Rudi Kölmel im November 2003 i.d.F vom 01.07.2012

 

Carpe diem, das Jetzt und die Zeit

 

1. anthropologische Komponente der Zeit

 

Jeder hat wohl schon oft ausgesprochen, man habe jetzt keine Zeit, woher solle man denn die Zeit hernehmen, für so was habe man überhaupt keine Zeit, wann man Zeit habe, wisse man nicht und Ähnliches. Es ist erstaunlich, wie wenig Menschen sich Gedanken über diese oft getroffenen Aussagen machen, wie scheinbar leichtfertig sie mit einem der bedeutendsten Begriffe des Seins jonglieren.

 

Da ich in einem unbewussten Augenblick diese Aussagen dann und wann, wenn auch immer seltener, auch noch treffe, möchte ich diesen Bereich mal etwas näher beleuchten.

 

Die Zeit, so meine ich, hat für den Menschen eine anthropologische Komponente, geboren aus der Denk- und Planfähigkeit des Menschen, seiner Todesgewissheit nämlich. Am Anfang war die Zeit des Menschen Begleiter, er begleitete sie mit seinen Instinkten und Gefühlen. Es gab eine Zeit zu jagen, eine Zeit, sich auf den Winter vorzubereiten. Bald schon verkürzte er die Pluralität des Zeitbegriffs auf die Lebenszeit, seine eigene natürlich.

 

Hieraus entsteht, zumindest unterschwellig, Furcht und Angst. Das Gegenmittel ist der Versuch der Kompensation. Das ist auch der Punkt, wo die Authentizität des  Menschen der Jetztzeit die Zeit nicht mehr als Chance, sondern als Feind realisiert.

Womit aber bekämpft er sie, kann er sie doch nicht ansprechen, bitten, ihr drohen, sie bestrafen. Er bekämpft sie, indem er sie hetzt, sie nicht mehr zur Ruhe kommen lässt. Der Mensch personalisiert sie, er hat sie in das System der Uhr gezwungen. Er versucht sie zu kontrollieren, seine Macht über die Zeit demonstriert er mit unzähligen Blicken auf die Uhr.

 

Im Großen legt er die Erdzeitalter fest, im Zusammenhang mit der technischen Welt etwa Begriffe wie Industriezeitalter, Atomzeitalter, Computerzeitalter, Informationszeitalter etc. Ist das aber wirklich die Zeit oder das Abbild eines Etwas, das sich der Mensch zu seinem beliebigen Gebrauch festlegt. Es scheint klar, dass die in die Uhr gepresste Zeit ein wesentlicher Bestandteil des strategisch planenden

das Wesen der Zeit an sich nicht erfasst. Vermag denn das Menschlein wirklich, einen Teil der Ewigkeit festzuhalten, denn genau das versucht diese realitätsabgewandte Spezies nämlich. Solange der Mensch auf die Uhr schaut, fühlt er sich im Augenblick verhaftet und im Augenblick wähnt er seinen schlimmsten Feind, der am Ende der eigenen Zeit steht, den Tod nämlich, noch weit weg.

 

Das Menschlein weiß aber irgendwie doch um das Ende seines Herumwaltens, deshalb hat es sich noch schnell einen Gott erschaffen und ein Jenseits, in dem es sich nach dem Tod trefflich weiterleben lässt. Doch die Zeit hat eben Zeit, sie ist großzügig und vergibt scheinbar die kleinen gegen sie gerichteten Untauglichkeiten und Interpretationen des Vereinnahmungswesens Mensch. Das Menschlein, das am Anfang seines Lebens noch so viel in die Zeit reinpackte, das Rad des Lebens immer schneller antrieb, greift im zunehmenden Alter manchmal sogar zu sehr verzweifelten Mitteln und lässt sich die Zeitfalten wegoperieren oder Frischzellen spritzen.

 

Darüber kann die Zeit aber nur lächeln, weiß sie doch genau, dass sie dieses Spiel schon so oft gespielt und immer gewonnen hat, weil sie nämlich ewig ist.

 

2. Aussagen über die Zeit

 

Aussagen über die Zeit wurden schon viel früher gemacht und sie werden heute noch gemacht. Sie verdienen es, dass man darüber nachdenkt, dem Sinn darüber nachdenkt.

 

 

2.1 Buddha (560 v.Chr-480 v. Chr.)

 

Buddha war Zeitgenosse von Heraklit und 10 Jahre älter. Der Zeitbegriff wird unterschiedlich gesehen, während in der abendländischen Philosophie die Zeit etwas Kontinuierliches ist, das sich aus der Vergangenheit über die Gegenwart in die Zukunft erstreckt (sh. Aristoteles), ist für den Buddhismus die Zeit kein zusammenhängendes Fließen, sondern ein ewiges Fließen im ununterbrochenen Entstehen und Vergehen der Dharmas (Bestandteile alles Seienden). Es ist kein zusammenhängendes Fließen, sondern eben ein Strom von einzelnen Seinsmomenten.

 

2.2 Heraklit von Ephesos (550-480 v.Chr.)

 

einer der bedeutendsten Vorsokratiker beschrieb das „Werden" oder „Fließen" als wesentlichen Bestandteil der Wirklichkeit, das allen Dingen, auch den scheinbar unveränderlichen, zugrunde liegt (panta rei: alles fließt). Hierzu hat er den berühmten Satz geprägt: „Niemand kann zweimal in denselben Fluss steigen."

 

2.3   Platon (428-347 v. Chr.)

 

betrachtete das Verhältnis zwischen Zeit und Ewigkeit. Im Dialog Timaios bezeichnete er die Zeit als bewegliches Abbild der Ewigkeit. Da die Ordnung des Kosmos nicht aus dem Nichts entstanden sein kann, müsse es ein Urbild, eine zeitlose Idee geben, die vor dem Werden lag. Die Ewigkeit (griech. Aion) hat weder Anfang noch Ende und ist die ungeteilte Einheit aller Zeiten des gesamten Kosmos. Chronos, die Zeit, ist Werden und Vergehen. Man sehe dies an den zyklischen Lebensphasen, beginnend mit der Kindheit, der Jugend, dem Zyklus der Reife und dem Alter.

 

2.4   Aristoteles (384 – 322 v. Chr.)

 

machte die Zeit zählbar, indem er sie als Messzahl von Bewegung hinsichtlich des Davor und Danach definierte. Zeit sah er als Bewegung. Die Unterscheidung der vergangenen mit der nachfolgenden Bewegung mache bewusst, dass Zeit vergangen ist, sie ist eine Linie, die sich von der Vergangenheit in die Zukunft erstreckt. Wir fragen uns, was ist dann der Augenblick, das Jetzt. Er ist die Schnittstelle zwischen Vergangenem und Künftigem. Der Augenblick selbst ist Voraussetzung für Vergangenes, ohne den Augenblick, das Jetzt, gibt es die verflossene Zeit, also die Vergangenheit nicht.
Der Augenblick unterscheidet sich grundlegend von der Zeit, die messbar, zählbar ist. Der Augenblick ist kein Bestandteil der Zeit, er hat keinerlei Ausdehnung. Was noch als Augenblick empfunden wird, ist bereits vergangen und gehört der Vergangenheit an.

