Rudi Kölmel im November 2010 in der Fassung vom 12.10.2016

 

Die ideologisierten Pseudo - Gutmenschen

 

1.Ausgangslage

 

Ausgehend vom Instinkt sollte ich mich über gute Menschen freuen. Nun besteht aber ein himmelweiter Unterschied zwischen Menschen, die gut sein wollen, solchen, deren Handlungen tatsächlich als gut empfunden werden und solchen, die in Wirklichkeit aber nur heucheln.

Um sich dem Thema anzunähern, müssen wir erst mal die zugrunde liegenden Begriffe klären. Hier verweise ich auf den Psychologiepapst Prof. Dr. Philip Zimbardo, den Schöpfer des Stanford-Experiments. In seinem Werk „Psychologie“ (Pearson, 16. Auflage) beschreibt er das prosoziale Verhalten, den Altruismus und den reziproken Altruismus.

 

Eine Gruppe hat er vergessen. Deshalb habe ich mir die Mühe gemacht, von den verschiedenen Begriffsbestimmungen den Pseudogutmenschen, den sogenannten Heuchler und den ideologisierten Pseudogutmenschen zu separieren.

 

2. Prosoziales Verhalten

 

Prosoziales Verhalten sind Verhaltensweisen, die mit dem Ziel ausgeführt werden, anderen zu helfen.

 

Zimbardo führt aus, dass ein Großteil dessen, was eine Gesellschaft oder Kulturgemeinschaft ausmacht, in der Bereitschaft der Menschen bestehe, einander zu helfen. Dies sei insbesondere bei Katastrophen erkennbar, wo etwa Menschen aus verschiedenen Landesteilen herbeieilen, um vor Ort zu helfen.

Ich würde dies aber nicht nur an Katastrophen festmachen. So sehe ich prosoziales Verhalten etwa schon bei der Berufswahl, obwohl als Äquivalent der Lohn gegenübersteht. Als Beispiel würde ich etwa jemand sehen, der sich für einen Pflegeberuf entscheidet. Unabhängig davon, wie er seinen Beruf dann wirklich ausführt, liegt hier mindestens bereits eine Tendenz für prosoziales Verhalten vor, welches dann in der Regel von der Umwelt als gut empfunden wird. Dabei verrichten sie ihre tägliche Arbeit, ohne hierfür ständig ein gesellschaftliches Lob zu erhalten. Das ist die Art der Menschen, die es nicht nötig haben, die Gesinnung zur Schau zu stellen, wie andere auf einem Wohltätigkeitsball.

 

Dennoch sind viele Einschätzungen aber auch nur vordergründig und erweisen sich als Momentaufnahmen. So kann der gleiche Altenpfleger etwa seinen Sohn verprügeln, weil er eine schlechte Schulnote bekommen hat.

 

2.1 Altruismus

 

Altruismus ist die Steigerung des schlichten prosozialen Verhaltens, wo dieses dann ohne Berücksichtigung der eigenen Sicherheit oder eigenen Interessen ausgeführt wird

Ein Mensch stürzt auf die Bahngleise und ein Passant springt in letzter Sekunde hin und zieht ihn vor dem durchfahrenden Zug von den Schienen. Das ist das klassische Beispiel, was man hierzu häufig im Kopf hat.

 

Jedoch auch beim Altruismus sieht die Forschung unterschiedliche Ansätze :

 

2.1.1 Altruismus bei Familienmitgliedern

 

Bei Familienmitgliedern macht altruistisches Verhalten Sinn, weil selbst bei Gefährdung des eigenen Lebens im Gegenzug dem eigene Genpool geholfen wird.

In einer Untersuchung (mussten Probanden nicht wirklich Personen aus einem brennenden Haus retten. Ihre Urteile wurden nachweisbar vom Verwandtschaftsgrad beeinflusst. In einem anderen Forschungsprojekt wurde nachgewiesen, dass der Verwandtschaftsgrad umso ausschlaggebender war, je eher es statt um Alltagssituationen um lebensbedrohliche Situationen ging (Burnstein 1994).

