich, das Reich Alexanders des Großen, das Hunnenreich, das Osmanische Reich, die Goten, die Staufer, die Franken, das Tausendjährige Reich, die Sowjetunion. Die europäische Tendenz zur Gigantomanie scheint keine Grenzen zu kennen.

 

Irgendwann, so denke ich, wird die Europäische Union dem Kulminationspunkt entgegengehen, der Unregierbarkeit, Undurchschaubarkeit, Verschwendung und Korruption, Zusammenbruch des Währungssystems. Die Füße des Riesen beginnen einzuknicken, er kippt und zersplittert.

 

Insofern wird sich für die Bewohner des Staatsgebietes der Bundesrepublik Deutschland dann der Kreislauf mal wieder geschlossen haben. Aus dem Chaos des zweiten Weltkrieges entstand die aus dem Existenzialismus geborene Bundesrepublik, also die Ordnung. Der Drang nach Gigantomanie wird wieder zum Chaos führen.

 

Die in der Bundesrepublik Deutschland bestehende Pluralität und wirtschaftlichen Prosperität - mit Abstrichen - wird auf den Prüfstein gestellt werden.

Ich habe leider keine Hoffnung, dass die Politiker daraus etwas lernen, weiß jedoch, dass unweigerlich eine Gegenbewegung kommen wird. Die Tatsache ist einfach eine empirisch-kosmische Gegebenheit.

 

 

9.2 Thomas Hobbes (1588-1679)

 

Ich meine, dass Chaosszenarien auch durchaus den staatsphilosophischen Darlegungen des englischen Staatsphilosophen Thomas Hobbes entlehnt werden können.

Sein Leitspruch ist bekanntlich „homo homini lupus" oder „Der Mensch ist dem Menschen Wolf" , das Böse ist immer und überall und der Mensch sei von der Veranlagung her böse und destruktiv. Danach sei ein Krieg aller gegen alle möglich, so dass letztlich nur ein autoritärer und absoluter Staat die Ruhe wiederherstellen könne. Als Synonym für die Furchtlosigkeit dieses Staates, der alleinig das Chaos im Sinne des Urzustandes beenden kann, wählte er das biblische Geschöpf „Leviathan", den das Alte Testament (Psalm 74,14, Jesaia 27,1 und Hiob 40,25) als furchtloses Seeungeheuer beschreibt, das den Landbewohnern Furcht einflößt. Dies war dann auch der Titel seines 1651 erschienenen Hauptwerkes "Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines bürgerlichen und kirchlichen Staats".

 

Vor der Beschäftigung mit dem Thema, wie es zu einer Veränderung einer Gesellschaft bekommt, sollte erst einmal kurz beleuchtet werden, aus welchen Gründen sich der Mensch überhaupt in eine Gesellschaft begeben hat.

 

Der Staat = Leviathan verspricht dem Bürger die Überwindung dieses Urzustandes und Sicherheit, dafür nimmt er sich als Gegenleistung einen beliebigen Teil seines Einkommens, devotes Wohlverhalten und immer mehr Freiheitsrechte.

Der staatlichen Schutzpflicht steht nach der Staatsphilosphie von Hobbes damit der bürgerliche Rechtsgehorsam gegenüber.

Hobbes Auffassung erscheint mir jedoch seltsam naiv, als würde die Versuchung des absoluten Leviathan zum nächsten kleinen Schritt hin, der Schritt zur Tyrannis überhaupt nicht bestehen.

 

9.3  Niccoló Machiavelli (1469 - 1527)

 

Der florenzinische Staatstheoretiker hat bereits im Vorwort seines zweiten Hauptwerkes „Diskorsi - 1522 - " „Diskorsi sopra la prima deca di Tito livio = Betrachtungen über die erste Dekade des Titus Livius" den Unwillen der Menschen seiner Zeit angemahnt, aus der Geschichte zu lernen.