Diese zum Teil abstrahierten Grundüberlegungen führten Aristoteles zu Fragen wie der Mensch handeln solle, wie er sich in der Gegenwart verhalten solle. Die Gegenwart hat im Gegensatz zum Augenblick eine zeitliche Ausdehnung. Seine Gedanken hat er in der Nikomachischen Ethik niedergelegt.
Um sich richtig zu verhalten soll man das tun, was den eigenen Möglichkeiten und der Situation entspricht.

 

 

2.5 Altes Testament, „Buch Kohelet" Salomon 3. Kap., Vers 1-8 und 22, 3 Jhdt. v. Chr.

 

Im poetischen Buch „Kohelet“ des Alten Testaments, welches das Denken des Menschen beschreibt, wurde die Zeit, der Augenblick und die Nutzung der Zeit angesprochen. Es ist aus meiner Sicht ein bemerkenswertes Wortgemälde, das der heraklitischen Sichtweise entspricht, dass sich alles verändert.

„Ein jegliches hat seine Zeit und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde:

geboren werden hat seine Zeit, sterben hat seine Zeit

pflanzen hat seine Zeit, ausreißen, was gepflanzt ist, hat seine Zeit

töten hat seine Zeit, heilen hat seine Zeit

abbrechen hat seine Zeit, bauen hat seine Zeit

weinen hat seine Zeit, lachen hat seine Zeit

klagen hat seine Zeit, tanzen hat seine Zeit

Steine wegwerfen hat seine Zeit, Steine sammeln hat seine Zeit

herzen hat seine Zeit, aufhören zu herzen hat seine Zeit

suchen hat seine Zeit, verlieren hat seine Zeit

behalten hat seine Zeit, wegwerfen hat seine Zeit

zerreißen hat seine Zeit, zunähen hat seine Zeit

schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit

lieben hat seine Zeit, hassen hat seine Zeit

Streit hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit „

 

Die Philosophie mit dem Drang zur Hinterfragung nach dem Grund, dem Ursprung und dem Sinn allen Seins hat sich mit dem Zeitbewusstsein intensiv auseinandergesetzt. Der Mensch hat zuerst gestaunt, dann gefragt, weshalb etwas ist und vielmehr nicht nichts ist und wie dieses Sein in das Werden eingebunden ist. Die Zeit wird vom Menschen durch die Seele erlebt, die sich an die Vergangenheit erinnert, die Gegenwart wahrnimmt und die Zukunft erwartet.


2.6. Horaz (65-8 v. Chr.) Carpe diem 

 

Der Ausspruch „carpe diem“ in der Ode carmen 1,11 des römischen Dichters Quintus Horatius Flaccus, genannt Horaz, einem der bedeutendsten Vertreter des sogenannten Goldenen Zeitalters der römischen Literatur, hat bis heute seine Bedeutung, gerade für unsere jetzige kurzweilige Welt behalten.

Ich bin davon überzeugt, dass es sich um eine alle Religionen und Weltauffassungen überspannende Lebensweisheit handelt, die die Zeiten des künftigen und restlichen irdischen Seins und Werdens begleiten wird, solange es Menschen gibt.

 

Die Zeit lässt sich nicht halten (fugerit aetas), deshalb koste den Moment aus (carpe diem), lautet die Botschaft von Horaz. Er verbindet das Pflücken (carpe) der entfliehenden Zeit mit der Notwendigkeit, den Tag zu nutzen (diem).

 

Die Einfachheit und Prägnanz des horazischen Wortspiels in dem lyrischen Gedicht Carmen gliedert sich in zwei grundlegende Bereiche, der Weinmetapher und dem eigentlichen carpe diem.

 

2.6.1 Text und Übersetzung

 

Carpe diem wurde vielseitig gedeutet und auch in verschiedene Variationen übersetzt. So füge ich beispielsweise zwei geringfügig verschiedene Übersetzungen bei:

 

Tu ne quaesieris, scire nefas, quem mihi, quem tibi

finem di dederint, Leuconoe, nec Babylonios

temptaris numeros. ut melius, quidquid erit, pat i .

seu pluris hiemes seu tribuit Iuppiter ultimam,

quae nunc oppositis debilitat pumicibus mare

Tyrrhenum: sapias, vina l iques et spatio brevi (das ist die Weinmetapher)

spem longam reseces. dum loquimur, fugerit invida

aetas: carpe diem, quam minimum credula postero!

 

Du frage nicht, es zu wissen wäre Verstoß gegen göttliches Gebot, welches Ende mir, welches dir die Götter geben, Leukonoe, und verlege dich nicht
auf Sterndeuterei. Wieviel besser ist es, zu ertragen, was auch immer sein wird.
Sei es, daß Jupiter noch mehr Winter, sei es, daß er schon den letzten uns zugeteilt hat, der jetzt an schroffen Klippen das tyrrhenische Meer bricht.
Sei weise, kläre den Wein und bemesse eher kurz deine auf Dauer angelegte Hoffnung. Denn noch während wir sprechen, ist die missgünstige Zeit schon entflohn.

Greife diesen Tag und vertraue am allerwenigsten dem nächsten!

 

Nun die andere Übersetzung:

 

Forsche nicht, Leukonoe - Frevel ist es ja -, wann mir, wann dir die Götter das Ziel gesetzt, lass astrologische Rechenkünste! wie viel besser, man trägt sein Los, wie es auch fällt.
Ob Jupiter mehr Winter schenkt, ob dies der letzte ist,
der das Tyrrhenische Meer dort an den steilen Klippen
bricht: Zeige dich klug! kläre den Wein, stelle die Hoffnung nur
auf das Heute ein! Während wir reden, flieht neidisch
die Zeit. Schenk' dem kommenden Tag kein Vertrauen, koste den Augenblick!

 

Horaz benützt als Stilmittel die Beschreibung menschlicher Handlungsweisen, um dann als „Gegenmittel" Empfehlungen auszusprechen. Seine Lebensfrist kennen zu wollen sei Frevel. Deshalb solle man nicht danach fragen. Zu erdulden was komme, sei besser. Deshalb solle man weise sein und das erkennen, was man hat und sich damit zufrieden geben.

 

 

2.6.2 Die Weinmetapher

 

 

Die einfache Wortwahl verbindet sich im Ganzen zu einer mir erscheinenden epochalen Wortgewalt, versüßt mit einer an glasierte Schattenmorellen erinnernden feingeschmacklichen Metaphorik, die ich besonders durch das wiederholte Lesen der Weinmetapher „sapias, vina l iques et spatio brevi " empfinde.

„Sei weise, kläre den Wein und bemesse eher kurz".

 

Im Aufbau steht die Weinmetapher vor carpe diem und zwar völlig zu Recht.

 

Dazu möchte ich mir jetzt Gedanken machen.

 

Diese Weinmetapher taucht in die Weiten der ontologischen Betrachtung des Begriffes des Gegensatzes ein. Das Ergebnis der Klärung des Weines sind zwei verschieden zu bewertende Begrifflichkeiten. Auf der einen Seite ein notwendiges Tun, das Bedenken und Überdenken der persönlichen Geschicke und auf der anderen Seite das Ergebnis.

 

Die Aufforderung zur Klärung des Weines, der zu filtern sei, sehe ich spiegelbildlich dafür, das Unwichtige und Unwesentliche im Leben herauszufiltern und auf die Seite zu stellen.