 

2.1.2 Altruismus bei Nichtfamilienmitgliedern - Reziproker Altruismus

 

Der reziproke Altruismus betrifft die Vorstellung, dass Menschen altruistisches Verhalten zeigen, weil sie erwarten, im Gegenzug altruistisches Verhalten von anderen zu erhalten (Trivers, 1971).

 

Aus der Erwartung der Reziprozität erwächst dem Altruismus die Funktion einer Überlebensstrategie. Evolutionsbiologen sehen die Wurzeln für das „Ich helfe dir, dann hilfst du mir“ in der Evolutionsgeschichte. Aufgrund dieser Wurzeln ist der reziproke Altruismus deshalb auch nicht auf Menschen beschränkt, sondern auch bei Schimpansen oder Vampirfledermäusen zu beobachten (Nielson,1994).

 

2.1.3 Dauerhafter Altruismus

 

Zimbardo zitiert für Situationen, in denen Menschen sogar dauerhaft kooperieren und Ressourcen teilen, ohne Erwartung von Gegenseitigkeit, ein Jäger- und Sammlervolk im Nordwesten Botswanas (Matheson & Bernstein, 2000) . Dort teilt sich die kleine Anzahl erfolgreicher Jäger das Fleisch der erbeuteten Tiere mit anderen Mitgliedern des Lagers, ohne im Gegenzug vergleichbare Ressourcen von weniger geschickten Jägern erwarten zu können.

 

Meines Erachtens brauche ich aber keine großen soziologischen Forschungen anzustellen, sondern nur die Augen aufzumachen.

 

Beim Länderfinanzausgleich gibt es auch einen dauerhaften Altruismus, wo etwa Baden-Württemberg seit Bestehen der Bundesrepublik nur Geberland ist. Ein anderes Bundesland, etwa Berlin ist ausschließlich Nehmerland in Milliardenhöhe und legt sich selbst im Vergleich zu den Geberländern nur geringfügige Sparbemührungen auf. Die Politiker der Nehmerländer betrachten den Finanzausgleich als dauerhafte Pfründe, aus denen sich trefflich leben lässt. Damit werden dann Wahlgeschenke zusammengestellt, die den Bürgern der Geberländer verwehrt werden. Ich beobachte die Haushalte der Nehmerländer seit Jahren und ziehe daraus die Schlussfolgerung, dass dauerhafter Altruismus das Schmarotzertum fördert.

 

Dauerhafter Altruismus liegt auch dort vor, wo etwa Jugendliche im Alter von 17 Jahren beschließen, keinesfalls irgendetwas zu arbeiten, sondern dauerhaft auf der Gewährung von Sozialhilfe zu bestehen. Die Gesellschaft leistet also ohne jegliche Gegenleistung. Dies ist auch ein Beispiel von fortgeschrittener und grenzwertiger Dekadenz.

 

3. Die heuchlerischen ideologisierten Pseudo-Gutmenschen

 

So und dann gibt es noch viele, viele Gutmenschen die vorwiegend mit verbalen Bekundungen bereit sind, das Glück, das momentan nur sie spüren, über ihre Mitmenschen auszugießen.

Aber wehe, wenn die nicht dazu bereit sind, die gönnerhaften Gaben huldigst anzunehmen. Dann begeben sich die selbsternannten Gutmenschen auf den missionarischen Kriegspfad und werden dabei immer aggressiver.

 

Diese ideologisierten Gutmenschen gehören für mich zu den gefährlichen Menschen.

 

Spätestens hier erkenne ich, dass es auf das Adjektiv „gut“ letztlich nicht ankommt.

Das möchte ich näher betrachten. Entsprechend meiner mir angeborenen Skepsis ist es für mich unstrittig, dass es weder gut noch böse gibt.

 

Die Schöpfungsgeschichte geht etwa noch davon aus, dass sich der Mensch durch

das Essen der verbotenen Frucht für das Böse entschieden hat. Diese religiös-despotische Anleihe wollen wir aber ganz schnell vergessen und uns lieber

Shakespeare zuwenden. In Hamlet  (II.2.250 ff) erklärt Hamlet den Höflingen, dass  an sich nichts entweder gut oder böse ist, sondern nur das Denken es dazu mache („There ist nothing either good or bad,  but thinking makes it so“.