 

Die Menschen seien zwar in der Lage, die Gesetzmäßigkeit am Himmel zu erkennen, einem Historizismus, also Gesetzmäßigkeiten aus der Geschichte seien sie jedoch nicht zugänglich. Er äußert sich wie folgt:

 

„Dies hat nach meiner Überzeugung nicht so sehr seine Ursache in der Kraftlosigkeit, die unsere gegenwärtige Religion der Welt anerzogen hat, oder in den Schäden, die der Ehrgeiz und der Müßiggang vielen Ländern und Städten der Christenheit zugefügt hat, als vielmehr in dem Mangel echter Geschichtskenntnis, da man beim Studium der Geschichte weder deren Sinn begreift, noch die von ihr ausgehende Wirkung spürt.

 

Daher kommt es, dass Unzählige, die sich mit der Geschichte befassen, nur Vergnügen daran finden, etwas von der Mannigfaltigkeit der geschichtlichen Ereignisse zu erfahren, ohne dass sie daran denken, diese nachzuahmen; denn sie halten die Nachahmung nicht für schwierig, sondern für unmöglich, als ob sich der Himmel, die Sonne, die Elemente, die Menschen in Bewegung, in Gestalt und Wirksamkeit, von dem, was sie seit alters her waren, unterscheiden würden. Von diesem Irrtum möchte ich die Menschen befreien............"

 

Im I. Buch Kapitel 2 trifft er die Aussage, dass auch die Demokratie, wie jede andere Staatsform, ihrer künftigen Ablösung entgegendriftet:

 

„....die Alleinherrschaft wird leicht zur Tyrannis, die Herrschaft einer bevorrechtigten Schicht mit Leichtigkeit zur Oligarchie und die Demokratie artet unschwer zur Anarchie aus. Führt also der Gründer eines Staatswesens eine dieser drei Regierungsformen ein, so ist dies nur für kurze Zeit. Es lässt sich durch kein irdisches Mittel verhindern, dass sie in ihr Gegenteil ausartet; denn gut und schlecht sind einander in diesem Fall sehr ähnlich".

 

9.4  Jean-Jaques Rousseau (1712 - 1778)

 

Der französische Moralist hat seiner Zeit die Bibel für die französische Revolution beschert, den „contrat social", den Gesellschaftsvertrag. Darin vergleicht er das Staatsgebilde mit dem Körper des Menschen. Der Staat würde deshalb genauso sterben, wie der Mensch; dies ist für Rousseau nicht eine Frage des ob, sondern nur des wann.

Durch den Vergleich des Staates mit dem menschlichen Körper bejaht er den uralten philosophische Gedanken der Bewegung und der Gegenbewegung.

 

Kapitel 11, 3. des Werkes“Gesellschaftsvertrag“ oder „contrat social"

 

„Dieserart ist die natürliche und unvermeidliche Neigung auch der am besten verfassten Regierungen. Wenn Sparta und Rom untergegangen sind, welcher Staat kann da hoffen, ewig zu dauern? Wenn wir eine dauerhafte Einrichtung schaffen wollen, sollten wir nicht davon träumen, sie ewig zu machen! Um Erfolg zu haben, darf man weder das Unmögliche versuchen, noch sich vormachen, menschlichem Werk eine Festigkeit verleihen zu können, die menschlichen Dingen nicht eignet. Die politische Körperschaft beginnt so gut wie der menschliche Körper von Geburt an zu sterben und trägt die Keime ihrer Zerstörung in sich. Aber die eine wie der andere mehr oder wenige widerstandsfähige Verfassung haben, die geeignet ist, sie kürzer oder länger zu erhalten. Die Verfassung des Menschen ist ein Werk der Natur, die des Staates ein Werk der Kunst. Es hängt nicht von den Menschen ab, ihr Leben zu verlängern, es hängt aber von ihnen ab, das des Staates so weit zu verlängern wie möglich, indem sie ihm die denkbar beste Verfassung geben. Auch der am besten verfasste wird enden, aber später als andere, wenn nicht ein unvorhergesehenes Unglück seinen Untergang vor der Zeit herbeiführt."