Die Trubstoffe, die beim Filtern übrig bleiben, stellen das Unwesentliche, das Uneigentliche, das Unnützliche, das Quantitative dar.

 

Der geklärte Wein versinnbildlicht dann das Wesentliche, das Qualitative, das Eigentliche, das Nützliche, eben das, was nach Horaz zu nützen, zu pflücken sei.

 

Ohne das von Horaz eingeforderte Klären des Weines bleibt carpe diem allenfalls ein Zufallsergebnis.

 

2.6.3 Carpe diem

 

Die beiden Worte Carpe diem sind der Kulminationspunkt in der Ode.

 

Wörtlich schrieb Horaz „Carpe diem quam minimum credula postero“ (Greif diesen Tag, nimmer traue dem nächsten). Die Aussage lässt sich auch mit „Nutze den Tag" oder „Genieße den Augenblick wiedergeben".

 

Damit ist klar, die Weinmetapher ist das Werkzeug, der Weg. Carpe diem ist dann das Ziel. Wie das Ziel erreicht werden kann, beschreibt Horaz nicht näher.

Die Beschreibung, wie der Wein zu klären ist, hat wenig später dann Seneca aufgegriffen.

 

Die Lebenszeiten von Horaz und Seneca haben sich fast berührt. Seneca hat sich zum Wesentlichen und Unwesentlichen des Lebens dann in „de brevitate vitae“ geäußert.

 

 

2.6   Lucius Annaeus Seneca, (4 v.Chr. bis 65)

 

Während Horaz hinsichtlich carpe diem mit der Weinmethaper nur grob den Weg weist, zeigt Seneca mit seinen Schriften (insbesondere de brevitate vitae) auf, was konkret erforderlich ist, um zu carpe diem zu gelangen.

 

2.6.1 Epistula morales 1, seneca ad lucilium; Vom Wert der Zeit

 

In epistula 1 berät er Lucillus, wie er mit der Zeit umgehen solle. Er gibt dabei den Ratschlag, die Zeit zu hüten und sich keine wegnehmen oder entschlüpfen zu lassen. Jede Stunde sei zu nützen. Man müsse erkennen, dass ein großer Teil des Lebens sich mit Dingen beschäftigt, die mit dem wahren Leben nichts zu tun haben.

 

„ (1) Folge meinem Rat, mein Lucilius, widme dich dir selbst, halte deine Zeit zusammen und hüte sie. Du hast sie dir bisher entweder geradezu wegnehmen oder heimlich entwenden oder auch nur entschlüpfen lassen. Glaube mir, es ist so, wie ich schreibe. Ein Teil unserer Zeit wird uns offen geraubt, ein Teil heimlich entzogen und ein dritter verflüchtigt sich. Am schimpflichsten aber ist derjenige Verlust, der auf Rechnung der Nachlässigkeit kommt.

 

Gib nur genau acht: Der größte Teil des Lebens fließt uns dahin in verwerflicher Tätigkeit, ein großer im Nichtstun und das ganze Leben in Beschäftigung mit Dingen, die mit dem wahren Leben nichts zu tun haben.

 

(2) Zeige mir den, der wirklichen Wert auf die Zeit legt, der den Tag zu schätzen weiß, der ein Einsehen dafür hat, dass er täglich stirbt. Das eben ist die große Selbsttäuschung, der wir uns hingeben, dass wir den Tod in die Zukunft verlegen. Zum großen Teil liegt er schon hinter uns, alles vergangene Leben liegt im Banne des Todes. Bleibe also dem in deinem Briefe kundgegebenen Vorsatz treu: Laß keine Stunde ungenützt vorübergehen. Nimm den heutigen Tag voll in Beschlag; dann wirst du weniger von dem folgenden abhängen.

 

(3) Mit dem Aufschieben lassen wir das Leben nur enteilen. Nichts mein Lucilius, ist unser wahres Eigentum, außer der Zeit. Dies flüchtige und schwer fassbare Gut ist das einzige, dessen Besitz uns die Natur vergönnt hat; und doch verdrängt uns der erste beste daraus. Ja, so groß ist die Torheit der Menschen, dass, während sonst auch das Kleinste und Unbedeutendste, wenn es nur überhaupt ersetzbar ist, von dem Empfänger als Schuldposten anerkannt wird, niemand sich als Schuldner fühlt demgegenüber, der ihm seine Zeit gewidmet hat, während dies das Einzige ist, was auch der Dankbare nicht erstatten kann."

 

2.6.2 Epistula morales 12, seneca ad lucilium (Otto Apelt Übersetzung 1924); mit jedem Tag so verfahren, als wäre er der letzte Tag

 

Der Erzieher Neros und Vertreter der Späten Stoa geht davon aus, dass das Leben der Menschen aus Kreisen besteht, dessen weitester das Leben von der Geburt bis zum Tode umfasst. Die kleinste Einheit ist ein Tag, deshalb muss jeder Tag so gestaltet werden, als könnte er der letzte sein. Die meisten Menschen allerdings sind nicht in der Lage, sich auf den Augenblick zu konzentrieren und verschwenden ihre Gedanken an die Vergangenheit oder in der Sorge um die Zukunft.

 

Auszug:

 

„Erstens muss er dem Jüngling nicht weniger vor Augen stehen als dem Greis. Denn wir werden nicht nach Alterslisten abgerufen. Sodann ist doch niemand so alt, dass man ihm einen Vorwurf machen könnte, wenn er noch einen weiteren Tag erhofft. Ein Tag aber ist eine Stufe des Lebens. Das ganze Leben besteht aus Teilen und setzt sich aus Kreisen zusammen, von denen immer ein größerer die kleineren umschließt. Einer von ihnen umfasst und begrenzt alle; er reicht vom Tag der Geburt bis zu dem des Todes; ein zweiter umschließt die Jahre der Jünglingszeit; ein dritter umspannt die ganze Kindheit. Es gibt ferner einen selbständigen Jahreskreis, der alle Zeiten umfasst, aus deren Vervielfältigung sich das Leben zusammensetzt. Den Monat umspannt ein engerer Kreis. Der engste Kreis gehört dem Tag, doch auch dieser erstreckt sich vom Anfang bis zum Ende, vom Aufgang bis zum Untergang.

 

Daher sagt Heraklit - der Dunkle, wie er wegen der Dunkelheit seiner Sprache hieß -: "Ein Tag gleicht allen". Das hat der eine so, der andere anders aufgefasst.

 

Der eine deutete es auf die gleiche Stundenzahl, und das ist nicht unrichtig, denn wenn der Tag ein Zeitraum von vierundzwanzig Stunden ist, dann müssen alle Tage einander gleich sein, weil, was der Tag verloren hat, durch die Nacht ersetzt wird.

 

Ein anderer sagt: ein Tag gleicht allen Tagen in Hinsicht auf seine Beschaffenheit; denn auch die längste Zeitspanne hat nichts an sich, was sich nicht auch an jedem einzelnen Tage fände, Licht und Dunkelheit. Und auch die wechselnden Weltperioden zeigen in dieser Beziehung keinen Unterschied (vom Einzeltag), nur die Länge (bei vermehrter Zahl der Einzeltage) und Kürze (des Einzeltages) macht den Unterschied.