 

3. Die Gutmenschen und die Teodizeefrage

 

Die guten Menschen, denen man dieses Adjektiv beim ersten Blickkontakt zuschreiben will oder die es für sich selbst einfordern, sind vielleicht jedoch gar nicht so gut, nach dem Motto „was drauf steht ist nicht drin“.

 

Das ist genau der Punkt, wo ich einige Jahrhunderte zurückgehen möchte, um die berühmte „Teodizeefrage“ auf die Gutmenschen zu übertragen. Die aus zwei Teilen bestehende Frage sähe dann in etwa so aus:

 

Die Gutmenschen sind gar nicht gut. Sie könnten es zwar sein, aber sie wollen es nicht oder längst nicht in dem Umfang, wie sie vorgeben, es zu sein. Sie erzeugen für die Anderen nur einen Schein, eine Fata Morgana, eine Plattform der Heuchelei

 

oder

 

Die Gutmenschen wären gerne gut, aber sie können es nicht. Eben, weil sie im freud`schen Sinne gar nicht Herr im eigenen Hause sind und die Triebe des Primatenerbes (Angst und Gier) einfach mächtiger sind, als das plakative Daherschwadronieren.

 

4. Zu den vermeintlichen Gutmenschen zu gehören, bringt in den entwickelten Gesellschaften Vorteile

 

Das Gute ist verdächtig, die antizipierte Erwartungshaltung der Sozialisation abzubilden.

Das Gute wird mit Vorteilen und das Böse mit Nachteilen assoziiert.

Es ist angebracht, dies im darwinistischen Kontext zu sehen, nachdem unstrittig ist, dass sich die Menschheit nach wie vor in einem intraspezifischen Ausleseprozess befindet.

Danach ist der Mensch aufgrund seiner Selbstliebe nach dem Motto „Survival of the fittest“ dazu verdammt, sich möglichst viele Vorteile zu verschaffen. Dies ist aber in der Regel nur möglich, wenn man nicht gegen den Strom schwimmt. So soll mal einer gesagt haben, dass man bei der Herde bleiben solle, wenn man es leicht haben will.

Ein Beispiel für die Tendenz, das Gute abbilden zu müssen um jeden Preis, ist die Jobwelt, in der die Bewertung der „sozialen Kompetenz“ einen hohen Stellenwert erreicht hat. Da gibt es etwa schon Studenten, die eigens in eine soziale Organisation eintreten, um die Bewerbungschancen zu verbessern.

 

In einem Forschungsprojekt unterhielt sich ein Versuchsleiter mit männlichen Konfidenten. In der Variante „hoher Altruismus“ sprachen diese davon, anderen zu helfen und meldeten sich freiwillig für eine langweilige Aufgabe. In der Variante „geringer Altruismus“ gaben sie vor, nur auf die eigenen Interessen zu achten und langweilige Aufgaben anderen zu überlassen. Weibliche Zuhörerinnen sollten nun verschiedene Dimensionen einschätzen. Es ging um körperliche und sexuelle Attraktivität und den Wunsch, mit ihnen Umgang zu pflegen oder sich zu verabreden. Obwohl die gleichen Männer in beiden Varianten erschienen waren, stuften die Frauen jene als deutlich attraktiver und begehrenswerter ein, die sich altruistisch verhalten hatten (Jensen-Campell, 1995).

 

5. Der Gutmensch und die Geburt der Idee

 

Von was sind die Gutmenschen eigentlich angetrieben? Viele meinen, es gäbe ein Gutmenschengen, lustig nicht wahr? Ich sehe das nicht so. Dazu müssen wir etwas tiefer gehen.

 

Rein isoliert auf die Idee, waren also wohl auch alle Gewaltherrscher Gutmenschen, im Hinblick auf das Urteil der über sie hinweg gegangenen Geschichte waren es böse Menschen.

 

Alexander der Große sah es als das einzig Gute an, das makedonische Reich bis nach Indien zu erweitern. Die Toten und das Leid hat niemand gezählt.