 

 

10. Mein Ausblick für die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland

 

10.1 Die Schuldenfrage, der Prüfstein für die Demokratie

 

Die Art und Weise wie der Staat die Schuldenfrage löst oder nicht löst, wird entscheidend dafür sein, wie lange die Demokratie fortbestehen wird.

 

Nachdem ich weiß, dass Rom hauptsächlich untergegangen ist, weil es sein ausuferndes Staatsgebilde nicht mehr finanzieren konnte, versuche ich Parallelen zu ziehen. Marcus Aurelius hat zur Finanzierung des Staates Gegenstände des Hofes verkauft, selbst dies half nichts und in Rom war die Währung immerhin gedeckt durch Edelmetall. Jede Staatsführung hat panische Angst davor, dass ein Zusammenbruch des Geldsystems eine systemische Krise auslöst, die sich sehr schnell zu gewaltigen sozialen Spannungen aufschäumen kann.

 

Exakt zum Zeitpunkt der Erstschrift dieser Betrachtung (Oktober 2005) befand sich die Bundesrepublik Deutschland in der absurden Situation, dass sich der Staat fast genau in dem Ausmaß neu verschuldete (44 Milliarden Euro), wie er Zinsen (39 Milliarden Euro) zu zahlen hatte.

Hätte man nach einer Berechnung des Bundes der Steuerzahler zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Schulden mehr aufgenommen und wäre die öffentliche Hand gesetzlich verpflichtet worden, jeden Monat eine Milliarde Euro an Schulden zu tilgen, wären 122 Jahre nötig gewesen, um den Schuldenberg von ca. 1,4 Billionen Euro vollständig abzutragen.

 

Ein weiteres Berechnungsmodell ging zum Zeitpunkt Oktober 2005 davon aus, dass normal getilgt wird, ohne dass neue Schulden hinzukommen. Unter der Annahme einer realistischen Tilgungsrate von etwa nur einem halben Prozent, hätte es 630 Jahre gedauert, um die Schulden abzutragen.

 

Als Zwischenergebnis bleibt festzuhalten, dass die Bundesrepublik eigentlich ein bankrotter Staat ist, der nur noch deshalb in der Gunst der Finanzwelt steht, weil er seine Zinsen bezahlt. Bereits schon mein Zwerchfell mit einem Lachanfall strapazierend ist nun die Tatsache, dass die Hoffnungen eines sich ständig weiter aufblähenden Europas, dessen Einzelstaaten zum Teil wesentlich weniger verschuldet sind, sich gerade auf die bankrotte Bundesrepublik Deutschland richten.

 

Immer dann, wenn das finanzpolitische Leck zu groß wird und das Schiff zu versinken droht, greift man in die Bürgerschatulle, da ist sich die Politikerspezies dann einig darin.

 

Als Beispiel seien etwa Diskussionen über die Erhöhung der Mehrwertsteuer genannt. Der Zugriff fällt umso schwerer aus, je geringer die Gefahr besteht, durch Maßnahmen bereits die Gefahr von Wählerverlusten für die nächste Wahl heraufzubeschwören. Diese Gefahr ist am geringsten bei großen Koalitionen. Partei A und umgekehrt Partei B kann dann immer argumentieren, die andere Partei habe ja mitgemacht.

 

Die Gunst der Stunde nutzt man dann zu einem besonders tiefen Griff.

Schlagartig erinnert mich das „demokratische" Tun und Treiben an die deutschen absolutistischen Territorialherren des 16. und 17. Jahrhunderts. Diese orientierten sich am spätantiken imperialen Herrscherbild und nutzten die Formeln des römischen Rechts (quod principi placuit, legis habet vigorem, Kaiser Justinian), also was der Herrscher befiehlt, hat Gesetzeskraft.

 

Die Abgeordneten treten in ihrer Gesamtheit dem Bürger gegenüber genauso auf, wie die altvorderen Herrscher, bezeichnenderweise etwa wie damals der französische Sonnenkönig mit seinem Ausspruch „L'Etat c'est moi - Der Staat bin ich".