Daher muss man mit jedem Tage auf das gewissenhafteste verfahren, als wäre er der letzte der Reihe und bringe die Summe der Lebenstage zum Abschluss.“

 

und ein weiterer Auszug:

 

„Der ist der Glücklichste und der unbedingt sichere Herr seiner selbst, der dem morgigen Tag ohne Bangen entgegensieht. Wer sagen kann: ."ich habe gelebt", der erhebt sich täglich zu neuem Gewinn. „

 

2.6.3 „de brevitate vitae“ oder „Die Kürze des Lebens“

 

Senecas Schrift hat seine Aktualität im Industrie- und Informationszeitalter nicht nur beibehalten, sondern sogar noch deutlich verstärkt. Ich sehe ihn als Lebensarchitekt, der trotz der Kürze des Lebens dieses als ausreichend lang ansieht um es sinnvoll einzurichten.

 

2.6.3.1 das Leben ist nicht kurz, sondern wir verschwenden nur zuviel, Kap 1

 

Offensichtlich möchte Seneca im ersten Kapitel zuerst die menschlichen Handlungsweisen anmahnen, nämlich die menschliche Neigung aufzuzeigen, Zeit zu verschwenden.

 

Non exiguum temporis habemus, sed multum peridiumus.

“Wir haben aber nicht wenig Zeit, wir haben viel vergeudet. Hinreichend lang ist das Leben und großzügig bemessen, um Gewaltiges zu vollbringen, würde man es im Ganzen nur richtig investieren. Doch wenn es uns in Genuß und Nichtstun verrinnt, wenn wir es keinem guten Zweck widmen, dann wird uns erst in unserer letzten Not bewusst, dass, was von uns unbemerkt verging, vorbei ist.

 

Ita est: non accipimus brevem vitam, sed fecimus, nec inopes eius, sed prodigi sumus.

So ist`s: Wir erhalten kein kurzes Leben, sondern haben es dazu gemacht, und es mangelt uns nicht an Zeit, sondern wir verschwenden sie.

 

2.6.3.1, Kap 1

 

 

 

 

 

2.7   Marc Aurel (121 bis 180 n.Chr.); man lebt nur in dem winzigen Augenblick, der gerade gegenwärtig ist

 

der Philosophenkaiser und Stoiker hat sich mit der Aussage über die Zeit in seinen Selbstbetrachtungen auseinandergesetzt, insbesondere in den berühmten Danksagungen im ersten Buch. Darin bedankte er sich in der zwölften Anmerkung bei dem Platoniker Alexandros, dass er bei ihm lernte, nicht zu oft und ohne Notwendigkeit jemandem zu sagen oder zu schreiben, dass man keine Zeit habe, und auf diese Weise die aus unseren Beziehungen zu unseren Mitmenschen erwachsenden Pflichten zu vernachlässigen, indem man andere Probleme vorschiebt.

 

Ein direkter Bezug zum Carpe diem von Horaz sowie Senecas Epistula morales 12 ad lucilium findet sich im Vierten Buch, Anmerkung 26 seiner Selbstbetrachtungen:

 

„Hast Du jenes gesehen? Sieh dir auch dieses an. Beunruhige dich nicht. Werde einfach und natürlich? Jemand macht einen Fehler? Der Fehler trifft nur ihn. Schön. Alles was passiert, wurde auch dir von Anfang an aus der Ganzheit des Kosmos zugeteilt und vorausbestimmt.. Überhaupt: Das Leben ist kurz. Man nutze das Dasein mit Vernunft und Gerechtigkeit. Sei nüchtern und gelassen."

 

Er erkannte, dass die Vergangenheit schon nicht mehr vom eigenen Handeln abhängt und man über die Zukunft noch nicht verfügen könne. Der Mensch könne allein die Gegenwart beeinflussen, deshalb müsse er sich auch auf den gegenwärtigen Moment konzentrieren.

So fordert er im dritten Buch Anmerkung 9 seiner Selbstbetrachtungen dazu auf, Dinge in das Bewusstsein aufzunehmen. In Anmerkung 10 schreibt er wörtlich:

 

„Also wirf alles von dir und halte nur an diesen wenigen Überzeugungen fest und sei dir noch dessen bewusst, dass jeder nur in diesem winzigen Augenblick lebt, der gerade gegenwärtig ist. Die übrige Zeit ist entweder schon verlebt oder liegt im Bereich des Ungewissen. Kurz ist also die Zeit, die jeder lebt, klein ist auch das Fleckchen Erde, wo er lebt."

 

2.8 Martin Heidegger ( 1889-1976)

 

Der deutsche Existenzphilosoph, hat sich –wenn vielleicht auch mit anderer Zielrichtung- mit carpe diem beschäftigt. Heidegger setzte sich in seiner Denkschrift „Gelassenheit" im Jahre 1955 anlässlich einer Rede zum 175. Geburtstag des Komponisten Kreuzer mit den beiden Arten des menschlichen Denkens auseinander, dem rechnerischen Denken und dem besinnlichen Denken. Interessanterweise schreibt er in hier einer Sprache, die klar und für jeden verständlich ist, während er sich für sein philosophisches Hauptwerk eigens geschaffene Wortbegriffe zulegt, die wohl nur ihm selbst und Eingeweihten zugänglich waren.

Mit dem rechnerischen Denken beschreibt er die Kalkulation mit fortgesetzt neuen, mit immer aussichtsreicheren und zugleich billigeren Möglichkeiten. Diese Art des Denkens hetzt von einer Chance zur nächsten, hält nie still und kommt nicht zur Besinnung. Das rechnerische Denken ist kein besinnliches Denken, das dem Sinn nachdenkt, der in allem waltet, was ist.

Die Vertreter des rechnerischen Denkens werfen ein, das besinnliche Denken schwebe über der Wirklichkeit, bringe nichts ein und verliere den Boden. Es tauge nichts für die Bewältigung der Wirklichkeit.

Das stimmt bei näherer Betrachtung jedoch überhaupt nicht, nach Heidegger bedürfe es beim Nachdenken, beim besinnlichen Denken gar nicht, hoch „hinauszugehen".

Er beschrieb hierzu kurz eine Zeit, in der gerade die ersten Fernsehgeräte Einzug in die Wohnzimmer gehalten haben.

 

Auszug aus „Gelassenheit“

 

„Stündlich und täglich sind die Menschen an den Hör- und Rundfunk gebannt. Wöchentlich holt sie der Film weg in ungewohnte, oft nur gewöhnliche Vorstellungsbezirke, die eine Welt vortäuschen, die keine Welt ist. Überall ist die >illustrierte Zeitung< greifbar. All das, womit die modernen technischen Nachrichteninstrumente den Menschen stündlich reizen, überfallen, umtreiben – all dies ist dem Menschen heute bereits viel näher als das eigene Ackerfeld rings um den Hof, näher als der Himmel überm Land, näher als der Stundengang von Tag und Nacht, näher als die Überlieferung der heimatlichen Welt."