Stalin gab vor, der Kommunismus sei das einzig Gute, ebenso Mao Tse Tung.

Hitler sah sich mit Sicherheit auch als Gutmensch, der aus seiner beschränkten Sicht für das sogenannte deutsche Volk das Gute wollte. Er glaubte daran, dass der Nationalsozialismus das einzig Gute sei. Aber genau hier liegt die Gefahr, sobald eine Tendenz vorliegt, wird sich diese verstärken. Die Herde ist dann bei entsprechender Anleitung bereit, beliebige Zustände, auch die schlimmsten, als das Gute zu definieren.

 

Vergegenwärtigen wir uns beispielsweise, dass im Dritten Reich irgendwann der letzte Pimpf die Idee des Nationalsozialismus mit Gott gleichsetzte.

 

Genau das Gleiche macht der Gutmensch. Dabei laufen sie aber nicht einer Person hinterher, ihr „Führer“ ist nämlich ihre „Idee“. Nietzsches Aussage in Zarathustra, seit zweitausend Jahren sei kein neuer Gott mehr geschaffen worden, stimmt also nicht.

 

Die Idee ist der Gott der Gutmenschen.

 

Die Erscheinungsformen sind in vielen Fällen bereits pathologisch, sie folgen den fixen Ideen ihrer krude zusammengeschusterten Weltsicht. Sie verhalten sich genauso, wie damals die ideologisierten Anhänger von Hitler, Stalin oder die früheren Teilnehmer der Kreuzzüge.

 

6. Der Gutmensch als Gewalttäter

 

Die Gutmenschen folgen ihrer Idee bedingungslos.

 

Ihr Kadavergehorsam gegenüber ihrer Idee erinnert mich an die Berliner, die  am 18.02.1943 im Sportpalast Zuhörer einer Rede von Goebbels waren. Er hat sie gefragt „Wollt ihr den totalen Krieg“ und sie haben geradezu frenetisch gejubelt  „Ja wir wollen ihn“.

Würde die Idee die Altruistenseelchen befragen „Wollt ihr das totale Gutmenschentum“, würden  sie das Gleiche antworten.

 

Der Gutmensch ist darauf programmiert, sein neurologisches Belohnungszentrum mit „Glücksbotenstoffen“ zu versorgen. Er ist wie ein Vampir, er braucht seine ständigen Schlüsselreize.

 

Seine Nahrung besorgt er sich aus drei Bereichen:

 

6.1 Glück aus dem schlichten Abgleich der Idee mit dem Gegenüber

 

Diese erhält er aus einem Abgleich seines Gegenübers mit seiner Idee.

Soweit das Gegenüber dieser Idee nicht entspricht, hat er ein potentielles Opfer gefunden. Hieraus resultiert seine erste Belohnung, da das Gegenüber ja nicht so gut und rein wie er selbst ist.

Dies ist die harmloseste Variante , die von der Minderheit der selbsternannten Gutmenschen ausgeübt wird.

 

6.2 Glück durch Ausübung von psychischem Terror

Der schlichte Glücksgewinn durch den Abgleich ihrer eigenen Person mit  dem Gegenüber reicht ihnen nicht aus. Sie möchten diesen Akt des Glücksgewinns orchestrieren, also mit Getöse feilbieten.

Deshalb erfolgt in der Regel noch ein schonungsloser verbaler Angriff.

 

Der selbsternannte heuchlerische Pseudogutmensch verwendet die gleichen Mechanismen wie in einem Gewalt- und Terrorregime. Als Hauptwaffe wird im Bereich der nicht-physischen Gewalt zuerst das Stigma eingesetzt.

 

Die Altruistenseelchen glauben, sie alleine seien in der Lage, das Böse zu kennen. Dabei ordnen sie jeden, der nicht ihre Meinung  teilt, dem personifizierten Bösen zu.

Sie und ihre Ideen sind der Kommunikator, alle anderen die Rezipienten, von denen sie erwarten, dass sie sich bedingungslos der Idee unterordnen. Soweit sie dazu nicht bereit sind und Widerstand leisten, beginnt die Neo-Inquisition, die Hexenjagd der Neuzeit.