 

Indes ist es unter Experten längst unstrittig, dass dies in einem finanziellen Armageddon enden wird. Etwas weniger blumig ausgedrückt behaupte ich, dass die derzeitige Entwicklung bereits den Keim der nächsten Währungsreform in sich trägt.

 

Diese Aussage erfolgte von mir Jahre vor der Finanzkrise des Jahres 2009 und der Schuldenkrise des Jahres 2010. Es ist schön, dass ich gerade diese Betrachtung fortführen kann. Im Jahre 2011 hat die oben benannte Bundeskanzlerin nun die reife Leistung auf die Füße gestellt, die noch im Jahre 2005 bestehenden 1,4 Billionen Schulden auf 2 Billionen zu erhöhen. Maßgebend dafür ist in erster Linie der sogenannte Rettungsschirm, der über Europa aufgespannt wurde, um die Finanzierung bankrotter Staaten, speziell Griechenland, sicherzustellen. Die Bundesrepublik trägt die Hauptlast mit 27 Prozent des Gesamttopfes.

Griechenland kam durch Papandreu durch nachgewiesene betrügerische Manipulationen bei den Beitrittsverhandlungen in die Europäische Union.

Es stellte sich im Jahre 2010 etwa heraus, dass in Griechenland eine geradezu aberwitzige öffentliche Beschäftigungsquote bestand. Die Gehälter waren dreimal höher als der Durchschnitt vergleichbarer Beschäftigter in manchen anderen EU-Ländern. Fast alle Griechen gingen in Frührente. Unverheiratete Töchter von Beamten konnten die Rente der Eltern erben. Eines bleibt unauslöschlich in meinem Gedächtnis. So wurde 2010 noch eine üppig ausgestattete Seeverwaltung finanziert, deren See aber bereits 1930 ausgetrocknet war. Darüber habe ich wirklich Tränen gelacht.

 

Die Bundeskanzlerin hat den Rettungsschirm für Betrügerstaaten groteskerweise als „alternativlos“ bezeichnet. Den eigenen Bürgern, die eigenen Kinder sozusagen, werden aber weiterhin die Zahlung des Solidaritätszuschlages anlässlich der Wiedervereinigung zugemutet. Den kommenden Steuergenerationen, unseren Kindern, wird die Rückzahlung des Rettungsschirms aufgebürdet, dessen Geld bei Betrügern versandet.

Das Lustigste besteht nun darin, dass der bundesrepublikanische Beitrag von nahezu 30 % zum sogenannten Rettungsschirm nicht aus einem tatsächlichen Einnahmeüberschuss geleistet wird, sondern nur in den Köpfen der Politiker generiert wird.

Explizit muss nämlich die Bundesrepublik selbst Schulden aufnehmen, die dann als Finanzcarepaket an die Betrügerstaaten und eine unverantwortlich handelnde Europäische Union weitergereicht werden.

 

Die Aberwitzigkeit zeigt sich dann, wenn wir die Situation dem Gesinnungswert des geleisteten Amtseides gegenüberstellen. Ist es das, was die Politiker darunter verstehen, Schaden von dem deutschen Volke abzuwenden und seinen Nutzen zu vermehren?

 

Den Nutzen zu vermehren steht dort, nicht den Schaden zu erhöhen. Genau das aber machen die Politiker.

 

Was sie wirklich machen, ist einfach ausgesagt. Sie handeln nach dem Prinzip Hoffnung, nämlich dass hoffentlich so lange nichts passiert, solange sie selbst am abkassieren sind.

 

Nun zurück zur Kernaussage. Der Prozess des Schuldenmachens hat sich durch alle Parteien und Koalitionen durchgefressen, wie eine Fleischmade, die auch 24 Stunden am Tag frisst.

Es war völlig egal, wie Maier oder Schulz gewählt haben. Keine Partei hat bisher etwas daran geändert und es verdichten sich keinerlei Anhaltspunkte zu der Annahme, dass dies in Zukunft möglich wäre.