 

Gerade für mich selbst hat diese Sichtweise besondere Bedeutung, habe ich doch selbst den Übergang von der „Alten Zeit", die noch nicht von den vielfältigen Sinnesreizungen des neuen Jahrhunderts geprägt war, erlebt. Zum Zeitpunkt der Denkschrift Heideggers war ich gerade geboren und der Zweite Weltkrieg lag gerade auch mal erst 10 Jahre zurück. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass Nachbarn trotz einer 48-Stunden Woche stundenlang auf der Bank zu sitzen pflegten und miteinander redeten. Was würde er meinen, könnte er die heutigen medialen Vereinnahmungsmechanismen erst sehen.

 

Wenn das rechnerische Denken nur noch Zahlen, Gewinne und das kurzweilig-umtriebige beschreibt, was ist denn dann das Gegenteil, das besinnliche Denken?

 

Das besinnliche Denken ist das Denken an das Naheliegende, das Nächstliegende, welches uns hier und jetzt angeht.

 

Heidegger, dessen Sprache in seinen Schriften sonst vielleicht eher schwer zu verstehen ist, oft muss man größere Hinterfragungsrituale starten, erscheint mir in dieser Denkschrift so klar und verständlich, mich an einen munter dahin plätschernden Bergquell erinnernd. Hier gefällt mir insbesondere die Erinnerung des Menschen an das Bodenständige, das er auch mehrfach in der Denkschrift anspricht.

 

Martin Heidegger stellt in „Die Grundbegriffe der Metaphysik" (Band 29/30 der Gesamtausgabe, § 28, Tieferwerden der zweiten Form der Langeweile) auch Gedanken über die Zeit an.

 

Er stellt die Frage, weshalb man eigentlich die Zeit braucht, über die man sagt, man habe sich nicht. Eben, weil man sie verwenden will, wofür jedoch? Für die alltäglichen Beschäftigungen, deren Sklaven wir längst geworden sind. Er meint, die Menschen haben keine Zeit, weil sie nicht lassen können von dem Mittun bei allem, was gerade los ist. Am Ende sei dieses Keine-Zeit-haben eine größere Verlorenheit des Selbst als jenes sich Zeit lassende Zeitverschwenden.

 

In dem Zeit-haben liege eine weit größere Ausgeglichenheit und damit Sicherheit des Daseins, ein Bei-sich-selbst-sein, das zum mindesten ahnt, dass das Wesentliche im Dasein durch keine Betriebsamkeit und Hetze erzwungen werden kann. Das keine-Zeit-haben sei aus seiner Sicht vielleicht die größte Verlorenheit an die Banalitäten des Daseins.

 

 

4. Kairos (der rechte Augenblick) und die Sägemehlmetapher

 

Durch Erfahrung und Reflexion entwickelt der Einzelne ein Gespür für den rechten Augenblick, den Kairos. Der Kairos ist qualitativ bestimmt. Die Zeit ist reif für etwas und erfüllt, wenn man genau das tut, was in keinem anderen Augenblick möglich ist. Das Gelingen einer Handlung löst Glücksgefühle aus. Viele Glücksgefühle sind Trittstufen für die Glückseligkeit, für eudaimonia (griech.).

Die Gedanken über den richtigen Augenblick sind für mich ganz und gar nicht nur theoretischer Natur. Den richtigen Augenblick gibt es natürlich in allen Bereichen menschlichen Handelns. Ich darf beispielsweise an eine ganz einfache Sache erinnern, wie sich jedes Jahr die Bauern mit der Frage beschäftigen, wann ist der richtige Augenblick, Kartoffeln zu setzen oder Getreide anzupflanzen oder Heu zu ernten. Man denke auch an einen jahrelangen Kettenraucher, der urplötzlich endgültig mit dem Rauchen aufhört, danach gefragt , wie er das gemacht habe, antwortet er, von einem Augenblick auf den anderen. Er hat sich vielleicht keine Gedanken darüber gemacht, er hat den richtigen Augenblick gefunden. Hätte er zu einem anderen Zeitpunkt aufgehört, hätte er wieder mit dem Rauchen angefangen.
Ich denke, man kann ihn nur bewusst und intensiv erfahren, wenn man in der Lage ist das Wesentliche vom Unwesentlichen zu trennen. Ich selbst habe den richtigen Augenblick schon oft sehr bewusst erlebt, es ist jedes Mal eine grandiose zeitliche Eingrenzung der Vergangenheit und der Zukunft, der Augenblick eben, in dem ich dann auch immer wieder erkenne, ein Teil der allumfassenden schöpferischen Vernunft zu sein, wie auch immer diese aussieht. Doch dies ist wieder ein anderes Thema.

Die Stoiker meinten, die Konzentration auf den Augenblick müsse immer wieder erneuert werden, insbesondere müsse man sich bewusst machen, dass nur der gegenwärtige Augenblick zu Verfügung steht.

 

Sowohl Seneca als auch Marc Aurel vertraten die Auffassung, der Mensch müsse den Druck aus der Vergangenheit und die Furcht und Angst vor der Zukunft überwinden. Die Vergangenheit hänge nicht mehr vom eigenen Handeln ab und über die Zukunft könne man noch nicht verfügen. Deshalb könne der Mensch nur die Gegenwart beeinflussen, da er nur in ihr die Freiheit hat, sich zwischen Gut und Böse zu entscheiden, also tugendhaft zu leben oder nicht.


Nach Auffassung der Stoiker hängt das menschliche Glück nur vom ethischen Verhalten ab.

Sie forderten eine dauernde Übung, um die Konzentration auf die Gegenwart zu erreichen. Hierzu gehörte auch das »praemeditatio malorum«, das Nachdenken über das vermeintlich größtmögliche auf den Menschen zukommende Übel, den Tod. Marc Aurel notierte hierzu: »Dies bringt die Vollkommenheit des Charakters mit sich, jeden Tag, als ob er der Letzte wäre, zu durchleben, und weder sich aufzuregen noch abgestumpft zu sein noch zu heucheln«.

 

Der Mensch ist wohl im Gegensatz zu den Tieren mit dem Fluch beladen, Vergangenes erneut zu erinnern, aufzubereiten und abzuwägen, als könnte er an der Vergangenheit etwas ändern. Gerade schmerzliche frühere Empfindungen führen zu einem Erinnern, während schöne Dinge weniger häufig neu bedacht werden.

 

Zur Erarbeitung der Fähigkeit, keine Bedrückungen aus der Vergangenheit mehr zu empfinden, hilft es, über das Wesen des Sägemehls nachzudenken. So kommt dem Sägemehl durchaus die Wirkung einer Metapher zu.

Das Sägen der Bäume entspricht dem Werden und Vergehen menschlichen Seins, seiner Tätigkeiten, seiner Verrichtungen und Gefühle. Es sind die Jahre, die kommen und gehen. Mit jedem Jahr wird ein Baum gesägt.

 

Beim Sägen der Bäume fällt Sägemehl an.

 

Genauso, wie man Sägemehl nicht mehr erneut sägen kann, ist Vergangenes eben Vergangenes, an dem man nichts mehr ändern kann. Deshalb erweist es sich als nutzlos, Ressourcen für Sorgen der Vergangenheit zu verbrauchen.

 

Es ist einfach nutzlos, im Wüstensturm eine 300 Meter lange und 30 Meter hohe wandernde Sanddüne mit den Händen aufhalten zu wollen.