 

Dabei schrecken sie vor keinen Methoden zurück!

Wer sich verweigert, wird stigmatisiert und ähnlich wie Cicero proskribiert, also für vogelfrei erklärt.

 

An dieser Stelle ist es nun wichtig, einen Sonderweg der deutschen Szene zu beschreiben, der sich aus der Zeit des Nationalsozialismus speist.

Bei geringsten Abweichungen etwa im gesellschaftlichen oder politischen Diskurs wird sofort des Gutmenschen wirksamste Hauptwaffe aktiviert, die sogenannte „Nazikeule“.

Hieß es im Dritten Reich noch „Du bist ein Jude“, heißt es bei den Gutmenschen ganz schnell und unvermittelt „Du bist ein Nazi“ oder „Du bist ein Rassist“.

Wenn sie jemanden als Rassist, Nazi oder Klimasünder titulieren können, sind sie überglücklich.

Diese Diffamierung kommt spätestens dann, wenn sie im Diskurs - auf den sie sich in der Regel ohnehin nicht einlassen - nicht weiterkommen. Sie befinden sich in etwa der gleichen Situation wie die Religionsfanatiker, die in ihrem Letzbegründungswahn dann oft auch den willkürlichen Begründungsabbruch praktizieren.

 

Die einen oder anderen jetzigen Politiker treten ohne nennenswerte „Verwertungszeiten“ ab, deshalb ist der Wert dieser Personen für die Gutmenschen begrenzt. Etwa wurde der frühere amerikanische Präsident Bush von ihnen als Vertreter des reaktionären Denkens und Handelns angesehen und des Neokolonialismus bezichtigt. Er ist nach dem Ablauf seiner Amtszeit nicht mehr zu verwerten.

Hitler kann den Gutmenschen jedoch nicht mehr genommen werden. Er ist für sie ein Glücksfall kosmischen Ausmaßes.

 

Damit lieben sie das, was sie am meisten hassen, gleichzeitig auf eine irritierende Weise. Dies ist auch daran erkennbar, dass sich trotz der verbalen äußeren Bekundungen die tieferliegenden emotionalen Prozesse denen ähneln, wovon sie sich mit aller Macht unterschieden wissen wollen.

Die Betrachtung dieses Themas ist ein psychologisch hochinteressanter Bereich.

Das ist die Mehrheit unter den Gutmenschen.

 

6.3 Glück durch Ausübung direkter Gewalt

 

Ideologisierte Gutmenschen sind nahezu gar nicht diskursfähig. Eine oft bereits fanatische Einstellung zu den Dingen lässt eine Bereitschaft zur Anwendung physischer Gewalt erkennen. Diese äußert sich bei Bedarf und in der Regel in der Gruppe. Der gewaltbereite Gutmensch fordert etwa demokratische Rechte, soweit er seine einbahnstraßenmäßigen Interessen durchsetzen möchte. Sobald sich aber die Mehrheitsinteressen nicht mit seinen eigenen decken, spricht er plötzlich von der Diktatur der Mehrheit und konstruiert aus seinem kranken Freiheitsbegriff das Recht auf Widerstand, notfalls mit Gewalt.

 

7. Charismatika des Gutmenschen

 

Um seine Idee zu beschreiben, stelle ich einige lebensbezügliche Charismatika des Gutmenschen zusammen, als Ausgangspunkt und Arbeitsgrundlage einer späteren Feststellung, die mich verblüfft.

 

Der Gutmensch sagt etwa:

 

7.1 „Ich will, dass keine Wale mehr getötet werden und trage ein T-shirt „Schützt die Wale“

 

Ja, ganz nett, aber weshalb verweigern sie dann nicht komplett den Kauf japanischer Waren. Nur ein gesamteuropäischer Boykott würde zu einer Einschränkung der japanischen Walfangflotte führen. Ich selbst war mal bei einem Greenpeace-Aktivisten eingeladen und habe ihn damit konfrontiert, weshalb er ein Sonyhandy hat, eine Sony-Stereoranlage im Schrank und weshalb ein Toyata in der Garage steht. Man darf getrost davon ausgehen, dass japanische und andere asiatische Gerätehersteller der Unterhaltungselektronik einsam an der Spitze in der Kaufliste der bundesrepublikanischen gutmenschlichen Walschützer stehen.