Eine Schuldenverringerung hätte gravierende Einschnitte zur Folge, die sich keine Partei vorhalten lassen möchte, um bei der nächsten Wahl keine Wählerstimmen zu verlieren. Somit wird klar, dass es Politikern nicht um eine langfristige gesunde Entwicklung geht, sondern nur darum, sich und dem eigenen Klüngel die Macht zu erhalten.

Platon ließ Sokrates im Dialog „Gorgias“ zu Recht vom Politiker schreiben, der nur auf die eigenen Vorteile bedacht ist.

Hier spricht auch der Wille zur Macht, welchen Friedrich Wilhelm Nietzsche so treffend beschrieben hat.

Viel Zeit für eine Richtungsänderung haben wir nicht mehr. Wie bekannt wurde Rom im Jahre 410 von den Goten geplündert, vergleichsweise befinden wir uns etwa im Jahre 405

Die Uhr tickt.

 

10.2 Staatspolitische Betrachtung, ohne Plebiszit keine Zukunft

 

Die sich immer mehr verselbstständigende Demokratie mit ihrer unverkennbaren Tendenz zur Parteien- und Interesssensoligarchie arbeitet mit den schon seit Jahrtausenden bewährten Propagandawerkzeugen.

 

Dem Bürger wird Furcht und Angst - etwa vor Terroristen, Geldverfall - eingeflößt, er wird durch pausenloses mediales Trommelfeuer und schauspielerische Großtaten der politischen Führer weichgekocht. Danach ist er bereit, auf gewisse Freiheitsrechte zu verzichten, die der Leviathan dann einkassiert.

 

Der Leviathan ist jedoch schlau, nach der angeblichen Beseitigung der Gefahr, führt er die angewandte Gewalt in der Form der Beschneidung der Bürgerrechte jedoch nicht mehr zurück.

Dieses Verhalten ist dann der Ausgangspunkt für eine sich verändernde Gesellschaft, ich meine eine sich anbahnende schleichende Veränderung der Staatsform. Ich neige hier der Auffassung von Machiavelli zu, dass auch Demokratien dazu neigen, zu Ende zu gehen, leider.

 

Versinnbildlicht möchte ich die sich zur negativen Seite hin verändernde Demokratie dramaturgisch wie folgt darstellen:

 

Wir dürfen darüber besorgt sein, dass das uns bekannte bundesrepublikanische Staatsgebilde , das auf der Richterskala einer optimalen „polis“ ohnehin noch nie Höchstwerte erreicht hat hat, sich im Rückwärtsgang befindend, langsam zerbröselt.

 

Dieser Vorgang geschieht in so kleinen Schritten, dass es die Hornviehelemente des Volkes (Nietzsche in Jenseits von Gut und Böse) fast gar nicht wahrnehmen. Tyrannis ist geduldig, fast so wie die Zeit, sie kennt die Mechanismen der großen Zyklen, sie weiß, dass ihre Zeit kommt. Tyrannis ist noch behäbig, sie liegt in der Ecke und schläft, ein oder zweimal hat sie schon geblinzelt. Eines Tages wird sie gähnen, aufstehen und sich in einen Stuhl setzen und dort weiterwarten. Sie wird aber nicht nur warten, denn sie ist ein Beutejäger, den irgendwann der große Hunger überkommt. Dann will sie fressen und ihren Hunger wird sie mit der uns bisher bekannten Art der Demokratie stillen.

 

Dies wird geschehen, wenn wir dies zulassen, wenn wir nicht erkennen, dass im Wege einer natürlichen Gegenbewegung fundamentale Gefahren drohen. Es wird geschehen, wenn wir nichts dafür tun, dass der Patient möglichst alt wird. Es wird geschehen, wenn wir uns nicht immer vergegenwärtigen, dass die Demokratie das Ding ist, dessen Verteidigung und Weiterentwicklung lohnend ist.