 

Solange man dies versucht, sich nur der Bedrückungen erinnert oder Sorgen befürchtet, vermag man keine auch noch so kleine brillierende Realitätswahrnehmung des Augenblicks zu empfinden.

Das regelmäßige Wachrufen der Gewissheit des für mich und für jeden Menschen irgendwann eintretenden Todes soll jedoch nicht zur Lebensverneinung, zur Depression und zum ausschließlichen Rückwärtsschauen führen, nicht zum absoluten Verharren der Eigeninitiative und auch nicht zum Gefühl der Ziellosigkeit und Bedeutungslosigkeit des Lebens. Dies wäre einengend kontraproduktiv und dem Sinn des menschlichen Seins abhold.

Für mich persönlich existiert das menschliche Sein in seiner Gesamterscheinung als ein bestimmungsgemäßes Ergebnis eines geplanten oder ungeplanten kosmischen Willens oder kosmischen Vernunft. Dieses Denkmodell entspricht auch der von mir favorisierten pantheistischen Auffassung.

 

Die menschliche Anthropologie lehrt uns das Nach-Vorne-Schreiten und nicht die lähmende oder verharrende Eigeninitiative, sonst hätte sich die Menschheit niemals des ersten Werkzeuges, des Faustkeils und des Speers, bedient. Lange tat der Mensch dies im Einklang mit der Natur. Die im Zeitalter der Industrialisierung und Technisierung freigewordenen gewaltigen Schritte erweisen sich aber allmählich auch als Schritte der Gefährdung.

 

Carpe diem darf in diesem Zusammenhang durchaus auch als Mahnspruch an die gesamte Menschheit verstanden werden.

 

Das Ergebnis menschlichen Tuns ist für mich umso sinngemäßer, je mehr es mir gelingt, die aufzuwendenden Kräfte nicht sinnlos durch die gleichzeitige Vergangenheits- Gegenwarts- und Zukunftsschau zu verzetteln, sondern die ganze Entschluss- und Willenskraft auf die augenblicklich zu verrichtende Tätigkeit, zu lenken.

 

Indem ich die ungeteilte Aufmerksamkeit auf das fokussiere, was nur in diesem Augenblick getan werden kann, scheiden sich Wesentliches und Unwesentliches, Nützliches und Unnützliches, Eigentliches und Uneigentliches, Qualitatives und weniger Qualitatives voneinander.

Erst dann, wenn sich im Sinne der horazischen Ode Karmen 1,11 der Wein geklärt hat, stellt sich Präsenz ein, reines ungetrübtes Erleben des weltgeschichtlichen Augenblickes.

Die Gegenwart ist nun kein flüchtiges Treffen zwischen Vergangenem und Zukünftigem mehr, in ihr spiegelt sich wie unter einer Lupe das gesamte Weltbild, gleichsam die Summe der Zeitschichten, der Entwicklungen, der Erwartungen, der Werte.

 

Im Augenblick ereignet sich für mich momenthaft der harmonische Einklang mit mir selbst und der an Ewigkeit anmutenden Vernunft und Ordnung des Kosmos und gebiert in einer impulsiven Erweiterung der Realitätswahrnehmung das Bewusstsein, ein sinngemäßes Teil des Ganzen zu sein.
Sinngemäßes Teil des Ganzen zu sein, heißt für mich nicht die Last, tradierte Werte erfüllen zu müssen, etwa in den Augen Anderer etwas Bestimmtes erreichen oder bewerkstelligen zu müssen, sondern eben die einfache und schlichte sinngemäße Seinserfüllung zu spüren; dies auch mit der Gewissheit, eines Tages nicht mehr zu sein. Diese Nachwirkung des dann „Nicht-mehr-Seins", die ich ja dann nicht mehr bewusst erleben werde, ist selbst auch wieder sinn- und naturgemäß. Es ist naturgemäß, da in der Betrachtung der Relation des Teiles zum Ganzen die vernünftige Schöpfung dies so eingerichtet hat. Ein Beispiel werde ich bei der Betrachtung des Gartenjahres noch gesondert beschreiben.

 

Über die Jahrhunderte haben sich dann immer wieder Menschen damit befasst, so etwa einer der bedeutendsten Vertreter der Moralisten, der französische Schriftsteller Jean de La Bruyère (1645-1696). Mit seiner Feststellung "Es gibt für den Menschen nur drei Ereignisse; geboren werden, leben und sterben. Aber er merkt nicht, wenn er geboren wird. Er leidet, wenn er stirbt. Und viele vergessen zu leben!" führt er die Linie der Stoiker fort.

 

5. Carpe diem im Wandel der Zeit

 

Meiner Ansicht nach erfordert die Betrachtung des Ausspruches „Nutze den Tag" zunächst einen Vergleich im Wandel der Zeit. Auch die Klärung der Frage, was eigentlich damit bezweckt wird und was angemahnt wird.

Im antiken Weltbild wurde großen Wert auf die qualitativen Aspekte des Zeiterlebens gelegt, insoweit wurde „Carpe diem" als Aufforderung verstanden, seine Zeit nicht mit unnützen Dingen zu vertun.

In der heutigen Epoche stehen die quantitativen Aspekte, die Quantifizierung im Vordergrund, nach dem Motto, wie viele Verrichtungen kann ich in einen Tag hineinpacken, was kann ich alles erledigen, wie kann ich künftig noch mehr erledigen. Viele benötigen zur Bewältigung des Tages schon einen Organizer, im Urlaub dann einen Animateur.

Sie denken, sie nutzen den Tag, wenn sie von einem Termin zum anderen hetzen, morgens in einer Besprechung in München, nachmittags Vernissage in Stuttgart, abends Geschäftsessen in Freiburg.

Allerorten hört man von dieser Spezies, ich muss dies und muss jenes tun. Gottfried Ephraim Lessing lies in seinem Werkes „Nathan der Weise" (I, 3. Aufzug) , zu diesem angeblichen „Müssen" etwas wissen. Da sagte Nathan der Weise zum Derwisch „Kein Mensch muss müssen". Müssen tut der Mensch aus meiner Sicht nur weniges, atmen, essen, trinken und sterben.

„Carpe diem" dient nur vielfach nur noch als „hingeworfene Phrase" zur Selbstberuhigung für eine im übrigen am Konsum ausgerichtete Lebensführung, in der schon gar kein Platz mehr für das besinnliche Denken ist.

Nein, unter qualitativen Gesichtspunkten nutzen diese Menschen den sicherlich Tag nicht, sie verschwenden ihn.

Sie sehen vielfach nur mit den Augen oder der Geldbörse.

Sie sollten sich mal mit dem Schlüsselsatz der Erzählung des „Kleinen Prinzen" von Antoine de Saint-Exupery vertraut machen, als der Fuchs zum Prinzen sagte, man sehe nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche bleibe für die Augen verborgen.

Gandhi meinte zu den Begriffen Hektik und seelischer Ruhe, es gäbe Wichtigeres im Leben, als ständig dessen Geschwindigkeit zu erhöhen. Er hatte wohl recht.

 

 

Eingebunden in die gedanklichen Zusammenhänge, die gespeist sind von den Gaben der früheren Denker und dem freudigen Erwarten des Sinnens künftiger Denker treibt mich der Gedanke um, weshalb in der anthropologischen Seinswerdung des Menschen, angefangen von den ersten Werkzeugen bis hin zu unserer heutigen technischen Hochentwicklung, die Menschen dennoch immer häufiger behaupten, keine Zeit zu haben.