 

7.2 Ich will mich gegen die Globalisierung wenden und trage ein T-shirt mit der Aufschrift -ich bin ein Globalisierungsgegner-

 

Aha, Gutmenschen kaufen für sich und ihre Kinder nur Schuhe aus Europa. Zu dumm, dass 95 Prozent der in der Bundesrepublik Deutschland verkauften Schuhe aus China, Indien oder Vietnam stammen, auch Adidas und Puma produzieren dort. Nein, Gutmenschen kaufen natürlich nie Schuhe von Real, Metro oder Aldi und lassen sich selbstverständlich für jedes Paar Schuhe Zertifikate vorlegen, dass diese in keinen Ländern mit Lohndumping hergestellt wurden oder Kinderarbeit daran beteiligt ist.

 

7.3 „Ich will mich in der Antifa-Bewegung engagieren. Ich hätte damals gegen die Nazis gekämpft und jede Mengen jüdische Mitbürger gerettet und trage ein T-shirt mit der Aufschrift Antifa“

 

Wie mutig, was haben wir doch für Helden in unserem Land.

Sie haben dabei nur eines vergessen, dass der Mensch nur in der existenziellen Krise auf die äußerste Probe gestellt werden kann und nicht aus der Position des Sofas im gutbeheizten winterlichen Wohnzimmer und einem fast fertigen Schmorbraten im Herd. Wenn es dabei bliebe, dass sie nur ein politisches Poesiealbum anlegen würden, um darin ihren angeblichen Blümchenwiderstand einzutragen, wäre es schön.

Aber Vorsicht vor den Wendehälsen und Angepassten!

Nicht wenige, die bei den Nazis Todesurteile fällten, mutierten zu „angeblichen“ Vorzeigedemokraten. Aber auch nicht wenige, die bei Ullbricht und Honnecker mit großer persönlicher Freude am Aufbau des sogenannten „antifaschistischen Schutzwalles“ beteiligt waren, fanden sich plötzlich in wohlbestallten warmen und gutbezahlten Politikerjobs und Beamtensesseln der bundesrepublikanischen Demokratie wieder oder kassierten plötzlich Rente vom vorher so verhassten Klassenfeind.

Ganz ehrlich gesagt, mich würde es nicht wundern, wenn gerade einige dieser beschriebenen gutmenschlich-antifaschistischen Figuren damals an der Rampe gestanden wären und jüdische Opfer in „arbeitsfähig“ und nicht „arbeitsfähig“ eingeteilt hätten.

 

7.4 Mir sind alle Menschen willkommen und ich trage ein T-shirt mit der Aufschrift „Für unreglementierte Zuwanderung“

 

Es ist unstrittig und bedarf deshalb keiner weiteren Erörterung, dass sich die Bundesrepublik Deutschland aufgrund seiner „sozialen Rente für das Nichtstun“ längst im Fadenkreuz der Zu-Kurz-Gekommenen und aktiv Leistungsunwilligen aus vielen Ländern befindet. Einer dringend notwendigen Migration von Qualifizierten und Hochqualifizierten steht ein Heer von Unqualifizierten und Bildungsfernen gegenüber. Dies ist auf Dauer nicht finanzierbar. Die Forderung des egoistischen Gutmenschen nach unreglementierter Zuwanderung ist auch eine Allegorie für eine bereits fortgeschrittene Dekadenz und Instinktlosigkeit.