Die Demokratie ist die freieste und verteidigungswerteste je gelebte Gesellschaftsform. Je weiter sich die Menschen in unserem abendländischen Kulturgebiet jedoch von den Zeiten des Absolutismus und der Diktatur entfernen, desto fahrlässiger gehen sie mit den wertvollen Errungenschaften der Demokratie um. Die lange Zeitdauer der „relativen" Demokratie hat die Instinkte eingeschläfert, bequem und gesättigt gemacht.

 

Mir scheint sie unbedingt erhaltenswert, sie ist aber renovierungsbedürftig.  Viel schlechtes Wetter und Stürme bekommen ihr nicht, dann fault sie. Gerade dies geschieht durch Folgelasten, die die Herrschenden vorsätzlich und nur im gnädigsten Falle fahrlässig den Folgegenerationen überbürden.

 

Für den Ausblick, wie es in unserem Kulturgebiet mit der Demokratie weitergeht, möchte ich deshalb die Geschichte bemühen. Eine Frage wäre etwa, ob in 150 Jahren die Menschen hier auch noch oder vielleicht schon wieder in einer Demokratie - in welcher Ausgestaltung auch immer- leben werden.

 

Im Kleinen habe ich zunächst keine Hoffnung, dass sich an der Moral der Regierenden etwas entscheidendes ändern wird. Die aristotelische Ansicht in der Nikomachischen Ethik, dass Ethik und Politik zusammengehören, scheint allenfalls noch tauglich als Stoff für eine Komödie.

 

Anfangs stellte ich fest, dass man nicht unter den Besten wählen kann. Damit meinte ich im Wesentlichen, dass die einzelnen Abgeordneten eben dem Machterhaltungsstreben hinterhertaumeln. Um loslassen zu können, müssten sie über eine Ausbildung verfügen.

 

Es kann nicht sein, dass vom Bürger in vielen Lebensbereichen Prüfungen und Sachkundenachweise verlangt werden, Politiker jedoch mit dem mächtigsten Spielzeug „Macht" spielen dürfen, ganz ohne Nachweise.

Sie sollten zumindest darüber informiert sein, wo die Demokratie herkommt und wie man mit Macht umgeht.

 

Unsere heutigen Politiker müssten auch erkennen, dass die Staatsform am nachhaltigsten und stabilsten ist, in der das Volk seine Interessen am besten vertreten sieht. Dies ist dann der Fall, wenn es möglichst viel selbst bestimmen kann.

Da es im Moment eben fast gar nichts selbst bestimmen kann, wird die Instabilität nur von der noch bestehenden Bequemlichkeit überdeckt.

 

Dies wird jäh enden, wenn das bereits wankende finanzielle Verteilsystem sein müdes Haupt zur Seite neigen wird, es dann nichts mehr zu verteilen gibt.

Um die Politik vom kurzfristigen egoistischen Denken wegzuführen, bleibt nur die Einführung großer plebiszitärer Anteile in die Verfassung, um wirkliche Volksabstimmungen zu ermöglichen und eine direkte Einbindung des Bürgerwillens in das gesellschaftliche Tun zu gewährleisten. Ohne eine solche Änderung ist keine Gesundung des politischen Bereitschaftspotentials des Bürgers möglich, die Entfremdung bleibt sonst Tagesordnung und wird zum tradierten Wert.

 

Ohne die Hinzufügung einer umfassenden plebiszitären Ingredienz ist die jetzige Form nicht überlebensfähig. Ich sage auch weshalb. Nämlich weil durch das schlechte Vorbild der Politik niemand mehr freiwillig bereit ist, dafür zu kämpfen!

 

Ich hoffe nicht, dass sich in meinem eigenen Lebenskreis die machiavellische oder platonisch-apokalyptische Prophetie, nämlich die Ablösung der Demokratie durch eine Anarchie bzw. Tyrannei, als Wahrheit erweisen wird.

 

Platon, Machiavelli und Rousseau werden möglicherweise langfristig Recht behalten. Um in der grammatikalischen Form Futur II zu schreiben, die Geschichte wird sich „eines Tages" wiederholt haben. Die empirischen Fakten der letzten zweieinhalbtausend Jahre sind für diese Annahme geradezu erdrückend.