 

Sieht man die Aussage Senecas , die im 1. Jahrhundert gemacht wurde, im Kontext, muss es verblüffend machen, dass er damals meinte, es sei nicht zu wenig Zeit, die zur Verfügung stehe, nur zu viel, die vergeudet werde. Was würde er wohl heute dazu sagen, könnte er gleichsam einer hypothetisch-historischen Retrospektive sehen und bewerten, was sich in den letzten 1900 Jahren zugetragen hat?

 

All die Erfindungen, Maschinen, Anlagen und Computer haben die Menschen in die Lage versetzt, viele Arbeit durch Maschinen zu erledigen. Die Ersetzung des Faktors Mensch durch Maschinenkapital setzte also immer mehr Zeitpotential frei.

 

Müssten die Menschen denn dann zwangsläufig nicht wirklich sehr viel mehr Zeit haben. Unzweifelhaft ja, schon bei der Betrachtung der Entwicklung der durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit und des Urlaubs über den Zeitraum der letzten hundert Jahre hinweg. Die Arbeitszeit verringerte sich immens zugunsten der Freizeit.

 

Die Sozialisation des Menschen entwickelt sich zu einer Art Freizeitgesellschaft. Es wird gearbeitet, um die Freizeit zu finanzieren. Diese Freizeitgesellschaft ist durchkonstruiert, durchzogen und durchwoben vom Haben-Müssen und Tun-Müssen und führt letztlich oft zum Zustand des völligen Verplant-Seins. Trotz der sich ständig vermehrenden Zeitschneise der Freizeit, reicht die Zeit angeblich gar nicht. Gerade dieses Verplant-Sein charakterisiert meines Erachtens viele Menschen. Keine Zeit zu haben, ist bereits eine befindliche Stimmung, die für viele den Normalzustand beschreibt. Dabei erkennen Sie dann nicht mehr das wesensmäßige Dasein. In der Endphase benötigt der Mensch dann eben Freizeit von der Freizeit, bis ihn auch dies verödet. Dies ist dann der Zustand, in dem er die Frage nach dem Sinn des Seins, die Frage nach dem wesensmäßigen Urgrund seines Selbstseins gar nicht mehr stellen kann.

 

Dies kann aber wohl nicht die von Nietzsche begehrte Überwindung des Menschen sein oder ist die Jetztstunde, die derzeitige Weltstunde etwa noch nicht reif für Nietzsche?

Viele Dinge um mich herum bestimmen mich zu der Meinung, dass die Zeit noch nicht reif ist für Nietzsche. Könnte er aus dem Jenseits eine Zeitreise machen, würde er wohl sagen „schön, aber ich komme in hundert Jahren mal wieder vorbei".

 

Dies alles ist Auftrag und Verpflichtung für das Individuum zugleich, an sich selbst zu arbeiten, um den Selbstläufern der oben geschilderten, sich entwickelnden Automatismen, entgegenzuwirken.

Dennoch besteht keinerlei Recht, Handlungsweisen nach der nur quantitativen Nutzung des Tages oder dem rechnerischen Denken als falsch zu bezeichnen, möglicherweise sind diese Menschen damit gerade zufrieden. Überlegungen hierzu sollen nur dazu dienen, anzuregen und etwa auch einen anderen Weg aufzuzeigen.

Es erscheint mir in diesem Zusammenhang gerade wichtig, sich ständig der kritischen sokratischen Selbsterkenntnis zu unterwerfen, um die Scheuklappen des Alltagslebens abzustreifen, die Korsettstangen abzuwerfen, in denen wir uns verfangen haben oder zu verfangen drohen.

Ganz bewusst möchte ich mich auch nicht in den zum Teil sehr individuellen und oft nicht mehr erschließbaren Gedanken(allein)gängen vieler Philosophen verstricken oder verfangen. Es erscheint mir hier auch einfach mal die Frage erlaubt, weshalb die Sprache vieler Philosophen eigentlich Mauern aufbauen, die sie eigentlich abbauen sollen. Wer von den nicht geisteswissenschaftlich angehauchten Personen soll ihre oftmals verschachtelte und dem Wahrnehmungsbereich abgewandten Formulierungen und Ausdrucksweisen verstehen? Soll denn die Philosophie nur für Geisteswissenschaftler gelten?

 

6. Meine Beispiele für carpe diem

 

Es nützt nichts, sich das Carpe diem anzulesen, gleichsam literarisch zu erschließen, nein, Carpe diem muss man selbst leben und erleben.

Hierzu reichen für mich ganz einfache Dinge aus, für die man weder Kontinente überqueren noch irgendein Hochschuldiplom erringen muss. Ganz einfache Dinge, die aber dennoch in den pluralistischen Erscheinungsformen so mannigfaltig sind, dass sie mir besinnlich erscheinen, mich qualitativ ansprechen und mich inspirieren:

 

Eines Tages kam ich in den Besitz einiger Jahresbände des Badischen Landwirtschaftlichen Wochenblatts. Im Band von 1916 inserierte ein damals gerade 40 Jahre alter Landwirt, der eine 10 jährige Tochter hatte, zwecks Bekanntschaft mit Heiratswunsch. Ich beginne darüber nachzudenken, wie der Mann sich fühlte. Er war wohl freudiger Erwartung, bald einen Menschen kennenzulernen, um mit ihm viele Jahre in Liebe und Eintracht zu verleben. Für ihn war es damals Zukunft, jetzt ist er nicht mehr, seine Tochter auch nicht. Es hat im Nachhinein wohl keine weitere Bedeutung, aber ich verspüre den Wunsch in mir, dass sich seine Wünsche erfüllt haben mögen. Ich wünsche mir für ihn, dass er trotz den schwierigen Jahren und der dunklen Zeit, die dann erst noch kam, mit seiner Frau, sollte er sie auf diesem Wege wirklich kennengelernt haben, mehr als einen Sonnenuntergang auf dem Gartenbänkchen erlebt hat. Ja, plötzlich ist mir dies sehr wichtig. Mit diesen Überlegungen verinnerliche ich auch den Ausspruch von Horaz „mors ultima linea", der Tod steht am Ende aller. Alles was Du siehst, wird äußerst schnell vergehen, und diejenigen, die zusehen, wie es vergeht, werden auch selbst sehr schnell vergehen. Nein, dieser letzte Satz ist nicht von mir, sondern von Marc Aurel (Selbstbetrachtungen 9.Buch Anmerkung 33), aber ich verstehe ihn jetzt wieder ein bisschen besser.

Ich freue mich auf den nächsten Sonnenaufgang und Sonnenuntergang.

 

Während die Menschen sich anschicken, Leben auf dem Mars zu suchen, vermögen Sie es, den Flügelschlag des Vogels mit dem bloßen Auge zu zählen, versuche es!

 

Lausche dem Gesang der Nachtigall, hast Du ihn schon einmal gehört?

 

Beobachte, wie die Thermik eines Lagerfeuers in einer lauen, sternenklaren Sommernacht die Funken davonträgt, wie kleine Raumschiffe, die zu einem anderen Sternensystem unterwegs sind. Zünde es an, das Lagerfeuer.