 

7.5 Ich bin für Chancengleichheit in der schulischen Ausbildung und trage ein T-shirt „Gleiche Chancen für alle“

 

Ein ehemals gutmenschlicher Vorsitzender der Partei der Farbe des Rasens (Herr Fischer), einstmals angetreten in Latzhosen und Turnschuhen ließ durch seine Parteiherolde verlauten, er und alle Mitglieder trete bedingungslos für die Chancengleichheit aller im Schulbereich an. Nach seinem Aufstieg zum Bundesaußenminister erhielt er nach Amtsende eine Gastprofessur an der amerikanischen Eliteuniversität Princeton. Aber von wegen Chancengleichheit und Studenten aus dem Ghetto. Mitnichten, die Studiengebühren betrugen über umgerechnet 24.000 Euro je Student und Jahr. Tja, angetreten mit dem hehren Grundsatz der Gleichheit aus der Zeit der französischen Revolution und geendet hat es mit der gut dotierten Gastprofessur für Superreiche.

Soweit er als Mensch eben auch nur dem allgemeinen Grundzug zur Gier erlag, zeigt dies doch mal wieder, dass Politiker eben vielfach nicht das tun, was sie nach außen hin kolportieren. Viel erstaunlicher ist es jedoch, dass seine Entscheidung von seiner Partei sogar einstimmig begrüßt wurde. Aber auch das gehört zum guten Job, nämlich dass der kleine Parteidummi nichts merkt und sogar noch jubelt.

 

7.6 Ich bin für einen ökologischen Umgang mit Ressourcen und trage ein T-shirt „ Pro ökologisches Bewusstsein“

 

Sie machen sich für „Carsharing“ stark, damit könnte man den Kohlendioxidausstoß vermindern, sagen sie.

Aber schwupps, das Kindchen ist gerade 18 geworden, hat den Führerschein gemacht. Da bietet es sich doch förmlich an, zur beruflichen Motivation für das „Kleine“ mal schnell das „Drittauto“ anzuschaffen. Nein, keine Fiktion, sondern persönlich erlebt.

 

7.7 Ich bin für Multikulti, inbesondere in den Schulen und trage ein T-shirt mit der Aufschrift „Ich bin für Multikulti“

 

Dieses Beispiel bringe ich immer wieder gerne, weshalb sollte ich auch ständig Neues formulieren wollen, wenn es sich doch trefflich ständig wiederholt. Ich möchte dabei auch nicht politisch wirken, sondern nur den menschlichen Grundzug aufzeigen, der tatsächlich auch unter der Politikerdecke verborgen ist, mit der sich diese Spezies gerne gegenüber dem gemeinen Volk verhüllt.

Es geht um die ehemalige Vorsitzende (Frau Ypsilanti) einer hessischen Landespartei mit der Farbe der reifen Tomate. Sie ließ landauf und landab verkünden, eine erfolgreiche Migration setze ein Miteinander von ausländischen und deutschen Kindern in den öffentlichen Schulen voraus. Ihre eigenen Kinder schickte sie in eine Privatschule.

So, also ich durfte die genugtuende Feststellung machen, dass gerade solche Figuren mit nach außen getragener libertärer Einstellung ganz schnell die Abgrenzung praktizieren, wenn es um die Chancen des eigenen Nachwuchses geht. Dann schickt man die Kleinen halt auf eine Privatschule, statt in die nächste Grundschule mit einem Migrationsanteil von 60 Prozent. Noch einfacher, man zieht einfach um, schließlich wollte man ja schon lange mal wieder einen Tapetenwechsel, nicht wahr.

 

7.8 „Ich will eine Verdopplung der Sozialhilfeleistungen oder ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) und trage ein T-shirt mit der Aufschrift „Für BGE“

 

fordert der BGE-Gutmensch Fritz von seinem hart arbeitenden Nachbarn Klaus!

 

Der Klaus ist wie die Figur des Laternenanzünders aus „Der kleine Prinz“. Er ist phlegmatisch, arbeitet brav, demonstriert auch nicht wegen der Erhöhung des Renteneintrittsaltersalters, zahlt seine Steuern, ist auch zur Zahlung von noch mehr Steuern bereit, hat die Mehrwertsteuerlüge bereits mehrfach akzeptiert, den Griechen die Frührente und den Iren jahrelang den ersten Platz in der europäischen Wohlstandstabelle bezahlt. Er schuftet auch ohne zu murren für die Milliarden, die Mom für den “Integrationsgeisterzug“ benötigt.