Hast Du schon einmal den Mikrokosmos beobachtet, indem Du auf einer Wiese eine Stelle von der Größe eines Blattes vom Gras befreist, um ganz bewusst und intensiv zu erleben, welche grandiosen, in ihrer Pluralität unglaublich vielfältigen Geschehnisse sich in diesem eng begrenzten Bereich abspielen, ohne je in einem Geschichtsbuch zu erscheinen, versuche es mal.

 

Stell Dich mal in die Sonne und konzentriere Dich darauf, dass die Wärme, die Du dann empfindest, von ganz bestimmten Sonnenstrahlen herrühren, die sich vor 8 Minuten von der Sonne aus auf den Weg gemacht haben um Dich, nur Dich zu erwärmen. Wenn man in der Lage ist, dies zu einer "performance" werden zu lassen, hat man den ersten Schritt getan, sich in der Welt der Imagination zu bewegen. Das ist dann eine Gabe des Augenblicks. Dazu dann noch glückliche Gedanken und wir lernen wohl eine Aussage Friedrich von Schillers zu verstehen, indem er meinte, es gebe eine Verwandtschaft zwischen glücklichen Gedanken und den Gaben des Augenblicks, beide fallen vom Himmel.

 

Viele Menschen versuchen in ihrer Darstellungssucht irgendwelche Belanglosigkeiten als bedeutsame Ereignisse zu präsentieren, an denen die Welt genesen soll. Sie merken gar nicht, dass Dinge, die immer, immer wieder präsent sind, viel bedeutender sind und zwar sowohl hinsichtlich der Dauer auf der Zeitschiene als auch im Absoluten. Als Beispiel möchte ich mal Kieselsteine erwähnen, die es fast überall auf der Erde in den vielfältigsten Erscheinungsformen gibt. Was hat es aber mit etwas auf sich, welches vom durchschnittlichen menschlichen Horizont aus gesehen, völlig unbedeutend und unwichtig ist. Den Sinn und den Weg des Kieselsteins zu begreifen, heißt für mich auch, zu versuchen, den Sinn der Erde zu begreifen.

Oft nehme ich an einem Baggersee oder einem Fluss einen Kieselstein in die Hand und versuche mit ihm „Kontakt" aufzunehmen, um mit ihm gemeinsam auf eine Reise zu gehen, die mir kein Reisebüro auf der ganzen Welt vermitteln kann. Ich taste seine Form ab, fühle ihn, dies lässt ein Bild entstehen. Dann beginnt die Zeitreise in die Vergangenheit, um mit ihm gemeinsam den Ort seiner „Geburt" aufzusuchen. Die Reise führt uns flussaufwärts, den Weg, den er mit dem Gletscher genommen hat. Wir kommen in die Alpen, wo er als großer, monumentaler massiver Fels entstanden ist, über die Jahrmillionen hinweg unzählige Abspaltungen und Teilungen erlebte, um dann vom Gletscher auf eine 200 km lange Reise mitgenommen zu werden. Ist er, der Kieselstein, bedeutend? Meine Antwort ist ja, er hat das gesehen, was jetzt in unseren Museen steht, er hat die Saurier kommen und wieder gehen sehen, vielleicht war er damals noch so groß, dass sie um ihn herumlaufen mussten. Die Zeit hat ihn dann mit 40 Meter Geröll zugedeckt, erst die Bagger, die Raubtiere der Neuzeit, haben ihn wieder befreit.

Das Bewusstsein, der erste Mensch zu sein, der ihn in Händen hält, ist totale Inspiration.

Sage mir, welche Bedeutung hat demgegenüber die Ankündigung einer Partei, einen Entwurf zur Änderung der 23. Verordnung der Einführung von Karamelbonbons vorlegen zu wollen.

 

Meine ureigenste und wesensmäßigste Inspiration schöpfe ich aus der Gartenarbeit. Viele werden wohl sagen, was denn Gartenarbeit mit Inspiration zu tun habe. Zunächst ein Mal möchte ich anmerken, dass es für mich keine Arbeit ist, vielmehr handelt es sich für mich im Sinne von „carpe diem" um eine Zurücknahme der durch die technisierten Bedingtheiten des täglichen Lebens mehr oder weniger ständig zu verrichtenden Pflichttätigkeiten.

Es ist eine Besinnung auf die Anfänge, die Tätigkeit eben, etwas Ursprüngliches von einem Anfang bis zu einem naturgemäßen Ende zu begleiten. Dies ist die Beschreibung eines Zyklus, wie das Leben bis zum Tod ein Zyklus darstellt, wie die beginnende Verdichtung von Wasserstoff und Helium im Kosmos letztendlich die Erde bewirkte und wie eine Supernova lange Zeit nach uns einst das Ende der Erde einleiten wird.

Von den großen Zyklen erlebte ich weder den Anfang, noch werde ich das Ende erleben. Das Ende meines eigenen Kreises werde ich vielleicht nicht mehr bewusst und umfassend erleben.

Jedoch habe ich in meinem Leben mehrfach die Chance, den Zyklus des Gartenjahres aktiv lenkend und staunend zu begleiten.

Die Vorbereitung des Bodens, die Aussaat des Samenkorns, zuletzt die Ernte, daraus wieder der Samen, der den Kreislauf in Gang hält. Das Ganze begleitet und beseelt von dem Wunsche, die Verrichtungen naturgemäß zu bewerkstelligen. Die Ernte als Gabe der Natur aufzufassen, beschert ein besonderes Gefühl, selbst ein sinngemäßes Teil der Natur zu sein. Insbesondere verstehe ich mich dann innerhalb des Wertesystems als winziges Mosaiksteinchen im Mahlstrom des Werdens und Vergehens. Ich erkenne dann, dass ich in der Interpretation des eigenen Werdens und bevorstehenden Vergehens unbeschwert sagen kann, mehr Tage hinter mir als vor mir zu haben und das ist gut so.

 

Das verstehe ich darunter, den Tag zu nutzen. Das verstehe ich unter Inspiration. Es sind aber nur wenige Beispiele, Inspiration ist präsent, wenn man sich darauf konzentriert.

Dabei fällt mir auf, dass ich die besinnliche Inspiration mit keinem Geld der Welt kaufen kann. Nur ich selbst kann der Ausgangspunkt und das Ziel der Inspiration sein, sie entzieht sich deshalb dem konsumistischen Denken. Sie ist das Produkt des Auslotens der wirkenden Kräfte des menschlichen Geistes.

 

Das Wissen, ein Teil dieser universalen Schöpfungskraft zu sein, befähigt mich dazu, das Leben mit einer Leichtigkeit zu genießen, dies auch mit der Gewissheit versehen, dass ich mich jeden Tag der Vollendung meines größten Kreises annähere. Dies ist auch der Tag in der ich in der philosophischen Erwartung bin, kurz vor dem Ende meiner individuellen kosmischen Bestimmtheit, noch irgend etwas besonders Wichtiges oder Wahres zu erkennen.

Die Betrachtung soll dazu anregen, mit der Aussage, man habe keine Zeit, vielleicht etwas bedachter umzugehen und die zur Verfügung stehende Zeit im rechten Augenblick besinnlicher zu nutzen.