 

Ja, er wird wohl auch noch ein bedingungsloses Grundeinkommen mitmachen. Das funktioniert aber nur, wenn es viele, viele Klausis gibt.

 

Der Klausi sitzt nach einem Arbeitsbeginn um 6.00 Uhr in der halbstündigen Mittagspause ab 12. 00 Uhr verschwitzt auf dem Pausenbänkchen, wenn gerade das 22 Jahre alte BGE-Pärchen, seine Nachbarn,  auf der Straße an ihm vorbeiradelt. Die sind um 10 Uhr aufgestanden, haben beim Bäcker gerade duftende warme Brezeln gekauft und sind mit einer Kanne Kaffee und einer buntkarierten Decke unterwegs zum Picknick an den nächsten Baggersee. Beim Vorbeifahren winken sie ihrem Nachbar Klausi fröhlich zu.

Was ist aber, wenn die Klausis mal nachdenken. Irgendein Klaus in der Zukunft wird sich vielleicht plötzlich die Augen reiben, denn die „Anderen“ nennen ihn jetzt nicht mehr Klausi, sondern Chingachgook, der letzte Mohikaner.

 

 

8. Meine Schlussfolgerung zu den ideologisierten Pseudo - Gutmenschen

 

Bei den meisten ideologisierten Gutmenschen liegt meines Erachtens eine Dysfunktion des Belohnungssystems vor, indem bei ihnen auf gewisse Umweltinformationen keine adäquate Verhaltensregulation (Stichwort: situative Anpassung) und schon gar keine nachhaltige operante Konditionierung (Stichwort: angemessener sozialer Kontext) mehr möglich ist. Viele von Ihnen zeigen mehr oder weniger bereits Ansätze der in der ICD-10 beschriebenen psychischen Störungen.

 

Eine wichtige Schlussfolgerung aus der Betrachtung der Charismatika zeigt sich beim Vergleich, wie sie ihre Forderungen formulieren und wie sie sich selbst dazu einbinden. Hier zeigt sich ein grobes Auseinanderfallen.

 

Bei den Forderungen handeln sie wie Designer der altbiblischen Imperative „dies und jenes ist dringend zu machen“. Sobald es dann aber an die Umsetzung geht, werden die Lasten oft den anderen zugeschrieben. Dann mutiert der Imperativ zum Konjunktiv und es heißt plötzlich „man müsste“ und man sollte“. Das „man“ bedeutet von ihrem Sprachgebrauch in verständliches Deutsch übersetzt, die anderen sind für das Unangenehme und die Kosten zuständig.

 

Sollte ich deshalb etwas definieren sollen, was mir mit am meisten zuwider ist, würde ich auch immer wieder die ideologisierten Pseudo-Gutmenschen nennen und diese wie folgt beschreiben:

 

Wenn ich sie mir anschaue diese heuchlerischen Pseudo-Gutmenschenseelchen, die sich im selbstgestrickten realitätsfernen Wolkenkuckucksheim in ihrer zu Wahnsinn gewordenen Selbstverlogenheit suhlen, glauben, nur sie selbst seien dazu berufen, das Gute, Edle und Wahrhaftige in die Welt zu kolportieren, sie dabei wie Trüffelschweine die Nase im Dreck haben, ständig bereit, das Gegenüber psychisch zu bekoten, in ihrem Sendungsbewusstsein unablässig einen identitätsstiftenden Gestus bemühen, andere zu ihren Anhängern machen zu wollen, sie mit ihrem hohen Anspruchsprofil an die monetäre Solidarität der Anderen appellieren, ohne sich jedoch selbst angesprochen zu fühlen, sie in ihrer weinerlichen und vor Selbstmitleid triefenden Larmoyanz ihre eigene Dekadenz am liebsten auch bei allen anderen sehen würden, sich in ihrer erborgten Souveränität erdreisten, Andersdenkende politisch zu inquisitionieren, zu stigmatisieren und psychisch zu guillotinieren, spätestens dann wende ich mich ab und biete meinen verlängerten Rücken zum lukullischen Genuss an.